Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht (142.4)
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Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht

- 1 - Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht (EGBGZ) vom 15. November 1996 Der Grosse Rat des Kantons Wallis eingesehen den ersten Artikel des 3. Kapitels des Bundesgesetzes über Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht vom 18. März 1994 (BGZ); eingesehen die Artikel 31, Absatz 1, Ziffer 1, 31, Absatz 3, Ziffer 1 und 42, Absatz 1 und 2 der Kantonsverfassung; auf Antrag des Staatsrates, verordnet:
1. Kapitel: Allgemeines

Art. 1 Gegenstand und Gültigkeitsdauer

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1 Das vorliegende Gesetz regelt die Anwendung der Zwangsmassnahmen nach ANAG in der Fassung nach der Änderung vom 16. Dezember 2005 des AsylG. Es bezeichnet die für die Anwendung zuständigen Behörden und regelt die Verfahren, setzt das juristische Haftregime ZM (Zwangsmassnahmen) fest und umschreibt die allgemeinen Organisationsgrundsätze der kantonalen Haftanstalten ZM.
2 Wenn nötig, regelt es ebenfalls die Anwendung der Zwangsmassnahmen, die von künftigen Bestimmungen des Bundes vorgesehen werden, sobald diese in Kraft getreten sind.
3 Im vorliegenden Gesetz gilt jede Bezeichnung der Person, des Statuts oder der Funktion in gleicher Weise für Mann oder Frau.

Art. 2 Öffentliches Interesse und Verhältnismässigkeit

Die angeordneten Zwangsmassnahmen und deren Vollzug müssen dem öffentlichen Interesse dienen und den Grundsatz der Verhältnismässigkeit beachten.
2. Kapitel: Behörden und Verfahren

Art. 3 Dienststelle: a) Kompetenzen

2 Die Dienststelle für Zivilstandswesen und Fremdenkontrolle (nachstehend Dienststelle) ist die zuständige Behörde im Bereich der Zwangsmassnahmen, insbesondere um: a) die Durchsuchung des Ausländers und seiner Sachen zur Sicherung von Reise- und Identitätspapieren anzuordnen (Art. 14 Abs. 3 ANAG); b) die Festhaltung durchzuführen (Art. 3a ANAG); c) einem Ausländer die Auflage zu machen, ein ihm zugewiesenes Gebiet nicht zu verlassen oder ein bestimmtes Gebiet nicht zu betreten (Art. 13e
1 Fassung gemäss Ziff. I des Dekrets vom 7. Febr. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2007, gültig bis längstens 31. Dez. 2012 (GS/VS 2007, 166 und 452)
2 Fassung gemäss Ziff. I des Dekrets vom 7. Febr. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2007, gültig bis längstens 31. Dez. 2012 (GS/VS 2007, 166 und 452)
- 2 - Abs. 1 ANAG); d) die Haft während der Vorbereitung des Entscheides anzuordnen (Art. 13a ANAG); e) die Haft vor der Weg- oder Ausweisung anzuordnen (Art. 13b Abs. 1 Bst. a bis d ANAG); f) die Haft vor der Weg- oder Ausweisung wegen fehlender Mitarbeit bei der Beschaffung der Reisepapiere anzuordnen (Art. 13i ANAG); g) die Haft wegen Ungehorsams anzuordnen (Art. 13g ANAG); h) die Verlängerung der Haft zur Weg- oder Ausweisung (Art. 13b Abs. 2 ANAG) und der Haft wegen Ungehorsams (Art. 13g Abs. 3 ANAG) der kantonalen Gerichtsbehörde zur Zustimmung vorzulegen; i) insbesondere in den in den Artikeln 13g Absatz 6 und 13c Absatz 5 ANAG vorgesehenen Fällen die Haft aufzuheben oder aufheben zu lassen; j) ohne Verzug über die Aufenthaltsberechtigung des inhaftierten Ausländers während der Vorbereitung des Entscheides zu entscheiden (Art. 13c Abs. 6 ANAG); k) ohne Verzug die nötigen Vorkehrungen zum Vollzug der Weg- oder Ausweisung einer deswegen inhaftierten Person zu treffen (Art. 13b Abs.
3 und 13i Abs. 3 ANAG); l) dafür zu sorgen, dass eine vom Verhafteten bezeichnete Person in der Schweiz benachrichtigt wird und der Verhaftete mit seinem Rechtsvertreter mündlich und schriftlich verkehren kann (Art. 13d Abs. 1 ANAG); m) die Haft des Asylsuchenden, dessen Begehren abgewiesen wurde, bis höchstens 72 Stunden anzuordnen (Art. 112 Abs. 3 AsylG); n) für die Ausschaffung des Ausländers zu sorgen (Art. 14 Abs. 1 und 2 ANAG).

