Gesetz über die Hilfe und Pflege zu Hause
Gesetz vom 8. September 2005 über die Hilfe und Pflege zu Hause (HPflG) Der Grosse Rat des Kantons Freiburg gestützt auf den Artikel 68 der Verfassung des Kantons Freiburg vom 16. Mai 2004; gestützt auf das Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung; gestützt auf das Gesundheitsgesetz vom 16. November 1999, namentlich die Artikel 99 ff.; nach Einsicht in die Botschaft des Staatsrats vom 22. März 2005 ; auf Antrag dieser Behörde, beschliesst:
1. KAPITEL Allgemeine Bestimmungen
Art. 1 Gegenstand
Dieses Gesetz regelt die Organisation und die Finanzierung der Hilfe und Pflege zu Hause.
Art. 2 Zweck
Das Gesetz soll es jeder kranken, behinderten oder einer Unterstützung oder Überwachung bedürfenden Person ermöglichen, unabhängig von ihrer wirtschaftlichen und sozialen Lage so lange als möglich in ihrem gewohnten Umfeld zu leben. Somit will es: a) den Einsatz Angehöriger und Nahestehender für Personen, die aufgrund ihres Alters, ihrer familiären oder sozialen Situation, einer Krankheit oder Behinderung der Hilfe oder Pflege zu Hause bedürfen, fördern; b) subsidiär eine gute Hilfe und Pflege zu Hause auf sowohl somatischem als auch psychischem Gebiet anbieten, einschliesslich bei Bedarf nach
palliativer Pflege und Pflege am Lebensende, indem es diesen Personen Dienste für Hilfe und Pflege zu Hause zur Verfügung stellt; c) weitere Massnahmen fördern und unterstützen, die den Verbleib zu Hause ermöglichen; d) zu einer eigenverantwortlichen und selbstbestimmten Lebensführung der betroffenen Person en beitragen.
Art. 3 Leistungen
a) Allgemein Die aufgrund des Gesetzes gewährten Leistungen umfassen: a) die Pauschalentschädigung; b) die Hilfe und Pflege zu Hause; c) weitere Massnahmen.
Art. 4 b) Pauschalentschädigung
Die Pauschalentschädigung ist eine finanzielle Hilfe an Angehörige und Nahestehende, die einer hilflosen Person langfristig und regelmässig Hilfe in bedeutendem Umfang leisten, so dass sie zu Hause leben kann.
Art. 5 c) Hilfe und Pflege zu Hause
1 Die Hilfe und die Pflege zu Hause sind Leis tungen sozialmedizinischer Art, die keine institutionelle Infrastruktur erfordern und dank denen eine Person in ihrem gewohnten Umfeld verbleiben kann. Im Besonderen handelt es sich um die folgenden Leistungen: a) Die Pflege zu Hause umfasst die auf ärztli che Verschreibung oder in ärztlichem Auftrag durchgeführten Untersuchungen, Behandlungen und Pflegeverrichtungen. b) Die Hilfe zu Hause umfasst hauswirtschaftliche Arbeiten sowie erzieherische und soziale Aufgaben. Sie ist ausgeschlossen, wenn die Bedürfni sse durch andere Dienste oder Institutionen wie Krippen, Kinderhorte, Babysitting gedeckt werden können. c) Die Hilfe und die Pflege zu Hause umfassen auch die Evaluations -, die Informations - und die Beratungstätigkeit im Dienste der Ziele nach
Artikel 2 s owie die für den Verbleib zu Hause unerlässlichen
Massnahmen sozialer Betreuung.
2 Das Verzeichnis der obligatorischen Leistungen wird im Ausführungsreglement erstellt.
Art. 6 d) Weitere Massnahmen
Die weiteren Massnahmen für den Verbleib zu Hause, die von Institutionen des Gesundheitswesens erteilt werden, umfassen insbesondere Leistungen für Personen mit besonderen chronischen Krankheiten, namentlich für Personen mit Diabetes oder Atemproblemen.
2. KAPITEL Organisation
Art. 7 Vollzugsbehörden
a) Allgemein Die Vollzugsbehörden sind: a) die Gemeinden; b) die Bezirkskommissionen; c) die für die Gesundheit zuständige Direktion
1) (die Direktion); d) der Staatsrat.
1) Heute: Direktion für Gesundheit und Soziales.
Art. 8 b) Gemeinden
1 Die Gemeinden schliessen s ich in einem Verband zusammen (der Gemeindeverband), der alle Gemeinden eines Bezirks oder mehrerer Bezirke umfasst, um die Deckung des Bedarfs der Bevölkerung auf dem Gebiet der Hilfe und Pflege zu Hause zu gewährleisten. Sie können auch die Ziele eines b estehenden Verbandes ausweiten.
