Verordnung des Obergerichts über die Information in Zivil- und Strafgerichtsverfahren... (271.31)
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Verordnung des Obergerichts über die Information in Zivil- und Strafgerichtsverfahren und die Akteneinsicht durch Dritte

Verordnung des Obergerichts über die Information in Zivil- und Strafgerichtsverfahren und die Akteneinsicht durch Dritte (Informationsverordnung) vom 24. Oktober 2006 (Stand 1. Oktober 2018)
1. Allgemeines

§ 1 Geltungsbereich

1 Diese Verordnung gilt für vor dem Obergericht, vor dem Zwangsmassnahmenge - richt und vor den Bezirksgerichten sowie ihren Einzelrichterinnen und Einzelrich - tern geführten ordentlichen und vereinfachten Verfahren. *
2 Auf die im summarischen Verfahren durchgeführten Zivilprozesse sowie auf Neben- und Zwischenverfahren finden die § 7 bis § 22 dieser Verordnung keine An - wendung.
3
... *
4 Für die Friedensrichterämter, die Schlichtungsbehörden in Mietsachen und die Schlichtungsbehörde gemäss Gleichstellungsgesetz
1 ) finden § 3 bis § 6, § 21 und § 24 ff. dieser Verordnung sinngemässe Anwendung. *

§ 2 Definitionen

1 Als Entscheide im Sinn dieser Verordnung gelten alle Zwischen- und Endentschei - de gemäss den Prozessordnungen, einschliesslich der Begründung.
2 Akten sind schriftliche, elektronische oder andere Aufzeichnungen, die in einem Verfahren von einem Gericht entgegen genommen, beigezogen oder hergestellt wor - den sind.
3 Als Akteneinsicht gilt die Einsicht in Entscheide und Akten.
4 Als Gericht gilt jede Behörde, der richterliche Unabhängigkeit zukommt. *

§ 3 Originalakten

1 - gister eingetragenen Anwältinnen und Anwälte, an inländische Strafverfolgungsbe - hörden und inländische Gerichte sowie an Verwaltungsbehörden des Kantons erfol - gen. Vorbehalten bleiben weitergehende gesetzliche Regelungen. *
1) SR 151.1
2 Originalakten dürfen an ausländische Anwältinnen und Anwälte herausgegeben werden, sofern sie in einer kantonalen Liste der Anwältinnen und Anwälte aus Mit - gliedstaaten der EU und EFTA, die berechtigt sind, unter ihrer ursprünglichen Berufsbezeichnung ständig Parteien in der Schweiz zu vertreten, eingetragen sind. Anderen ausländischen Anwaltskanzleien werden die Originalakten zugestellt, wenn sie in der Schweiz über eine Zustelladresse verfügen, andernfalls nur Aktenkopien.
3 Werden Originalakten verspätet oder unvollständig oder anderweitig unkorrekt zu - rückgegeben, kann die Herausgabe von Akten künftig verweigert werden. *

§ 4 * ...

§ 5 * Zuständigkeit

1 Über Informations- und Akteneinsichtsbegehren entscheiden, soweit diese Verord - nung nicht ausdrücklich eine Zuständigkeit des Obergerichts vorsieht, die Gerichts - vorsitzenden oder Einzelrichterinnen und Einzelrichter, die Präsidien der Schlich - tungsbehörden sowie die Friedensrichterinnen und Friedensrichter je für ihren Be - reich.
2 Gegen solche Entscheide kann beim Obergericht Beschwerde geführt werden. Vor - behalten bleiben die Entscheide des oder der Vorsitzenden des Obergerichts.