Art. 4 b) Verfahren

1 Unter Vorbehalt gegenteiliger Bestimmungen dieses Gesetzes hält sich die Dienststelle an das Gesetz über das Verwaltungsverfahren und die Verwaltungsrechtspflege (VVRG) sowie an die allgemeinen Grundsätze des öffentlichen Rechts. Sie entscheidet, in Anwendung der Artikel 13a ff. ANAG, als einzige administrative Instanz.
2 Falls sie sich als nötig erweist, muss die Durchsuchung den Umständen angepasst und so behutsam wie möglich sein. Sie darf nur durch eine Person gleichen Geschlechts oder durch einen Arzt erfolgen. Aus Gründen der Sicherheit kann die Durchsuchung im Sinne der Ausführungsverordnung zum Gesetz über die Kantonspolizei erfolgen, wenn es die Sicherheit von Polizeibeamten oder Dritten erfordert.
3 Vorbehalten bleibt Artikel 7 dieses Gesetzes.

Art. 5 Öffentlich-rechtliche Abteilung des Kantonsgerichtes:

a) Zuständigkeit
3 Ein Richter der öffentlich-rechtlichen Abteilung des Kantonsgerichtes ist die zuständige Gerichtsbehörde im Sinne der Zwangsmassnahmen, insbesondere um:
3 Fassung gemäss Ziff. I des Dekrets vom 7. Febr. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2007, gültig bis längstens 31. Dez. 2012 (GS/VS 2007, 166 und 452)
- 3 - a) auf Beschwerde hin die Rechtmässigkeit der Durchsuchung zu überprüfen (Art. 3 Bst. a und 4 EDZM); b) die Rechtmässigkeit der Festhaltung nachträglich und auf Gesuch hin zu überprüfen (Art. 3a Abs. 5 ANAG); c) über die Beschwerde gegen die Auflage, ein der Person zugewiesenes Gebiet nicht zu verlassen oder ein bestimmtes Gebiet nicht zu betreten, zu entscheiden (Art. 13e Abs. 3 ANAG); d) die Rechtmässigkeit und die Angemessenheit der Haft während der Vorbereitung des Entscheides, der Haft vor der Weg- oder Ausweisung (Art. 13c Abs. 2 und 3 ANAG) und der erstmaligen Anordnung der Haft wegen Ungehorsams (Art. 13g Abs. 4, 1. Satz ANAG) zu überprüfen; e) die Zustimmung zur Verlängerung der Haft vor der Weg- oder Ausweisung zu geben (Art. 13b Abs. 2 ANAG) und auf Gesuch des Inhaftierten die Verlängerungen der Haft wegen Ungehorsams zu überprüfen (Art. 13g Abs. 4, 2. Satz ANAG); f) auf das mündliche Verfahren in den Fällen nach Artikel 13c Absatz 2bis ANAG zu verzichten; g) über ein Haftentlassungsgesuch zu entscheiden (Art. 13c Abs. 4 ANAG); h) die Durchsuchung einer Wohnung oder anderer Räume anzuordnen, wenn der Verdacht besteht, dass sich ein weg- oder auszuweisender Ausländer darin verborgen hält (Art. 14 Abs. 4 ANAG).

