Verordnung über die Landsgemeinde und die Gemeindeversammlungen
Kanton Appenzell Innerrhoden Verordnung über die Landsgemeinde und die Gemeindeversammlungen (VLGV) vom 1. Dezember 2014 (Stand 1. Januar 2018) Der Grosse Rat des Kantons Appenzell I. Rh., gestützt auf Art. 1 Abs. 3 der Kantonsverfassung vom 24. Wintermonat
1872, beschliesst:
I. Allgemeines
Art. 1 Geltungsbereich
1 Die Verordnung gilt für die Landsgemeinde sowie für Bezirksgemeinden, Kirchgemeinden, Schulgemeinden und die Dunke der Feuerschaugemeinde Appenzell.
Art. 2 Versammlungsleitung
1 Der Vorsteher 1 ) der Exekutive der Körperschaft leitet die Versammlung, bei dessen Verhinderung der Stellvertreter und nachfolgend ein anderes Behör - denmitglied gemäss Rangfolge, bei Fehlen einer solchen nach dem Amtsal - ter. Erforderlichenfalls wird ein ausserordentlicher Gemeindeführer gewählt.
Art. 3 Stimmrecht
1 Die Grundsätze der Stimmberechtigung richten sich nach der Kantonsver - fassung.
2 In einer Kirchgemeinde wohnende Ausländer mit Niederlassungsbewilli - gung können gemäss Kirchgemeindereglement für Kirchgemeindegeschäfte als stimmberechtigt erklärt werden. *
1) Die Verwendung der männlichen Bezeichnungen gilt sinngemäss für beide Ge - schlechter.
3 Die Stimmberechtigung beginnt nach erfolgter Eintragung in das örtliche Stimmregister. *
4 In ein durch Volkswahl besetztes Amt gewählt werden und ein solches Amt ausüben kann nur, wer in der entsprechenden Körperschaft das Stimmrecht hat. *
Art. 4 Beschlüsse
1 Über Geschäfte, die nicht in der Geschäftsordnung enthalten sind, kann an der Landsgemeinde oder an Gemeindeversammlungen kein Beschluss ge - fasst werden.
2 An ausserordentlichen Versammlungen darf nur über Gegenstände abge - stimmt werden, derentwillen die Versammlung einberufen wurde.
Art. 5 Wahlen und Abstimmungen
1 Wahlen und Abstimmungen erfolgen mit offenem Handmehr.
2 Die Erwahrung des Mehrs erfolgt durch Abschätzen seitens des Gemein - deführers. Im Zweifel werden die weiteren Mitglieder der Exekutivbehörde zugezogen.
3 Kann die Mehrheit nicht durch Abschätzen festgestellt werden, ordnet der Gemeindeführer die Auszählung der Stimmen an.
4 Ergibt die Auszählung einen Gleichstand der Stimmen, entscheidet im Fal - le einer Wahl das vom Gemeindeführer zu ziehende Los; im Falle einer Sachabstimmung gilt die Vorlage als abgelehnt.
Art. 6 Entlassung aus dem Amt und Rücktritt
1 Möchte eine dem Amtszwang unterstehende Person von ihrem Amt zu - rücktreten, hat sie spätestens 60 Tage vor der Versammlung ein schriftliches Gesuch um Entlassung einzureichen. An der Versammlung wird ohne Dis - kussion über das Gesuch abgestimmt.
2 Eine dem Amtszwang nicht unterstehende Person kann bis spätestens 60 Tage vor der Versammlung schriftlich ihren Rücktritt erklären. Macht sie dies nicht, kann sie eine allfällige Wiederwahl nicht ablehnen.
3 Gesuche um Entlassung und Rücktrittserklärungen sind spätestens 50 Tage vor der Versammlung im amtlichen Publikationsorgan zu veröffentli - chen.
4 Wird der Termin für die Versammlung mit weniger als 70 Tagen Vorlauf be - kanntgegeben, sind Gesuche um Entlassung und Rücktritte innert 10 Tagen nach der Bekanntgabe einzureichen und die Publikation innert weiterer 10 Tage vorzunehmen.
Art. 7 Vorgeschlagene Kandidaten
1 Steht ein bisheriger Amtsinhaber für sein Amt weiterhin zur Verfügung, gilt er für dieses als vorgeschlagen.
2 Der Gemeindeführer gibt bei jeder Wahl bekannt, ob ein Bisheriger als vor - geschlagen gilt, und gibt der Gemeinde Gelegenheit, weitere Kandidaten zu rufen.
