Einführungsgesetz zur Ausländer- und Asylgesetzgebung des Bundes (618.100)
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Einführungsgesetz zur Ausländer- und Asylgesetzgebung des Bundes

Einführungsgesetz zur Ausländer- und Asylgesetzgebung des Bundes (EGzAAG) Vom 10. Dezember 2008 (Stand 1. Januar 2022) Der Grosse Rat des Kantons Graubünden 1 ) , gestützt auf Art. 31 der Kantonsverfassung 2 ) und Art. 124 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer
3 ) , nach Einsicht in die Botschaft der Regierung vom 26. August 2008
4 ) , beschliesst:
1. Zuständigkeiten und Organisation

Art. 1 Aufgabendelegation

1 Die Regierung kann Aufgaben des Vollzuges der Ausländer- und Asylgesetzge - bung kommunalen oder eidgenössischen Behörden sowie weiteren Dritten übertra - gen, sofern die notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind.

Art. 2 Richterliche Behörde

1 Richterliche Behörde für die Zwangsmassnahmen der Ausländer- und Asylgesetz - gebung ist die Einzelrichterin oder der Einzelrichter des kantonalen Zwangsmass - nahmengerichts. *
2
... *

Art. 3 Kantonspolizei

1 Die Kantonspolizei nimmt im Auftrag der zuständigen Dienststelle oder der rich - terlichen Behörde Abklärungen, Einvernahmen, Zuführungen sowie Festnahmen vor und führt Personen-, Sach- und Hausdurchsuchungen durch.
1) GRP 2008/2009, 432
2) BR 110.100
3) SR 142.20
4) Seite 593
2 Sie vollzieht im Einvernehmen oder im Auftrag der zuständigen Dienststelle Ent - fernungs- und Fernhaltemassnahmen, Ausschaffungen sowie Zwangsmassnahmen.

Art. 4 Gemeinden

1. Aufnahmepflicht
1 Die Regierung kann die Gemeinden verpflichten, Asylsuchende, vorläufig Aufge - nommene und Schutzbedürftige nach Massgabe ihrer Bevölkerungszahl aufzuneh - men.
2 Der Kanton kann eigene Unterbringungszentren sowie Strukturen zur Ausrichtung von Nothilfe führen.
3 Die Regierung gewährt bei übermässigen finanziellen Belastungen einzelner Gemeinden durch die Wahl der Unterbringung einen finanziellen Ausgleich.

Art. 5 2. Fremdenkontrolle

1 Die Gemeinden führen eine Kontrolle über die Ausländerinnen und Ausländer. Sie bezeichnen die dafür zuständige Behörde. Unterbleibt dies, ist der Gemeindevor - stand zuständig.

Art. 5a * Ordnungsbussenverfahren nach Bundesrecht

1 Die Gemeinden erheben Ordnungsbussen bei Verletzung der An- und Abmelde - pflichten (Art. 120 Abs. 1 lit. a AuG
1 ) ).
2 Die Kantonspolizei erhebt Ordnungsbussen bei Verstössen gegen Artikel 120 Ab - satz 1 Literae a bis e AuG.
3 Das Verfahren richtet sich nach dem Ordnungsbussengesetz des Bundes 2 ) .
2. Pflichten und Verfahren

Art. 6 Adresswechsel und Meldungen

1 Ausländerinnen und Ausländer haben die An- und Abmeldung bei der zuständigen Behörde ihres Wohnortes vorzunehmen.
2 Ein Adresswechsel innerhalb des Wohnortes ist der zuständigen Behörde innert 14 Tagen zu melden. *

Art. 7 Rückforderung

1 Die zuständige Dienststelle verfügt die Rückforderung der entstandenen Kosten der öffentlichen Hand bei Personen, die eine Verpflichtungserklärung im Rahmen des Einreiseverfahrens einer Drittperson abgegeben haben.
1) SR 142.20
2) SR 741.03

Art. 8 Vertrauensärztliche Untersuchung

1 Die zuständigen Behörden können ausländische Personen verpflichten, sich einer vertrauensärztlichen Untersuchung zu unterziehen, sofern der Gesundheitszustand bei der Anwendung der Ausländer- und Asylgesetzgebung von Bedeutung ist.
2 Bei Verweigerung der vertrauensärztlichen Untersuchung hat die Ausländerin oder der Ausländer die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen.

