Interkantonale Vereinbarung über die hochspezialisierte Medizin
Interkantonale Vereinbarung über die hochspeziali- sierte Medizin (IVHSM)
1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen
Art. 1
1 Die Kantone vereinbaren im Interesse einer bedarfsgerechten, qualitativ hochstehenden und wirtschaftlich erbrachten medizinischen Versorgung die Sicherstellung der Koordination der Konzentration der hochspeziali- sierten Medizin. Diese umfasst diej enigen medizinischen Bereiche und Leistungen, die durch ihre Selte nheit, durch ihr hohes Innovationspoten- zial, durch einen hohen personellen oder technischen Aufwand oder durch komplexe Behandlungsverfahren geke nnzeichnet sind. Für die Zuordnung müssen mindestens drei der genannten Kriterien erfüllt sein, wobei immer aber das der Seltenheit vorliegen muss. Zwec k
2 Zur Erreichung des in Absatz 1 ge nannten Zwecks und in Erfüllung der einschlägigen Vorgaben des Bundes
1 ) vereinbaren die Kantone die gemeinsame Planung und Zuteilung der hochspezialisierten Medizin.
Art. 2 Die Mitglieder der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen
und -direktoren aus den Vereinbarungskantonen wählen ein Beschlussor- gan (HSM-Beschlussorgan), dem der Vollzug der Vereinbarung obliegt. Dieses setzt ein Fachorgan sowie ein Projektsekretariat ein. Vollzug der Vereinbarung
2. Abschnitt: Die Organisation der interkantonalen Planung
Art. 3
1 Das Beschlussorgan setzt sich au s folgenden Mitgliedern der GDK-Ple- narversammlung zusammen: den fünf Mitgliedern der Vereinbarungs- kantone mit Universitätsspital Zürich , Bern, Basel-Stadt, Waadt und Genf; fünf Mitglieder aus den anderen Vereinbarungskantonen, wovon mindes- tens zwei Mitglieder Vereinbarungs kantone mit einem grossen Zentrums- spital, das interkantonale Leistu ngsaufgaben wahrnimmt, vertreten. Zusammen- setzung, Wahl und Aufgaben des HSM-Beschluss- organs Zudem können das Bundesamt für Gesundheit, die Schweizerische Uni- versitätskonferenz und santésuisse je ei ne Person mit beratender Stimme in das Beschlussorgan delegieren.
1)
Artikel 39 KVG
2 Die Mitglieder einschliesslich des Präsidiums werden von den GDK- Mitgliedern der Vereinbarungskantone für eine Dauer von zwei Jahren ge- wählt. Eine Wiederwahl ist möglich. Die Stellvertretung richtet sich nach den Bestimmungen in den Statuten der GDK über die Stellvertretung an Plenarversammlungen.
1 )
3 Das Beschlussorgan bestimmt die Be reiche der hochspezialisierten Me- dizin, die einer schweizweiten Konzen tration bedürfen, und trifft die Pla- nungs- und Zuteilungsentscheide.
4 Hierzu erstellt es eine Liste der Bereiche der hochspezialisierten Medizin und der mit der Erbringung der definier ten Leistungen beau ftragten Zent- ren. Die Liste wird periodisch überpr üft. Sie gilt als gemeinsame Spital- liste der Vereinbarungskantone gemä ss Artikel 39 KVG. Die Zuteilungs- entscheide werden befristet.
5 Die Entscheide des Beschlussorgans basieren auf Anträgen des Fachor- gans. Das Beschlussorgan beachtet die Kriterien gemäss Artikel 4 Absatz
4. Seine Beschlüsse gemäss Artikel 3 Absatz 3 und 4 bedürfen der vorgän- gigen Stellungnahme des Fachorgans.
6 Das Beschlussorgan kann dem Fachorgan Aufträge erteilen.
7 Die Mitglieder streben eine einv ernehmliche Entscheidfindung an. Kann diese nicht erreicht werden, erford ert ein Beschluss die Zustimmung von mindestens vier Mitgliedern aus Vere inbarungskantonen m it Universitäts- spital und von vier Mitgliedern der anderen Vereinbarungskantone.