3 Gilt eine bisherige Person als vorgeschlagen, und gibt es keine weiteren Vorschläge, ist sie gewählt; bei der Wahl des regierenden Landammanns und des Ständerates wird immer ausgemehrt. *
4 Werden aus der Gemeinde Wahlvorschläge gemacht, wird immer ausge - mehrt.
Art. 8 Aussprache über Wahlfragen
1 Abgesehen von allfälligen Erklärungen der Vorgeschlagenen findet an der Versammlung keine Aussprache über Wahlfragen statt.
Art. 9 Wahlverfahren
1 Gewählt ist, wer die Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigt.
2 Erreicht kein Kandidat die Mehrheit, wird ausgemehrt. Bei eindeutigen Ver - hältnissen können pro Wahlgang mehrere Kandidaten aus dem Wahlverfah - ren entlassen werden.
3 Erreicht einer der Kandidaten mehr Stimmen als die anderen Kandidaten zusammen, kann er als gewählt erklärt werden.
Art. 10 Nichtannahme einer Wahl
1 Will jemand, der dem Amtszwang nicht untersteht, die Wahl nicht anneh - men, muss er dies, soweit dieses Recht nicht wegen verspäteten Rücktritts verwirkt ist, unmittelbar nach der getroffenen Wahl mitteilen, ansonsten er als gewählt gilt.
2 Ist die gewählte Person, die dem Amtszwang nicht untersteht, an der Ver - sammlung nicht anwesend, hat sie eine allfällige Nichtannahme innert einer Frist von drei Tagen zu erklären.
Art. 11 Sachabstimmungen
1 Bei Sachfragen gibt der Gemeindeführer nach erfolgter Einführung das Wort frei zur Aussprache.
2 Änderungsanträge sind nicht möglich, ausser bei der Festlegung von Steu - erfüssen und -sätzen. *
3 Nach Schluss der Aussprache oder bei deren Nichtbenützung wird über das Geschäft abgestimmt. Über Rückweisungsanträge kann auch schon vorher abgestimmt werden.
4 Rückweisungsanträge sind mit einem Auftrag zu verbinden. Über sie kann sofort, im Verlauf der Aussprache oder nach dieser abgestimmt werden. *
5 Wird ein Rückweisungsantrag angenommen, ist die Behandlung des Ge - schäftes beendet; wird er abgelehnt, ist je nach gewähltem Abstimmungs - zeitpunkt die Aussprache fortzuführen, oder es ist die Sachabstimmung durchzuführen. *
II. Landsgemeinde
Art. 12 Geschäftsordnung und Einladung
1 Die Geschäftsordnung wird durch den Grossen Rat festgelegt und ist in der Regel spätestens vier Wochen vor der Landsgemeinde öffentlich bekannt zu geben.
2 Die Bekanntgabe ist zu verbinden mit der Einladung an die Stimmberech - tigten, der Landsgemeinde beizuwohnen.
3 Das Mandat mit einer Zusammenfassung der Jahresrechnung und Erläute - rungen zu den Geschäften ist den Stimmberechtigten zusammen mit dem Stimmrechtsausweis spätestens drei Wochen vor der Landsgemeinde zuzu - stellen.
4 In dringlichen Fällen kann die Geschäftsordnung unter sofortiger öffentli - cher Bekanntgabe auch später noch angepasst werden, und es können Un - terlagen nachgesandt werden.
Art. 13 Ausweis für Stimmberechtigung
1 Als Ausweis für die Stimmberechtigung gilt der Stimmrechtsausweis, für Männer auch das Seitengewehr.
Art. 14 Bericht über die Amtsverwaltungen
1 An der ordentlichen Landsgemeinde erstattet der Landsgemeindeführer einen gedrängten Bericht über die kantonalen Amtsverwaltungen.
2 Nach der Berichterstattung wird das Wort zur Aussprache freigegeben.
3 Werden im Rahmen der Aussprache Anträge zu Geschäften gestellt, die nicht in der Geschäftsordnung enthalten sind, ist nach geschlossener Aus - sprache darüber abzustimmen, ob der Antrag dem Grossen Rat zur Prüfung und Berichterstattung überwiesen oder direkt abgelehnt wird.
Art. 15 Wahl Landammann
1 Der regierende Landammann gilt nach zwei Jahren in diesem Amt als still - stehender Landammann vorgeschlagen. Gleichzeitig gilt der stillstehende Landammann als regierender Landammann vorgeschlagen.
2 Tritt der regierende Landammann zurück, gilt der stillstehende Landam - mann für das Amt des regierenden Landammanns als vorgeschlagen.
