Richtlinien für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums (Notbedarf) nach Art. 93 SchKG
1 Richtlinien für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums (Notbedarf) nach Art. 93 SchKG Vom 3. Januar 2001 Das Obergericht des Kantons Aargau Beschliesst: I. Monatlicher Grundbetrag Für Nahrung, Kleidung und Wäsche eins chliesslich deren Instandhaltung, Körper- und Gesundheitspflege, Un terhalt der Wohnungseinrichtung, Kulturelles sowie Auslagen für Bele uchtung, Kochstrom und/oder Gas ist in der Regel vom monatlichen Ei nkommen des Schuldners folgender Grundbetrag als unumgänglich notwendi g im Sinne von Art. 93 SchKG 1) von der Pfändung ausgeschlossen:
1. Für einen alleinstehenden Schuldner Fr. 1'100.–
2.
2) Für einen alleinstehenden Schuldner in Haushaltgemeinschaft mit erwachsenen Personen Fr. 1'000.–
3. Für ein Ehepaar oder zwei andere eine
dauernde Hausgemeinschaft bildende erwachsene Personen Fr. 1'550.–
4. Unterhalt der Kinder
für jedes Kind im Alter bis zu 6 Jahren Fr. 250.–
1) SR 281.1
2) Fassung gemäss Änderung vom 6. Septembe r 2001, in Kraft seit 6. September
2001 (AGS 2001 S. 219).
von 6–12 Jahren Fr. 350.– über 12 Jahre Fr. 500.– II. Zuschläge zum monatlichen Grundbetrag
1. Effektiver Mietzins für Wohnung oder Zimmer ohne Auslagen für Be-
leuchtung, Kochstrom und/oder Gas, weil im Grundbetrag inbegrif- fen unter Berücksichtigung von Ziff. V/2. Benützt der Schuldner lediglich zu seiner grösseren Bequemlichkeit eine teure Wohnung oder ein teures Zimmer, so kann der Mietzins nach Ablauf des nächsten Kündigungstermins auf ein Normalmass herabgesetzt werden (BGE 119 III 73 m.H.). Besitzt der Schuldner ein eigenes von ihm bewohntes Haus, so ist an- stelle des Mietzinses der Lieg enschaftsaufwand zum Grundbetrag hinzuzurechnen. Dieser besteh t aus dem Hypothekarzins (ohne Amortisation), den öffentlich-rechtlichen Abgaben und den (durch- schnittlichen) Unterhaltskosten.
2. Heizkosten
Die durchschnittlichen - auf 12 M onate verteilten - Aufwendungen für die Beheizung der Wohnräume.
3. Sozialbeiträge (soweit nicht vom Lohn bereits abgezogen), wie Bei-
träge bzw. Prämien an – AHV, IV und EO – Arbeitslosenversicherung – Kranken- und Sterbekassen – Unfallversicherung – Pensions- und Fürsorgekassen – Berufsverbände. Der Prämienaufwand für nichtob ligatorische Versicherungen kann nur in begründeten Fällen berücksichtigt werden.
4. Unumgängliche Berufsauslagen (soweit der Arbeitgeber nicht dafür
aufkommt) a) Erhöhter Nahrungsbedarf bei Schwerarbeit, Schicht- und Nachtarbeit, ferner für Schuldner, die einen sehr weiten Arbeitsweg zurücklegen müssen: Fr. 5.– pro Arbeitstag
3 b) Auslagen für auswärtige Verpflegung Bei Nachweis von Mehrauslagen für auswärtige Ver- pflegung: Fr. 8.– bis Fr. 10.– fü r jede Hauptmahlzeit. c) Überdurchschnittlicher Kleider- und Wäsche- verbrauch (Beispielsweise bei Servicep ersonal, Handelsreisenden u.a.m.): bis Fr. 50.– pro Monat. d) Fahrten zum Arbeitsplatz – Öffentliche Verkehrsmittel: effektive Auslagen. – Fahrrad: Fr. 10.– bis Fr. 15.– pro Monat für Abnützung. – Mofa/Moped: Fr. 20.– bis Fr. 30.– pro M onat für Abnützung, Betriebsstoff usw. – Motorrad: Fr. 35.– bis Fr. 55.– pro M onat für Abnützung, Betriebsstoff usw. e) Automobil – Sofern einem Automobil Kompetenzqualität zukommt, sind die festen und veränderlichen Kosten ohne Amortisation zu berechnen. – Bei Benützung eines Automobils ohne Kompetenzqualität: Auslagenersatz wie bei de r Benützung öffentlicher Ver- kehrsmittel.
5. Rechtlich oder moralisch geschul dete Unterstützungs- und/oder
Unterhaltsbeiträge, die der Schuldner an nicht in seinem Haushalt wohnende Personen in der le tzten Zeit vor der Pfändung nachgewie- senermassen geleistet hat und voraussichtlich auch während der Dauer der Pfändung leisten wird (BGE 121 III 22). Dem Betreibungsamt sind für solche Beiträge Unterlagen (Urteile, Quittungen usw.) vorzuweisen.
