Standeskommissionsbeschluss über das Kantonsgefängnis
Kanton Appenzell Innerrhoden Standeskommissionsbeschluss über das Kantonsgefängnis * vom 4. April 1995 (Stand 16. September 2014) Die Standeskommission des Kantons Appenzell I. Rh., gestützt auf Art. 19 des Einführungsgesetzes zur Schweizerischen Strafpro - zessordnung (EG StPO) vom 26. April 2009, * beschliesst:
I. Allgemeine Bestimmungen
Art. 1 * Vollzugsarten
1 Das Kantonsgefängnis dient in folgender Priorität dem Vollzug von a) Untersuchungshaft inkl. Polizeihaft; b) Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft bzw. Auslieferungshaft; c) Sicherheitshaft; d) Freiheitsstrafen im Rahmen des Strafvollzugs gemäss Schweizeri - schem Strafgesetzbuch; e) militärischem Arrest.
Art. 2 * Geltungsbereich
1 Dieser Beschluss und die darauf beruhenden Erlasse (z.B. Hausordnung) finden auf alle angeführten Vollzugsarten (Art. 1) Anwendung, sofern die Straf- oder Jugendstrafprozessgesetzgebung keine abweichenden Bestim - mungen enthalten.
2 Bei Untersuchungs- und Sicherheitshaft kann die für das Verfahren zustän - dige Person (Verfahrensleiter) 1 ) abweichende Anordnungen treffen.
1) Die Verwendung der männlichen Bezeichnungen gilt sinngemäss für beide Ge - schlechter.
II. Aufsicht und Verwaltung
Art. 3 * Organe
1 Das Justiz-, Polizei- und Militärdepartement übt unter Vorbehalt der Befug - nisse des Verfahrensleiters die Aufsicht und die Organisation über das Kantonsgefängnis aus und trifft die notwendigen organisatorischen Mass - nahmen.
III. Vollzug, Aufnahme, Entlassung
Art. 4 * Vollzugsgrundsätze
1 Das Leben der Gefängnisinsassen ist, soweit möglich, den allgemeinen Lebensverhältnissen anzupassen. Der Vollzug ist insoweit freiheitlich zu ge - stalten, als dadurch nicht die Sicherheit beeinträchtigt oder das Zusammen - leben im Kantonsgefängnis gestört wird. Beschränkungen sollen zur Verfol - gung dieses Zwecks in einem angemessenen Verhältnis stehen.
Art. 5 * Unterbringung
1 Die Gefangenen sind in der Regel in Einzelzellen unterzubringen. Sie kön - nen nur in Gemeinschaftszellen untergebracht werden, wenn der Verfah - rensleiter die Erlaubnis dazu erteilt. Er berücksichtigt dabei die Kollusions- und Fluchtgefahr. Die verschiedenen Vollzugsarten sind getrennt zu vollzie - hen.
Art. 6 * Eintritt
1 Zur Aufnahme eines Gefangenen bedarf es eines rechtskräftigen Urteils, eines Entscheides über den vorzeitigen Strafantritt oder einer Verfügung des Verfahrensleiters.
2 Die Eingewiesenen werden von der Kantonspolizei in Empfang genommen und eingeschlossen.
3 Sie werden vor Antritt der Haft nach ihrem Gesundheitszustand befragt. Im Zweifelsfalle ist ein Arzt (Kantonsarzt oder Pikettarzt) beizuziehen. Der Ver - fahrensleiter ist in solchen Fällen zu benachrichtigen. Es ist eine Kontrolle über den Eintritt, den Austritt, besondere Vorkommnisse sowie die Persona - lien zu führen.
4 Die Gefangenen tragen grundsätzlich ihre eigenen Kleider.
Art. 7 * Leibesvisitation, Arztvisite, Effekten
1 Die Leibesvisitation darf nur vorgenommen werden, wenn der konkrete Verdacht besteht, dass Gegenstände auf dem Körper getragen werden, de - ren Besitz gesetzlich verboten ist oder welche die Sicherheit von Personal und Mitgefangenen sowie das ordentliche Zusammenleben im Kantonsge - fängnis gefährden kann. Diese soll durch eine Person gleichen Geschlechts oder einen Arzt durchgeführt werden. Erfordern es die Umstände, kann die Kantonspolizei eine erweiterte Leibesvisitation durch einen Arzt anordnen.
2 Bei Verdacht auf Drogen- oder Alkoholkonsum können geeignete Tests angeordnet und deren Kosten dem fehlbaren Gefangenen belastet werden. Widersetzlichkeit oder Verweigerung wird disziplinarisch bestraft.
3 Der Arzt überprüft bei Bedarf den Gesundheitszustand der Gefangenen und berät den Verfahrensleiter. Hinsichtlich dieser Beratung ist der Arzt – sofern es für den Betrieb und das Verfahren notwendig ist – von seiner Schweigepflicht entbunden. Die Gefangenen haben über ihren Gesundheits - zustand umfassend Auskunft zu geben und insbesondere ansteckende Krankheiten oder Leiden, die besonderer Behandlung bedürfen, bekanntzu - geben. Dem Verfahrensleiter ist unverzüglich Meldung zu erstatten.
