Interkantonale Vereinbarung zur Harmonisierung von Ausbildungsbeiträgen (415.20)
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Interkantonale Vereinbarung zur Harmonisierung von Ausbildungsbeiträgen

1 Interkantonale Vereinbarung zur Harmonisierung von Ausbildungs- beiträgen vom 18. Juni 2009 I. Zweck und Grundsätze

Art. 1 Vereinbarungszweck

Die Vereinbarung fördert die gesamtschweizerische H armonisierung von A usbildungsbeiträgen auf der Sekundarstufe II und au f der Tertiärstufe, insbe sondere durch a) die Festlegung von Mindestvoraussetzungen bezügl ich der beitragsbe- rechtigten Ausbildungen, der Form, der Höhe und der Bemessung sowie der Dauer der Beitragsberechtigung; b) die Definition des stipendienrechtlichen Wohnsit zes und c) die Zusammenarbeit unter den Vereinbarungskanton en und mit dem Bund.

Art. 2 Wirkungsziele von Ausbildungsbeiträgen

Mit der Gewährung von Ausbildungsbeiträgen soll das Bildungspotenzial auf gesamtschweizerischer Ebene besser genutzt werden. Insbesondere sollen a) die Chancengleichheit gefördert; b) der Zugang zur Bildung erleichtert; c) die Existenzsicherung während der Ausbildung unt erstützt; d) die freie Wahl der Ausbildung und der Ausbildung sstätte gewährleistet und e) die Mobilität gefördert werden.

Art. 3 Subsidiarität der Leistung

Ausbildungsbeiträge werden ausgerichtet, wenn die f inanzielle Leistungsfä- higkeit der betroffenen Person, ihrer Eltern und an derer gesetzlich Verpflich- teter oder die entsprechenden Leistungen anderer Dr itter nicht ausreichen.
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Art. 4 Zusammenarbeit

1 Im Hinblick auf die angestrebte Harmonisierung der Ausbildungsbeiträge fördern die Vereinbarungskantone im Bereich der Aus bildungsbeiträge die Zusammenarbeit sowie den Informations- und Erfahrun gsaustausch unterei- nander, mit dem Bund und mit schweizerischen Gremie n.
2 Die Vereinbarungskantone leisten sich gegenseitig A mtshilfe. II. Beitragsberechtigung

Art. 5 Beitragsberechtigte Personen

1 Beitragsberechtigte Personen sind: a) Personen mit schweizerischem Bürgerrecht und Woh nsitz in der Schweiz, unter Vorbehalt von lit. b; b) Schweizer Bürgerinnen und Bürger, deren Eltern i m Ausland leben oder die elternlos im Ausland leben, für Ausbildungen in der Schweiz, sofern sie an ihrem ausländischen Wohnsitz wegen fehlender Zuständigkeit nicht beitragsberechtigt sind; c) Personen mit ausländischem Bürgerrecht, die über eine Niederlassungs- bewilligung verfügen oder seit fünf Jahren in der S chweiz aufenthaltsbe- rechtigt sind und über eine Aufenthaltsbewilligung verfügen; d) in der Schweiz wohnhafte und von ihr anerkannte Flüchtlinge und Staa- tenlose; e) Bürgerinnen und Bürger von EU-/EFTA-Mitgliedstaa ten, soweit sie ge- mäss dem Freizügigkeitsabkommen
1) bzw. dem EFTA-Übereinkommen
2) zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den EU-/EFTA- Mitgliedstaaten in der Frage der Stipendien und Stu diendarlehen den Schweizer Bürgerinnen und Bürger gleichgestellt sin und Bürger aus Staaten, mit denen entsprechende int ernationale Ab- kommen geschlossen wurden.
2 Personen, die sich ausschliesslich zu Ausbildungszw ecken in der Schweiz aufhalten, sind nicht beitragsberechtigt.
3 Ein Gesuch um die Gewährung von Ausbildungsbeiträg en ist in demjeni- gen Kanton zu stellen, in welchem die Person in Aus bildung den stipendien- rechtlichen Wohnsitz hat.
1) SR 0142.112.681
2) SR 0.632.31
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Art. 6 Stipendienrechtlicher Wohnsitz

