Gesetz über kantons- und bundesrechtliche Ordnungsbussen (33.1)
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Gesetz über kantons- und bundesrechtliche Ordnungsbussen

Gesetz über kantons- und bundesrechtliche Ordnungsbussen (KOBG) vom 06.10.2021 (Fassung in Kraft getreten am 01.01.2022) Der Grosse Rat des Kantons Freiburg gestützt auf Artikel 335 Abs. 2 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs vom
21. Dezember 1937 (StGB); gestützt auf Artikel 2 Abs. 1 des Ordnungsbussengesetzes des Bundes vom
18. März 2016 (OBG); gestützt auf die Artikel 53 und 76 Abs. 2 der Verfassung des Kantons Frei - burg vom 16. Mai 2004 (KV); nach Einsicht in die Botschaft 2021-DSJ-126 des Staatsrats vom 24. August
2021; auf Antrag dieser Behörde, beschliesst:
1 Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Gegenstand

1 Dieses Gesetz:
a) legt die allgemeinen Grundsätze für die kantonsrechtlichen Ordnungs - bussen fest und bestimmt die Bereiche, in denen solche Bussen ver - hängt werden können;
b) bezeichnet die Behörden und Organe, die für die Verhängung der im Bundesrecht vorgesehenen Ordnungsbussen (bundesrechtliche Ord - nungsbussen) und der im Kantonsrecht vorgesehenen Ordnungsbussen (kantonsrechtliche Ordnungsbussen) zuständig sind, sowie die Behör - den, die bei einem Scheitern des vereinfachten Ordnungsbussenverfah - rens oder bei Nichtanwendbarkeit des Ordnungsbussenverfahrens zu - ständig sind;
c) regelt die Zuteilung des Ertrags der Ordnungsbussen.

Art. 2 Anwendungsbereich

1 Dieses Gesetz ist nicht anwendbar, wenn die Widerhandlung von einer Per - son begangen wurde, die zum Zeitpunkt der Tat das 15. Altersjahr nicht vollendet hatte.
2 Kantonsrechtliche Ordnungsbussen

Art. 3 Grundsätze

1 Mit einer kantonsrechtlichen Ordnungsbusse bestraft werden können ge - ringfügige Verstösse gegen Bestimmungen der folgenden Gesetzgebungen:
a) Gesetzgebung über den Natur- und Landschaftsschutz;
b) Gesetzgebung über die Hundehaltung;
c) Gesetzgebung über die Abfallbewirtschaftung;
d) Gesetzgebung über den Wald und den Schutz vor Naturereignissen;
e) Gesetzgebung über die Jagd und den Schutz wild lebender Säugetiere und Vögel und ihrer Lebensräume;
f) Gesetzgebung über die Fischerei.
2 Der Staatsrat erstellt eine Liste der kantonsrechtlichen Ordnungsbussen und legt die Pauschalbeträge für die Bussen fest. Der Höchstbetrag der Ordnungs - bussen entspricht dem Betrag, der im Ordnungsbussengesetz des Bundes vor - gesehen ist.
3 Vorleben und persönliche Verhältnisse der beschuldigten Person werden nicht berücksichtigt.

Art. 4 Ordnungsbussenverfahren

1 Das kantonale Ordnungsbussenverfahren richtet sich nach den Bestimmun - gen der Ordnungsbussengesetzgebung des Bundes zum Verfahren sowie zu dessen Einzelheiten und Bedingungen, die sinngemäss gelten.
2 Das Konkurrenzverfahren gemäss Bundesgesetzgebung ist auch bei Konkurrenz zwischen einem oder mehreren Verstössen gegen Bundesrecht und bei einem oder mehreren Verstössen gegen Kantonsrecht anwendbar.
3 Die kantonsrechtlichen Ordnungsbussen können auch im ordentlichen Straf - verfahren verhängt werden.
3 Zuständigkeiten für die Verhängung von Ordnungsbussen
3.1 Im Allgemeinen

Art. 5 Zuständige Behörden

1 Zuständig für die Verhängung von bundesrechtlichen und kantonsrechtli - chen Ordnungsbussen sind:
a) die Kantonspolizei; allgemein und für alle Ordnungsbussen;
b) die Organe nach Artikel 7 ff. dieses Gesetzes;
c) die Gemeinden, wenn ihnen der Staatsrat die Zuständigkeit gemäss Ar - tikel 11 ff. übertragen hat, für die in der Kompetenzdelegation aus - drücklich erwähnten Ordnungsbussen.