Art. 9 Auskunftspflicht, Akteneinsichtsrecht

1 Sämtliche kantonalen und kommunalen Behörden sowie die Arbeitgeber sind im Zusammenhang mit ausländer- und asylrechtlichen Verfahren verpflichtet, den zu - ständigen Dienststellen auf Begehren hin Auskünfte zu erteilen und Akteneinsicht zu gewähren.
2 Die Regierung bestimmt, welche Informationen und Akten von kommunalen und kantonalen Behörden unaufgefordert den zuständigen Dienststellen mitgeteilt und zugestellt werden müssen.
3. Integration

Art. 10 Förderung

1 Kanton und Gemeinden fördern die Integration der Ausländerinnen und Ausländer im Rahmen der Bestimmungen der Ausländer- und Asylgesetzgebung.
2 Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber fördern die Integration ihrer ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Rahmen ihrer Möglichkeiten.
3 Den Anliegen der Integration von Frauen, Kindern und Jugendlichen wird beson - ders Rechnung getragen.

Art. 11 Pflichten

1 Ausländerinnen und Ausländer sind verpflichtet, sich mit den hiesigen Lebensbe - dingungen und gesellschaftlichen Verhältnissen vertraut zu machen, die rechtsstaat - liche Ordnung und demokratischen Prinzipien zu respektieren, die schweizerische Rechtsordnung zu beachten, eine Kantonssprache zu erlernen sowie im Rahmen ih - rer Fähigkeiten am Wirtschaftsleben teilzunehmen.
2 Sie haben dafür zu sorgen, dass ihre Ehepartnerinnen und -partner, ihre eingetrage - nen Partnerinnen und Partner sowie ihre Kinder die erforderliche Bildung für die In - tegration und Chancengleichheit erhalten. Zudem haben sie ihnen die Teilnahme am wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben zu ermöglichen.

Art. 12 Integrationsvereinbarungen

1 Die zuständige Dienststelle kann bei der Erteilung oder Verlängerung von Aufent - halts- oder Kurzaufenthaltsbewilligungen Integrationsvereinbarungen gemäss dem Bundesgesetz über Ausländerinnen und Ausländer abschliessen.
2 Kantonale und kommunale Behörden können in ihrem Zuständigkeitsbereich über gesetzliche Verpflichtungen mit den Ausländerinnen und Ausländern weiterführende Vereinbarungen zur Integration abschliessen.
3 Wird diesen Verpflichtungen ohne entschuldbaren Grund nicht nachgekommen, er - greifen die Behörden Massnahmen im Rahmen der gesetzlichen Grundlagen ihres Kompetenzbereichs.

Art. 13 Finanzielle Beiträge

1 Der Kanton und die Gemeinden richten bedarfsorientiert an Projekte und Massnah - men zur nachhaltigen Integration von längerfristig und rechtmässig anwesenden Ausländerinnen und Ausländern finanzielle Beiträge aus.
2 Die Kostenbeteiligung der Gemeinden beträgt 50 Prozent des Kantonsbeitrages und richtet sich nach der Einwohnerzahl der ständigen Wohnbevölkerung.
3 Finanzielle Beiträge an Integrationsprojekte und -massnahmen werden in der Regel nur gewährt, wenn eine angemessene finanzielle Drittbeteiligung vorliegt.
4 Teilnehmerinnen und Teilnehmer von staatlich geförderten Integrationsprojekten und -massnahmen haben in der Regel einen angemessenen Beitrag an die Kosten zu leisten.
5 Kanton und Gemeinden können miteinander oder mit Dritten Leistungsvereinba - rungen zur Umsetzung von Integrationsprojekten und -massnahmen abschliessen.

Art. 14 Integrationspauschale

1 Die kantonale Ansprechstelle für Integrationsfragen ist unter Einbezug der betrof - fenen kantonalen und kommunalen Behörden zuständig zur Verwendung der Inte - grationspauschale des Bundes für Erstmassnahmen, zur Förderung des Erwerbs ei - ner Kantonssprache sowie der beruflichen Integration von anerkannten Flüchtlingen und vorläufig aufgenommenen Personen.

Art. 15 Steuerung und Koordination

1 Die Regierung bestimmt die Förderungsbereiche und die strategische Ausrichtung der kantonalen Integrationsförderung.
2 Die zuständige Dienststelle koordiniert die Integrationsprojekte und -massnahmen. Sie ist von den kantonalen Behörden und Gemeinden bei der Planung von integrati - onsrelevanten Massnahmen beizuziehen.
3 Die Gemeinden bezeichnen für die zuständige kantonale Dienststelle eine An - sprechstelle für Integrationsfragen.