3 Bei der Wahl des regierenden Landammanns wird immer ausgemehrt.
Art. 16 Zuzug Kantonsgericht
1 Zur Erwahrung des Mehrs durch Abschätzen kann der Landsgemeindefüh - rer zusätzlich zur Standeskommission das Kantonsgericht zuziehen. Für eine Auszählung wird das Kantonsgericht beigezogen.
Art. 17 Vereidigung
1 Die Vereidigung von Landammann und Landvolk erfolgt an der Landsge - meinde im Anschluss an die Wahl des regierenden und des stillstehenden Landammanns.
2 Der stillstehende Landammann nimmt dem regierenden und dieser dem Landvolk den Eid gemäss Anhang ab.
3 Die Schwurformeln sind von den Vereidigten mit erhobenen Schwurfingern nachzusprechen.
Art. 18 Protokoll
1 Das Protokoll der Landsgemeinde untersteht der Genehmigung des Grossen Rates.
Art. 19 Weitere Bestimmungen
1 Die Standeskommission kann nähere Bestimmungen über die Landsge - meinde erlassen.
III. Gemeindeversammlungen
Art. 20 Versammlungen
1 Gemeindeversammlungen finden ordentlicherweise einmal im Jahr statt. Auf Beschluss der Gemeindebehörde können ausserordentliche Versamm - lungen durchgeführt werden.
Art. 21 Geschäftsordnung, Einladung und Stimmrechtsausweis
1 Die Geschäftsordnung der Gemeindeversammlung wird durch die betref - fende Gemeindebehörde aufgestellt.
2 Die Geschäftsordnung ist in der Regel spätestens eine Woche vor der Gemeindeversammlung öffentlich bekannt zu geben, mit der Einladung an die Stimmberechtigten, der Gemeinde beizuwohnen.
3 In dringlichen Fällen kann die Geschäftsordnung unter sofortiger öffentli - cher Bekanntgabe auch später noch angepasst werden, und es können Un - terlagen nachgesandt werden.
4 Der Gemeinde steht es frei, einen Stimmrechtsausweis vorzusehen.
Art. 22 Wahlen
1 Für Mitglieder der Exekutivbehörde einer Gemeinde gilt die Unvereinbar - keitsregel nach Art. 30 Abs. 10 der Kantonsverfassung sinngemäss.
2 Die Gemeinde kann die ordentliche Amtsdauer von Behörden, Kommissio - nen und Abordnungen in einem Reglement auf höchstens vier Jahre festset - zen. Macht eine Gemeinde davon Gebrauch, werden im Zwischenjahr nur allfällige Ersatzwahlen vorgenommen.
Art. 23 Protokoll
1 Das Protokoll der Gemeindeversammlung untersteht der Genehmigung der Gemeindebehörde.
Art. 24 Reglemente
1 Von Gemeinden erlassene Reglemente unterliegen der Genehmigung der Standeskommission.
2 Sie sind der Standeskommission vorgängig zur Vorprüfung vorzulegen.
IV. Schlussbestimmung
Art. 25 Änderung bestehenden Rechts
1 Die Verordnung über die politischen Rechte vom 11. Juni 1979 wird geän - dert:
1. Art. 1 Abs. 2 lautet neu:
2 Für die Teilnahme an der Landsgemeinde und den Gemein - deversammlungen sowie für die Wahl des Vertreters des Kantons im Schweizerischen Ständerat gelten die Bestimmun - gen der Verordnung betreffend die Landsgemeinde und die Gemeindeversammlungen vom 1. Dezember 2014.
2. Art. 29 Abs. 2 lautet neu, Abs. 3 wird eingefügt:
2 Eine gewählte, dem Amtszwang nicht mehr unterstehende Person kann innert gleicher Frist die Nichtannahme der Wahl erklären. Im Falle einer Wiederwahl kann diese nicht abge - lehnt werden, wenn nicht spätestens 60 Tage vor der Wahl der Rücktritt schriftlich erklärt worden ist.
3 Bleibt eine Beamtung wegen Nichtannahme einer Wahl oder aus anderen Gründen unbesetzt, hat eine Nachwahl stattzu - finden. Dabei gilt im ersten Wahlgang das einfache, im zwei - ten das relative Mehr.
3. Art. 30 erster Satz lautet neu:
1 Im Falle einer Wahl entscheidet bei Stimmengleichheit das Los.
4. Art. 32 lautet neu: Marginalie "Reglemente"
1 An der Urne genehmigte Reglemente unterliegen der Geneh - migung der Standeskommission.
2 Sie sind der Standeskommission vorgängig zur Vorprüfung vorzulegen.
Art. 26 ...