Art. 6 b) Verfahren

1 Die Gerichtsbehörde wendet, unter Vorbehalt der gegenteiligen Vorschriften des vorliegenden Gesetzes, die Bestimmungen des VVRG an.
2 Sie trifft ihren Entscheid auf Grund eines mündlichen Verfahrens für die Angelegenheiten nach Artikel 13a, 13b und 13g ANAG und auf Grund eines schriftlichen Verfahrens für die Haft nach Artikel 13i ANAG (Art. 13c Abs. 2 ANAG).
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3 Der Dienststelle obliegt der Beweis, dass die Gründe für die Anordnung der Haft erfüllt sind; kommt sie dieser Obliegenheit nicht nach, werden die Erklärungen des administrativ Inhaftierten soweit berücksichtigt, als sich kein überzeugender Schluss aus den Akten oder dem Verhör ergibt.
4 Beim mündlichen Verfahren muss die Gerichtsbehörde gemäss den Umständen: a) ein detailliertes Protokoll über alle Vorbringen der Parteien erstellen, die als Grundlage des Entscheides dienen sollen; b) oder auf vollständige Weise im Entscheid die Begehren, die dazugehörigen Tatsachen, die Erklärungen der Parteien und die angerufenen Beweise angeben.

Art. 7 Rechte des Ausländers im Verfahren

1 Der von einer Zwangsmassnahme betroffene Ausländer ist innert nützlichster Frist über den Ablauf des Verfahrens, die Gründe der angeordneten Massnahme und über seine Rechte zu informieren.
2 Er kann sich unentgeltlich durch einen Dolmetscher verbeiständen lassen, wenn er die eine oder andere Landessprache des Kantons nicht versteht oder nicht spricht.
4 Fassung gemäss Ziff. I des Dekrets vom 7. Febr. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2007, gültig bis längstens 31. Dez. 2012 (GS/VS 2007, 166 und 452)
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3 Er hat Anspruch auf einen Verteidiger seiner Wahl und, falls ihm die Mittel für dessen Entschädigung fehlen, auf einen unentgeltlichen Rechtsbeistand gemäss dem Gesetz über die unentgeltliche Rechtspflege.
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Art. 8 Konsultative Kommission

1 Der Staatsrat bezeichnet eine konsultative Kommission, die folgende Aufgaben hat: a) alle vom betreffenden Departement oder der Regierung in bezug auf Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht verlangten Studien vorzunehmen; b) dem betreffenden Departement oder der Regierung alle Vorschläge zu unterbreiten, die sie in diesem Bereich als nützlich erachtet.
2 Diese Kommission setzt sich insbesondere zusammen aus Vertretern der betreffenden Dienststellen, der Verwaltung und der Gerichtsbehörden sowie der Hilfswerke für die Aufnahme und Betreuung von Ausländern.
3 Der Staatsrat ernennt den Präsidenten der Kommission; im Übrigen setzt diese ihr weiteres Vorgehen selbst fest.

Art. 9 Komitee der Besucher: a) Grundsatz

1 Die Aufsicht über die Haftbedingungen in den kantonalen Anstalten erfolgt zusammensetzt aus drei Mitgliedern, die aufgrund ihrer beruflichen Kompetenzen im Bereich der Haft und ihrer Unabhängigkeit gewählt werden.
2 Die Mitglieder des Komitees werden für eine administrative Periode auf Antrag des betreffenden Departements vom Staatsrat gewählt. Sie sind nach deren Ablauf wieder wählbar.
3 Das Komitee legt sein Vorgehen selber fest. Es kann auch Experten beiziehen, deren Aufgabe speziell oder zeitlich beschränkt ist. Ihr Auftrag ist dem Staatsrat bekannt zu geben.
4 Vorbehalten bleibt die Aufsicht, die der Grosse Rat durch eine seiner ständigen Kommissionen ausübt.