1 Als stipendienrechtlicher Wohnsitz gilt a) unter Vorbehalt von lit. d der zivilrechtliche W ohnsitz der Eltern oder der Sitz der zuletzt zuständigen Vormundschaftsbehörde; b) unter Vorbehalt von lit. d für Schweizer Bürgeri nnen und Bürger, deren Eltern nicht in der Schweiz Wohnsitz haben oder die elternlos im Ausland wohnen: der Heimatkanton; c) unter Vorbehalt von lit. d der zivilrechtliche W ohnsitz für mündige, von der Schweiz anerkannte Flüchtlinge und Staatenlose, der en Eltern im Aus- land Wohnsitz haben oder die verwaist sind; für Flü chtlinge gilt diese Re- gel, wenn sie dem betreffenden Vereinbarungskanton zur Betreuung zu- gewiesen sind; sowie d) der Wohnortskanton für mündige Personen, die nac h Abschluss einer ersten berufsbefähigenden Ausbildung und vor Beginn der Ausbildung, für die sie Stipendien oder Studiendarlehen beanspruche n, während mindes- tens zwei Jahren in diesem Kanton wohnhaft und dort auf Grund eigener Erwerbstätigkeit finanziell unabhängig waren.
2 Bei Eltern mit zivilrechtlichem Wohnsitz in versch iedenen Kantonen ist der Wohnsitz des/der bisherigen oder letzten Inhabers/I nhaberin der elterlichen Sorge massgebend oder, bei gemeinsamer elterlicher Sorge, der Wohnsitz desjenigen Elternteils, unter dessen Obhut die Pers on in Ausbildung haupt- sächlich steht oder zuletzt stand. Begründen die El tern ihren Wohnsitz in verschiedenen Kantonen erst nach Mündigkeit der ges uchstellenden Per- son, ist der Kanton desjenigen Elternteils zuständi g, bei welchem sich diese hauptsächlich aufhält.
3 Bei mehreren Heimatkantonen gilt das zuletzt erwor bene Bürgerrecht.
4 Der einmal begründete stipendienrechtliche Wohnsit z bleibt bis zum Er- werb eines neuen bestehen.

Art. 7 Eigene Erwerbstätigkeit

1 Vier Jahre finanzielle Unabhängigkeit durch eigene Erwerbstätigkeit ent- spricht einer abgeschlossenen ersten berufsbefähige nden Ausbildung.
2 Als Erwerbstätigkeit gelten auch das Führen eines eigenen Haushaltes mit Unmündigen oder Pflegebedürftigen, Militär- und Ziv ildienst sowie Arbeitslo- sigkeit.
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Art. 8 Beitragsberechtigte Ausbildungen

1 Beitragsberechtigt sind zumindest folgende Lehr- u nd Studienangebote, wenn sie gemäss Art. 9 anerkannt sind: a) die für das angestrebte Berufsziel verlangte Aus bildung auf der Sekun- darstufe II und auf der Tertiärstufe; b) die für die Ausbildung obligatorischen studienvo rbereitenden Massnah- men auf der Sekundarstufe II und auf der Tertiärstu fe sowie Passerellen und Brückenangebote.
2 Die Beitragsberechtigung endet: a) auf der Tertiärstufe A mit dem Abschluss eines B achelor- oder eines darauf aufbauenden Masterstudiums; b) auf der Tertiärstufe B mit der eidgenössischen B erufsprüfung und der eidgenössischen höheren Fachprüfung sowie mit dem D iplom einer höhe- ren Fachschule.
3 Ein Hochschulstudium, das auf einen Abschluss auf der Tertiärstufe B folgt, ist ebenfalls beitragsberechtigt.

Art. 9 Anerkannte Ausbildungen

1 Ausbildungen gelten als anerkannt, wenn sie zu ein em vom Bund oder von den Vereinbarungskantonen schweizerisch anerkannten Abschluss führen.
2 Ausbildungen, die auf einen von Bund oder Kantonen anerkannten Ab- schluss vorbereiten, können von den Vereinbarungska ntonen anerkannt werden.
3 Die Vereinbarungskantone können für sich weitere A usbildungen als bei- tragsberechtigt bezeichnen.