Art. 6 Allgemeine Pflichten

1 Personen, die Ordnungsbussen verhängen, müssen ihre Funktion als Vertre - terin oder Vertreter eines Organs, das Ordnungsbussen verhängen darf, mit einem der folgenden Mittel belegen können:
a) Dienstuniform;
b) sichtbar getragenes Kennzeichen des Organs;
c) Dienstausweis.
2 Personen, die Ordnungsbussen verhängen, müssen über eine anerkannte Ausbildung verfügen. Die Kantonspolizei ist für die Ausbildung zuständig. Die Ausbildungsanforderungen werden im Ausführungsreglement geregelt.
3.2 Besondere Zuständigkeiten

Art. 7 Wildhüterinnen-Fischereiaufseherinnen und Wildhüter-Fische -

reiaufseher
1 Die Wildhüterinnen-Fischereiaufseherinnen und Wildhüter-Fischereiaufse - her sind zuständig für die Verhängung von Ordnungsbussen wegen Verstös - sen gegen die folgenden Gesetzgebungen:
a) eidgenössische und kantonale Gesetzgebung über den Natur- und Land - schaftsschutz;
b) eidgenössische Gesetzgebung über Waffen, Waffenzubehör und Muni - tion;
c) eidgenössische Gesetzgebung über die Binnenschifffahrt;
d) eidgenössische und kantonale Gesetzgebung über den Wald;
e) eidgenössische und kantonale Gesetzgebung über die Jagd und den Schutz wild lebender Säugetiere und Vögel;
f) eidgenössische und kantonale Gesetzgebung über die Fischerei;
g) kantonale Gesetzgebung über die Hundehaltung;
h) kantonale Gesetzgebung über die Abfallbewirtschaftung.

Art. 8 Aufseherinnen und Aufseher in den Naturschutzgebieten

1 Die Aufseherinnen und Aufseher in den Naturschutzgebieten sind in den Naturschutzgebieten und Wildruhezonen, die ihnen von der für Wald und Natur zuständigen Direktion 1 ) zugewiesen werden, zuständig für die Verhän - gung von Ordnungsbussen wegen Verstössen gegen die folgenden Gesetzge - bungen:
a) eidgenössische und kantonale Gesetzgebung über den Natur- und Land - schaftsschutz;
b) eidgenössische Gesetzgebung über die Binnenschifffahrt;
c) eidgenössische und kantonale Gesetzgebung über den Wald;
d) eidgenössische Gesetzgebung über die Jagd und den Schutz wild leben - der Säugetiere und Vögel sowie kantonale Verordnungen über die Wildruhezonen;
e) kantonale Gesetzgebung über die Hundehaltung;
f) kantonale Gesetzgebung über die Abfallbewirtschaftung.

Art. 9 Amtliche Kontrolleurinnen und Kontrolleure des Amts für Vete -

rinärwesen
1 Die amtlichen Kontrolleurinnen und Kontrolleure des Amts für Veterinär - wesen 2 ) sind zuständig für die Verhängung von Ordnungsbussen wegen Ver - stössen gegen die kantonale Gesetzgebung über die Hundehaltung.

Art. 10 Beschränkung

1 Die Zuständigkeit kann im Ausführungsreglement auf bestimmte Wider - handlungen beschränkt werden.
1) Heute: Direktion der Institutionen und der Land- und Forstwirtschaft.
2) Heute: Amt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen.
3.3 Übertragung an die Gemeinden

Art. 11 Grundsätze

1 Der Staatsrat kann den Gemeinden auf Antrag die Zuständigkeit für die Verhängung von Ordnungsbussen wegen Verstössen gegen die folgenden Gesetzgebungen übertragen:
a) eidgenössische Gesetzgebung über den Strassenverkehr;
b) eidgenössische Gesetzgebung über den unlauteren Wettbewerb
c) eidgenössische Gesetzgebung über den Umweltschutz;
d) eidgenössische Gesetzgebung über den Schutz vor Passivrauchen;
e) eidgenössische und kantonale Gesetzgebung über den Wald und den Schutz vor Naturereignissen;
f) eidgenössische Gesetzgebung über die Binnenschifffahrt;
g) kantonale Gesetzgebung über die Abfallbewirtschaftung;
h) kantonale Gesetzgebung über die Hundehaltung.
2 Wenn es besondere Umstände erfordern, kann der Staatsrat auf Vorschlag der für Sicherheit zuständigen Direktion 3 ) (die Direktion) den Gemeinden für eine begrenzte Dauer die Zuständigkeit für die Verhängung von Ordnungs - bussen wegen Widerhandlungen gegen andere Gesetzgebungen als denjeni - gen nach Absatz 1 übertragen, um die öffentliche Ordnung und Sicherheit so - wie Sauberkeit und Hygiene zu gewährleisten.
3 Der Staatsrat beschliesst nach Anhörung der Direktion für jede Gemeinde eine Liste der Ordnungsbussen, die sie verhängen darf.

