Rahmenvereinbarung für die interkantonale Zusammenarbeit mit Lastenausgleich (730.110)
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Rahmenvereinbarung für die interkantonale Zusammenarbeit mit Lastenausgleich

Rahmenvereinbarung für die interkantonale Zusammenarbeit mit Lastenausgleich (Rahmenvereinbarung, IRV) Von der Schweizerischen Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) am
24. Juni 2005 zur Ratifizierung in den Kantonen verabschiedet I. Allgemeine Bestimmungen
1. GRUNDSÄTZE
Art. 1
1 Die Rahmenvereinbarung regelt Grunds ätze und Verfahren der interkan- tonalen Zusammenarbeit mit Lastenausgleich. Zweck und Gel- tungsbereich
2 Sie bildet die Grundlage für interkan tonale Zusammenarbeitsverträge in den Bereichen gemäss Art. 48a der Bundesverfassung
1 )
.
3 Kantone können interkantonale Zu sammenarbeitsverträge in anderen Aufgabenbereichen der Rahmen vereinbarung unterstellen.
Art. 2
1 Mit der interkantonalen Zusammenarbeit mit Lastenausgleich wird eine bedarfsgerechte und wirt schaftliche Aufgabenerfüllung angestrebt. Ziele der inte r - kantonalen Zu- sammenarbeit mit Lastenausgleich
2 Sie ist so auszugestalten, dass die Nutzniesser auch Kosten- und Ent- scheidungsträger sind.
3 Die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) veröffentlicht alle vier Jahre einen Rechenschaftsbericht über den Stand der Anwendung der Grundsätze der interkant onalen Zusammenarbeit.

Art. 3 Die Kantone verpflichten sich, die Grundsätze der Subsidiarität und der

fiskalischen Äquivalenz sinngemäss au ch im innerkantonalen Verhältnis zu beachten. Innerkantonale Zusammenarbeit mit Lasten- ausgleich
Art. 4
1 Die Kantonsregierungen sind verpflichtet, die kantonalen Parlamente rechtzeitig und umfassend über bestehende oder beabsichtigte Vereinba- Stellung der kantonalen Parlamente
1) SR 101
rungen im Bereich der in terkantonalen Zusammenarbeit mit Lastenaus- gleich zu informieren.
2 Im Übrigen regelt das kantonale R echt die Mitwirkungsrechte der Parla- mente.
2. ZUSTÄNDIGKEITEN UND KOMPETENZEN
Art. 5
1 Beitrittserklärungen, Austrittse rklärungen und Änderungsgesuche zur Rahmenvereinbarung sind bei der KdK zu hinterlegen. Konferenz der Kantonsregie- rungen (KdK)
2 Die KdK stellt das Inkrafttreten und das Ausserkrafttreten der Rahmen- vereinbarung fest und führt ein allfälliges Änderungsverfahren durch.
3 Sie wählt die Mitglieder der Interk antonalen Vertragskommission (IVK) und genehmigt deren Geschäftsordnung.

Art. 6 Die Präsidentin oder der Präsident der KdK ist zuständig für das Infor-

melle Vorverfahren im Rahmen des Streitbeilegungsverfahrens. Präsidium der KdK
Art. 7
1 Die IVK ist zuständig für das Förmliche Vermittlungsverfahren im Rah- men des Streitbeilegungsverfahrens. Interkantonale Vertragskom- mission (IVK)
2 Sie besteht aus sechs Mitgliedern, welche von der KdK auf eine Amts- zeit von vier Jahren gewählt werden. Bei der Wahl ist auf eine angemes- sene Vertretung der Sprachregionen Rücksicht zu nehmen.
3 Sie gibt sich eine Geschäftsordnung.
4 Die KdK trägt die Bereitstellungskos ten der IVK. Alle weiteren Kosten sind gemäss Art. 33 Abs. 5 von den Parteien zu tragen.
3. BEGRIFFE
Art. 8
1 Leistungserbringer ist ein Kanton ode r eine gemeinsame Trägerschaft, in deren Zuständigkeitsbereich di e Leistungserst ellung fällt.
2 Leistungskäufer ist der die Leistungen abgeltende Kanton.
3 Leistungsersteller ist, wer eine Leistung herstellt.
4 Leistungsbezüger ist, wer eine Leistung in Anspruch nimmt.
5 Nachfragende im Sinne von Art. 13 und 23 sind potentielle Leistungsbe- züger.
II. Formen der interkanto nalen Zusammenarbeit mit Lastenausgleich