Art. 10 b) Modalitäten der Aufsicht

1 Das Komitee übt seine Aufsicht aus durch: a) Besuche bei den Haftanstalten; b) Besuche bei den administrativ Inhaftierten, mit denen sich das Komitee ohne Zeugen unterhalten kann; c) Kontakte mit den Verantwortlichen der Haftanstalten und dem Verwaltungspersonal; d) Einvernahme von Personen, deren Aussage nützlich erscheint.
2 Das Komitee erstattet dem Staatsrat jährlich Bericht über seine Tätigkeit. Es kann ihm auch mündlich berichten oder Spezialberichte übergeben. Jeder Bericht kann mit Vorschlägen oder Empfehlungen begleitet sein.
3 Die Berichte des Komitees sind in der Regel vertraulich; der Staatsrat bringt sie der zuständigen Gerichtsbehörde zur Kenntnis. Die Art und Weise einer eventuellen Veröffentlichung wird gemeinsam durch das Komitee und den Staatsrat festgelegt, bevor die Nachforschungen erfolgen.
5 Fassung gemäss Art. 15 Ziff. 1 des Gesetzes über die unentgeltliche Rechtspflege vom 11. Febr. 2009, in Kraft seit
1. Jan. 2011 (Abl. Nr. 26/2010)
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4 Das Komitee und jedes seiner Mitglieder sowie die von Fall zu Fall bezeichneten Experten haben freien Zugang zu allen inhaftierten Personen und zu allen Lokalen.
3. Kapitel: Juristisches Regime der Haft ZM

Art. 11 Grundrechte

1 Der Freiheitsentzug erfolgt unter materiellen und moralischen Bedingungen, die dem administrativ Inhaftierten (nachstehend Inhaftierter) die Achtung der menschlichen Würde sowie seiner physischen und psychischen Integrität gewährleisten.
2 Die Ausübung der Rechte des Inhaftierten, die im vorliegenden Gesetz und in der Verordnung des Staatsrates umschrieben sind, darf nur im Rahmen der durch den Freiheitsentzug erforderlichen Massnahmen, der Anforderung des gemeinschaftlichen Lebens und des normalen Betriebs der Anstalt eingeschränkt werden.
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Art. 12 Allgemeine Pflichten

1 Jeder ist gehalten, seine Rechte wahrzunehmen und seine Pflichten nach den Regeln von Treu und Glauben zu erfüllen; diese verlangen von jedem Inhaftierten, dass er seine Rechte in Beachtung jener des andern ausübt.
2 Der offensichtliche Rechtsmissbrauch findet keinen Rechtsschutz.
3 Rechtsmissbräuchliche Ausübung eines Rechtes liegt vor, wenn sie unvereinbar ist mit dem öffentlichen Interesse an einem normalen und nicht unverhältnismässig teuren Betrieb der Haftanstalt.

Art. 13 Information des Inhaftierten

Kurz nach dem Eintreffen in der Haftanstalt wird der Inhaftierte in einer ihm verständlichen Sprache über das Haftregime und Reglement der Anstalt sowie über seine Rechte und Pflichten orientiert.

Art. 14 Benachrichtigung der Personen seines Vertrauens

1 Sofort nach seiner Verhaftung wird der Ausländer: a) aufmerksam gemacht auf sein Recht, einen Verteidiger zu bezeichnen; b) hingewiesen auf das Recht, seinen Anwalt oder einen Angehörigen sofort über seine Lage informieren zu lassen.
2 Nach seiner Besprechung mit der Direktion, die innert kurzer Frist zu erfolgen hat, kann der Inhaftierte seine Angehörigen oder Dritte über seinen Aufenthaltsort informieren und ihnen alle nötigen Angaben machen über die Postsendungen, Besuche und die Benützung des Telefons.

Art. 15 Kontakt mit der Aussenwelt

1 In der Regel bewirkt die administrative Haft keine besondere Beschränkungen der Rechte des Inhaftierten auf Kontakt mit der Aussenwelt. Einschränkungen können sich hingegen aus den Anforderungen an den Betrieb der Anstalt oder aus Gründen der Sicherheit ergeben.
2 Der Inhaftierte kann grundsätzlich frei korrespondieren.
6 Fassung gemäss Ziff. I des Dekrets vom 7. Febr. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2007, gültig bis längstens 31. Dez. 2012 (GS/VS 2007, 166 und 452)
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3 Er kann unter menschlich zumutbaren Bedingungen den Besuch von Personen erhalten, mit denen ihn ein legitimes Interesse an Kontakt verbindet; allerdings unter Vorbehalt der nötigen Einschränkungen, welche die Behandlung des Falls sowie die Sicherheit und die Ordnung der Anstalt auferlegen. Die persönlichen Sachen eines Besuchers dürfen aus Gründen der Sicherheit durchsucht werden.
4 Die Kontakte des Inhaftierten mit seinem Verteidiger erfolgen frei und ohne Aufsicht.

