Vereinbarung mit Italien betreffend militärische Arbeiten im Simplontunnel
Abgeschlossen durch Notenaustausch am 17. November/26. Dezember 1908 ¹ Der Originaltext findet sich unter der gleichen Nummer in der französischen Ausgabe dieser Sammlung.
Art. 1
Dem Personal der Zivil‑ und Militärverwaltungen, das die Italienische Regierung mit dem Studium, der Vorbereitung und der Ausführung der militärischen Verteidigungswerke beauftragt, wird auf unbeschränkte Zeit gestattet, in der auf italienischem Gebiet gelegenen Strecke des Simplontunnels bis zur politischen Grenze sowie am Südeingang dieses Tunnels frei zu verkehren und sich dort aufzuhalten. Es wird auch gestattet, im italienischen Teile des Tunnels an Werkzeugen, Material usw. usw. niederzulegen, was zu den erwähnten Studien und Arbeiten erforderlich sein könnte. Diese Depots sind so anzulegen, dass dadurch der Bahnbetrieb in keiner Weise gestört wird.
Art. 2
Das in Artikel 1 erwähnte italienische Personal wird durch die Italienische Regierung mit einer speziellen, vom Kriegsminister oder, in dessen Auftrag, vom Generalstabschef der Armee oder vom Kommandanten des I. Armeekorps unterzeichneten Ausweiskarte versehen werden.
Diese Ausweiskarte ist persönlich für das mit dem Studium, der Leitung, der Überwachung und der Rechnungsführung der Arbeiten betraute Personal; sie kann kollektiv ausgestellt werden für die an diesen Werken beschäftigten Arbeiter. Die Arbeiter, die sich in den Tunnel begeben, müssen jedoch stets von einem verantwortlichen Aufseher begleitet sein, der im Besitze einer persönlichen Ausweiskarte ist.
Die Ausweiskarten gelten für das laufende Jahr und können erneuert werden.
Sie sind auf Verlangen den dem Bahnbetrieb vorstehenden Beamten vorzuweisen.
Mit Rücksicht auf das durch Artikel 6 der Übereinkunft vom 16. Mai 1903² der Italienischen Regierung eingeräumte Recht, das Geheimnis namentlich mit Bezug auf die Art der in Frage stehenden Arbeiten zu wahren, dürfen die schweizerischen Beamten unter keinen Umständen das italienische Personal bei seinen Gängen oder Verrichtungen im Innern des Tunnels begleiten oder ihm folgen, es sei denn, dass sie vom italienischen Personal ausdrücklich dazu aufgefordert würden.
² SR 0.742.140.23 . Die Bestimmungen dieses Art. sind als Abs. 4 und 5 in Art. 7 des Staatsvertrages vom 25. Nov. 1895 zwischen der Schweiz und Italien betreffend den Bau und Betrieb einer Eisenbahn durch den Simplon von Brig nach Domodossola ( SR 0.742.140.21 ) eingefügt.
Art. 3
Die Schweizerische Regierung und die Verwaltung der Schweizerischen Bundesbahnen haften nicht für Unfälle, welche irgendeiner Person zustossen könnten, die sich, mit der in den vorhergehenden Bestimmungen vorgeschriebenen Ausweiskarte versehen, in den Tunnel begeben und dort aufgehalten hätte, es sei denn, dass der Unfall absichtlich oder aus Fahrlässigkeit von einem schweizerischen Beamten verursacht worden wäre.
Art. 4
Die von Italien ausgeführten militärischen Werke müssen sich nach den Bedürfnissen des Betriebes und der Sicherheit desselben richten und dürfen den ordentlichen Bahnbewachungs‑ und Unterhaltsdienst nicht beeinträchtigen. Unter diesem Vorbehalt behält die Italienische Regierung mit Bezug auf den Zeitpunkt, die Art der Ausführung, die Ausdehnung und die Lage der Verteidigungswerke im Innern des Tunnels und am Südeingange desselben ihre volle Aktionsfreiheit.
Der italienische Staat haftet der Schweizerischen Regierung und der Verwaltung der Schweizerischen Bundesbahnen für alle Unfälle und Schäden, die aus der Erstellung dieser Werke während der Bauperiode oder nachher entstehen könnten.
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