Art. 9 Die Rahmenvereinbarung regelt folgende Formen der interkantonalen Zu-

sammenarbeit mit Lastenausgleich: a) die gemeinsame Trägerschaft; b) den Leistungskauf.
1. GEMEINSAME TRÄGERSCHAFT
Art. 10
1 Als gemeinsame Trägerschaft wird eine Organisation oder Einrichtung von zwei oder mehreren Kantonen be zeichnet, die zum Zwecke hat, be- stimmte Leistungen im Rahmen der interkantonalen Zusammenarbeit mit Lastenausgleich gemeinsam zu erbringen. Definitionen
2 Die an einer gemeinsamen Trägerscha ft beteiligten Kantone werden als Trägerkantone bezeichnet.
Art. 11
1 Es gilt das Recht am Sitz der gemeinsamen Trägerschaft. Anwendbares Recht
2 Vorbehalten bleiben abweichende Re gelungen in den jeweiligen inter- kantonalen Verträgen.
Art. 12
1 Die Trägerkantone haben in der Träg erschaft grundsätzlich paritätische Mitsprache- und Mitwirkungsrechte. Diese können ausnahmsweise nach der finanziellen Beteiligung gewichtet werden. Rechte der Trägerkantone
2 Die Mitsprache- und Mitwirkungsrech te sind umfassend und erstrecken sich auf alle Bereiche der Leistungserbringung.

Art. 13 Nachfragende aus den Trägerkantonen haben gleichberechtigten Zugang

zu den Leistungen. Gleichberechtig- ter Zugang
Art. 14
1 Die Trägerkantone stellen eine wi rksame Aufsicht über die Führung und Verwaltung der gemeinsamen Trägerschaft sicher. Aufsicht
2 Sie übertragen die Aufsichtsfunktionen geeigneten Organen. Allen Trä- gerkantonen ist die Einsitznahme in die Organe zu ermöglichen.
Art. 15
1 Bei gemeinsamen Trägerschaften werden interparlamentarische Ge- schäftsprüfungskommiss ionen eingesetzt. Geschäftsprüfung
2 Die Sitzzuteilung ist grundsätzlich pa ritätisch. In Ausnahmefällen kann sie sich nach dem Finanzierungsschl üssel richten, wobei jedem Kanton eine Mindestvertretung einzuräumen ist.
3 Die interparlamentarische Geschäft sprüfungskommission wird rechtzei- tig und umfassend über die Arbeit der gemeinsamen Trägerschaft infor- miert.
4 Interparlamentarische Geschäft sprüfungskommissionen können den Trä- gerkantonen Änderungen des Vertrages beantragen. Sie haben im Rahmen der Erarbeitung eines Leistungsauft rages und Globalbudgets angemessene Mitwirkungsrechte.
Art. 16
1 Neue Trägerkantone bezahlen eine Einkaufssumme, welche dem aktuel- len Wert der durch die bisherigen Trägerkantone getätigten Investitionen anteilsmässig entspricht. Eintritt
2 Die bisherigen Trägerkantone haben im Umfang der von ihnen getätigten Investitionen einen Anspruch auf die Einkaufssumme.
3 Das Eintrittsverfahren ist in den interkantonalen Verträgen zu regeln.
Art. 17
1 Das Austrittsverfahren und die Au strittsbedingungen einschliesslich ei- nes allfälligen Entschädigungsanspruchs austretender Trägerkantone sind in den interkantonalen Verträgen zu regeln. Austritt
2 Austretende Trägerkantone haften für Verbindlichkeiten, die während der Dauer ihrer Mitträgerschaft entstanden sind.
Art. 18
1 Ein allfälliger Auflösungs- und Liqui dationserlös ist anteilmässig nach Massgabe der Beteiligung auf die Ve rtragsparteien zu verteilen. Auflösung
2 Für allfällige zur Zeit der Auflösung bestehende Verpflichtungen haften die Trägerkantone solidarisch, soweit die interkantonalen Verträge nichts anderes vorsehen.
Art. 19
1 Die Trägerkantone haften subsidiär und solidarisch für die Verbindlich- keiten gemeinsamer Trägerschaften. Haftung
2 Die Trägerkantone haften für Personen, die sie in interkantonale Organe abordnen.
3 Vorbehalten bleiben abweichende Re gelungen in den jeweiligen inter- kantonalen Verträgen.