Art. 16 Spaziergang

Ab dem ersten Tag der Haft, hat der Inhaftierte das Recht auf einen Spaziergang in frischer Luft und während mindestens einer Stunde.

Art. 17 Angemessene Beschäftigung

Nach einer Haft von kurzer Dauer soll der Inhaftierte, welcher es verlangt, sich in der Anstalt auf angemessene Weise beschäftigen können, indem man z.B. Zeiten der Tätigkeit mit solchen der Untätigkeit abwechselt.

Art. 18 Mehrgeld

1 Während seines Aufenthaltes in der Anstalt wird dem Inhaftierten ein täglicher Betrag in Rechnung gestellt, den der Staatsrat zur Deckung kleiner Kosten festsetzt.
2 Der Inhaftierte, welcher bei freiwilliger Beschäftigung die ihm zugewiesene Arbeit verrichtet, erhält dafür einen täglichen Betrag, der vom Staatsrat festgesetzt wird.

Art. 19 Trennung der Geschlechter

1 Die Inhaftierten müssen im Rahmen des Möglichen nach Geschlecht getrennt werden, zumindest während der nächtlichen Ruhe.
2 Jeder Inhaftierte kann für sich eine vollständige Trennung der Geschlechter während der ganzen Haft verlangen.
3 Das Zusammenleben von Paaren darf nur bewilligt werden, wenn es dem Betrieb der Anstalt nicht abträglich ist.

Art. 20 Recht auf Aussprache und Beanstandung

1 Der Inhaftierte hat das Recht, jederzeit eine Aussprache mit der Anstaltsdirektion zu erhalten.
2 Er kann eine Beanstandung an das Departement richten und so dessen Aufmerksamkeit auf eine tatsächliche oder rechtliche Situation lenken, bei der ihm eine Intervention gerechtfertigt erscheint; dieses Mittel steht immer dann zur Verfügung, wenn der Weg einer Beschwerde unzulässig ist. Der Inhaftierte ist im Verfahren nicht Partei und hat grundsätzlich kein Recht auf Prüfung seiner Intervention oder auf einen Entscheid zu Sache.

Art. 21 Recht auf einen Entscheid

1 Die Direktion fällt einen Entscheid im Sinne des VVRG, wenn sie eine Massnahme ergreift, die bezweckt:
- 7 - a) Rechte und Pflichten des Inhaftierten zu schaffen, zu ändern oder aufzuheben; b) die Existenz, Inexistenz oder den Umfang von Rechten oder Pflichten des Inhaftierten festzustellen; c) Begehren abzuweisen oder unzulässig zu erklären, die darauf abzielen, Rechte und Pflichten des Inhaftierten zu schaffen, abzuändern, aufzuheben oder festzustellen.
2 Wenn die Direktion zu Unrecht keinen oder keinen rechtzeitigen Entscheid fällt, wird dies einem Entscheid gleichgestellt.

Art. 22 Einspracherecht

1 Die verwaltungsrechtliche Einsprache gemäss Artikel 34a ff. VVRG ist zulässig gegen Entscheide der Direktion im Sinne von Artikel 21, Absatz 1 des vorliegenden Gesetzes.
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2 Nur die aufgrund einer Einsprache gefällten Entscheide können mit Beschwerde angefochten werden.

Art. 23 Beschwerderecht

1 Der Inhaftierte kann beim Staatsrat eine Beschwerde einreichen: a) gegen Entscheide der Direktion über Einsprachen; b) gegen jeden unrechtmässigen Eingriff in seine subjektiven Rechte infolge einer Handlung oder Unterlassung der Direktion.
2 Der Staatsrat entscheidet als letzte kantonale Instanz, ausser wenn das Bundesrecht dem Inhaftierten das Recht gibt, vor ein Gericht zu gelangen.
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3 Der Inhaftierte darf nicht durch einen anderen Inhaftierten vertreten oder verbeiständet werden. Im übrigen gelten die Bestimmungen des VVRG.