Art. 4
1 Das HSM-Fachorgan besteht aus höc hstens 15 unabhängigen Experten, bei deren Bestellung mehrere geeignete Bewerber aus dem Ausland zu be- rücksichtigen sind. Das Beschlussorgan bestimmt die Anforderungen an die Experten und legt das Auswahlverfahren fest. Die Mitglieder legen ihre Interessen in einem lnteressenbindungsregister offen. Zusammen- setzung, Wahl und Aufgaben des HSM-Fachorgans
2 Die Wahl der Experten einschliess lich des Präsidiums erfolgt ad perso- nam durch das HSM-Beschlussorgan für eine Dauer von zwei Jahren. Eine Wiederwahl ist möglich. Das HSM-Fachorgan hat folgende Aufgaben:
1. es beobachtet neue Entwicklungen;
2. es stellt und überprüft Anträge auf Aufnahme und Streichung aus dem HSM-Bereich;
3. es legt die Voraussetzungen fest, welche zur Ausführung einer Dienstleistung bzw. eines Diens tleistungsbereiches erfüllt werden müssen bezüglich Fallzahl, persone llen und strukturellen Ressourcen und an unterstützenden Disziplinen;
1)
Artikel 5 Statuten der Schweizerische n Konferenz der kantonalen Gesundheits-
direktorinnen und -direktoren
4. es bereitet die Entscheidungen des Beschlussorgans vor; dazu gehö- ren insbesondere die Vorbereitungsarbeiten der Zuteilung gemäss den oben beschriebenen Voraussetzungen sowie die Prüfung der Lösungs- vorschläge;
5. es stellt dem Beschlussorgan die entsprechenden Anträge und begründet diese fachbezogen und wissenschaftlich;
6. es erstattet dem Beschlussorgan jährlich Bericht über den Stand sei- ner Arbeiten.
4 Das HSM-Fachorgan berücksichtigt be i der Erfüllung seiner in Absatz 3 genannten Aufgaben folgende Kriterien:
1. Für die Aufnahme in die Liste der HSM-Bereiche: a) Wirksamkeit; b) Nutzen; c) Technologisch-ökonomische Lebensdauer; d) Kosten der Leistung.
2. Für den Zuteilungsentscheid: a) Qualität; b) Verfügbarkeit hochqualifizier ten Personals und Teambildung; c) Verfügbarkeit der unterstützenden Disziplinen; d) Wirtschaftlichkeit; e) Weiterentwicklungspotenzial.
3. Für den Entscheid über die Aufnah me in die Liste der HSM-Bereiche und die Zuteilung: a) Relevanz des Bezugs zu Forschung und Lehre; b) Internationale Konkurrenzfähigkeit.
5 Die Experten streben eine einv ernehmliche Entscheidfindung an. Kann diese nicht erreicht werden, werden Beschlüsse mit dem einfachen Mehr der anwesenden Mitglieder gefasst, wobei mindestens zwei Drittel der Mitglieder anwesend sein müssen. Das Beschlussorgan erlässt die Aus- standsregeln.
Art. 5
1 Das HSM-Projektsekretariat wird vom Beschlussorgan eingesetzt. Wahl und Aufgaben des HSM-Projekt- sekretariats
2 Es unterstützt organisatorisch und technisch die im Zusammenhang mit der Planung der hochspezialisierten Me dizin erfolgenden Arbeiten des Be- schluss- und des Fachorgans und koordiniert diese.
Art. 6 Das Beschluss- und das Fachorgan gebe n sich jeweils ein Geschäftsregle-
ment, das die Einzelheiten zur Orga nisation, Arbeitsweise und Beschluss- fassung festlegt. Das Reglement des Fachorgans bedarf der Genehmigung des Beschlussorgans. Arbeitsweise
3. Abschnitt: Planung
Art. 7
1 Zur Gewinnung von Synergien ist darauf zu achten, dass die hochspezia- lisierten Leistungen auf wenige universitäre oder multidisziplinäre Zent- ren konzentriert werden. Grundsätze
2 Die Planung gemäss dieser Vereinba rung soll mit jener im Bereich der Forschung abgestimmt werden. Forschungsanreize sollen gesetzt und ko- ordiniert werden.
3 Die Interdependenzen zwischen verschiedenen hochspezialisierten medi- zinischen Bereichen sind bei de r Planung zu berücksichtigen.
4 Die Planung umfasst jene Leistungen, die durch schwei zerische Sozial- versicherungen mitfinanziert werden.
5 Die Zugänglichkeit für Notfälle si nd bei der Planung zu berücksichtigen.
6 Die Planung berücksichtigt die vom schweizerischen Gesundheitswesen erbrachten Leistungen für das Ausland.
7 Bei der Planung können Kooperations möglichkeiten mit dem nahen Aus- land genutzt werden.
8 Die Planung kann in Stufen erfolgen.
Art. 8 Bei der Zuordnung der Kapazitäten sind folgende Vorgaben zu beachten:
Besondere Anforderungen an die Planung der Kapazitäten a) Die gesamten in der Schweiz verfügbaren Kapazitäten sind so zu be- messen, dass die Zahl der Behandlungen, die sich unter umfassender kritischer Würdigung erwarten lassen, nicht überschritten werden kann. b) Die resultierende Anzahl der Behandlungsfälle der einzelnen Einrich- tung pro Zeitperiode darf die kritis che Masse unter den Gesichts- punkten der medizinischen Sicher heit und der Wirtschaftlichkeit nicht unterschreiten. c) Den Möglichkeiten der Zusamme narbeit mit Zentren im Ausland kann Rechnung getragen werden.
