Konkordat über die polizeiliche Zusammenarbeit in der Westschweiz (559.3)
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Konkordat über die polizeiliche Zusammenarbeit in der Westschweiz

Konkordat über die polizeiliche Zusammenarbeit in der Westschweiz vom 03.04. 2014 (Fassung in Kraft getreten am 01.01.2017 ) Die Kantone Freiburg, Genf, Jura, Neuenburg, Waadt und Wallis, gestützt auf Artikel 48 der Bundesverfassung vom 18. April 1999; in Achtung des Vertrags vom 5. März 2010 über die Mitwirkung der Kantonsparlamente bei der Ausarbeitung, der Ratifizierung, dem Vollzug und der Änderung von interkantonalen Verträgen und von Verträgen der Kantone mit dem Ausland (Vertrag über die Mitwirkun g der Parlamente, ParlVer); in Erwägung: dass die interkantonale Zusammenarbeit zwischen Polizei - und Strafverfolgungsbehörden angesichts der kantonsüberschreitenden kriminellen Aktivitäten von grundlegender Bedeutung ist; dass in dieser Hinsicht insbesond ere der Informationsaustausch und Synergien zwischen den Westschweizer Polizeien von erstrangiger Bedeutung sind; haben dieses Konkordat über die polizeiliche Zusammenarbeit in der Westschweiz (nachfolgend: das Konkordat) vereinbart *) : *) Alle Personen -, Stellungs -, Funktions - oder Berufsbezeichnungen in diesem ERSTES KAPITEL Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Geltungsbereich

1 Dem Konkordat gehören die Kantone der Westschweiz an, die den Beitritt erklären.
2 Mit Zustimmung der Regierungen aller beteiligten Kantone können auch andere Kantone diesem Konkordat beitreten.
3 Zur Hilfeleistung im Rahmen des Konkordats an einen darum ersuchenden Kanton können die beteiligten Kantone nach Massgabe ihrer Re chtsordnung auch Gemeindepolizeien beiziehen.

Art. 2 Zweck

Das Konkordat bezweckt die Sicherstellung der Zusammenarbeit zwischen Polizeien: a) bei Hilfeleistungen im Rahmen des Konkordats; b) beim Austausch von kriminalpolizeilichen Daten; c) bei der Umsetzung operativer, technischer, wissenschaftlicher und logistischer Synergien sowie der entsprechenden Ausbildung.

Art. 3 Konkordatsbehörde

1 Die Konkordatsbehörde setzt sich aus den zuständigen Polizeidirektorinnen und - direktoren zusammen. Sie konstit uiert sich selbst.
2 Die Konkordatsbehörde hat namentlich folgende Aufgaben und Befugnisse: a) die Förderung der Zusammenarbeit zwischen Polizeien und der gegenseitigen Hilfe im Sinne dieses Konkordats; b) die Erteilung der notwendigen Aufträge an die Poli zeikommandos; c) die Überwachung der Einhaltung dieses Konkordats; d) die Festsetzung des Gebührentarifs für die Kosten der Einsätze der Polizeikräfte gemäss Artikel 13; e) die Untersuchung von Streitfällen betreffend Kosten und Schadenersatzforderungen un d die Unterbreitung von Vergleichsvorschlägen an die beteiligten Kantone; f) die Kenntnisnahme des Einsatzberichts, der ihr spätestens sechs Monate nach dem Ende des Einsatzes unterbreitet werden muss.
2. KAPITEL Hilfeleistung im Rahmen des Konkordats Art. 4 Grundsatz Die Hilfeleistung im Rahmen des Konkordats kann nur angefordert werden, wenn der ersuchende Kanton sich ausserstande sieht, die Situation allein und mit eigenen Mitteln zu meistern.

Art. 5 Fälle der Hilfeleistung im Rahmen des Konkordats

In fo lgenden Fällen kann eine Hilfeleistung im Rahmen des Konkordats angefordert werden: a) bei Katastrophen; b) bei Gewaltverbrechen wie Terrorakten, Flugzeugentführungen, Geiselnahmen, schweren Raubüberfällen; c) bei inneren Unruhen oder drohenden schweren au frührerischen Ereignissen, welche Personen oder Sachwerte gefährden; d) bei der Durchführung gemeinsamer kriminalpolizeilicher Kontrollen oder grossangelegter Fahndungen; e) bei Erstermittlungen im Rahmen von kriminalpolizeilichen Untersuchungen zu schwere n, wichtigen und/oder komplexen Fällen; f) bei Grossanlässen; g) bei wichtigen Treffen, insbesondere anlässlich von internationalen Konferenzen oder Staatsbesuchen.