4 Der Gefangene darf lediglich persönliche Effekten, auf die er nicht verzich - ten kann und die keine Gefahr für den Vollzug darstellen, in die Zelle mitneh - men. Über die abgenommenen Gegenstände ist ein Verzeichnis zu führen.
Art. 8 * Körperpflege und Wäsche
1 Die Kantonspolizei sorgt dafür, dass den Gefangenen ausreichend Gele - genheit für die Körperpflege geboten wird. Es sind regelmässig saubere Bettwäsche, Handtücher und Waschlappen sowie Seife zur Verfügung zu stellen.
Art. 9 Besuche
1 Die Bewilligung zum Besuch der Gefangenen erteilt der zuständige Verfah - rensleiter. Dabei ist der verfassungsmässige Minimalanspruch zu beachten. Die Besuchszeiten werden durch den Verfahrensleiter nach Absprache mit der Kantonspolizei bestimmt.
2 Die Besuche werden in der Regel beaufsichtigt. Soweit es nötig erscheint, können die Besucher durchsucht werden. Der Verfahrensleiter und die Kantonspolizei können auf eine Kontrolle verzichten, wenn sie annehmen dürfen, dass ihr Vertrauen nicht missbraucht wird. *
Art. 10 * Briefe und Paketverkehr
1 Ein- und ausgehende Briefe, Pakete, Zeitungen und Bücher etc. unterlie - gen grundsätzlich der Kontrolle der Kantonspolizei bzw. des Verfahrenslei - ters.
2 Sendungen dürfen nicht weitergeleitet werden, soweit sie die Haft oder die Untersuchung gefährden können. Der Entscheid darüber steht dem Verfah - rensleiter zu. Bei Zurückbehaltung ist der Gefangene darüber zu orientieren.
Art. 11 * Radio und Zeitschriften
1 Lautsprecher sind auf Zimmerlautstärke zu beschränken. In der Zeit von
23.00-06.00 Uhr dürfen keinerlei Störungen die Nachtruhe beeinträchtigen.
2 Die Gefangenen können sich mit Zustimmung des Verfahrensleiters auf eigene Kosten Zeitungen oder Zeitschriften zustellen lassen.
Art. 12 * Schweigepflicht
1 Wahrnehmungen über den Inhalt der beaufsichtigten Gespräche und der kontrollierten Sendungen unterliegen dem Amtsgeheimnis.
Art. 13 * Seelsorger
1 Die Gefangenen dürfen auf Wunsch, mit Bewilligung des Verfahrensleiters, von einem Seelsorger betreut werden.
2 Der Seelsorger darf nicht Übermittler zwischen Gefangenen oder Drittper - sonen sein.
Art. 14 * Bewegung im Freien
1 Die Kantonspolizei sorgt dafür, dass die Gefangenen den aus der Bundes - verfassung abgeleiteten Anspruch auf Spaziergang an der frischen Luft er - halten.
2 Die Trennung der Gefangenenkategorien, wie sie für die Unterkunft ange - ordnet ist, gilt auch für die Bewegung im Freien.
3 Fluchtgefährliche Gefangene haben den Spaziergang unter besonderen Si - cherheitsmassnahmen zu absolvieren. Die Gefangenen haben die Anwei - sungen der Beamten zu befolgen. Bei Nichtbefolgen der Anweisungen kann der Spaziergang abgebrochen werden.
Art. 15 Hobby
1 Freizeitbeschäftigungen in der Zelle werden durch den Verfahrensleiter be - willigt, soweit dadurch nicht die Sicherheit oder die Gefängnisordnung ge - fährdet wird. Missbräuchliche Verwendung der abgegebenen Gegenstände ist mit Entzug zu ahnden.
Art. 16 Genussmittel
1 Der Genuss von alkoholischen Getränken oder Drogen ist verboten, eben - so der Konsum von Arzneimitteln, soweit sie nicht durch den Arzt zugelas - sen oder verordnet worden sind.
Art. 17 Entlassung
1 Für die Entlassung aus der Gefangenschaft ist der Verfahrensleiter zustän - dig. Die Entlassung wird durch die Kantonspolizei vollzogen.
Art. 18 Disziplin
1 Das Leben im Kantonsgefängnis erfordert gegenseitige Rücksichtnahme und Disziplin. Die Gefangenen haben sich korrekt und hilfsbereit zu verhal - ten. Sie haben die Anordnungen der Kantonspolizei und des Verfahrenslei - ters zu befolgen. *
2 Widerhandlungen gegen diese Bestimmungen und Weisungen des Perso - nals können durch den Verfahrensleiter disziplinarisch geahndet werden.
