Vereinbarung zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung des Fürst... (0.360.514.23)
CH - Schweizer Bundesrecht

Vereinbarung zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung des Fürstentums Liechtenstein über die polizeiliche Zusammenarbeit im Grenzraum

Abgeschlossen am 3. Dezember 2008 Vorläufig angewendet ab 12. Dezember 2008¹ In Kraft getreten am 19. Dezember 2011² (Stand am 1. Januar 2022) ¹ AS 2009 977 ² Mit dem Rahmenvertrag, aufgrund der Notifikation Liechtensteins vom 13. Dez. 2011 und der schweizerischen Notifikation vom 23. Nov. 2009, sowie des Inkrafttretens des Schengen-Besitzstands für beide Vertragsparteien (für Liechtenstein am 19. Dez. 2011).
Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung des Fürstentums Liechtenstein,
In Ausführung von Artikel 2 und 16 des Rahmenvertrages vom 3. Dezember 2008³ zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft (nachstehend «Schweiz» genannt) und dem Fürstentum Liechtenstein (nachstehend «Liechtenstein» genannt) betreffend die Zusammenarbeit im Bereich des Visumverfahrens, der Einreise und des Aufenthalts sowie über die polizeiliche Zusammenarbeit im Grenzraum,
sind wie folgt übereingekommen:
³ SR 0.360.514.2
Art. 1 Zweck und Gegenstand
Diese Vereinbarung regelt die Zusammenarbeit zwischen der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV)⁴, der liechtensteinischen Landespolizei und dem liechtensteinischen Ausländer- und Passamt (APA). Sie legt insbesondere den polizeilichen Auftrag der EZV auf dem Staatsgebiet Liechtensteins und die an diese übertragenen Polizeibefugnisse näher fest.
⁴ Seit 1. Jan.2022: Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (siehe AS 2021 589 ).
Art. 2 Ausübung polizeilicher Befugnisse
1.  Die Übergabe von Personen und Waren an die liechtensteinische Landespolizei erfolgt bei einer Grenzdienststelle der EZV in Liechtenstein.
2.  Für die Rapportierung von polizeilichen Tatbeständen an die liechtensteinischen Behörden verwendet die EZV ihre eigenen Formulare. Sie stellt sicher, dass in diesen die von Liechtenstein verlangten Angaben enthalten sind.
3.  Die EZV setzt auf liechtensteinischem Staatsgebiet nur eigenes Personal ein. Ausnahmen bedürfen der Zustimmung Liechtensteins.
4.  Die EZV übt die ihr übertragenen polizeilichen Befugnisse an der Grenze so aus, dass der Verkehr möglichst wenig beeinträchtigt wird. Bei Kontrollen wird eine flüssige Verkehrsabwicklung angestrebt (rollender Verkehr), indem die einer Überprüfung zu unterziehenden Fahrzeuge grundsätzlich aus der Fahrspur hinausgewiesen werden.
5.  In Anwendung von Artikel 14 Absatz 1 letzter Satz, des Rahmenvertrages vereinbaren der Chef der Landespolizei beziehungsweise der Leiter des APA mit dem zuständigen Kommandanten der EZV die Delegation der erforderlichen Kompetenzen und Massnahmen sowie die Organisation der Abläufe für die im Anhang aufgeführten Bereiche.
Art. 3 Gemeinsame Kontrollen
Beim Einsatz im Rahmen gemeinsamer Kontrollen dürfen die Angehörigen der EZV dieselben sicherheitspolizeilichen Aufgaben ausüben wie die Angehörigen der Landespolizei. Sie verfügen dabei über die gleichen Befugnisse nach liechtensteinischem Recht, soweit dies zur Erfüllung der Aufgabe erforderlich ist.
Art. 4 Koordination der Einsätze
1.  Das Kommando der Landespolizei und das zuständige Kommando der EZV koordinieren sich bei der Prioritätensetzung im Rahmen ihrer Einsatzplanung.
2.  Die Fahrzeuge der EZV und der Landespolizei werden in den Einsatzzentralen gegenseitig sichtbar gemacht. Wo dies nicht möglich ist, erfolgt, soweit erforderlich, die gegenseitige Information über die Standorte der Einsatzmittel über Funk, Telefon oder auf andere geeignete Weise.
Art. 5 Informationsaustausch
1.  Die Landespolizei und die EZV tauschen Lageanalysen und Erkenntnisse aus, die für die Erfüllung der gemeinsamen Aufgaben im Bereich der inneren Sicherheit von Belang sind.
2.  Für die Feststellung der Identität von Personen erteilt die Landespolizei der EZV auf Ersuchen Auskunft aus der Zentralen Personenverwaltung.
3.  Als Datensammlung im Sinne von Artikel 17 Absatz 3 des Rahmenvertrages, auf welche die EZV auf Antrag Zugriff erhält, gelten namentlich die liechtensteinischen Fahndungsdatenbank, das Ausländerregister und das Motorfahrzeugregister.
4.  Die Landespolizei und die EZV nutzen für die Kommunikation zwischen ihren Einsatzkräften soweit zweckmässig das Funknetz Polycom.
Art. 6 Unterstützung zur Gefahrenabwehr
1.  Die Landespolizei und die EZV unterstützen sich bei dringendem Bedarf gegenseitig bei der Erfüllung ihrer Aufgaben und treffen die notwendigen Massnahmen zur Gefahrenabwehr.
2.  Im Falle einer Alarmfahndung setzt die EZV die verfügbaren Ressourcen an den Grenzübergängen an der liechtensteinisch-österreichischen Grenze nach taktischen Gesichtspunkten ein.
Art. 7 Ausbildung
Wo dies sinnvoll ist und den Bedürfnissen entspricht, werden Ausbildungsmassnahmen gemeinsam durchgeführt.
Art. 8 Vorübergehende Wiedereinführung der Grenzkontrollen
1.  Werden die Grenzkontrollen vorübergehend wiedereingeführt, so gelten beim Grenzübertritt über die liechtensteinisch-österreichische Grenze die gleichen Vorschriften wie im Grenzverkehr zwischen der Schweiz und den benachbarten Ländern.
2.  Die Schweiz bezeichnet nach Absprache mit den liechtensteinischen Behörden die zulässigen Grenzübergänge.
3.  Schweizerische Staatsangehörige sind zum Grenzübertritt über die liechtensteinisch-österreichische Grenze berechtigt, wenn sie den Nachweis des Bürgerrechts erbringen. Das gleiche gilt für den Grenzübertritt liechtensteinischer Staatsangehöriger über die Grenze zwischen der Schweiz und Drittstaaten.
Art. 9 Haftung
1.  Für Schäden haftet jene Partei, die sie verursacht.
2.  Für Schäden, die Angehörige von Polizei oder der EZV bei der Zusammenarbeit auf Ersuchen der andern Partei verursachen, haftet die ersuchende Partei, sofern kein grobes Verschulden vorliegt.
Art. 10 Geltungsdauer und Inkrafttreten
1.  Diese Vereinbarung wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.
2.  Jede Vertragspartei kann die Vereinbarung unter Einhaltung einer Frist von zwölf Monaten auf Ende eines Kalenderjahres kündigen.
3.  Diese Vereinbarung tritt gleichzeitig mit dem Rahmenvertrag in Kraft.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten diese Vereinbarung mit ihren Unterschriften versehen.
Geschehen in Bern, in doppelter Ausfertigung in deutscher Sprache, am 3. Dezember 2008.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