Art. 10 Erst- und Zweitausbildung, Weiterbildungen

1 Ausbildungsbeiträge werden mindestens für die erst e beitragsberechtigte Ausbildung entrichtet.
2 Die Vereinbarungskantone können für Zweitausbildun gen und Weiterbil- dungen ebenfalls Ausbildungsbeiträge entrichten.
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Art. 11 Voraussetzungen in Bezug auf die Ausbildung

Die Voraussetzung für die Beitragsberechtigung erfü llt, wer die Aufnahme- und Promotionsbestimmungen hinsichtlich des Ausbild ungsganges nach- weislich erfüllt. III. Ausbildungsbeiträge

Art. 12 Form der Ausbildungsbeiträge und Alterslimite

1 Ausbildungsbeiträge sind a) Stipendien: einmalige oder wiederkehrende Geldle istungen, die für die Ausbildung ausgerichtet werden und nicht zurückzuza hlen sind; b) Darlehen: einmalige oder wiederkehrende Geldleis tungen, die für die Ausbildung ausgerichtet werden und die zurückzuzahl en sind.
2 Für den Bezug von Stipendien können die Kantone ei ne Alterslimite festle- gen. Die Alterslimite darf 35 Jahre bei Beginn der Ausbildung nicht unter- schreiten.
3 Die Kantone sind frei bei der Festlegung einer Alt erslimite für Darlehen.

Art. 13 Dauer der Beitragsberechtigung

1 Die Ausrichtung von Ausbildungsbeiträgen erfolgt f ür die Dauer der Ausbil- dung; bei mehrjährigen Ausbildungsgängen besteht de r Anspruch bis zwei Semester über die Regelstudiendauer hinaus.
2 Der Anspruch auf Ausbildungsbeiträge geht bei eine m einmaligen Wechsel der Ausbildung nicht verloren. Die Dauer der Beitra gsberechtigung richtet sich grundsätzlich nach der neuen Ausbildung, wobei die Kantone bei der Berechnung der entsprechenden Beitragsdauer die Zei t der ersten Ausbil- dung in Abzug bringen können.

Art. 14 Freie Wahl von Studienrichtung und Studienort

1 Die freie Wahl von anerkannten Ausbildungen darf i m Rahmen der Ausrich- tung von Ausbildungsbeiträgen nicht eingeschränkt w erden.
2 Bei Ausbildungen im Ausland wird vorausgesetzt, da ss die Person in Aus- bildung die Aufnahmebedingungen für eine gleichwert ige Ausbildung in der Schweiz grundsätzlich auch erfüllen würde.
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3 Ist die frei gewählte anerkannte Ausbildung nicht die kostengünstigste, kann ein angemessener Abzug gemacht werden. Dabei s ind aber mindes- tens jene persönlichen Kosten zu berücksichtigen, d ie auch bei der kosten- günstigsten Lösung anfallen würden.

Art. 15 Höchstansätze für Ausbildungsbeiträge

1 Die jährlichen Höchstansätze der Ausbildungsbeiträ ge betragen
12 000.–; b) für Personen in Ausbildungen auf der Tertiärstuf e mindestens CHF
16 000.–.
2 Die jährlichen Höchstansätze gemäss Abs. 1 erhöhen sich bei Personen in Ausbildung, die gegenüber Kindern unterhaltspflicht ig sind, um CHF 4 000.– pro Kind.
3 Die Höchstansätze können von der Konferenz der Ver einbarungskantone an die Teuerung angepasst werden.
4 Für Ausbildungen auf der Tertiärstufe können Stipe ndien teilweise durch Darlehen ersetzt werden (Splitting), wobei der Stip endienanteil mindestens zwei Drittel des Ausbildungsbeitrages ausmachen sol l.
5 In der Gestaltung der Ausbildungsbeiträge, die übe r die Höchstansätze hinausgehen, sind die Kantone frei.