Art. 20 Die Trägerkantone sind über die Tätigkeiten der gemeinsamen Träger-

schaft rechtzeitig und umfa ssend zu informieren. Information
2. LEISTUNGSKAUF

Art. 21 Ein Leistungskauf kann mittels Ausgle ichszahlungen, Tausch von Leistun-

gen oder Mischformen von Zahlung und Tausch erfolgen. Formen des Leistungskaufs

Art. 22 Den Leistungsk äufern wird in der Regel mindestens ein partielles

Mitspracherecht gewährt. Mitsprache der Leistungskäufer
Art. 23
1 Nachfragende aus den Vertragska ntonen haben grundsätzlich gleichbe- rechtigten Zugang zu den Leistungen. Zugang zu den Leistungen
2 Bei Zulassungsbeschränkungen werden Nachfragende aus Vertragskan- tonen jenen aus Nichtvertragskantonen vorgezogen.
3 Bei Zulassungsbeschränkungen werden Nachfragende aus Trägerkanto- nen jenen aus Kantonen, welche Le istungskäufer sind, vorgezogen.

Art. 24 Die Leistungskäufer sind vom Leistungs erbringer periodisch über die er-

brachten Leistungen zu informieren. Informations- austausch III. Lastenausgleich
1. GRUNDLAGEN FÜR DIE ERMITTLUNG DER ABGE LTUNGEN
Art. 25
1 Grundlage für die Ermittlung der Abgeltungen bilden transparente und nachvollziehbare Kosten- und Leistungsrechnungen. Kosten- und Leistungs- rechnungen
2 Die an einem Vertrag beteiligten Kantone erarbeiten die Anforderungen an die Kosten- und Leistungsrechnungen.
Art. 26
1 Vor Aufnahme von Verhandlungen legen die Verhandlungspartner dar, von welchen Leistungen und Vorteile n sie profitieren und mit welchen Kosten und nachteiligen Wirkungen si e belastet werden. Die Leistungser- bringer weisen die anfallenden Kosten nach. Kosten- und Nutzenbilanz
2 Die Kantone sind verpflichtet, die nötigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
2. GRUNDSÄTZE FÜR DIE ABGELTUNGEN
Art. 27
1 Leistungen mit erheblichen Kosten, für die ausserkantonale Leistungsbe- zügerinnen und -bezüger nicht aufko mmen, werden durch Ausgleichszah- lungen der Kantone abgegolten. Abgeltung von Leistungsbezügen aus anderen Kantonen
2 Die Festlegung der Abgeltung und de r sonstigen Vertragsinhalte ist grundsätzlich Sache der Vertragsparteien.
Art. 28
1 Ausgangslage für die Bestimm ung der Abgeltung bilden die durch- schnittlichen Vollkosten. Kriterien für die Abgeltung
2 Die Abgeltung erfolgt ergebnisorientiert und richtet sich nach der effekti- ven Beanspruchung der Leistungen.
3 Weitere Kriterien bei der Festlegung der Abgeltung sind: a) eingeräumte oder beanspruchte Mitsprache- und Mitwirkungsrechte; b) der gewährte Zugang zum Leistungsangebot; c) erhebliche Standortvorteile und –nachteile im Zusammenhang mit der Leistungserbringung und dem Leistungsbezug; d) Transparenz des Kostennachweises; e) Wirtschaftlichkeit der Leistungserstellung.
Art. 29
1 Der Leistungserbringer verpflichtet sich, die Abgeltung dem Leistungs- ersteller zukommen zu lasse n, so weit dieser die Kosten für die Leistungs- erstellung trägt. Abgeltung des Leistungs- erstellers
Art. 30
1 Sind die Leistungsersteller Gemeinde n, ist diesen ein Anhörungs- und Mitspracherecht einzuräumen. Gemeinden als Leistungsersteller
2 In einem interkantonalen Vertra g kann Gemeinden oder von ihnen getra- genen Organisationen ein direkter An spruch auf die Abgeltung eingeräumt werden.
IV. Streitbeilegung
Art. 31
1 Die Kantone und interkantonale Orga ne bemühen sich, Streitigkeiten aus bestehenden oder beabsichtigten interkantonalen Verträgen durch Ver- handlung oder Vermittlung beizulegen. Grundsatz
2 Sie verpflichten sich, bei allen Streitigkeiten im Zusammenhang mit der interkantonalen Zusammenarbeit mit Lastenausgleich vor Erhebung einer Klage gemäss Artikel 120 Absatz 1 Bu chstabe b des Bundesgerichtsgeset- zes vom 17. Juni 2005
1 ) am nachstehend beschr iebenen Streitbeilegungs- verfahren teilzunehmen.