Eveline Widmer-Schlumpf

Für die
Regierung des Fürstentums Liechtenstein:

Otmar Hasler

Anhang

(Art. 2 Abs. 1)

An der liechtensteinisch-österreichischen Binnengrenze werden folgende Bereiche nach Artikel 2 Absatz 1 geregelt:

Personen-, Sach- und Fahrzeugfahndung
Ripol- Ausschreibung
1. Aufenthaltsnachforschung: Nichtanmeldung
2. Aufenthaltsnachforschung: Zustellung einer Verfügung
3. Aufenthaltsnachforschung: Bussen- und Kosteninkasso
4. Verhaftsbefehl: Bussenumwandlung/Bussen- und Kosteninkasso
Ausländergesetzgebung
1. Einreiseverbot/Ausweisung
2. Grenzübertritt von Ausländern bei der Einreise ohne gültiges Visum/Grenz­übertrittspapier
3. Rechtswidriger Aufenthalt
4. Grenzgänger: Ausübung unbewilligte unselbständige Erwerbstätigkeit ohne Grenzgängerbewilligung
5. Dienstleistungserbringer aus EU/EFTA: Selbständigerwerbender
6. Entsandter Arbeitnehmer aus EU/EFTA Staaten
7. Wiedereinreise mit Ausländerausweis N, F oder S
8. Rücküberstellung/Rückübernahme von Personen
9. Formlose Wegweisung
10. Erteilung eines Laisser passer bei Notlagen an der Grenze resp. Grenzraum
Strassenverkehrsrecht auf den Zollamtsplätzen
1. ausgewählte SVG⁵-Widerhandlungen nach Ordnungsbussengesetz⁶
2. Beanstandungsrapporte
3. Radarwarngeräte
Inkasso von Bussen und Geldstrafen
Barmittelkontrollen
⁵ Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 ( SR 741.01 ).
⁶ Ordnungsbussengesetz vom 24. Juni 1970 ( SR 741.03 ).

Im Grenzraum werden folgende Bereiche nach Artikel 2 Absatz 1 geregelt:

Personen-, Sach- und Fahrzeugfahndung
Ripol- Ausschreibung
1. Aufenthaltsnachforschung: Nichtanmeldung
2. Aufenthaltsnachforschung: Zustellung einer Verfügung
3. Aufenthaltsnachforschung: Bussen- und Kosteninkasso
4. Verhaftsbefehl: Bussenumwandlung/Bussen- und Kosteninkasso
Ausländergesetzgebung
1. Einreiseverbot/Ausweisung
2. Grenzübertritt von Ausländern bei der Einreise ohne gültiges Visum/Grenz­übertrittspapier
3. Rechtswidriger Aufenthalt
4. Grenzgänger: Ausübung unbewilligte unselbständige Erwerbstätigkeit ohne Grenzgängerbewilligung
5. Dienstleistungserbringer aus EU/EFTA: Selbständigerwerbender
6. Entsandter Arbeitnehmer aus EU/EFTA Staaten
7. Wiedereinreise mit Ausländerausweis N, F oder S
8. Rücküberstellung/Rückübernahme von Personen
9. Formlose Wegweisung
10. Erteilung eines Laisser passer bei Notlagen an der Grenze resp. Grenzraum
Inkasso von Bussen
Barmittelkontrollen
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