Art. 24 Anstalt

1 Die Haft erfolgt in einer geschlossenen Anstalt, in der die Bewegungsfreiheit im Rahmen der Schranken gewährt ist, welche für die Leitung einer gemeinschaftlichen Struktur und der Sicherheit nötig sind.
2 Die Haft in einer Zelle kann angeordnet werden, wenn es für den Schutz des Inhaftierten oder von Dritten nötig ist oder in Ausführung disziplinarischer Sanktionen.
3 Ausnahmsweise kann die Haft in der Zelle eines Untersuchungsgefängnisses erfolgen.

Art. 25 Besuch des Arztes

Jeder Inhaftierte, der es verlangt, wird von einem Arzt untersucht: a) in der Woche nach seiner Verhaftung; b) auf ausdrückliches Gesuch innert 24 Stunden nach der Verhaftung; c) immer in dringenden Fällen.

Art. 26 Inspektion, Durchsuchung, Beschlagnahme, Einziehung

1 Die Inhaftierten, ihre persönliche Ausstattung und deren Räumlichkeiten können inspiziert werden, wenn ernsthafte Indizien diese Massnahme als nötig
7 Fassung gemäss Ziff. I des Dekrets vom 7. Febr. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2007, gültig bis längstens 31. Dez. 2012 (GS/VS 2007, 166 und 452)
8 Fassung gemäss Ziff. I des Dekrets vom 7. Febr. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2007, gültig bis längstens 31. Dez. 2012 (GS/VS 2007, 166 und 452)
- 8 - erscheinen lassen.
2 Die Durchsuchung muss durch eine Person gleichen Geschlechts oder einen Arzt in einem geeigneten Lokal erfolgen; eine gründliche körperliche Durchsuchung darf nur von einem Arzt vorgenommen werden.
3 Die Direktion der Anstalt kann gefährliche Gegenstände beschlagnahmen, die zur Vorbereitung der Flucht dienen können oder geeignet sind, die innere Ordnung ernsthaft zu stören. Das betreffende Departement kann die Einziehung anordnen; sein Entscheid kann mit Beschwerde an den Staatsrat und dann beim Kantonsgericht angefochten werden.

Art. 27 Depot

1 Persönliche Sachen des Inhaftierten und sein Geld werden in einem Depot der Anstalt aufbewahrt, unter Vorbehalt der Sachen, die er im Zimmer behalten kann.
2 Hab und Gut des Inhaftierten, vermehrt durch die inzwischen von der Anstalt oder Dritten erfolgten Zahlungen, abzüglich die Zahlungen zu Lasten des Inhaftierten (Kauf, Miete oder Reparaturen, verschiedene Rechnungen usw.) werden ihm bei Entlassung aus der Anstalt gegen Quittung zurückerstattet.

Art. 28 Disziplinarsanktionen

1 Der Inhaftierte, welcher die gemäss diesem Gesetz oder der Verordnung (Art. 29 EGBGZ) anwendbaren Regeln verletzt, kann von der Direktion disziplinarisch bestraft werden.
2 Disziplinarstrafen sind: a) formeller Verweis; b) Entzug eines Vorteils während höchstens zehn Tagen; c) Isolierung in einer Zelle bis höchstens fünf Tage.
3 Vor jeder Anordnung einer disziplinarischen Massnahme ist der Inhaftierte anzuhören. Der Entscheid wird ihm zugestellt, mit Angabe der Rechtsmittel. Auf Beschwerde hin entscheidet der Staatsrat endgültig, ausser im Fall der Isolierung in einer Zelle und wenn das Bundesrecht dem Inhaftierten das Recht gibt, vor ein Gericht zu gelangen. Im Übrigen kommt das VVRG zur Anwendung.
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Art. 29 Verordnung des Staatsrates