§ 6 * Bild- und Tonaufnahmen

1 Vor, während und nach öffentlichen Verhandlungen sind Bild- und Tonaufnahmen im Gerichtssaal und im Gerichtsgebäude untersagt, sofern diese Aufnahmen nicht gerichtlichen Zwecken dienen. Die Gerichtsvorsitzenden können Ausnahmen bewil - ligen.
2 Bild- und Tonaufnahmen von Verfahrenshandlungen ausserhalb des Gerichtsge - bäudes sind nicht gestattet.
2. Gerichtsberichterstattung bei öffentlichen mündlichen Verhandlungen *

§ 7 Bedeutung der Zulassung

1 Die Zulassung von Medienleuten zur Gerichtsberichterstattung ist persönlich und nicht übertragbar.
2 Medienleute erlangen mit der Zulassung über die Rechte hinaus, die sich aus der Öffentlichkeit der Gerichtssitzungen ergeben, besondere Rechte und Pflichten.
3 Die Zulassung wird auf zwei Jahre befristet. Sie kann jeweils um weitere zwei Jah - re verlängert werden.

§ 8 Voraussetzungen der Zulassung

1 Die Zulassung wird auf schriftliches Gesuch hin durch das Obergerichtspräsidium erteilt, sofern die Person aufgrund ihrer bisherigen Tätigkeit Gewähr für eine sachgerechte und ausgewogene Gerichtsberichterstattung bietet, und wenn sie sich beruflich mit der Veröffentlichung von Informationen im redaktionellen Teil eines periodisch erscheinenden Mediums befasst. *
2 Mit dem Gesuch sind eine Kopie des Presseausweises und ein journalistischer Lebenslauf einzureichen.
3 Für die Verlängerung der Zulassung genügt die Einreichung einer Kopie des Pres - seausweises.
4 Die Zulassung erfolgt kostenlos.
5 Die Liste der im Kanton zugelassenen Medienleute kann im Intranet des Kantons publiziert werden. *

§ 9 Vorübergehende Zulassung

1 Das Obergerichtspräsidium kann auf Gesuch hin gegen Vorlage des Presseauswei - ses eine vorübergehende Zulassung bei einem bestimmten Gericht bewilligen.
2 Die vorübergehende Zulassung gilt nur für die darin aufgeführten Verfahren.
3 Eine vorübergehende Zulassung kann aus triftigen Gründen auch an Nichtjourna - listen erteilt werden, welche sich aus beruflichen Gründen mit einem Verfahren be - fassen.

§ 10 Mitteilung von Gerichtsterminen

1 Allen zugelassenen Medienleuten sind die Termine und Traktanden der öffentli - chen Gerichtssitzungen in Zivil - und Strafsachen mit den Namensangaben der Par - teien und dem Verhandlungsgegenstand rechtzeitig bekannt zu geben.
2
... *

§ 11 Akteneinsicht vor der Verhandlung

1 Bei öffentlichen Verhandlungen in Strafsachen wird den zugelassenen Medienleu - ten vor der Verhandlung eine Kopie der Anklageschrift und einer allfälligen Ankla - gebegründung abgegeben; in Zivilsachen können nach Ermessen der Gerichtsvorsit - zenden die Rechtsschriften übergeben werden. In Rechtsmittelverfahren wird eine Kopie des angefochtenen Entscheids abgegeben.
2 Die Gerichtsvorsitzenden können im Einzelfall unter Berücksichtigung der Interes - sen der Parteien und allfälliger Dritter auch weitere schriftliche Unterlagen vor der Verhandlung abgeben. Medizinische, psychiatrische und psychologische Gutachten dürfen nicht ausgehändigt werden.
3 Medienleute, die an der Verhandlung nicht teilnehmen, erhalten keine schriftlichen Unterlagen.

§ 12 * Zustellung von Entscheiden

1 Wird der Entscheid nicht mündlich eröffnet, stellt das Gericht den Medienleuten, die an der Verhandlung anwesend waren, den begründeten Entscheid oder, sofern auf eine schriftliche Begründung verzichtet wurde, das Urteilsdispositiv zu.
2 Wird der Entscheid mündlich eröffnet, stellt das Gericht den Medienleuten, die an der Verhandlung anwesend waren, auf Verlangen den begründeten Entscheid oder das Dispositiv zu.
3 Solche Zustellungen von Entscheiden an die Medien dürfen frühestens neun Tage nach dem Versand des Entscheids an die Parteien erfolgen. In Verfahren, in welchen ein grosses Interesse der Öffentlichkeit besteht, kann die Zustellung an die Medien vor Ablauf dieser Frist erfolgen, sofern dies den Parteien frühzeitig mitgeteilt wird. *
4 Zugelassene Medienleute, die an der Verhandlung nicht anwesend waren und die - selben Unterlagen verlangen, erhalten sie nur mit einer weiteren zeitlichen Verzöge - rung.