Art.6 Hilfeleistung im Konkordatsgebiet

1 Die Kantonsregierung ist zuständig, Hilfeleistung im Sinne des Konkordats anzufordern oder zu gewähren. In Notfallsituationen kann sie diese Zuständigkeit an die kantonale Polizeidirektorin oder den kantonalen Polizeidirektor übertragen.
2 Soweit ihn nicht eigene vordringliche Aufgaben daran hindern, ist der ersuchte Kanton gehalten, dem ersuchenden Kanton den von der Konkordatsbehörde bestimmten Mannschaftsbestand zur Verfügung zu stellen.
3 Die Hilfeleistung im Rahmen des Konkordats auf dem Konkordatsgebiet geht den Unterstützungsbegehren anderer Kantone vor.
4 Wird ein Kanton gleichzeitig von mehreren Konkordatskantonen ersucht, so befindet die Konkordatsbehörde über die Prioritäten oder über eine angemessene Aufteilung der Mannschaftsbestände.

Art. 7 Meldung an die Konkordatskantone

Der im Rahmen des Konkordats um Hilfeleistung ersuchende Kanton ist verpflichtet, die übrigen Konkordatsmitglieder von seinem Gesuch in Kenntnis zu setzen.

Art. 8 Leitung

1 Die eigenen sowie die im Rahmen des Konkordats zur Verfügung gestellten ausserkanto nalen Polizeikräfte stehen unter der Leitung des Polizeikommandanten des Einsatzkantons.
2 Erstreckt sich der Einsatz über mehrere Kantone, bestimmen die beteiligten Polizeikommandanten den Leiter.

Art. 9 Rechtsstellung der ausserkantonalen Polizeikräfte

1 Die ausserkantonalen Polizeikräfte haben im Rahmen des befohlenen Einsatzes die gleichen Befugnisse und Pflichten wie die kantonale Polizei des ersuchenden Kantons. Sie haben bei ihren Amtshandlungen die im Einsatzkanton geltenden Vorschriften anzuwenden.
2 In Disziplinar - und Verwaltungsfragen unterstehen sie ihrem Stammkanton.

Art. 10 Haftung bei unerlaubter Handlung

1 Für den Schaden, den ausserkantonale Polizeikräfte bei ihrem Einsatz dem Einsatzkanton mit Absicht oder infolge grober Fahrlässigkeit wid errechtlich zufügen, haftet ihr Stammkanton.
2 Für Schaden, den ausserkantonale Polizeikräfte bei ihrem Einsatz einem Dritten zufügen, haftet der Einsatzkanton nach seiner Rechtsordnung. Haben die Polizeikräfte den Schaden mit Absicht oder grobfahrlässig verursacht, kann der haftbare Einsatzkanton auf ihren Stammkanton Rückgriff nehmen.
3 Dem Einsatzkanton und dem geschädigten Dritten stehen gegen die Angehörigen ausserkantonaler Polizeien kein unmittelbares Klagerecht zu.
4 Die Haftung eines Angehörigen de r Polizei gegenüber seinem Stammkanton untersteht dem Recht dieses Kantons.
5 Die Grundsätze des Obligationenrechts über den Ausschluss der Haftung bei Selbstverschulden der geschädigten Person, die Festsetzung des Schadens, die Bemessung des Schadenersatzes und die Leistung von Genugtuung sind in Schadenfällen nach den Absätzen 1 und 2 sinngemäss anwendbar.

Art. 11 Haftung bei rechtmässigem Handeln

Für Schaden, den ausserkantonale Polizeikräfte bei ihrem Einsatz einem Dritten aufgrund rechtmässigen Handelns zufügen, haftet der Einsatzkanton, falls und soweit dessen Rechtsordnung eine solche Haftung vorsieht.