Art. 12 Bedingungen

1 Der Staatsrat überträgt den Gemeinden die Zuständigkeit für die Verhän - gung von Ordnungsbussen unter den folgenden Bedingungen:
a) Die Gemeinde verfügt über ein allgemeines Gemeindereglement, das den Gemeinderat ermächtigt, Ordnungsbussen zu erheben, und das die für die Verhängung der Ordnungsbussen zuständigen Organe bezeich - net.
b) Die Amtsträgerinnen und Amtsträger, die mit der Verhängung der Ord - nungsbussen beauftragt sind, verfügen über eine anerkannte Ausbildung im Sinne von Artikel 6 Abs. 2.
3) Heute: Sicherheits-, Justiz- und Sportdirektion.
c) Die Gemeinde stellt sicher, dass die mit der Verhängung von Ordnungs - bussen beauftragten Amtsträgerinnen und Amtsträger die Erkennungs - anforderungen erfüllen. Die Uniform oder das Kennzeichen der Amts - trägerinnen und Amtsträger im Sinne von Artikel 6 Abs. 1 muss sich von der- bzw. demjenigen der Kantonspolizei unterscheiden.
d) Die Gemeinde verfügt über Bussenformulare, die den Anforderungen der Bundesgesetzgebung über die Ordnungsbussen entsprechen.
2 Der Staatsrat überträgt die Zuständigkeit für die Verhängung von Ordnungs - bussen, die einen direkten Kontakt mit der zu büssenden Person erfordern, nur an Gemeinden mit einer Gemeindepolizei. Die Ausführungsbestimmun - gen können diese Bedingung auch für andere Ordnungsbussen, die keinen di - rekten Kontakt mit der zu büssenden Person erfordern, vorsehen.

Art. 13 Dauer der Übertragung

1 Das Ausführungsreglement unterscheidet zwischen Ordnungsbussen, bei denen die Zuständigkeit für eine unbestimmte Dauer übertragen werden kann, und solchen, bei denen die Zuständigkeit für fünf Jahre übertragen wer - den kann.
2 Die Zuständigkeit für die Verhängung von Ordnungsbussen, die einen di - rekten Kontakt mit der zu büssenden Person erfordern, kann nur für fünf Jah - re übertragen werden.

Art. 14 Erneuerung und Entzug von Kompetenzdelegationen

1 Der Staatsrat erneuert auf Antrag die Kompetenzdelegationen, die für fünf Jahre erteilt wurden.
2 Wenn sich die Gemeinde nicht an die Bestimmungen der Gesetzgebung über die Ordnungsbussen hält, entzieht er die Kompetenzdelegation.

Art. 15 Einsatz

1 Die Ordnungsbussen werden von den Amtsträgerinnen und Amtsträgern verhängt, welche die Gemeinde mit dieser Aufgabe beauftragt hat.
2 Die Amtsträgerinnen und Amtsträger, die von der Gemeinde mit der Erhe - bung der Ordnungsbussen beauftragt wurden, kommen nur auf dem Gebiet ihrer Gemeinde zum Einsatz.
3 Sie sind nicht ermächtigt, Fahrzeuge für systematische Kontrollen anzuhal - ten oder Zwangsmassnahmen nach Artikel 54 des Strassenverkehrsgesetzes vom 19. Dezember 1958 oder nach den Artikeln 32–37 des Gesetzes vom 15. November 1990 über die Kantonspolizei anzuwenden.

Art. 16 Aufsicht

1 Die Kantonspolizei übt die allgemeine Aufsicht über das Personal aus, das mit der Verhängung von Ordnungsbussen beauftragt ist.

Art. 17 Beschränkung

1 Die Zuständigkeit kann im Ausführungsreglement auf bestimmte Wider - handlungen beschränkt werden.
4 Zuständigkeiten bei einem Scheitern oder der Unanwendbarkeit des Ordnungsbussenverfahrens

Art. 18 Ordentliches Strafverfahren

1 Wenn das Ordnungsbussenverfahren scheitert oder nicht anwendbar ist, leiten die Behörden nach Artikel 19–21 dieses Gesetzes das ordentliche Straf - verfahren ein und führen dieses gemäss dem Justizgesetz, dem Gesetz über die Gemeinden und den anwendbaren strafrechtlichen Bestimmungen durch.
2 Wenn eine Strafbehörde in Anwendung der kantonalen Gesetzgebungen oder deren Ausführungsreglementen einen Entscheid trifft, wird dieser dem zuständigen kantonalen Amt mitgeteilt, sobald er rechtskräftig ist.

