Gesetz über die Staatshaftung
Gesetz über die Staatshaftung (SHG) Vom 5. Dezember 2006 (Stand 1. Januar 2017) Der Grosse Rat des Kantons Graubünden 1 ) , gestützt auf Art. 26 und 31 der Kantonsverfassung
2 ) , nach Einsicht in die Botschaft der Regierung vom 22. August 2006
3 ) , beschliesst:
1. Allgemeine Bestimmungen
Art. 1 Geltungsbereich
1 Diesem Gesetz unterstehen: a) * der Kanton, die Regionen und Gemeinden sowie die übrigen öffentlich-recht - lichen Körperschaften und deren selbstständige Anstalten (Gemeinwesen); b) die Organe dieser Gemeinwesen; c) die im Dienste dieser Gemeinwesen stehenden Personen bei der Ausübung dienstlicher Tätigkeiten.
2 Vorbehalten sind die haftpflichtrechtlichen Bestimmungen des Obligationenrechts für gewerbliche Tätigkeiten sowie die besonderen Haftungsbestimmungen anderer Gesetze.
3 Für strafprozessuale Entschädigungsforderungen gegenüber dem Kanton finden die Bestimmungen über die Staatshaftung nur Anwendung, wenn die Forderung im Strafverfahren nicht beurteilt worden ist. *
4 Soweit dieses Gesetz keine Vorschriften enthält, sind die Bestimmungen des Abschnitts des Obligationenrechts über die Entstehung durch unerlaubte Handlun - gen (Art. 41 ff.)
4 ) anwendbar. *
1) GRP 2006/2007, 665
2) BR 110.100
3) Seite 1347
4) SR 220
Art. 2 Begriffe
1 Als Organe (Art. 1 Abs. 1 lit. b) gelten die Behörden dieser Gemeinwesen sowie die Gerichte.
2 Als im Dienste dieser Gemeinwesen stehende Personen (Art. 1 Abs. 1 lit. c) gelten: a) alle mit diesen in einem Arbeitsverhältnis stehenden Personen; b) Personen, denen von diesen die Erfüllung von Aufgaben übertragen worden ist.
2. Haftung des Gemeinwesens
Art. 3 Widerrechtliche Schädigung
1 Die Gemeinwesen haften für Schaden, der Dritten durch ihre Organe und in ihrem Dienst stehende Personen bei der Ausübung dienstlicher Tätigkeiten widerrechtlich zugefügt wird.
Art. 4 Rechtmässige Schädigung
1 Die Gemeinwesen haften für rechtmässig zugefügten Schaden, wenn einzelnen oder wenigen Personen ein unverhältnismässig schwerer Schaden zugefügt wird und es nicht zumutbar ist, dass die oder der Geschädigte den Schaden selbst trägt.
2 Die Haftung der Gemeinwesen für rechtmässiges Handeln entfällt insbesondere, wenn: a) die Gemeinwesen gewerblich gehandelt haben; b) die geschädigte Person durch eigenes Handeln Anlass zur Schädigung gege - ben hat.
3 Wo spezialgesetzliche Regelungen bestehen, gehen diese vor.
Art. 5 Genugtuung
1 Die Gemeinwesen haben auch Genugtuungsleistungen zu übernehmen, falls die Voraussetzungen hierfür (Art. 49 OR) 1 ) gegeben sind.
Art. 6 Zuständigkeit und Verfahren
1 Ansprüche aus diesem Gesetz beurteilt das Verwaltungsgericht im Klageverfahren.
2 Die Parteien haben dem Gericht den Sachverhalt des Rechtsstreits darzulegen. Das Gericht legt seinem Verfahren nur rechtzeitig geltend gemachte Tatsachen zugrunde.
1) SR 220
Art. 7 Reduktion und Ausschluss des Anspruchs
1 Sofern die oder der Geschädigte den Schaden durch die Anwendung von Rechts - mitteln oder Rechtsbehelfen hätte verhindern, reduzieren oder gutmachen können und dies unterlassen hat, bestimmt das Gericht nach freiem Ermessen, ob und in welchem Umfang die Klage zu schützen ist.
2 Wird eine Verfügung, ein Entscheid oder ein Urteil im Rechtsmittelverfahren oder im Aufsichtsverfahren geändert, haftet das Gemeinwesen nur bei Vorsatz oder gro - ber Fahrlässigkeit der unteren Instanz.
3 Für Schaden aus falscher Auskunft haften die Gemeinwesen nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit.
4 Für Schäden aus dem Rechtsetzungsverfahren besteht keine Staatshaftung.
Art. 8 Verjährung
1 Der Anspruch auf Schadenersatz verjährt in einem Jahr von dem Tage an, da die oder der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und der oder des Ersatzpflichtigen er - langt hat, jedenfalls aber mit dem Ablauf von zehn Jahren vom Tage der schädigen - den Handlung an gerechnet.