2 Sie beschliessen in diesem Rahmen die Verteilung der Finanzlast der Gemeinden auf dem Gebiet der Pauschalentschädigung und der Hilfe und Pflege zu Hause.
3 Die Gemeindeverbände schliessen Leistungsaufträge mit einem oder mehreren privaten Diensten ab oder errichten einen oder mehrere Dienste für Hilfe und Pflege zu Hause.
4 Die Gemeindeverbände erlassen die Reglemente über die Gewährung der Pauschalentschädigung und unterbreiten dem Staatsrat einen Vorschlag zur Höhe dieser Entschädigung, die grundsätzlich regelmässig den Lebenshaltungskosten angepasst wird.
Art. 9 c) Bezirkskommissionen
1 Es wird eine Kommission mit folgenden Befugnissen eingesetzt:
a) Sie erarbeitet das Reglement über die Gewährung der Pauschalentschädigung und schlägt dem Gemeindeverband die Höhe dieser Entschädigung vor. b) Sie entscheidet über die Gewährung der Pauschalentschädigung nach
Artikel 13.
c) Sie vergewissert sich, dass die Dienste für Hilfe und Pflege zu Hause mit den Spitä lern, den Pflegeheimen und weiteren Institutionen des Gesundheitswesens auf regionaler wie auf kantonaler und überkantonaler Ebene zusammenarbeiten.
2 Die Bezirkskommission übt alle Befugnisse aus, die nicht in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Behör de fallen.
3 Im Einzelnen werden ihre Kompetenzen, ihre Zusammensetzung und ihre Organisation vom Staatsrat festgesetzt.
4 Eine Kommission kann für einen oder mehrere Bezirke eingesetzt werden.
Art. 10 d) Direktion
Die Direktion hat die folgenden Befugniss e: a) Sie genehmigt das Reglement über die Gewährung der Pauschalentschädigung. b) Sie erteilt die Betriebsbewilligungen an die Dienste für Hilfe und Pflege zu Hause. c) Sie genehmigt die von den Gemeindeverbänden erstellten Leistungsverträge. d) Sie erste llt die Leistungsaufträge mit weiteren Institutionen des Gesundheitswesens, die für die Deckung des Bedarfs der Bevölkerung nötig sind. e) Sie legt die Rahmenbedingungen für den Betrieb der beauftragten Dienste und weiteren Institutionen des Gesundheitswes ens fest, namentlich ihre Zusammenarbeit und Koordination, die Normen für Rechnungswesen, Statistik und Qualität, die Einsatzzeiten sowie den Bestand und die Qualifikation des Personals der Dienste. f) Sie erstellt die Statistik über die Hilfe und Pflege z u Hause, wobei die Daten nach Artikel 16 des Gesetzes vom 25. November 1994 über den Datenschutz anonymisiert werden müssen. g) Sie kann auch ein Dachorgan oder Dritte mit spezifischen Aufträgen betrauen.
Art. 11 e) Staatsrat
Der Staatsrat hat die folgenden Befugnisse: a) Er setzt den für die Hilfe zu Hause geltenden Benützertarif fest. b) Er genehmigt die Vereinbarungen zwischen den Diensten und den Versicherern nach dem Bundesgesetz über die Krankenversicherung. c) Er beschliesst die Höhe der Paus chalentschädigung auf gemeinsamen Vorschlag der Gemeindeverbände. Können sich die Gemeindeverbände nicht auf einen Vorschlag einigen, so werden sie von der Direktion zu einer Versammlung einberufen, damit ein Betrag ausgehandelt wird, der im ganzen Kanton gilt.
Art. 12 Kantonales Dachorgan
1 Die privaten und kommunalen Dienste für Hilfe und Pflege zu Hause bilden einen kantonalen Dachverband.
2 Dieses Dachorgan ist der vorrangige Ansprechpartner der Direktion, namentlich für die Bestimmung der Rahmenbedingungen für den Betrieb der Dienste für Hilfe und Pflege zu Hause.
3. KAPITEL Subventionen und Finanzierung
Art. 13 Pauschalentschädigung
1 Die Gemeinden zahlen die Pauschalentschädigung nach Artikel 4. Die daraus entstehende Finanzlast wird unter den Gemeinden gemäss den Statuten des Verbands verteilt.
2 Die Voraussetzungen für die Gewährung werden im Reglement über die Gewährung der Pauscha lentschädigung festgelegt.
3 Die Pauschalentschädigung kann nicht gekürzt werden, wenn die zu betreuende Person Beiträge einer Privat - oder Sozialversicherung, namentlich eine Hilflosenentschädigung, bezieht. Die Entschädigung kann erhöht werden, insbesond ere um der Schwere der betreuten Fälle Rechnung zu tragen.
