Hausreglement für das Heim Tannenhof
Hausreglement vom 2. Dezember 1999 für das Heim Tannenhof Die Verwaltungskommission de r Anstalten von Bellechasse gestützt auf die Artikel 6 und 9 des Gesetzes vom 2. Oktober 1996 über die Anstalten von Bellechasse; gestützt auf das Gesetz vom 26. November 1998 über die fürsorgerische Freiheitsentziehung; gestützt auf Artikel 1 des Reglements vom 9. Dezember 1998 über die Gefangenen und Verwahrten der Anstalten von Bellechasse (Reglement vom 9. Dezember 1998); beschliesst:
1. KAPITEL Allgemeine Bestimmungen
Art. 1 Gegenstand
Dieses Reglement präzisiert die Zweckbestimmung des Heims Tannenhof (das Heim) und bestimmt die Stellung der darin untergebrachten Personen (die Heimbewohner).
Art. 2 Zweck des Heims
1 Das Heim dient dem Vollzug von Massnahmen im Bereich der fürsorgerischen Freiheitsentziehung (Art. 397a ff. ZGB), die gegenüber Verwahrten wegen Geistesschwäche, Drogensucht oder schwerer Verwahrlosung angeordnet worden si nd. Psychisch kranke Personen, die einer besonderen medizinischen Versorgung bedürfen, können nicht im Heim untergebracht werden.
2 Im Heim werden Verwahrte aufgenommen, gegen die eine Massnahme gemäss Artikel 43 StGB angeordnet wurde, sofern sie nicht eine grosse Gefahr für die Öffentlichkeit darstellen, sowie Verwahrte, gegen die eine Massnahme gemäss Artikel 44 StGB angeordnet wurde.
3 Personen, die zu kurzen Freiheitsstrafen (von bis zu 6 Monaten) verurteilt wurden, können ebenfalls im ordentlichen Strafvollzug ihre Strafe im Heim verbüssen.
4 Das Heim ist eine Anstalt mit niedrigen Sicherheitsvorkehrungen. Die Sicherheitseinrichtungen sowie die sicherheitstechnischen Massnahmen und Mittel sind in reduziertem Mass vorhanden. Die Bewohner sind in Zimmern und nicht in Zellen untergebracht.
Art. 3 Zweck der Einweisung
1 Mit der Einweisung wird bezweckt, dem Heimbewohner soweit möglich eine geeignete persönliche Betreuung zukommen zu lassen und ihn auf eine Rückkehr ins freie Leben vorzubereite n (Betreuung, Unterstützung, Arbeit und Ausbildung).
2 Auf die Heimbewohner ist ein System des stufenweisen Vollzugs anwendbar, das laufend ihren Fähigkeiten, ihrer Einstellung, ihrem Verhalten und ihrer Mitwirkung angepasst wird.
3 Das Heimpersonal widmet der sozialen und beruflichen Wiedereingliederung der Verwahrten eine besondere Beachtung.
Art. 4 Unterordnung
1 Das Heim untersteht den Anstalten von Bellechasse.
2 Ihm steht ein Chef vor, der die Tätigkeiten seiner Mitarbeiter und der Heimbewohner organisiert und koordiniert.
Art. 5 Stellung der Heimbewohner
1 Die Bewohner sind, unter Vorbehalt dieses Reglements, dem Reglement vom 9. Dezember 1998 unterstellt.
2 Die Bestimmungen des Gesetzes vom 26. November 1998 über die fürsorgerische Freiheitsentziehung bleiben vorbehalten.
2. KAPITEL Ein- und Austrittsformalitäten
Art. 6 Aufnahme
a) Im Allgemeinen
1 Die Person, die zu einem Aufenthalt im Heim verpflichtet wurde, hat sich bei den Anstalten von Bellechasse zu melden. Sie wird zum Heim begleitet und dort aufgenommen, sobald die ordentlichen administrativen Formalitäten erledigt sind und die Beur teilungsphase abgeschlossen ist.
2 Die Aufnahme im Heim findet nur von Dienstag bis Donnerstag statt.
Art. 7 b) Von der Einweisungsbehörde einzureichende Auskünfte und
Akten
1 Die Einweisungsbehörde muss der Direktion der Anstalten zusammen mit der Verfügung des Massnahmen- oder Urteilsvollzugs einige Tage vor der Ankunft des Verwahrten ein Aktenheft zustellen, in dem insbesondere ein Strafregisterauszug und die Angaben hinsichtlich der familiären, sozialen und medizinischen Situation des Heimbewohners enthalten sind.