2 Wird die Klage aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für die das Strafrecht eine längere Verjährung vorschreibt, so gilt diese auch für den Zivilanspruch.
Art. 9 Mehrere Gemeinwesen
1 Haben mehrere Gemeinwesen einer oder einem Dritten gemeinsam und wider - rechtlich Schaden zugefügt, haften sie solidarisch.
3. Haftung der Organe und der im Dienste stehenden Personen
Art. 10 Ausschluss des direkten Klagerechts
1 Das direkte Klagerecht der oder des geschädigten Dritten gegen die fehlbaren Or - gane und Personen ist ausgeschlossen.
Art. 11 Schädigung des Gemeinwesens
1 Die Organe und die im Dienste der Gemeinwesen stehenden Personen sind diesen für den Schaden haftbar, den sie bei der Ausübung dienstlicher Tätigkeiten durch vorsätzliche oder grobfahrlässige Verletzung ihrer Dienstpflicht widerrechtlich ver - ursachen.
2 Die Haftung gilt gleichermassen für strafprozessuale Entschädigungen der beschul - digten Person. *
Art. 12 Gemeinsame Schadensverursachung
1 Für gemeinsam verursachten Schaden haften die Organe der Gemeinwesen und die in ihrem Dienst stehenden Personen gemeinsam.
2 Die Ansprüche werden nach Massgabe des Verschuldens geltend gemacht.
Art. 13 Reduktion der Ersatzforderung, Verzicht
1 Die Ersatzforderung kann reduziert oder es kann ganz auf sie verzichtet werden, wenn die oder der Haftpflichtige durch den Ersatz des gesamten Schadens in eine Notlage geraten würde.
Art. 14 Zuständigkeit und Verfahren
1 Ansprüche aus diesem Gesetz gegen Organe der Gemeinwesen und in ihrem Dienst stehende Personen beurteilt das Verwaltungsgericht im Klageverfahren.
2 Die adhäsionsweise Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche gemäss Strafpro - zessordnung
1 ) ist zulässig. *
Art. 15 Verjährung
1 Das Rückgriffsrecht verjährt mit Ablauf eines Jahres seitdem die Haftpflicht durch Gerichtsurteil oder gerichtlichen Vergleich ermittelt ist, jedenfalls aber mit dem Ab - lauf von fünf Jahren von der Feststellung oder Anerkennung der Haftpflicht an ge - rechnet.
4. Schlussbestimmungen
Art. 16 Aufhebung von Erlassen
1 Mit Inkrafttreten dieses Gesetzes wird das Gesetz über die Verantwortlichkeit der Behörden und Beamten und die Haftung der öffentlich-rechtlichen Körperschaften vom 29. Oktober 1944 2 ) aufgehoben.
Art. 17 Änderung bisherigen Rechts
3 )
Art. 18 Übergangsrecht
1 Für die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des vorliegenden Gesetzes hängigen Ver - fahren gilt das Verfahren nach bisherigem Recht.
1) SR 312.0
2) aRB 57 und AGS 1994, 3001
3) Änderungen bisherigen Rechts werden nicht aufgeführt.
Art. 19 Referendum und Inkrafttreten
1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum 2 ) .
2 Die Regierung bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens 3 ) .
2) Die Referendumsfrist ist am 14. März 2007 unbenutzt abgelaufen.
3) Mit RB vom 16. April 2007 auf den 1. Mai 2007 in Kraft gesetzt.
Änderungstabelle - Nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung AGS Fundstelle
05.12.2006 01.05.2007 Erlass Erstfassung -
16.06.2010 01.01.2011 Art. 1 Abs. 3 geändert 2010, 2402
16.06.2010 01.01.2011 Art. 1 Abs. 4 eingefügt 2010, 2402
16.06.2010 01.01.2011 Art. 11 Abs. 2 eingefügt 2010, 2402
16.06.2010 01.01.2011 Art. 14 Abs. 2 geändert 2010, 2402
13.01.2015 01.01.2016 Art. 1 Abs. 1, a) geändert 2015-005
02.02.2016 01.01.2017 Art. 1 Abs. 1, a) geändert 2016-001
Änderungstabelle - Nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung AGS Fundstelle Erlass 05.12.2006 01.05.2007 Erstfassung -
Art. 1 Abs. 1, a) 13.01.2015 01.01.2016 geändert 2015-005
Art. 1 Abs. 1, a) 02.02.2016 01.01.2017 geändert 2016-001
Art. 1 Abs. 3 16.06.2010 01.01.2011 geändert 2010, 2402
Art. 1 Abs. 4 16.06.2010 01.01.2011 eingefügt 2010, 2402
Art. 11 Abs. 2 16.06.2010 01.01.2011 eingefügt 2010, 2402
Art. 14 Abs. 2 16.06.2010 01.01.2011 geändert 2010, 2402
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