4 Für eine Person, die sich um ein behindertes Kind kümmert, entsteht der Anspruch auf die Pauschalentschädigung mit der Geburt des Kindes, sofern die übrigen Kriterien für die Gewährung erfüllt si nd.
Art. 14 Hilfe und Pflege zu Hause und weitere Massnahmen
a) Voraussetzungen
1 Damit die Institutionen des Gesundheitswesens nach den Artikeln 8 Abs. 3 und 10 Bst. d beauftragt werden können, müssen sie die folgenden Voraussetzungen erfüllen: a) Sie müs sen eine Betriebsbewilligung haben. b) Sie bieten sämtliche Leistungen nach Artikel 5 an oder erteilen weitere Massnahmen nach Artikel 6. c) Sie sind nicht gewinnorientiert und können ein überwiegendes öffentliches Interesse nachweisen. d) Sie wenden die v ereinbarten oder festgesetzten Tarife an. e) Sie wenden die von der Direktion festgesetzten Rahmenbedingungen für den Betrieb an. f) Sie entsprechen in Berücksichtigung der kantonalen Gesundheitsplanung dem Bedarf der Bevölkerung auf dem Gebiet der Versorg ung zu Hause.
2
...
Art. 15 b) Leistungsaufträge
Der Leistungsauftrag nennt insbesondere: a) die in Betracht kommenden Leistungen im Einzelnen; b) die abgedeckte Bevölkerung; c) das für die Leistungen eingesetzte Personal; d) die geltenden Rahmenbedingungen; e) die Voraussetzungen für die Subventionierung und die Finanzierung; f) die Geltungsdauer.
Art. 16 c) Subventionen
aa) Hilfe und Pflege zu Hause
1 Der Betriebskostenüberschuss der nach Artikel 8 Abs. 3 beauftragten Dienste wird von den Gemeinden übernommen.
2 Der Staat gewährt den beauftragten Diensten Beiträge an die Kosten des Personals, das die Leistungen nach Artikel 5 ausführt. Der Beitragssatz beträgt 30 %.
3 Die Modalitäten der Beitragsberechnung werden im Ausführungsreglement festgelegt.
Art. 17 bb) Weitere Massnahmen
Für die Institutionen des Gesundheitswesens, die weitere Massnahmen für den Verbleib zu Hause erteilen, gewährt der Staat eine Subvention in Form von Pauschalbeträgen. Die vorgesehenen Beiträge berücksichtigen die im Auftrag festgesetzten Leistungen, das Tätigkeitsvolumen und weitere Elemente, die für die Qualität der Leistungen, die Transparenz und die Eindämmung der Kostenentwi cklung wesentlich sind.
Art. 18 cc) Grenzen
Ausgaben, die die für den Staat geltenden Normen überschreiten, werden nicht subventioniert.
Art. 19 d) Entschädigung des Dachorgans
Der Staat entschädigt das Dachorgan für die ihm nach Artikel 10 Bst. g erteilten Aufträge.
Art. 20 Tarife
Die Tarife der Hilfe zu Hause werden nach dem Einkommen und Vermögen der Leistungsempfängerinnen und - empfänger festgesetzt, so dass deren Beteiligung wirtschaftlich tragbar ist.
4. KAPITEL Rechtsmittel
Art. 21
1 Die Ents cheide der Bezirkskommissionen müssen begründet und der betroffenen Person innerhalb von 90 Tagen seit der Einreichung des Gesuchs schriftlich und unter Angabe der ordentlichen Rechtsmittel und der Frist für deren Ergreifung mitgeteilt werden. Sie können i nnert 30 Tagen seit Mitteilung mit Einsprache bei der Kommission angefochten werden.
2 Die Einspracheentscheide können mit Beschwerde beim Kantonsgericht angefochten werden.
3 Die Entscheide der übrigen Vollzugsbehörden können mit Beschwerde nach dem Geset z über die Verwaltungsrechtspflege angefochten werden.
5. KAPITEL Übergangs - und Schlussbestimmungen
Art. 22 Übergangsbestimmung
Die Gemeinden müssen sich innerhalb von drei Jahren ab dem Inkrafttreten des Gesetzes gemäss den Anforderungen von Artikel 8 Ab s. 1 organisieren.
Art. 23 Aufhebung bisherigen Rechts
Das Gesetz vom 27. September 1990 über die spitalexterne Krankenpflege und die Familienhilfe (SGF 823.1) wird aufgehoben.
Art. 24 Inkrafttreten
Der Staatsrat setzt das Datum des Inkrafttretens dieses G esetzes fest.
1)
1) Datum des Inkrafttretens: 1. Januar 2006 (StRB 25.10.2005).
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