2 Ebenfalls muss sie vor der Ankunft des künftigen Heimbewohners bestätigen: a) dass der Verwahrte nicht an einer psychischen Krankheit leidet, die eine besondere medizinische Versorgung erfordert; b) dass die in Anwendung von Artikel 43 StGB eingewiesene Person nicht eine grosse Gefahr für die Öffentlichkeit darstellt.
Art. 8 c) Beurteilungsphase
1 Nach Abschluss der Eintrittsformalitäten wird der Neueintretende bis zu seiner Überweisung ins Heim in der Krankenzimmerabteilung der Anstalten untergebracht. Bei Vollbelegung dieser Abteilung kann der Verwahrte ausnahmsweise in eine Zelle gebracht werden.
2 Diese Unterbringung dient hauptsächlich der Beurteilung des Gesundheitszustandes des Betroffenen, seiner allfälligen Verhaltensschwierigkeite n und der Fluchtgefahr.
3 Die Beurteilung erfolgt anhand verschiedener Unterredungen mit dem Direktor oder seinem Stellvertreter, dem Arzt, den übrigen Gesundheitsfachleuten sowie dem Chef des sozialtherapeutischen Dienstes oder seinem Stellvertreter.
4 Werden medizinische Unregelmässigkeiten entdeckt, so erhält der Betroffene im Krankenzimmer oder eventuell im Heim die geeignete medizinische Versorgung. Bei besonderen Verhaltensstörungen wird die Beurteilungsphase so lange wie nötig verlängert. Im Bedarfsfall informiert die Direktion die Einweisungsbehörde, damit innert kürzester Frist die notwendigen Massnahmen getroffen werden.
Art. 9 d) Eintrittsgespräch
Der Neueintretende muss innert 3 Tagen vom Direktor oder seinem Stellvertreter über seine Rechte und Pflichten sowie über den Zweck seines Heimaufenthalts informiert werden.
Art. 10 e) Überweisung ins Heim
1 Der Neueintretende wird anschliessend in den folgenden Tagen durch einen Mitarbeiter der Anstalten ins Heim begleitet.
2 Er wird vom Chef des Heims oder seinem Stellvertreter empfangen, die ihm auf eingehende und systematische Weise insbesondere den Betriebsablauf des Heims erklären und ihm erneut den Zweck seines Heimaufenthalts darlegen.
3 Innert kurzer Frist wird er vom Krankenpfleger oder von der Krankenpflegerin des Heims oder von anderen Gesundheitsfachleuten sowie vom Verantwortlichen für die Ausbildung in den Anstalten empfangen.
Art. 11 Entlassung
1 Eine Entlassung oder eine Überweisung aus dem Heim kann nur aufgrund einer schriftlichen Verfügung der zuständigen Behörde erfolgen. Die in der Gesetzgebung über die fürsorgerische Freiheitsentziehung vorgesehenen Zuständigkeiten der Anstaltsdirektion (Aufhebung der Einweisung) bleiben vorbehalten.
2 Der Heimbewohner verlässt das Heim beziehungsweise die Anstalten von der Strafvollzugsabteilung aus. Vo r dem Austritt wird er zu einer Unterredung mit einem Mitglied der Direktion empfangen; er muss die Effekten und Gegenstände, die er in Gewahrsam hatte, zurückgeben und die, die er hinterlegt hatte, zu sich nehmen. Die entsprechenden Inventare müssen kontrolliert und unterzeichnet werden.
3 Der Austritt erfolgt von Montag bis Freitag während des Vormittags.
3. KAPITEL Innerer Dienst
Art. 12 Zimmer
1 Dem Heimbewohner wird in der Regel ein Einzelzimmer zugeteilt.
2 Im Bedarfsfall dürfen Mehrbett-Zimmer zur Verfügung gestellt werden.
Art. 13 Schliessung der Türen
Die Direktion setzt die Schliessungszeiten für das Heim, die Abteilungen, die Zimmer und die Gemeinschaftsräume fest.
Art. 14 Verpflegung
1 Die Mahlzeiten werden durch die zentrale Küche der Anstalten zubereitet und ins Heim gebracht. Die Essensausgabe erfolgt zu den durch die Direktion festgesetzten Zeiten und Modalitäten.
2 Alle Mahlzeiten werden zur Selbstbedienung abgegeben und gemeinsam im Esssaal eingenommen.
4. KAPITEL Arbeit und Ausbildung
Art. 15
1 Die Artikel 35–37 des Reglements vom 9. Dezember 1998 über den Verdienstanteil gelten sinngemäss.
2 Dasselbe gilt für die von den Konkordatsbehörden für die Arbeit und Ausbildung beschlossenen Grundsätze.
5. KAPITEL Freizeitgestaltung
Art. 16 Kulturelle Aktivitäten
Die Heimbewohner dürfen an den verschiedenen kulturellen Veranstaltungen und Unterhaltungsanlässen, die von den Anstalten für die Strafvollzugsabteilung organisiert werd en, teilnehmen. Die Direktion setzt die Zeiten und Bedingungen für die Teilnahme fest.