Art. 16 Information

1 Die zuständige Dienststelle stellt die Umsetzung der bundesrechtlichen Informati - onspflicht des Kantons und der Gemeinden gegenüber Ausländerinnen und Auslän - dern sowie der Öffentlichkeit sicher.
2 Sie ist verantwortlich für den Informations- und Erfahrungsaustausch mit den von Migrationsfragen betroffenen kantonalen Behörden sowie mit den Gemeinden.
4. Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht

Art. 17 Veränderte Verhältnisse

1 Die zuständige Dienststelle hebt die Zwangsmassnahmen von Amtes wegen oder auf Antrag der Ausländerin oder des Ausländers auf oder passt sie den veränderten Verhältnissen an, wenn die Voraussetzungen zur Anordnung einer freiheitsentzie - henden oder freiheitsbeschränkenden Massnahme ändern oder entfallen.

Art. 18 Haftüberprüfungsverhandlung

1. Übersetzung
1 Die richterliche Behörde bietet, soweit erforderlich, eine Dolmetscherin oder einen Dolmetscher auf, damit die Verhandlung in eine der inhaftierten Person verständli - che Sprache übersetzt werden kann.

Art. 19 2. Rechtsbeistand

1 Die inhaftierte Person hat das Recht zum Beizug eines privaten Rechtsbeistandes.
2 Der inhaftierten Person wird von der richterlichen Behörde ein amtlicher Rechts - beistand bestellt, wenn sie mittellos ist, rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten bestehen, die tatsächliche oder beantragte Haftdauer drei Monate übersteigt und das Begehren nach einem Rechtsbeistand geäussert wird.
3 Die zuständige Dienststelle informiert die inhaftierte Person vor der Verhandlung über die Möglichkeiten zum Beizug eines Rechtsbeistandes.

Art. 20 3. Teilnahmepflicht, Offizialmaxime

1 Für die inhaftierte Person besteht die Pflicht zur Teilnahme an der Haftüberprü - fungsverhandlung.
2 Im Haftüberprüfungsverfahren gilt die Offizialmaxime.

Art. 21 4. Entscheid und Eröffnung

1 Die richterliche Behörde entscheidet in der Regel unmittelbar nach der mündlichen Verhandlung.
2 Der Entscheid wird nach Möglichkeit sofort mündlich eröffnet und nachträglich in einer Amtssprache schriftlich und begründet zugestellt.
3 Im Entscheid ist auf das Recht und die Voraussetzungen, ein Haftentlassungsge - such zu stellen, aufmerksam zu machen.

Art. 21a * 5. Weiterzug

1 Entscheide der richterlichen Behörde können mit Beschwerde beim Kantonsgericht angefochten werden.
2 Für das Verfahren gelten die Bestimmungen über die strafrechtliche Beschwerde sinngemäss.

Art. 22 Verlängerung der Ausschaffungshaft

1 Kann die Ausschaffung nicht innerhalb der bewilligten Haftdauer vorgenommen werden, reicht die zuständige Dienststelle der richterlichen Behörde fünf Arbeitstage vor Ablauf der Haft ein Gesuch um Verlängerung der Haft ein.

Art. 23 Verlängerung der Durchsetzungshaft

1 Ist die inhaftierte Person weiterhin nicht bereit, ihrer Mitwirkungspflicht nachzu - kommen und auszureisen, reicht die zuständige Dienststelle der richterlichen Behör - de fünf Arbeitstage vor Ablauf der Haft ein Gesuch um Verlängerung der Haft ein.

Art. 24 Haftentlassungsgesuch

1 Haftentlassungsgesuche sind bei der zuständigen Dienststelle einzureichen. Diese überweist das Gesuch mit ihrer Stellungnahme innert drei Arbeitstagen der richterli - chen Behörde zum Entscheid.
2 Für das Verfahren finden die Artikel 18 bis 21a dieses Gesetzes sinngemäss An - wendung. *

Art. 25 Disziplinarwesen

1 Verstösse der inhaftierten Person gegen die Haftanstaltsordnung und gegen Anord - nungen der Haftanstaltsorgane im Einzelfall werden disziplinarisch bestraft.
2 Die für den Haftvollzug zuständige Dienststelle kann folgende Disziplinarmass - nahmen verfügen:
1. Schriftlicher oder mündlicher Verweis;
2. Einschränkung oder Entzug der Verfügung über Geldmittel;
3. Versetzung in eine andere Zelle oder Abteilung;
4. Beschränkung oder Entzug des Bücher- oder Zeitungsbezugs sowie des Ra - dio- und TV-Konsums;
5. Beschränkung oder Entzug des Besuchsrechts und des Telefonverkehrs;
6. Zelleneinschluss bis zu maximal zehn Tagen;
7. * Arrest bis zu 14 Tagen.
3 Die gleichzeitige Anordnung mehrerer Disziplinarmassnahmen ist zulässig. Zellen - einschluss und Arrest dürfen nicht gleichzeitig angeordnet werden.

