Niederlassungsvertrag zwischen der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein (0.142.115.141)
CH - Schweizer Bundesrecht

Niederlassungsvertrag zwischen der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein

Abgeschlossen am 6. Juli 1874 Von der Bundesversammlung genehmigt am 14. November 1874² Ratifikationsurkunden ausgetauscht am 29. Dezember 1874 In Kraft getreten am 29. Januar 1875 ¹ BS 11 173; BBl 1874 III 169 ² AS 1 451
Die Schweizerische Eidgenossenschaft einerseits und Seine Durchlaucht der regierende Fürst Johann von und zu Liechtenstein andererseits,
sind in der Absicht, die Bedingungen für die Niederlassung der Angehörigen der Schweiz im Fürstentum Liechtenstein und der Angehörigen dieses Fürstentums in der Schweiz im gegenseitigen Einverständnis zu regeln, übereingekommen, zu diesem Zwecke eine Vertrag abzuschliessen, und haben zu ihren Bevoll­mächtigten ernannt, nämlich:
(Es folgen die Namen der Bevollmächtigten)
welche nach Austausch ihrer in gehöriger Form befundenen Vollmachten sich, vorbehältlich der beiderseitigen Ratifikation, über folgende Artikel geeinigt haben:
Art. I ³
Die Schweiz gewährt den Angehörigen des Fürstentums Liechtenstein, unter den Artikel II angeführten Bedingungen, das Recht, sich in der Schweiz zeitweilig aufzuhalten oder dauernd niederzulassen, Grundeigentum zu erwerben oder zu veräus­sern, auch jedes Gewerbe, dessen Ausübung überhaupt gestattet ist, auf eigene Rechnung zu betreiben oder betreiben zu lassen, ohne zu dem Eintritte in den Staats- oder Gemeindeverband genötigt und ohne anderen als den für die Schweizerbürger geltenden Lasten unterworfen zu sein.
Andererseits gewährt das Fürstentum Liechtenstein den Angehörigen der Schweiz, unter den nämlichen Bedingungen, das Recht, sich im Fürstentum zeitweilig aufzuhalten oder dauernd niederzulassen, Grundeigentum zu erwerben oder zu veräus­sern, auch jedes Gewerbe, dessen Ausübung überhaupt gestattet ist, auf eigene Rechnung zu betreiben oder betreiben zu lassen, ohne zu dem Eintritte in den Staats- oder Gemeindeverband genötigt und ohne anderen als den für die Angehörigen des Fürstentums Liechtenstein geltenden Lasten unterworfen zu sein.
³ Für die fremdenpolizeiliche Behandlung der Liechtensteiner in der Schweiz und der Schweizer in Liechtenstein siehe heute die Vereinb. vom 6. Nov. 1963 zwischen der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein über die fremdenpolizeiliche Rechtsstellung der beiderseitigen Staatsangehörigen im andern Vertragsstaat ( SR 0.142.115.142 ) und den Notenaustausch vom 19. Okt. 1981 über die teilweise Suspendierung von Art. 3 der genannten Vereinbarungen ( SR 0.142.115.142.1 )
Art. II ⁴
Zur Erlangung des Niederlassungsrechtes sind beiderseits erforderlich: Die Hinter­legung eines Heimatscheines oder einer andern gleichbedeutenden Ausweisschrift und eines Zeugnisses, wodurch von den zuständigen Heimatsbehörden des Nach­suchenden bescheinigt wird, dass derselben einen guten Leumund geniessen und die Mittel zu seiner und seiner Familie Erhaltung besitze.
⁴ Für die fremdenpolizeiliche Behandlung der Liechtensteiner in der Schweiz und der Schweizer in Liechtenstein siehe heute die Vereinb. vom 6. Nov. 1963 zwischen der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein über die fremdenpolizeiliche Rechtsstellung der beiderseitigen Staatsangehörigen im andern Vertragsstaat ( SR 0.142.115.142 ) und den Notenaustausch vom 19. Okt. 1981 über die teilweise Suspendierung von Art. 3 der genannten Vereinbarungen ( SR 0.142.115.142.1 )
Art. III
Jeder der vertragenden Teile verpflichtet sich, seine Angehörigen, wenn ihnen im anderen vertragenden Teile das Niederlassungsrecht entzogen wird, wieder zu übernehmen, wenn dieselben nicht in einem anderen Staate ein Bürgerrecht erwarben und aus ihrem Heimatstaate in gehöriger Form entlassen wurden.
Art. IV
Die beiderseitigen Angehörigen bleiben hinsichtlich der Militärpflicht den Gesetzen des Heimatstaates unterworfen. In dem Staate der Niederlassung sind sie von allen hierauf bezügliche Leistungen befreit.
Art. V
Die schweizerischen Eigentümer oder Bebauer von Grundstücken im Fürstentum Liechtenstein und umgekehrt die liechtensteinischen Eigentümer oder Bebauer von Grundstücken in der Schweiz geniessen in bezug auf die Bewirtschaftung ihrer erworbenen oder benutzten Güter die nämlichen Vorteile wie die am gleichen Orte wohnenden Inländer, sind jedoch den nämlichen Lasten und Steuern ihrer Liegenschaften wie die Landesangehörigen unterworfen, und haben sich wie diese den geltenden Verwaltungs– oder Polizeiverordnungen zu unterziehen.
Art. VI
Der gegenwärtige Vertrag soll einen Monat nach dem Austausche der Ratifikationsurkunde in Kraft treten und während eines Zeitraumes von zehn Jahren in Kraft bleiben.
Im Falle keiner der vertragenden Teile zwölf Monate vor dem Ablaufe des gedachten Zeitraumes seine Absicht, die Wirksamkeit des Vertrages aufhören zu lassen, kundgegeben haben wird, so bleibt derselbe in Geltung bis zum Ablaufe eines Jahres von dem Tage ab, an welchem der eine oder andere der vertragenden Teile denselben gekündigt haben wird.
Die Ratifikationsurkunde über den gegenwärtigen Vertrag sobald als möglich nach beiderseits erfolgter Ratifikation ausgetauscht werden.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten denselben unterzeichnet und ihr Siegel beigedruckt.
So geschehen zu Wien, am 6. Juli 1874.

von Tschudi

Hampe

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