Aufgrund der in diesem Kapitel aufgezählten Grundsätze erlässt der Staatsrat in einer Verordnung noch Präzisierungen über das juristische Regime der Haft ZM, insbesondere über:
10 a) Aufnahme in die Haft und Entlassung; b) Haftlokale, Bettzeug und Kleider; c) Gesundheit und Hygiene; d) Ordnung und Disziplin; e) angemessene Beschäftigung; f) Rechte des Inhaftierten.
9 Fassung gemäss Ziff. I des Dekrets vom 7. Febr. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2007, gültig bis längstens 31. Dez. 2012 (GS/VS 2007, 166 und 452)
10 Fassung gemäss Ziff. I des Dekrets vom 7. Febr. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2007, gültig bis längstens 31. Dez. 2012 (GS/VS 2007, 166 und 452)
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4. Kapitel: Organisation der Haftanstalten ZM

Art. 30 Ort der Haft ZM

Die Haft ZM erfolgt:
11 a) vorwiegend in einer geeigneten Anstalt des «Domaine de Crêtelongue», strikte getrennt von den Gefängnisanstalten; b) subsidiär, insbesondere für die weiblichen Inhaftierten, in einem Arrestlokal der Polizei oder in einer separaten Abteilung eines Untersuchungsgefängnisses.

Art. 31 Personal und Direktion

1 Die Haftanstalten verfügen über das für den Betrieb geeignete und nötige Personal, welches administrativ der Dienststelle angegliedert ist. Sie überwacht die spezifische und ständige Ausbildung dieses Personals.
2 Die Verwaltung der Haftanstalten wird einem Verantwortlichen übertragen, welcher die Direktion bildet.
3 Hilfspersonen, deren Aufgabe speziell und zeitlich beschränkt ist, können für die Haft der Frauen angestellt werden.
4 Wenn ein Angestellter der Anstalten aufgrund einer Tat im Bereich seiner Funktion in ein Zivil-, Straf- oder Administrativverfahren verwickelt ist, gewährt ihm der Staat grundsätzlich den Beistand eines Anwalts.
5 Die gesetzlichen Bestimmungen über das Statut der Staatsbeamten sind anwendbar.

Art. 32 Auswärtige Unterstützung

1 Das Personal der Gefängnisanstalten besorgt: a) die nächtliche Aufsicht über die Haftanstalten ZM und ihre Insassen;
12 b) das Mittag- und Abendessen sowie die Reinigung der Wäsche.
2 Der medizinische Dienst der Gefängnisse sichert die medizinische Betreuung in den Haftanstalten ZM.
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3 In dringenden Fällen kann die Kantonspolizei oder das Personal der Gefängnisanstalten angerufen werden.
5. Kapitel: Schlussbestimmungen

Art. 33 Übergangsrecht

Die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes hängigen Verfahren unterstehen dem neuen Recht.

Art. 34 Interkantonale Vereinbarungen

Der Staatsrat ist ermächtigt, für die administrative Haft der Frauen mit einem anderen Kanton eine Vereinbarung zu schliessen.

Art. 35 Aufhebung geltenden Rechts

Aufgehoben werden alle diesem Gesetz widersprechenden Bestimmungen, insbesondere der Artikel 5 des Dekretes vom 1. Februar 1967 über die
11 Fassung gemäss Ziff. I des Dekrets vom 7. Febr. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2007, gültig bis längstens 31. Dez. 2012 (GS/VS 2007, 166 und 452)
12 Fassung gemäss Ziff. I des Dekrets vom 7. Febr. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2007, gültig bis längstens 31. Dez. 2012 (GS/VS 2007, 166 und 452)
- 10 - Einführung des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer.

Art. 36 Inkrafttreten

1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.
2 Der Staatsrat bestimmt das Inkrafttreten.
14 So angenommen in zweiter Lesung im Grossen Rate zu Sitten, den 15. November 1996. Der Präsident des Grossen Rates: Hermann Fux Die Schriftführer: Herbert Marty, Florian Boisset
14 Inkrafttreten am 15. Juli 1997 (GS/VS 1997, 63)
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