Art. 19 Sicherungsmassnahmen
1 Gefangenen, bei denen in erhöhtem Masse Fluchtgefahr oder die Gefahr von Gewaltanwendung gegen sich selbst, gegen Dritte oder Sachen besteht, ist besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Die Kantonspolizei bzw. der Verfahrensleiter kann geeignete Sicherheitsmassnahmen treffen.
2 Als Sicherungsmassnahmen kommen hauptsächlich in Betracht: a) Entzug von Einrichtungs- und Gebrauchsgegenständen oder Klei - dungsstücken, deren Missbrauch zu befürchten ist; b) Beschränkung oder vorübergehender Entzug der Bewegung im Frei - en; c) andere geeignete Massnahmen.
Art. 20 Ergänzende Bestimmungen für Freiheitsstrafen, Strafunterbre -
chung
1 Der Aufenthalt in einem Spital oder einer Psychiatrischen Klinik wird an die Strafzeit nicht angerechnet, wenn der Gefangene die Verbringung oder die Verlängerung des Aufenthaltes im Spital oder in der Klinik arglistig herbeige - führt hat.
2 Wird die Verlegung in ein Spital oder in eine Psychiatrische Klinik wegen Krankheiten oder anderen Ursachen erforderlich, die offenkundig schon vor dem Antritt bestanden haben, entscheidet die zuständige Behörde über die Anrechnung.
3 Ist ein Gefangener nicht oder nicht mehr straferstehungsfähig, entscheidet nach Begutachtung durch den Arzt die zuständige Behörde über die Sistie - rung des Strafvollzuges oder dessen Weiterführung in einer geeigneten An - stalt. Fluchttage gelten als Strafunterbruch.
IV. Rechtsmittel
Art. 21 * ...
V. Inkrafttreten
Art. 22 * Inkrafttreten
1 Dieser Beschluss tritt mit der Annahme durch die Standeskommission in Kraft.
Änderungstabelle – Nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung cGS Publikati - on
04.04.1995 04.04.1995 Erlass Erstfassung -
14.08.2006 14.08.2006 Erlasstitel geändert -
14.08.2006 14.08.2006 Ingress geändert -
14.08.2006 14.08.2006 Art. 1 geändert -
14.08.2006 14.08.2006 Art. 2 geändert -
14.08.2006 14.08.2006 Art. 3 geändert -
14.08.2006 14.08.2006 Art. 4 geändert -
14.08.2006 14.08.2006 Art. 5 geändert -
14.08.2006 14.08.2006 Art. 6 geändert -
14.08.2006 14.08.2006 Art. 7 geändert -
14.08.2006 14.08.2006 Art. 8 geändert -
14.08.2006 14.08.2006 Art. 9 Abs. 2 geändert -
14.08.2006 14.08.2006 Art. 10 geändert -
14.08.2006 14.08.2006 Art. 11 geändert -
14.08.2006 14.08.2006 Art. 12 geändert -
14.08.2006 14.08.2006 Art. 13 geändert -
14.08.2006 14.08.2006 Art. 14 geändert -
14.08.2006 14.08.2006 Art. 18 Abs. 1 geändert -
14.08.2006 14.08.2006 Art. 21 aufgehoben -
14.08.2006 14.08.2006 Art. 22 geändert -
16.09.2014 16.09.2014 Ingress geändert -
16.09.2014 16.09.2014 Art. 1 geändert -
16.09.2014 16.09.2014 Art. 2 geändert -
Änderungstabelle – Nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung cGS Publikati - on Erlass 04.04.1995 04.04.1995 Erstfassung - Erlasstitel 14.08.2006 14.08.2006 geändert - Ingress 14.08.2006 14.08.2006 geändert - Ingress 16.09.2014 16.09.2014 geändert -
Art. 1 14.08.2006 14.08.2006 geändert -
Art. 1 16.09.2014 16.09.2014 geändert -
Art. 2 14.08.2006 14.08.2006 geändert -
Art. 2 16.09.2014 16.09.2014 geändert -
Art. 3 14.08.2006 14.08.2006 geändert -
Art. 4 14.08.2006 14.08.2006 geändert -
Art. 5 14.08.2006 14.08.2006 geändert -
Art. 6 14.08.2006 14.08.2006 geändert -
Art. 7 14.08.2006 14.08.2006 geändert -
Art. 8 14.08.2006 14.08.2006 geändert -
Art. 9 Abs. 2 14.08.2006 14.08.2006 geändert -
Art. 10 14.08.2006 14.08.2006 geändert -
Art. 11 14.08.2006 14.08.2006 geändert -
Art. 12 14.08.2006 14.08.2006 geändert -
Art. 13 14.08.2006 14.08.2006 geändert -
Art. 14 14.08.2006 14.08.2006 geändert -
Art. 18 Abs. 1 14.08.2006 14.08.2006 geändert -
Art. 21 14.08.2006 14.08.2006 aufgehoben -
Art. 22 14.08.2006 14.08.2006 geändert -
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