Vereinbarung über die interkantonalen Polizeieinsätze
1 Vereinbarung über die interkantonalen Polizeieinsätze (IKAPOL) vom 6. April 2006 Die Regierungen der Kantone schliessen, in Ausführung von Artikel 57 der Bundesverfassung
1 ) folgende Verwaltungsvereinbarung ab: I. Allgemeine Bestimmungen, Grundsätze Art. 1. Gegenstand Diese Vereinbarung regelt die Zuständigkeiten, Organisation und Abgel- tungen bei IKAPOL-Einsätzen. Art. 2. Zweck Diese Vereinbarung bezweckt gestraffte, rationelle Verfahren, die Ver- meidung von Doppelspurigkeiten und eine einheitliche, angemessene und vom Solidaritätsgedanken geprägte Entschädigung für IKAPOL-Einsätze sowie eine einfache, einheitliche Berichts-, Budget- und Rechnungsstel- lungsstruktur. Art. 3. Definition Ein IKAPOL-Einsatz im Sinne dieser Vereinbarung liegt vor, wenn ein Kan- ton ein Ereignis oder einen Anlass polizeilich trotz Unterstützung durch Nachbarkantone, durch Konkordatspartner oder bilateral durch einzelne andere Polizeikorps nicht bewältigen kann und deshalb auf zusätzliche Polizeikräfte angewiesen ist. Art. 4. Grundsätze Bei der Organisation, Durchführung und Abgeltung von IKAPOL-Einsätzen gelten folgende Grundsätze a) Die Ablauforganisation und Entscheidprozesse tragen der Polizeihoheit der Kantone Rechnung. b) Die IKAPOL-Einsätze werden nach einheitlichen Verfahren und Rechts- grundlagen abgewickelt und nach Dringlichkeit differenziert. c) Bei jedem IKAPOL-Einsatz bestimmt die Arbeitsgruppe Gesamtschwei- zerische interkantonale Polizeizusammenarbeit (AG GIP), welches Or- gan über die Zuweisung und den Einsatzort der für dieses Ereignis be- reitgestellten, aber nicht dem Kommandanten des Einsatzkantons un- terstellten Kräfte (Polizei, Armee, Grenzwachtkorps) entscheidet. ________________
1 ) SR 101.
2 d) Die Arbeitsgruppe Operationen der Konferenz der kantonalen Polizei- kommandanten der Schweiz (AG OP) teilt die benötigten Polizeimittel prozentual auf die Konkordate und die Kantone Zürich (inklusive Stadt Zürich) und Tessin auf. Die Konkordate entscheiden intern über die Aufteilung der benötigten Kräfte auf ihre Mitglieder. e) IKAPOL-Einsätze sind zeitlich zu begrenzen. f) Personal- und versicherungsrechtlich bleiben die Einsatzkräfte ihrem Stammkorps unterstellt. g) Der Einsatzkanton ist dafür besorgt, dass die einzelnen Polizeikräfte ungefähr gleich lang im Einsatz stehen. h) Bevor ein IKAPOL-Einsatz beantragt wird, hat der Standortkanton bei planbaren Ereignissen mit dem Auftraggeber bzw. dem Veranstalter die finanzielle Abgeltung verbindlich über ein Kostendach, eine Pau- schale oder gemäss den effektiven Aufwendungen zu regeln. i) Bei IKAPOL-Einsätzen zugunsten privater Anlässe werden die Ansätze gemäss dem Gebührentarif des die Einsatzkräfte entsendenden Kan- tons verrechnet, ausser der Bund erklärt den Anlass zu einem ausseror- dentlichen Ereignis. j) Bei Einsätzen zugunsten des Bundes, die mit Kräften innerhalb des Konkordats bewältigt werden können, stellt der Standortkanton dem Bund die Ansätze in Rechnung, die innerhalb des Konkordats gelten. k) Der Standortkanton stellt seine Polizeikräfte nicht in Rechnung. Vor- behalten bleibt die Abgeltung des Bundes bei ausserordentlichen Er- eignissen gestützt auf Art. 4 der BWIS-Abgeltungsverordnung. II. Organisation, Zuständigkeiten, Ablauf Art. 5. Gremien Für die Organisation und Durchführung von IKAPOL-Einsätzen sind fol- gende Gremien massgebend: a) Arbeitsgruppe gesamtschweizerische interkantonale Polizeizusammen- arbeit bei besonderen Ereignissen (AG GIP) b) Arbeitsgruppe Operationen der KKPKS (AG OP) c) Interkantonaler Koordinationsstab (IKKS) Art. 6. AG GIP
1 Die AG GIP koordiniert bei der Bewältigung besonderer Ereignisse die notwendigen interkantonalen politischen Schritte unter Berücksichtigung der gegebenen Zuständigkeiten. Sie hat insbesondere die folgenden Aufgaben: a) politische Lagebeurteilung auf der Basis der Beurteilung der AG OP b) Beschlussfassung zu den Anträgen der AG OP c) Festlegung des organisatorischen Zeitplans d) Erlass von Richtlinien für die Informationsführung e) Klärung von Finanzierungsfragen für den Einsatz f) Veranlassung der Auswertung des Einsatzes
3 g) Entscheid aufgrund der Anträge der AG OP, ob die Voraussetzungen für einen IKAPOL Einsatz erfüllt sind und ob es sich um einen privaten Anlass oder einen Anlass im öffentlichen Interesse handelt; Auslösen des IKAPOL-Einsatzes h) Antragstellung an den Bund um materielle und/oder personelle Unter- stützung aufgrund der eigenen Lageanalyse i) Einladung an die Kantone, Unterstützung zu leisten j) Kenntnisnahme des Einsatzberichts, welchen sie spätestens sechs Mo- nate nach Abschluss eines Einsatzes erhält.