§ 13 * Berichterstattung

1 Die Berichterstattung hat sachgerecht und ausgewogen zu erfolgen. Dabei sind in jeder Beziehung der Grundsatz der Unschuldsvermutung und die Persönlichkeits - rechte der Parteien, insbesondere der Opfer und Geschädigten, sowie allfälliger Drit - ter zu wahren.
2 Das Gericht kann im Einzelfall Sperrfristen anordnen.

§ 14 * Namensnennung

1 In der Berichterstattung dürfen die Namen von Parteien nur genannt werden, wenn
1. dies durch ein überwiegendes öffentliches Interesse gerechtfertigt ist, oder
2. die betroffene Person mit einem politischen Amt oder einer staatlichen Funkti - on betraut ist und beschuldigt wird, damit unvereinbare Handlungen begangen zu haben, oder
3. eine Person in der Öffentlichkeit allgemein bekannt ist und die ihr vorgewor - fenen Handlungen im Zusammenhang mit dieser Bekanntheit stehen, oder
4. die betroffene Person ihren Namen im Zusammenhang mit dem Verfahren sel - ber öffentlich macht oder ausdrücklich in die Veröffentlichung einwilligt, oder
5. die Namensnennung notwendig ist, um eine für Dritte nachteilige Verwechs - lung zu vermeiden, oder
6. der Name der betroffenen Person im Zusammenhang mit den in Frage stehen - den Vorgängen in der Öffentlichkeit schon bekannt ist.

§ 15 Dokumente

1 Aufgrund der Zulassung erhaltene Dokumente wie Tagesordnungen, Anklage - schriften, Rechtsschriften und Entscheide sowie andere Aktenstücke sind aus - schliesslich zum persönlichen Gebrauch der zugelassenen Medienleute bestimmt und dürfen Dritten nicht weitergegeben werden. Solche Unterlagen sind nach Ge - brauch, spätestens nach Abschluss des Verfahrens, zu vernichten.

§ 16 Berichtigung

1 Die Gerichtsvorsitzenden können im Fall erheblich fehlerhafter oder missverständ - licher Berichterstattung von den zugelassenen Medienleuten eine Berichtigung ver - langen. Wird die Berichtigung nicht publiziert, kann seitens des Gerichts eine Ge - gendarstellung im betreffenden Medium, in anderen Medien oder im Internet veran - lasst werden.

§ 17 Abmeldung

1 Wer die Akkreditierungsvoraussetzungen nicht mehr erfüllt, insbesondere nicht mehr für die Medien tätig ist, hat dies der Obergerichtskanzlei umgehend mitzutei - len.

§ 18 Sanktionen

1 Medienleuten, welche die Voraussetzungen der Akkreditierung nicht mehr erfüllen, wird die Zulassung entzogen.
2 Medienleuten, welche gegen die für die Berichterstattung geltenden Bestimmungen verstossen, kann das Obergericht in schwerwiegenden Fällen oder im Wiederho - lungsfall die Zulassung entziehen; in leichteren Fällen werden sie verwarnt.
3 Als schwerwiegend gelten insbesondere die grobe Verletzung von öffentlichen oder privaten Interessen, die Missachtung von konkreten Auflagen der Gerichte und von Sperrfristen sowie die Weitergabe von Unterlagen an Unbefugte. *
4 Die Strafverfolgung wegen unberechtigter Veröffentlichung nach Art. 293 des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB)
1 ) sowie die Disziplinarbefugnisse ge - mäss den Prozessordnungen bleiben vorbehalten.
1) SR 311.0
3. Information der Öffentlichkeit