6. Schulung der Kinder
Besondere Auslagen für Schulung der Kinder (öffentliche Verkehrs- mittel; Schulmaterial usw.). Das gilt auch für Studenten bis zu ihrer Volljährigkeit (BGE 98 III 34 ff.), wobei allfällige Stipendien und anderweitige Einkünfte derselben angemessen zu berücksichtigen sind.
7. Abzahlung oder Miete/Leasing von Kompetenzstücken
Gemäss Kaufvertrag, je doch nur so lange zu berücksichtigen, als der Schuldner bei richtiger Vertragserfüllung zur Abzahlung verpflichtet ist und sich über die Zahlungen ausweist . Voraussetzung: Der Ver- käufer muss sich das Eige ntum vorbehalten haben. Die gleiche Regelung gilt für gemietete/geleaste Kompetenzstücke (BGE 82 III 26 ff.).
8. Auslagen für Arzt, Arzneien, Geburt, Wartung und Pflege; Woh-
nungswechsel Stehen dem Schuldner zur Zeit der Pfändung unmittelbar grössere Auslagen für Arzt, Arzneien, Geburt und Wartung und Pflege von Familienangehörigen oder für einen Wohnungswechsel bevor, so ist diesem Umstand in billiger Weise durch eine entsprechende zeit- weise Erhöhung des Existenzminimums Rechnung zu tragen. Gleiches gilt, wenn diese Ausl agen dem Schuldner während der Dauer der Lohnpfändung erwachsen. Eine Änderung der Lohnpfän- dung erfolgt hier in der Regel jedoch nur auf Antrag des Schuldners. III. Steuern Diese sind bei der Berechnung des Notbedarfs nicht zu berücksichtigen (BGE 95 III 42 E. 3). Bei ausländischen Arbeitnehmern, die der Quellensteuer unterliegen, ist bei der Berechnung der pfändbaren diesen tatsächlich ausbezahlt wird (BGE 90 III 34). IV. Sonderbestimmungen über das dem Schuldner anrechenbare Einkommen
1. Beiträge gemäss Art. 163 ZGB
Verfügt der Ehegatte des Schuldne rs über ein eigenes Einkommen, so ist das gemeinsame Existenzmini mum von beiden Ehegatten (ohne Beiträge gemäss Art. 164 ZGB) im Verhältnis ihrer Nettoeinkommen zu tragen. Entsprechend verri ngert sich das dem Schuldner anrechenbare Existenzminimum (114 III 12 ff).
2. Beiträge gemäss Art. 323 Abs. 2 ZGB
5 Die Beiträge aus dem Erwerbsei nkommen minderjähriger Kinder, die in Haushaltgemeinschaft mit dem Schuldner leben, sind vorab vom gemeinsamen Existenz minimum abzuziehen (BGE 104 III 77 f.). Dieser Abzug ist in der Regel au f einen Drittel des Nettoeinkommens der Kinder, höchstens jedoch auf den für sie geltenden Grundbetrag (Ziff. I/4) zu bemessen. Der Arbeitserwerb volljähriger, in häuslicher Gemeinschaft mit dem Schuldner lebender Kinder ist be i der Berechnung des Existenz- minimums desselben grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Dage- gen ist dabei ein angemessener Ante il der volljährigen Kinder an den Wohnkosten (Mietzins und Heizung) in Abzug zu bringen (Ziff. V/2). V. Abzüge vom Existenzminimum
1. Naturalbezüge wie freie Kost, Dienstkleidung usw. sind entsprechend
ihrem Geldwert vom Existenzmi nimum in Abzug zu bringen: – Freie Kost mit 50 % des Grundbetrages; – Dienstkleidung mit Fr. 20.– bis Fr. 30.– pro Monat.
2. Angemessener Anteil an den Wohnkos ten (Mietzins und Heizung) der
in gemeinsamem Haushalt mit de m Schuldner lebenden volljährigen Kinder mit eigenem Erwerbseinkommen.
3. Reisespesenvergütungen , welche der Schuldner von seinem Arbeit-
geber erhält, soweit er damit im Existenzminimum eingerechnete Verpflegungsauslagen in nennens wertem Umfang einsparen kann. VI. Barnotbedarf Der Barnotbedarf – bei freier Kost – entspricht 50 % des Grundbetrages (Ziff. I). VII. Abweichungen von Ansätzen
Abweichungen von den Ansätzen gemäss Ziff. I–V können soweit getrof- fen werden, als der Betreibungsbeamte sie aufgrund der ihm im Einzelfall obliegenden Prüfung aller Umst ände für angemessen hält. VIII. Verdienstpfändungen (Einkommen aus selbstä ndiger Berufstätigkeit, Trinkgeldeinnahmen im Gastgewerbe usw.): Hier finden die vorstehenden Richtlinien analoge Anwendung. Dieses Kreisschreiben ist gültig für alle nach dem 1. März 2001 zu beur- teilenden Fälle. Seine Richtlinien beruhen auf dem (Basis Mai 2000 = 100 Punkte) ohne Teilfaktoren Miete, Heizöl und Fernwärme von Ende Oktober 2000 mit einem Indexstand von 100.6 Punkten. Sie gleichen vorgabeweise die Teuerung bis zum Indexstand von
105 Punkten aus. Eine Änderung der An sätze ist erst bei Überschreiten eines Indexstandes von 110 Punkten vorgesehen.
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