Art. 9
1 Die Vereinbarungskantone übertragen ihre Zuständigkeit gemäss Artikel
39 Absatz 1 Litera e KVG zum Erlass de r Spitalliste für den Bereich der hochspezialisierten Medizin dem HSM-Beschlussorgan. Auswirkungen auf die kantonalen Spitallisten
2 Ab dem Zeitpunkt der gemäss Artikel 3 Absatz 3 und 4 erfolgten Bestim- mung eines Bereiches der hochspezia lisierten Medizin und seiner Zutei- lung durch das HSM-Beschlussorgan an mit der Einbringung der betref- fenden Leistung beauftragte Zentren gelten abweichende Spitallisten- zulassungen der Kantone im entsprechenden Umfang als aufgehoben.
4. Abschnitt: Finanzen
Art. 10 Die Kosten der Tätigkeit der im zweiten Abschnitt genannten Organe so-
wie des Sekretariats werden von de n der Vereinbarung beigetretenen Kantonen Kosten entsprechend ihre r Einwohnerzahl anteilsmässig getra- gen. Verteilung der Kosten
5. Abschnitt: Streitbeilegung
Art. 11 Die Vereinbarungskantone verpflicht en sich, Meinungsverschiedenheiten
und Streitigkeiten nach Möglichkeit gütlich zu regeln. Streitbeilegungs- verfahren Im Übrigen gelten die Bestimmungen der Interkantonalen Rahmenverein- barung (IRV)
1 ) über die Streitbeilegung.
6. Abschnitt: Rechtspflege und Schlussbestimmungen
Art. 12
1 Gegen Beschlüsse betreffend die Festsetzung der ge meinsamen Spital- liste nach Artikel 3 Absatz 3 und 4 kann beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde nach Artikel 53 KVG geführt werden. Beschwerde und Verfahrensrecht
2 Auf diese Beschlüsse finden sinngemäss die bundesrechtlichen Vor- schriften über das Verwaltungsverfahren
2 ) Anwendung.
Art. 13
1 Der Beitritt zur Vereinbarung wird mit der Mitteilung an die GDK wirk- sam. Beitritt und Austritt
2 Jeder Vereinbarungskanton kann dur ch Erklärung gegenüber der GDK austreten. Der Austritt wird mit dem Ende des auf die Erklärung folgen- den Kalenderjahres wirksam.
3 Die Austrittserklärung kann frühestens auf das Ende des fünften Jahres seit Inkrafttreten der Vereinbarung und fünf Jahre nach erfolgtem Beitritt abgegeben werden.
Art. 14 Das Präsidium des Beschlussorgans stattet den Vereinbarungskantonen
jährlich über den Stand der Umsetzung dieser Vereinbarung Bericht. Berichterstattung
1) Rahmenvereinbarung über die interkan tonale Zusammenarbeit mit Lastenaus- gleich vom 24.6.2005, Abschnitt IV.
2) Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVG) vom 20. Dezember 1968, SR 172.021
Art. 15 Die GDK setzt die Vereinbarung in Kraft
1 ) , wenn ihr 17 Kantone ein- schliesslich der Kantone mit Universitätsspital (Zürich, Bern, Basel-Stadt, Waadt und Genf) beigetreten sind. Für später beigetretene Kantone tritt die Vereinbarung mit der Mitteilung ge mäss Artikel 13 Absatz 1 in Kraft. Inkrafttreten
Art. 16
1 Die Vereinbarung gilt unbefristet. Geltungsdauer und Ausserkraft- treten
2 Sie tritt ausser Kraft, wenn die Zahl der Mitglieder unter 17 fällt oder wenn einer der Kantone mit Universität Waadt oder Genf) austritt.
Art. 17 Stellen die Vereinbarungskantone fest , dass eine Anpassung der Vereinba-
rung erforderlich ist, nehmen sie entsprechende Verhandlungen auf. Auf Antrag von drei Vereinbarungskantone n leitet die GDK die Anpassung der Vereinbarung ein. Die Anpassung tritt in Kraft, wenn ihr sämtliche Verein- barungskantone be igetreten sind. Ä nderung der Vereinbarung Bern, 14 . März 2008 Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren Der Präsident Pierre-Yves Maillard Staatsrat Der Zentralsekretär Franz Wyss
1) Vom Vorstand der GDK am 22. Januar 2009 auf den 1. Januar 2009 in Kraft gesetzt.
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