§ 19 Bekanntmachung öffentlicher Verhandlungen

1 Die Termine und der Verhandlungsgegenstand der öffentlichen Verhandlungen der Zivil- und Strafgerichte werden ohne Namensnennung im Internet publiziert und auf Anfrage bekannt gegeben.
2 Über die Themen der Prozesse können im Internet kurze Inhaltsangaben gemacht werden; solche Angaben müssen die Unschuldsvermutung wahren und dürfen keine Rückschlüsse auf die Identität von Verfahrensbeteiligten zulassen.

§ 20 Öffentliche Urteilsverkündung

1 Die Verkündung von Endentscheiden erfolgt entsprechend den Prozessordnungen mündlich oder schriftlich.
2 Für die mündliche Urteilseröffnung kann ein gesonderter Termin festgesetzt wer - den.
3 Erfolgt bei öffentlich verhandelten Zivil- oder Strafsachen keine mündliche Urteilsverkündung, können Privatpersonen innerhalb eines Monats ab der letzten Zustellung des Entscheids an die Parteien auf der Gerichtskanzlei nach Voranmel - dung Einsicht in den Entscheid nehmen. Die Akteneinsicht kann auf Teile des Ent - scheids beschränkt werden, wenn der Schutz der Persönlichkeit von Prozessbeteilig - ten oder Dritten dies erfordert.

§ 21 * Medienmitteilungen

1 In schriftlichen Verfahren in Zivilsachen können die Gerichtsvorsitzenden auf An - frage hin den Medien Auskunft erteilen, sofern ein öffentliches Interesse besteht.
2 In schriftlichen Verfahren in Strafsachen können die Gerichtsvorsitzenden die Me - dien während des Verfahrens oder nach dessen Abschluss durch zusammenfassende Mitteilungen orientieren, wenn *
1. es um ein bedeutendes Delikt geht und die Tat besonders schwer wiegt, oder
2. Personen des öffentlichen Lebens beschuldigt sind, strafbare Handlungen be - gangen zu haben, die mit ihrer Stellung und Verantwortung unvereinbar sind, oder
3. das Verfahren Straftaten betrifft, welche die staatlichen Institutionen und ihre Glaubwürdigkeit in Frage stellen, oder
4. die Medien über das Verfahren schon früher eingehend berichtet haben, oder
5. das Verfahren oder dessen Hintergrund bereits öffentlich bekannt sind.
3 Werden Verhandlungen in Strafsachen nicht öffentlich durchgeführt, sorgen die Gerichtsvorsitzenden nach Möglichkeit durch Mitteilungen an die Medien über die ausgefällten Entscheide für eine angemessene Information der Öffentlichkeit. Auf solche Medienmitteilungen kann aus triftigen Gründen verzichtet werden, insbeson - dere zum Schutz der Identität und der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen sowie der berechtigten Interessen Dritter.
4 Mitteilungen an die Medien haben das Recht auf faires Verfahren, die Unschulds - vermutung, die Objektivität und den Schutz der Persönlichkeit zu wahren. *
5 Für Medienmitteilungen finden § 12 Abs. 3 und § 13 Abs. 2 sinngemäss Anwen - dung. *
6 Medienmitteilungen werden in der Regel elektronisch versandt. *

§ 22 Auskunfterteilung

1 Für den Kontakt mit den Medien und die Erteilung von Auskünften über Verfahren sind die Gerichtsvorsitzenden zuständig. Sie können diese Befugnis im Einzelfall an ein anderes Mitglied des Gerichts oder an eine Gerichtsschreiberin oder einen Ge - richtsschreiber delegieren.