Art. 12 Unfälle

1 Der Stammkanton entrichtet den Angehörigen seiner Polizei für die Folgen von Unfällen, die sie beim Dienst im Einsatzkanton erleiden, jene Leistungen, die er nach Massgabe seines Rechts zu erbringen hat.
2 Der Einsatzkanton vergütet dem Kanton, der die Hilfeleistung im Rahmen des Konkordats gewährt hat, die Leistungen, die dieser nach Absatz 1 zu erbringen hat, soweit sie nicht durch ei nen Dritten gedeckt werden.
3 Hat der Stammkanton einem bei der Dienstleistung im Einsatzkanton verunfallten Angehörigen der Polizei Lohnzahlungen während einer mehr als vierzehntägigen Arbeitsunfähigkeit zu leisten, so hat der Einsatzkanton diese Kosten zu vergüten, soweit sie nicht durch einen Dritten gedeckt werden.

Art. 13 Finanzielles

1 Für gemeinsame kriminalpolizeiliche Kontrollen und grossangelegte Fahndungen werden keine Kosten berechnet.
2 Die Kosten für die Erstermittlungen im Rahmen von kriminal polizeilichen Untersuchungen zu schweren, wichtigen und/oder komplexen Fällen werden gemäss dem Gebührentarif in Rechnung gestellt.
3 Für Hilfeleistungen im Rahmen des Konkordats bei Katastrophen werden nur dann Kosten berechnet, wenn und soweit Dritte daf ür aufkommen.
4 In den übrigen Fällen hat der Einsatzkanton dem Stammkanton die entstandenen Kosten für Mannschaft, Fahrzeuge und Material zu vergüten; vorbehalten bleibt der Artikel 47 der Schweizerischen Strafprozessordnung.
5 Der Gebührentarif wird von der Konkordatsbehörde festgesetzt.
3. KAPITEL Austausch von polizeilichen Daten

Art. 14 Gemeinsame Datenbanken

1 Zur Aufklärung von Widerhandlungen und zur Identifikation von Tätern oder unbekannten lebenden oder verstorbenen Personen sowie zur Suche von vermissten Personen pflegen die Kantone über gemeinsame Datenbanken den Austausch polizeilicher Informationen, na mentlich über Tatverdächtige von Verbrechen oder Vergehen, Verbrechen oder Vergehen, Spuren, Zahn - und Bilddaten.
2 Die Konkordatsbehörde legt die Verfahren, die Zuständigkeiten und die Regeln zum Betrieb der gemeinsamen Datenbanken fest.
4. KAPITEL Operat ive, technische, wissenschaftliche und logistische Synergien

Art. 15 Rahmen und Synergiebereiche

1 Das Konkordat stellt den ständigen Rahmen für die Förderung und Umsetzung von Synergien zur Verstärkung der Bekämpfung der Kriminalität und zur Sicherstellun g eines wirtschaftlichen Mitteleinsatzes dar.
2 Die Synergien umfassen operative, technische, wissenschaftliche und logistische Bereiche sowie die entsprechende Ausbildung. Kein Partnerkanton kann zu ihrer Umsetzung verpflichtet werden.
5. KAPITEL Schlussbestimmungen

Art. 16 Dauer des Konkordats, Kündigung

1 Das Konkordat gilt auf unbeschränkte Dauer.
2 Der Austritt eines Kantons ist unter Einhaltung einer dreijährigen Frist auf das Ende eines Jahres möglich. Die verbleibenden Kantone entscheiden gegebenenf alls über die Weiterführung des Konkordats.

Art. 17 Inkrafttreten

1 Das Konkordat tritt in Kraft, sobald mindestens drei Kantone ihm beigetreten sind.
2 Der Beitritt ist den Regierungen der Westschweizer Kantone über das Sekretariat der Konferenz der Justi z- und Polizeidirektoren der lateinischen Schweiz (LKJPD) mitzuteilen.

Art. 18 Aufhebung

Mit dem Inkrafttreten dieses Konkordats wird das Konkordat vom 10. Oktober 1988 über die polizeiliche Zusammenarbeit in der Westschweiz aufgehoben. Beitritt durch Ges etz vom 19.3.2015 Inkrafttreten für den Kanton Freiburg: 1.1.2017
Änderungstabelle – Nach Beschlussdatum Beschluss Berührtes Element Änderungstyp Inkrafttreten Quelle (ASF seit 2002)
0 3.04.2014 Erlass Grunderlass 0 1.01.2017 2 015_032 Änderungstabelle – Nach Artikel Berührtes Element Änderungstyp Beschluss Inkrafttreten Quelle (ASF seit 2002) Erlass Grunderlass 0 3.04.2014 0 1.01.2017 2 015_032
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