3 Das Streitbeilegungsverfahren kann auch von Nichtvereinbarungskanto- nen sowie von interkantonalen Organe n, die nicht auf der IRV basieren, angerufen werden.
Art. 32
1 Das Streitbeilegungsverfahren ist zwei stufig. Es besteht aus einem infor- mellen Vorverfahren vor dem Präs idium der KdK und einem förmlichen Vermittlungsverfahren vor der IVK. Streitbeileg u ngs- verfahren
2 Jeder Kanton und jedes interkantona le Organ kann zu diesem Zweck beim Präsidium der KdK mit schriftlichem Vermittlungsgesuch das Streit- beilegungsverfahren einleiten.
Art. 33
1 Nach Eingang des Vermittlungsgesuchs lädt die Präsidentin oder der Präsident der KdK oder eine andere von ihr oder ihm bezeichnete Persön- lichkeit als Vermittler die Vertretungen der beteiligten Parteien zu einer Aussprache ein. Informelles Vorverfahren
2 Im Einvernehmen mit den Beteiligten kann eine auf dem Gebiet der Mediation besonders befähigte Person beigezogen werden.
3 Führt das informelle Vorverfahren nicht innert sechs Monaten ab Ein- gang des Vermittlungsgesuchs zu einer Einigung, so leitet der Vermittler das förmliche Vermittlungsverfahren vor der IVK ein.
Art. 34
1 Die IVK gibt den Parteien die Eröffnung des förmlichen Vermittlungs- verfahrens bekannt. Förmliches Vermittlungs- verfahren
2 Die Mitglieder der IVK bezeichnen eine Persönlichkeit als Vorsitzende oder Vorsitzenden für das hängige Ve rmittlungsverfahren. Können sie sich nicht innert Monatsfrist auf einen gemeinsamen Vorschlag einigen oder wird die bezeichnete Person von einer Partei abgelehnt, wird die Präsiden-
1) SR 173.110
tin oder der Präsident des Bundesgericht s darum ersucht, eine Vorsitzende oder einen Vorsitzenden für das Vermittlungsverfahren zu bezeichnen.
3 Die Eröffnung des Vermittlungsverfahrens ist unter Angabe des Streitge- genstandes der Bundeskanzlei anzuzeigen. Werden durch die Streitigkeit Interessen des Bundes berührt, so kann der Bundesrat eine Person be- zeichnen, die als Beobachterin des Bundes am Vermittlungsverfahren teil- nimmt.
4 Die Parteien sind befugt, ihre abweichenden Standpunkte zuhanden der IVK schriftlich festzuhalten und zu dokumentieren, und sie erhalten Gele- genheit, sich mündlich vor der IVK zu äussern. Über die Verhandlung ist ein Protokoll zu führen.
5 Das Ergebnis wird von der IVK zuha nden der Beteiligten in einer Ur- kunde festgehalten. Darin is t auch die Verteilung der Verfahrenskosten auf die Parteien zu regeln.
6 Die Parteien verpflichten sich, eine allfällige Klage beim Schweizeri- schen Bundesgericht innert sechs M onaten nach förmlicher Eröffnung ei- nes allfälligen Scheiterns des Vermittlungsverfahrens zu erheben.
7 Sie verpflichten sich, die Unterlag en des Streitbeilegungsverfahrens zu den Gerichtsakten zu geben. V. Schlussbestimmungen
Art. 35
1 Der Beitritt zur Rahmenvereinbarung wird mit der Mitteilung an die KdK wirksam. Beitritt und Austritt
2 Jeder Kanton kann durch Erklärung gegenüber der KdK austreten. Der Austritt wird mit dem Ende des auf die Erklärung folgenden Kalenderjah- res wirksam.
3 Die Austrittserklärung kann frühestens au f das Ende des 5. Jahres seit In- Kraft-Treten und fünf Jahre nach erfolgtem Beitritt abgegeben werden.

Art. 36 Die Rahmenvereinbarung tritt in Kraft

1 ) , wenn ihr 18 Kantone beigetreten sind. In- K raft-Treten
Art. 37
1 Die Rahmenvereinbar ung gilt unbefristet. Geltungsdauer und Ausser-Kraft- Treten
2 Sie tritt ausser Kraft, wenn die Za hl der Mitglieder unter 18 fällt.
1)
1. Januar 2008; die Plenarversammlung der KdK hat am 14. Dezember 2007 festgestellt, dass alle Kantone das Vertragswerk ratifiziert haben.

Art. 38 Auf Antrag von drei Kantonen leitet die KdK die Änderung der Rahmen-

vereinbarung ein. Sie tritt unter den Voraussetzungen von Artikel 36 in Kraft. Ä nderung der Rahmen- vereinbarung
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