Art. 27 Inkrafttreten
1 Diese Verordnung tritt mit Annahme durch den Grossen Rat in Kraft.
Änderungstabelle – Nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung cGS Publikati - on
01.12.2014 01.12.2014 Erlass Erstfassung -
23.10.2017 01.01.2018 Art. 3 Abs. 2 geändert -
23.10.2017 01.01.2018 Art. 3 Abs. 3 eingefügt -
23.10.2017 01.01.2018 Art. 3 Abs. 4 eingefügt -
23.10.2017 01.01.2018 Art. 7 Abs. 3 geändert -
23.10.2017 01.01.2018 Art. 11 Abs. 2 geändert -
23.10.2017 01.01.2018 Art. 11 Abs. 4 eingefügt -
23.10.2017 01.01.2018 Art. 11 Abs. 5 eingefügt -
Änderungstabelle – Nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung cGS Publikati - on Erlass 01.12.2014 01.12.2014 Erstfassung - Art. 3 Abs. 2 23.10.2017 01.01.2018 geändert - Art. 3 Abs. 3 23.10.2017 01.01.2018 eingefügt - Art. 3 Abs. 4 23.10.2017 01.01.2018 eingefügt - Art. 7 Abs. 3 23.10.2017 01.01.2018 geändert - Art. 11 Abs. 2 23.10.2017 01.01.2018 geändert - Art. 11 Abs. 4 23.10.2017 01.01.2018 eingefügt - Art. 11 Abs. 5 23.10.2017 01.01.2018 eingefügt -
Kanton Appenzell Innerrhoden Anhang 1: Vereidigung (Stand 1. Dezember 2014)
1. Vereidigung des regierenden Landammanns
Der stillstehende Landammann verliest folgende Eidesbelehrung: Im Namen der Dreifaltigkeit. Amen. Ein jeder, der einen Eid zu schwören hat, soll wohl bedenken, welch ernste und verantwortungsvolle Sache dies ist. Er hat die drei Schwurfinger empor- zuhalten, die ihn an die drei göttlichen Personen, zu denen er schwört, erin- nern. Wenn nun jemand so gewissenlos wäre, einen falschen Eid, einen Meineid zu schwören oder etwas, das er eidlich versprochen und beschwo- ren hat, nachher nicht zu halten, so solle er wissen, dass er eines der schwersten Verbrechen beginge. Wer wissentlich falsch schwört, der ruft Gott zum Zeugen der Lüge an, der verachtet die Gerechtigkeit Gottes und macht sich schrecklicher Strafen schuldig, in diesem und im jenseitigen Leben. Erstlich soll der Landammann schwören, die Ehre Gottes, sowie des Landes Nutz und Ehre zu fördern und den Schaden zu wenden, Witwen und Waisen und sonst männiglich zu schirmen und zum Rechten verhelfen zu wollen, so gut er könne und es ungefähr vermöge, jedermann zu richten, wie es ihm befohlen wird, nach den Rechten, wie sie ihm sein Gewissen weist, weder durch Wertgaben, Freundschaften, Feindschaften noch anderer Sachen willen, nur nach den Rechten und um den Lohn, der darauf gesetzt ist. Des- gleichen soll er von keinem Fürsten noch Herrn keinerlei besondere Pensi- on, Schenkung oder Gaben nehmen, denn in den Landsäckel. Der regierende Landammann spricht mit erhobenen Schwurfingern dem stillstehenden Landammann die folgende Schwurformel nach: Das hab ich wohlverstanden, wie es mir vorgelesen und eröffnet worden ist. Das will ich wahr und stets halten, treulich und ungefährlich. Also bitte ich, dass mir Gott und die Heiligen helfen. Amen.
Der regierende Landammann verliest folgende Eidesbelehrung: Ebenso sollen die Landleute hinwiederum schwören, die Ehre Gottes, die Ehre des Landammanns und des Landes Nutz und Ehre zu fördern und den Schaden zu wenden und ein Ammann und dessen Gericht und Rat zu schirmen, dem Ammann und seinen Boten gehorsam zu sein, wozu jeder- mann aufgefordert wird, dass er es halte und ein Genüge leiste nach besten Kräften. Es sollen die Landleute auch in den Eid nehmen und schwören, dass sie von keinem Fürsten noch Herrn keine besondere Pension, Schen- kungen, Miet oder Gaben nehmen wollen, es sei denn in den Landsäckel. Die Landleute sprechen mit erhobenen Schwurfingern dem regierenden Landammann die folgende Schwurformel nach: Das hab ich wohl verstanden, wie es mir vorgelesen und eröffnet worden ist. Das will ich wahr und stets halten, treu und ungefährlich. Also bitte ich, dass mir Gott und die Heiligen helfen. Amen.
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