2 Unter dem Vorsitz des Präsidenten der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) gehören der AG GIP die folgenden Funktio- nen und Organe an: a) die Vorsitzenden der vier schweizerischen Polizeikonkordate b) ein bis zwei Vertreter des Bundes c) Regierungsmitglied(er) der vom Ereignis betroffenen Kantone d) Polizeikommandant(en) der betroffenen kantonalen Polizeikorps e) Zuständige Regierungsmitglieder der Kantone Zürich und Tessin und der Stadt Zürich f) Präsident der KKPKS. Je nach Lage können weitere Vertreter und Experten beigezogen werden. Art. 7. AG OP
1 Die AG OP ist beratendes, antragstellendes, koordinierendes und unter- stützendes Organ für die Bewältigung von Grossereignissen. Sie hat weder Weisungsrecht noch operative Führungsverantwortung. Sie hat insbesondere die folgenden ereignisbezogenen Aufgaben: a) Lagebeurteilung aus operativer Sicht b) Definition der erforderlichen personellen und materiellen Mittel c) Koordination der Bereitstellung dieser Mittel d) Erarbeitung der Grundlagen für die zu beantragenden politischen Entscheide e) Prüfung der Gesuche der Konkordate und der Kantone Zürich und Tessin um IKAPOL-Einsätze f) Bereitstellung der Entscheidgrundlagen g) allfällige Rückweisung der Gesuche zur Ergänzung h) Antragstellung an die AG GIP bezüglich benötigte Kräfte und Vorge- hen i) Unterstützung des einsatzführenden Korps beim Erstellen des Operati- onsplans j) Definition der Zusammensetzung und Führung des IKKS k) Sicherstellung des dauernden Informationsaustausches mit dem Ein- satzkanton oder den Einsatzkantonen l) Orientierung der Mitglieder der KKPKS sowie im Bedarfsfall des Präsi- denten KKJPD über die Ergebnisse ihrer Aktivitäten.
2 Unter dem Vorsitz des Präsidenten der KKPKS gehören der AG OP die folgenden Funktionen und Organe an: a) Die polizeilichen Konkordatspräsidenten der vier Konkordate b) Vertreter des Bundesamtes für Polizei (fedpol)
4 c) Kommandant/en des/der betroffenen Polizeikorps d) Polizeikommandanten der Kantone Zürich und Tessin sowie der Stadt Zürich Je nach Lage kann die AG OP mit Vertretern weiterer Organisationen wie Grenzwachtkorps, VBS etc. sowie mit Kommandanten weiterer städtischer Polizeikorps ergänzt werden. Art. 8. IKKS
1 Der IKKS entscheidet über den Einsatz derjenigen Kräfte des Bundes, der Kantone und der Städte, die nicht dem jeweiligen Einsat zkanton angehö- ren oder von diesem freigestellt werden können. Grundsätzlich ist der IKKS dem Kommandanten des einsatzführenden Kantons zu unterstellen. Sind mehrere Kantone vom Einsatz betroffen, so wird seine Unterstellung im Einzelfall auf Antrag der AG OP durch die AG GIP bestimmt. Die AG GIP unterstellt den IKKS entweder einem der einsatzführenden Kantone oder aber der AG OP, wobei diesfalls die AG OP während des Einsatzes tatsäch- lich verfügbar sein muss, um die entsprechenden Entscheide fällen zu können.
2 Die KKPKS erlässt für den IKKS eine Musterstabsordnung.
3 Der Standardstabsorganisation gehören im Normalfall an: a) der Stabschef b) ein bis zwei Führungsgehilfen c) je ein Vertreter der Polizeikonkordate d) je ein Vertreter der Korps der Kantone Zürich und Tessin sowie der Stadt Zürich e) ein Vertreter des Bundes Nach Bedarf wird der Stab mit Vertretern weiterer Organisationen wie Armee, Grenzwachtkorps, SBB etc. ergänzt.