§ 22a * Medienstelle des Obergerichts

1 Die Medienstelle untersteht dem Obergerichtspräsidium und besteht aus einer oder einem Medienverantwortlichen und einer Stellvertretung.
2 Die Medienstelle des Obergerichts kann in Absprache mit den zuständigen Ge - richtsvorsitzenden Medienmitteilungen verfassen und verbreiten sowie die Gerichte bei der Medienarbeit unterstützen. Sie arbeitet soweit nötig mit dem Informations - dienst der Staatskanzlei zusammen.
3 Die Medienstelle unterstützt und ergänzt die Gerichtsberichterstattung der Medien; sie kann im Auftrag des Obergerichtspräsidiums weitere Aufgaben im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit wahrnehmen.
4 Die Medienstelle hat im Rahmen ihrer Tätigkeit Akteneinsicht. Sie führt ein Jour - nal zur Dokumentation der Öffentlichkeitsarbeit.
4. Information von Gerichten und Behörden

§ 23 Mitteilungen in Strafsachen

1 Die Mitteilung rechtskräftiger Entscheide in Strafsachen an Behörden des Bundes und der Kantone erfolgt gemäss der Mitteilungsverordnung des Bundes
1 ) und den übrigen Bestimmungen des Bundesrechts. *
1) SR 312.3
2 Strafrichterliche Entscheide sind ausserdem mitzuteilen an
1. die zuständige Dienststelle, wenn Bewährungshilfe angeordnet wird;
2. * ...
3. die zuständige kantonale Verwaltungsbehörde bei Delikten gegen kantonales Verwaltungsstrafrecht und gegen Bundesverwaltungsrecht, dessen Vollzug dieser Verwaltungsbehörde obliegt;
4. das Departement für Justiz und Sicherheit, wenn dem Staat Zahlungen aus Opferhilfe auferlegt werden.
3 In den Fällen von Abs. 2 kann die Mitteilung vor Rechtskraft des Entscheids erfol - gen. Wird Bewährungshilfe angeordnet, ist die zuständige Dienststelle sofort nach Fällung des Entscheids zu informieren. *
4
... *

§ 24 Mitteilungen in Zivilsachen

1 Die Mitteilung rechtskräftiger Entscheide in Zivilsachen erfolgt nach den massge - benden Vorschriften des eidgenössischen und kantonalen Rechts.
2 Die Gerichte melden Entscheide, welche einen Einfluss auf den Wohnsitz einer minderjährigen Person haben, dem Einwohneramt der Gemeinde, in welcher das Kind Wohnsitz hat. Sind von einem Entscheid minderjährige Kinder betroffen, ent - scheiden die Gerichte im Übrigen nach pflichtgemässem Ermessen, welchen Stellen der Entscheid zusätzlich mitgeteilt wird. Will das Gericht die Kindes- und Erwach - senenschutzbehörde am Aufenthaltsort der Kinder mit Vollzugsaufgaben beauftra - gen, ist die Behörde sofort nach Fällung des Entscheids zu informieren. *
3 Entscheide in Mietsachen sind der zuständigen Schlichtungsbehörde zur Kenntnis zu bringen. *
4 Die amtlichen Mitteilungen an die Zivilstandsämter und Einwohnerämter sind von der Gerichtsschreiberin oder vom Gerichtsschreiber zu unterzeichnen. *
5 Teilrechtskraftbescheinigungen können seitens des Obergerichts in Briefform aus - gestellt werden. *

§ 25 Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte

1 Die Akteneinsicht inländischer Strafgerichte und Strafverfolgungsbehörden richtet sich nach dem StGB und der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO)
1 )
. *
2 Ausländischen Strafgerichten und Strafverfolgungsbehörden wird Akteneinsicht im Rahmen der massgebenden Staatsverträge und des Bundesrechts gewährt. Ausser - halb dieser Vorschriften ist Akteneinsicht zu gewähren, sofern deren Notwendigkeit als sachlich gerechtfertigt erscheint und weder erhebliche öffentliche Interessen noch gewichtige Interessen von Privatpersonen entgegenstehen.
1) SR 312.0