Art. 17 Lektüre
Die Heimbewohner haben einmal pro Woche, in der Regel am Samstag, Zutritt zur Bibliothek der Strafanstalt. Die Direktion setzt die Bedingungen für den Zutritt fest.
Art. 18 Spaziergang
Den Heimbewohnern kann die Erlaubnis für einen Spaziergang in der Nähe des Heims erteilt werden. Die Direktion setzt die Zeiten und die Modalitäten fest.
6. KAPITEL Kosten medizinischer Betreuung
Art. 19
Unter Vorbehalt der Bestimmungen des Artikels 6 des Gesetzes vom 26. November 1998 über die fürsorgerische Freiheitsentziehung wird die Übernahme der Kosten für die medizinische, die zahnärztliche und die pharmazeutische Versorgung durch die westschweizerischen Konkordatsbestimmungen geregelt, die sinngemäss gelten.
7. KAPITEL Sozialfürsorge
Art. 20
1 Die Mitarbeiter des sozialtherapeutischen Dienstes stehen den Heimbewohnern mindestens ein Mal pro Woche im Heim zur Verfügung.
2 Der Heimbewohner kann sich auch an die Mitarbeiter dieses Dienstes wenden.
8. KAPITEL Beziehungen zur Aussenwelt
Art. 21 Häufigkeit der Besuche
1 Die Heimbewohner dürfen grundsätzlich an jedem Wochenende entweder am Samstag oder am Sonntag Besuche empfangen. Diese Besuche dauern jeweils 2 Stunden.
2 Die Direktion kann bei Missbrauch einschränkendere Bedingungen festsetzen.
Art. 22 Ausgangsbewilligungen
a) Bedingungen
1 Die Bewilligungen für den Ausgang mit Begleitung (Geleit) oder ohne Begleitung (Erlaubnis oder Urlaub) kann erteilt werden, wenn der Heimbewohner folgende Bedingungen erfüllt: a) Er ist seit mindestens einem Monat im Heim. b) Er hat eine positive Einstellung und ein zufriedenstellendes Verhalten. c) Er ist keine Gefahr für die Öffentlichkeit.
d) Er hat gezeigt, dass er fähig ist, die Bewilligungsbedingungen einzuhalten. e) Er hat genügend Erspartes.
2 Die Ausgangsbewilligungen werden von der Direktion erteilt, die die Stellungnahmen der Vormundschafts- oder der Einweisungsbehörden einholen kann. Bei Verwahrten, gegen die eine fürsorgerische Freiheitsentziehung angeordnet wurde, müssen vor der Festsetzung der Dauer und der Modalitäten des Urlaubs di e diesen nahe stehenden Personen angehört werden.
Art. 23 b) Dauer und Häufigkeit
1 Die Direktion setzt die Gültigkeitsdauer und die Häufigkeit der Ausgangsbewilligungen fest.
2 Die erste Bewilligung wird in der Regel für einen ganztägigen Ausgang mit oder ohne Begleitung erteilt.
3 Den Verwahrten, gegen die eine fürsorgerische Freiheitsentziehung angeordnet wurde, kann jeden Monat höchstens eine Bewilligung erteilt werden.
Art. 24 Halbfreiheit
Das für die Gefangenen geltende Re gime der Halbfreiheit ist für die Heimbewohner nicht anwendbar.
9. KAPITEL Strafen und Disziplinarverfahren
Art. 25 Disziplinarischer Zellenarrest
1 Die Verwahrten, gegen die eine fürsorgerische Freiheitsentziehung angeordnet wurde, verbüssen den Zellenarrest in den Wartezellen.
2 In besonders schwer wiegenden Fällen wird der Arrest in Form eines scharfen Zellenarrests vollzogen.
10. KAPITEL Schlussbestimmungen
Art. 26 Übergangsbestimmung
Die Regime-Erleichterungen für die Verwahrten, gegen die eine fürsorgerische Freiheitsentziehung angeordnet wurde, gelten auch für die im Heim untergebrachten Freiwilligen.
Art. 27 Aufhebung bisherigen Rechts
Das interne Reglement des Tannenhofs vom 29. November 1993 wird aufgehoben.
Art. 28 Inkrafttreten und Veröffentlichung
1 Dieses Reglement tritt sofort in Kraft.
2 Es wird im Amtsblatt veröffentlicht und in die Amtliche Gesetzessammlung aufgenommen.
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