Art. 26 Ausreise- und Vollzugskosten, Rückkehrförderung

1 Die Ausländerin oder der Ausländer hat in der Regel sämtliche Ausreise- und Vollzugskosten selbst zu tragen.
2 Die zuständige Dienststelle kann zur Förderung der Rückkehr einem ausreise - pflichtigen Ausländer oder einer ausreisepflichtigen Ausländerin eine einmalige Rückkehrhilfe in der Höhe von höchstens 3000 Franken ausrichten. Ausgeschlossen von der Gewährung dieser Rückkehrhilfe sind Personen, welche Rückkehrhilfeleis - tungen gemäss Asylgesetz
1 ) erhalten.
3 Ein Anspruch auf die Ausrichtung der kantonalen Rückkehrhilfe besteht nicht. Im Entscheidungsprozess kommt der Ausländerin oder dem Ausländer keine Parteistel - lung zu.
5. Rechtspflege
5.1. VERWALTUNGSRECHTSPFLEGE

Art. 27 Verfahrensvorschriften

1 Soweit das vorliegende Gesetz keine besonderen Vorschriften enthält, finden die Bestimmungen des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege
2 ) sinngemäss Anwen - dung.

Art. 28 Rechtsmittel, Meldepflicht, Ein- und Ausgrenzung

1 Gegen die Anordnung der Meldepflicht sowie von Ein- oder Ausgrenzungen kann die Ausländerin oder der Ausländer innert zehn Tagen bei der richterlichen Behörde Beschwerde führen.
2 Die richterliche Behörde ist nicht an die Beschwerdebegehren gebunden.
5.2. STRAFRECHTSPFLEGE

Art. 29 Verzeigungspflicht

1 Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kommunalen und kantonalen Behörden sind zur Strafanzeige verpflichtet, wenn sie beim Vollzug der Ausländer- und Asyl - gesetzgebung von Widerhandlungen gegen Vorschriften der Ausländer- und Asylge - setzgebung Kenntnis erhalten.
1) SR 142.31
2) BR 370.100

Art. 30 Strafbestimmungen

1 Widerhandlungen gegen dieses Gesetz und dessen Ausführungsbestimmun - gen
1 ) werden mit Busse bis zu 2000 Franken bestraft.
6. Schlussbestimmungen

Art. 31 Änderung von Erlassen 2 )

Art. 32 Übergangsrecht

1 Hängige Verfahren werden auch nach Inkrafttreten dieses Gesetzes nach bisheri - gem Recht weitergeführt.
2 Das Rechtsmittelverfahren richtet sich nach neuem Recht, wenn bei dessen Inkraft - treten die Rechtsmittelfrist noch nicht abgelaufen ist.

Art. 33 Referendum, Inkrafttreten

1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum
3 )
.
2 Die Regierung bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens 4 ) dieses Gesetzes.
1) BR 618.120
2) Änderungen bisherigen Rechts werden nicht aufgeführt.
3) Die Referendumsfrist ist am 18. März 2009 unbenutzt abgelaufen.
4) Mit RB vom 30. Juni 2009 auf den 1. August 2009 in Kraft gesetzt.
Änderungstabelle - Nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung AGS Fundstelle
10.12.2008 01.08.2009 Erlass Erstfassung -
15.06.2010 01.12.2010 Art. 6 Abs. 2 geändert -
16.06.2010 01.01.2011 Art. 2 Abs. 1 geändert -
16.06.2010 01.01.2011 Art. 2 Abs. 2 aufgehoben -
16.06.2010 01.01.2011 Art. 21a eingefügt -
16.06.2010 01.01.2011 Art. 24 Abs. 2 geändert -
31.08.2018 01.01.2020 Art. 5a eingefügt 2019-029
27.08.2021 01.01.2022 Art. 25 Abs. 2, 7. geändert 2021-049
Änderungstabelle - Nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung AGS Fundstelle Erlass 10.12.2008 01.08.2009 Erstfassung -

Art. 2 Abs. 1 16.06.2010 01.01.2011 geändert -

Art. 2 Abs. 2 16.06.2010 01.01.2011 aufgehoben -

Art. 5a 31.08.2018 01.01.2020 eingefügt 2019-029

Art. 6 Abs. 2 15.06.2010 01.12.2010 geändert -

Art. 21a 16.06.2010 01.01.2011 eingefügt -

Art. 24 Abs. 2 16.06.2010 01.01.2011 geändert -

Art. 25 Abs. 2, 7. 27.08.2021 01.01.2022 geändert 2021-049

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