§ 26 Zivilgerichte und Verwaltungsgerichte

1 Inländischen Zivil- und Verwaltungsgerichten ist, soweit keine gesetzlichen Be - stimmungen bestehen, Akteneinsicht zu gewähren, wenn ein sachliches Interesse an der Einsichtnahme glaubhaft gemacht wird und nicht überwiegende öffentliche In - teressen oder die konkrete Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Persön - lichkeit von Privatpersonen entgegenstehen. Vorbehalten bleibt Art. 101 Abs. 2 StPO. *
2 Die Akteneinsicht ausländischer Zivil- und Verwaltungsgerichte erfolgt nach den massgeblichen Bestimmungen der Staatsverträge und des Bundesrechts. Im Übrigen kann Akteneinsicht gewährt werden, sofern deren Notwendigkeit als sachlich ge - rechtfertigt erscheint und weder erhebliche öffentliche Interessen noch gewichtige Interessen von Privatpersonen entgegenstehen; die Einsicht kann vom Einverständ - nis der betroffenen Partei abhängig gemacht werden. *

§ 27 Inländische Verwaltungsbehörden *

1 Inländischen Verwaltungsbehörden ist Akteneinsicht zu gewähren, sofern eine ent - sprechende gesetzliche Grundlage besteht; § 23 bleibt vorbehalten. Für die Akten - einsicht in hängige strafprozessuale Verfahren gilt Art. 101 Abs. 2 StPO. *
2 Im Übrigen können rechtskräftige Entscheide an Verwaltungsbehörden herausge - geben werden, sofern eine eindeutige Zustimmungserklärung der betroffenen Person vorliegt, oder sofern keine überwiegenden privaten Interessen von Verfahrensbetei - ligten entgegenstehen und genügende öffentliche Interessen gegeben sind. Als genü - gendes Interesse gilt insbesondere, wenn es einerseits um eine Polizeierlaubnis geht, die betroffene Person eine Einbürgerung verlangt oder gegen sie ein Disziplinarver - fahren geführt wird, und wenn andererseits zwischen dem früheren Verfahren und dem hängigen Verwaltungsverfahren ein genügender Sachzusammenhang besteht oder das Verwaltungsverfahren eine Leumundsprüfung erfordert. *
3 Über Akteneinsichtsbegehren, die über die Kenntnisnahme richterlicher Entscheide hinausgehen, entscheidet das Obergericht. In medizinische und psychiatrische sowie psychologische Gutachten, die sich in den Akten befinden, sowie in Aktenteile, die sich in erster Linie auf Drittpersonen beziehen, wird in der Regel keine Einsicht gewährt.
4 Über die Einsicht in strafrichterliche Entscheide, bei denen es nur um Übertretun - gen geht, oder bei welchen der zu beurteilende Sachverhalt mehr als zehn Jahre zu - rück liegt, entscheidet das Obergericht.

§ 27a * Ausländische Verwaltungsbehörden

1 Ausländischen Verwaltungsbehörden kann Akteneinsicht gewährt werden, sofern deren Notwendigkeit als sachlich gerechtfertigt erscheint und weder erhebliche öf - fentliche Interessen noch gewichtige Interessen von Privatpersonen entgegenstehen. Die Einsicht kann vom Einverständnis der betroffenen Partei abhängig gemacht wer - den.

§ 28 Gesuche und Verfahren

1 Akteneinsichtsbegehren von Behörden sind schriftlich und unter Angabe der Grün - de bei der zuständigen Stelle einzureichen. Die zuständige Behörde entscheidet nach pflichtgemässem Ermessen, inwieweit beteiligten Personen das rechtliche Gehör zu gewähren ist.
5. Information von Privaten

§ 29 Akteneinsicht in hängigen Verfahren

1 Privatpersonen, insbesondere Versicherungsgesellschaften, ist in Strafverfahren Akteneinsicht nur dann zu gewähren, wenn sie durch eine zu den Akten zu nehmen - de Vollmacht einer Prozesspartei dazu ausdrücklich legitimiert sind. Vorbehalten bleibt Art. 32 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversiche - rungsrechts
1 )
.
2 Im Übrigen haben Privatpersonen kein Recht auf Akteneinsicht, sofern ihnen im Verfahren keine Parteistellung zukommt. Vorbehalten bleibt Art. 101 StPO. *