Art. 19 Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft

1 Bei einem Scheitern des vereinfachten Ordnungsbussenverfahrens werden Verstösse gegen die folgenden Gesetzgebungen bei der Staatsanwaltschaft angezeigt:
a) eidgenössische Gesetzgebung über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration;
b) eidgenössische Asylgesetzgebung;
c) eidgenössische Gesetzgebung über den unlauteren Wettbewerb;
d) eidgenössische Gesetzgebung über Waffen, Waffenzubehör und Muni - tion;
e) eidgenössische Gesetzgebung über die gebrannten Wasser;
f) eidgenössische Gesetzgebung über die Binnenschifffahrt;
g) eidgenössische Gesetzgebung über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe;
h) eidgenössische Gesetzgebung über Lebensmittel und Gebrauchsgegen - stände;
i) eidgenössische Gesetzgebung über den Schutz vor Passivrauchen;
j) eidgenössische Gesetzgebung über das Gewerbe der Reisenden.
2 Sowohl bei bundesrechtlichen als auch bei kantonsrechtlichen Ordnungs - bussen werden Widerhandlungen in Fällen der Unanwendbarkeit nach Arti - kel 4 Abs. 3 Bst. a, b und d OBG oder, wenn die widerhandelnde Person un - bekannt ist, bei der Staatsanwaltschaft angezeigt.
3 Werden mehrere Ordnungsbussen auf der Grundlage verschiedener Gesetz - gebungen verhängt und sind mehrere Behörden für den Entscheid über die Anzeige zuständig, so werden alle Widerhandlungen bei der Staatsanwalt - schaft angezeigt.

Art. 20 Zuständigkeit der Oberamtsperson

1 Bei einem Scheitern des vereinfachten Ordnungsbussenverfahrens werden Verstösse gegen die folgenden Gesetzgebungen bei der Oberamtsperson angezeigt:
a) eidgenössische und kantonale Gesetzgebung über den Natur- und Land - schaftsschutz;
b) eidgenössische Gesetzgebung über den Strassenverkehr;
c) eidgenössische Gesetzgebung über die Abgabe für die Benützung von Nationalstrassen;
d) eidgenössische Gesetzgebung über den Umweltschutz;
e) eidgenössische und kantonale Gesetzgebung über den Wald;
f) eidgenössische und kantonale Gesetzgebung über die Jagd und den Schutz wild lebender Säugetiere und Vögel;
g) eidgenössische und kantonale Gesetzgebung über die Fischerei;
h) kantonale Gesetzgebung über die Abfallbewirtschaftung;
i) kantonale Gesetzgebung über die Hundehaltung.

Art. 21 Zuständigkeit des Gemeinderats und Verfahren

1 Verstösse, die mit einer Ordnungsbusse geahndet werden können, für wel - che die Gemeinde über eine Kompetenzdelegation des Staatsrats im Sinne der Artikel 11 ff. dieses Gesetzes verfügt, werden bei einem Scheitern des vereinfachten Ordnungsbussenverfahrens beim Gemeinderat angezeigt.
2 Der Gemeinderat spricht die Ordnungsbusse durch Strafbefehl gemäss dem Verfahren für die übrigen Sanktionen der Gemeinde aus.
5 Ertrag der Ordnungsbussen

Art. 22 Ertrag der Ordnungsbussen

1 Der Ertrag der Ordnungsbussen, die von den Gemeinden eingezogen wer - den, verbleibt den Gemeinden.
6 Übergangsbestimmungen

Art. 23 Zuständigkeiten

1 Die ordentlichen Strafverfahren, die vor einer Behörde hängig sind, die ge - mäss neuem Recht nicht mehr dafür zuständig ist, werden nach altem Recht abgeschlossen.

Art. 24 An Gemeinden erteilte Kompetenzdelegationen

1 Die Gemeinden müssen die Übertragung der Zuständigkeit für die Verhän - gung von Ordnungsbussen innert sechs Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes neu beantragen.
2 Bis zur Erteilung der neuen Kompetenzdelegation durch den Staatsrat verfü - gen die Gemeinden weiter über die Zuständigkeit für die Verhängung von Ordnungsbussen, die ihnen übertragen wurde. In dieser Zeit dürfen sie alle Ordnungsbussen verhängen, für die ihnen nach altem Recht die Zuständigkeit übertragen wurde.
Änderungstabelle – Nach Beschlussdatum Beschluss Berührtes Element Änderungstyp Inkrafttreten Quelle (ASF seit 2002)
06.10.2021 Erlass Grunderlass 01.01.2022 2021_120 Änderungstabelle – Nach Artikel Berührtes Element Änderungstyp Beschluss Inkrafttreten Quelle (ASF seit 2002) Erlass Grunderlass 06.10.2021 01.01.2022 2021_120
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