4 Der Stabschef IKKS wird auf Antrag der Einsatzleitung durch die AG OP bestimmt. Die weiteren Stabsangehörigen werden durch ihre Korps bzw. Organisationen bestimmt. Art. 9. Abläufe
1 Sobald ein planbares oder unvorhergesehenes Grossereignis bekannt wird, orientiert der in erster Linie betroffene Kanton den Präsidenten der KKPKS, unter dessen Leitung die AG OP zusammentritt. Die Kantone re- geln selber, wer innerhalb des Kantons und wann mit dem Antrag für einen IKAPOL-Einsatz an das Konkordat gelangt.
2 einsatz. Kommt es dabei zum Schluss, dass die Kräfte innerhalb des Kon- kordats selber und trotz bilateraler Unterstützung durch andere Korps nicht ausreichen, stellt es Antrag an die AG OP.
3 Bei nichtvorhersehbaren Grossereignissen wie beispielsweise Katastro- phen grossen Ausmasses, die mehrere Kantone betreffen, bildet sich aus der AG GIP und der AG OP der polizeiliche Krisenstab, der sich zu einer sofortigen Lagebeurteilung und Beschlussfassung trifft. Dieser polizeiliche Krisenstab bildet den Ansprechpartner für die kantonale und die nationale Katastrophenorganisation.
5 III. Finanzielles Art. 10. Entschädigungen für IKAPOL-Einsätze.
1 IKAPOL-Einsätze werden den Kantonen, die Polizeikräfte zur Verfügung stellen, mit Fr. 600.- pro Einsatzkraft und 24 Stunden, beginnend ab Abrei- se im Stammkorps und endend bei Ankunft im Stammkorps, entschädigt. Die Art des Dienstes – Einsatz, Bereitschaft, Ruhe – spielt keine Rolle. Es gilt der angebrochene Tag.
2 Zugunsten des IKAPOL-Einsatzkantons auf Pikett gesetzte Einsatzkräfte im Stammkorps, die innerhalb von 24 Stunden im Einsatzraum eintreffen müssen, werden pro angebrochenen Tag mit Fr. 200.- pro Einsatzkraft entschädigt. Vorbereitungen inklusive die einsatzorientierte Ausbildung vor einem Einsatz werden nicht verrechnet.
3 Hilfeleistungen von Konkordaten unter sich und bilaterale Unterstützung für Ereignisse, die direkt oder indirekt mit dem IKAPOL-Einsatz-Ereignis zusammenhängen, sind von diesen Konkordaten bzw. Kantonen zu tra- gen. Art. 11. Private Anlässe
1 Bei IKAPOL-Einsätzen zugunsten privater Anlässe werden die Ansätze gemäss dem Gebührentarif des die Einsatzkräfte entsendenden Kantons verrechnet.
2 Für die vom Bund als ausserordentliches Ereignis gestützt auf Art. 4 der BWIS-Abgeltungsverordnung deklarierten Anlässe gelten die IKAPOL- Ansätze. Art. 12. Territorialprinzip
1 Für die IKAPOL-Einsätze ist derjenige Kanton kostenpflichtig, auf dessen Territorium die IKAPOL-Kräfte eingesetzt oder zu seinen Gunsten auf Reserve gestellt werden.
2 Beginnt ein IKAPOL-Einsatz im einen Kanton und endet in einem andern, so trägt derjenige Kanton die Kosten, in dem der Einsatz begonnen hat. Art. 13. Übrige Aufwendungen, Spesen Transport- und Fahrzeugkosten werden nach den Ansätzen des zu unter- stützenden Kantons verrechnet, welcher auch Unterkunft und Verpfle- gung übernimmt. Materialkosten können verrechnet werden. IV. Schlussbestimmungen Art. 14. Inkrafttreten Diese Vereinbarung tritt in Kraft, sobald alle Kantone ihren Beitritt erklärt Der Beitritt ist der KKJPD mitzuteilen. Diese teilt das Inkrafttreten dem Bund mit.
6 Art. 15. Änderungen
1 Auf Antrag eines Kantons leitet die KKJPD umgehend eine Teil- oder Totalrevision der Vereinbarung ein.
2 Die Änderung tritt in Kraft, sobald ihr alle Kantone zugestimmt haben. Art. 16. Geltungsdauer, Kündigung
1 Die Vereinbarung gilt unbefristet.
2 Sie kann mit einer Frist von zwei Jahren auf das Ende jeden Jahres durch Mitteilung an die KKJPD gekündigt werden, frühestens auf das Ende des
10. Jahres seit Inkrafttreten.
3 Die Kündigung eines Kantons beendet die Vereinbarung. Art. 17. Aufhebung der geltenden Verwaltungsvereinbarung Mit Inkrafttreten dieser Vereinbarung wird die geltende Verwaltungsver- einbarung vom 5. April 1979 über die Kosten interkantonaler Polizeiein- sätze gemäss Artikel 16 der Bundesverfassung
1 ) aufgehoben. Die Plenarversammlung der KKJPD stellte am 9. November 2006 das Zu- standekommen der IKAPOL-Vereinbarung fest. Inkrafttreten am 9. November 2006. ________________
1 )AS 1 1.
Feedback