§ 30 Akteneinsicht bei erledigten und vom Gericht archivierten Verfahren

1 Privatpersonen erhalten auf schriftliches Gesuch hin Einsicht in Entscheide, soweit sie dafür ein wissenschaftliches oder sonst schutzwürdiges Interesse, insbesondere beruflicher Art, glaubhaft machen und soweit durch die Einsicht keine überwiegen - den Interessen der Prozessparteien oder Dritter verletzt werden. Unter den gleichen Voraussetzungen kann ausnahmsweise die Einsicht in weitere Prozessakten gewährt werden, sofern deren Notwendigkeit glaubhaft erscheint, insbesondere wenn die betroffene Person ein gerichtliches oder administratives Verfahren anstreben will, für das diese Akten von Bedeutung sind. *
2 Liegen die Voraussetzungen von Abs. 1 vor, können Entscheide oder Akten in an - onymisierter oder entsprechend angepasster Form in Kopie abgegeben werden. Auf eine Anonymisierung kann verzichtet werden, wenn der Empfänger Gewähr für eine sachgerechte und die notwendige Geheimhaltung wahrende Verwendung bietet.
1) SR 830.1
3 Die Akteneinsicht kann gegenüber Privatpersonen verweigert werden, wenn damit ein für den Gerichtsbetrieb unverhältnismässiger Aufwand verbunden ist. Die Ak - teneinsicht kann eingeschränkt, insbesondere auch auf Teile eines Entscheids be - schränkt werden, wenn der Schutz der Persönlichkeit von Prozessbeteiligten oder Dritten dies erfordert.
4 Anwältinnen und Anwälten sind archivierte Akten auszuleihen, wenn sie ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft machen.

§ 31 Akteneinsicht bei im Staatsarchiv archivierten Akten

1 Über Einsichtsgesuche betreffend Akten, die bereits an das Staatsarchiv abgeliefert wurden, entscheidet das Staatsarchiv nach den entsprechenden Vorschriften.
6. Veröffentlichung von Entscheiden *

§ 31a * Abgabe von Entscheiden bei erledigten Verfahren

1 Für Institutionen und Organisationen, welche ein wissenschaftliches Interesse nachweisen und Gewähr für eine sachgerechte Verwendung bieten, kann das Ober - gerichtspräsidium generell die Zustellung von Entscheiden aus einem bestimmten Rechtsgebiet vorsehen, ohne dass eine Anonymisierung der Entscheide notwendig wäre.

§ 31b * Veröffentlichung von Entscheiden

1 Die Publikation von Entscheiden in Fachzeitschriften oder ähnlichen Medien darf nur mit Genehmigung des Präsidiums des betreffenden Gerichts erfolgen. In der Veröffentlichung ist ein entsprechender Vermerk aufzunehmen, wenn ein Entscheid noch nicht rechtskräftig ist.
7. Schlussbestimmungen *

§ 32 Aufhebung bisherigen Rechtes

1 Die Verordnung des Obergerichts über die Gerichtsberichterstattung vom 23. No - vember 1999 wird aufgehoben.
2 § 28 Abs. 1 der Verordnung des Obergerichts über die Organisation und die Ge - schäftsführung der unteren gerichtlichen Behörden vom 12. Juni 1992 wird aufgeho - ben.

§ 33 Inkrafttreten

1 Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2007 in Kraft.
Änderungstabelle - Nach Paragraph Element Beschluss Inkrafttreten Änderung Amtsblatt Erlass 24.10.2006 01.01.2007 Erstfassung ABl. 48/2006

§ 1 Abs. 1 27.05.2010 01.01.2011 geändert 24/2010

§ 1 Abs. 3 27.05.2010 01.01.2011 aufgehoben 24/2010

§ 1 Abs. 4 27.05.2010 01.01.2011 geändert 24/2010

§ 2 Abs. 4 23.11.2011 01.01.2012 eingefügt 50/2011

§ 3 Abs. 1 23.11.2011 01.01.2012 geändert 50/2011

§ 3 Abs. 3 27.05.2010 01.01.2011 eingefügt 24/2010

§ 4 27.05.2010 01.01.2011 aufgehoben 24/2010

§ 5 27.05.2010 01.01.2011 geändert 24/2010

§ 5 23.11.2011 01.01.2012 geändert 50/2011

§ 6 23.11.2011 01.01.2012 geändert 50/2011

Titel 2. 23.11.2011 01.01.2012 geändert 50/2011

§ 8 Abs. 1 27.05.2010 01.01.2011 geändert 24/2010

§ 8 Abs. 5 27.05.2010 01.01.2011 geändert 24/2010

§ 10 Abs. 2 23.11.2011 01.01.2012 aufgehoben 50/2011

§ 12 23.11.2011 01.01.2012 geändert 50/2011

§ 12 Abs. 3 24.04.2015 01.05.2015 geändert 19/2015

§ 13 27.05.2010 01.01.2011 geändert 24/2010

§ 14 27.05.2010 01.01.2011 geändert 24/2010

§ 18 Abs. 3 23.11.2011 01.01.2012 geändert 50/2011

§ 21 23.11.2011 01.01.2012 geändert 50/2011

§ 21 Abs. 2 27.05.2010 01.01.2011 geändert 24/2010

§ 21 Abs. 4 24.04.2015 01.05.2015 geändert 19/2015

§ 21 Abs. 5 24.04.2015 01.05.2015 geändert 19/2015

§ 21 Abs. 6 24.04.2015 01.05.2015 geändert 19/2015

§ 22a 24.04.2015 01.05.2015 eingefügt 19/2015

§ 23 Abs. 1 23.11.2011 01.01.2012 geändert 50/2011

§ 23 Abs. 2 27.05.2010 01.01.2011 geändert 24/2010

§ 23 Abs. 2, 2. 22.10.2012 01.01.2013 aufgehoben 45/2012

§ 23 Abs. 3 27.05.2010 01.01.2011 geändert 24/2010

§ 23 Abs. 4 27.05.2010 01.01.2011 aufgehoben 24/2010

§ 24 Abs. 2 22.10.2012 01.01.2013 geändert 45/2012

§ 24 Abs. 2 23.08.2018 01.10.2018 geändert 38/2018

§ 24 Abs. 3 27.05.2010 01.01.2011 eingefügt 24/2010

§ 24 Abs. 4 27.05.2010 01.01.2011 eingefügt 24/2010

§ 24 Abs. 4 23.08.2018 01.10.2018 geändert 38/2018

§ 24 Abs. 5 27.05.2010 01.01.2011 eingefügt 24/2010

§ 25 Abs. 1 27.05.2010 01.01.2011 geändert 24/2010

§ 26 Abs. 1 27.05.2010 01.01.2011 geändert 24/2010

§ 26 Abs. 2 27.05.2010 01.01.2011 geändert 24/2010

§ 27 27.05.2010 01.01.2011 Titel geändert 24/2010

§ 27 Abs. 1 27.05.2010 01.01.2011 geändert 24/2010

§ 27 Abs. 2 27.05.2010 01.01.2011 geändert 24/2010

§ 27a 27.05.2010 01.01.2011 eingefügt 24/2010

Element Beschluss Inkrafttreten Änderung Amtsblatt

§ 29 Abs. 2 27.05.2010 01.01.2011 geändert 24/2010

§ 30 Abs. 1 27.05.2010 01.01.2011 geändert 24/2010

Titel 6. 27.05.2010 01.01.2011 eingefügt 24/2010

§ 31a 27.05.2010 01.01.2011 eingefügt 24/2010

§ 31b 27.05.2010 01.01.2011 eingefügt 24/2010

Titel 7. 27.05.2010 01.01.2011 geändert 24/2010
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