Art. 16 Besondere Ausbildungsstruktur

1 Zeitlich und inhaltlich besonders ausgestalteten S tudiengängen ist bei der Ausrichtung von Stipendien und Studiendarlehen im E inzelfall gebührend Rechnung zu tragen.
2 Wenn die Ausbildung aus sozialen, familiären oder gesundheitlichen Grün- den als Teilzeitstudium absolviert werden muss, ist die beitragsberechtigte Studienzeit entsprechend zu verlängern. IV. Bemessung der Beiträge

Art. 17 Bemessungsgrundsatz

Ausbildungsbeiträge stellen einen Beitrag an den fi nanziellen Bedarf der Person in Ausbildung dar.
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Art. 18 Berechnung des finanziellen Bedarfs

1 Der finanzielle Bedarf umfasst die für Lebenshaltu ng und Ausbildung not- wendigen Kosten, sofern und soweit diese Kosten die zumutbare Eigenleis- tung und die zumutbare Fremdleistung der Eltern, an derer gesetzlich Ver- pflichteter oder anderer Dritter übersteigen. Die V ereinbarungskantone legen den finanziellen Bedarf unter Berücksichtigung der folgenden Grundsätze fest: a) Budget der Person in Ausbildung: Anrechenbar sin d Ausbildungs- und Lebenshaltungskosten sowie eventuelle Mietkosten. D er Person in Aus- bildung kann eine minimale Eigenleistung angerechne t werden. Zudem können vorhandenes Vermögen oder ein allfälliger Le hrlingslohn ange- rechnet werden. Bei der Ausgestaltung der Eigenleis tung ist der Struktur der Ausbildung Rechnung zu tragen. b) Familienbudget: als Fremdleistung darf höchstens jener Einkommensteil angerechnet werden, der den Grundbedarf der beitrag leistenden Person oder ihrer Familie übersteigt.
2 Für die Berechnung des finanziellen Bedarfs sind P auschalierungen zuläs- sig, bei der Festlegung des Grundbedarfes der Famil ie dürfen die vom jewei- ligen Kanton anerkannten Richtwerte nicht unterschr itten werden.
3 Der gemäss den Absätzen 1 und 2 berechnete finanzi elle Bedarf kann auf Grund eines allfälligen Zusatzverdienstes der Perso n in Ausbildung gekürzt werden, wenn die Summe der Ausbildungsbeiträge und der übrigen Ein- nahmen die anerkannten Kosten für Ausbildung und Le benshaltung am Studienort übersteigen.

Art. 19 Teilweise elternunabhängige Berechnung

Auf die Anrechnung der zumutbaren Leistungen der El tern kann teilweise verzichtet werden, wenn die Person in Ausbildung da s 25. Altersjahr vollen- det und eine erste berufsbefähigende Ausbildung abg eschlossen hat sowie vor Beginn der neuen Ausbildung zwei Jahre durch ei gene Erwerbstätigkeit finanziell unabhängig war. V. Vollzug
1 Die Konferenz der Vereinbarungskantone setzt sich aus je einer Vertretung der Kantone zusammen, die der Vereinbarung beigetre ten sind. Sie
8 a) überprüft regelmässig die Höchstansätze für Ausb ildungsbeiträge gemäss

Art. 15 und passt sie gegebenenfalls an die Teuerun g an;

b) erlässt Empfehlungen für die Berechnung der Ausb ildungsbeiträge.
2 Für die Anpassung der Höchstansätze an die Teuerun g bedarf es einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder der Konfe renz der Vereinbarungs- kantone.

Art. 21 Geschäftsstelle

1 Das Generalsekretariat der Schweizerischen Konfere nz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) ist Geschäftsstelle der Vereinbarung.
2 Der Geschäftsstelle obliegen insbesondere folgende Aufgaben: a) die Information der Vereinbarungskantone; b) die Überprüfung und Ausarbeitung von Vorschlägen für die Anpassung der Höchstansätze für Ausbildungsbeiträge sowie die Vorbereitung der übrigen Geschäfte der Konferenz der Vereinbarungska ntone und c) andere laufende Vollzugsaufgaben.
3 Die Kosten der Geschäftsstelle für den Vollzug die ser Vereinbarung wer- den von den Vereinbarungskantonen nach Massgabe der Einwohnerzahl getragen.

Art. 22 Schiedsinstanz

1 Für allfällige sich aus der Anwendung oder Auslegu ng dieser Vereinbarung ergebende Streitigkeiten zwischen den Vereinbarungs kantonen wird ein Schiedsgericht eingesetzt.
2 Dieses setzt sich aus drei Mitgliedern zusammen, w elche durch die Partei- en bestimmt werden. Können sich die Parteien nicht einigen, so wird das Schiedsgericht durch den Vorstand der EDK bestimmt.
3 Die Bestimmungen des Konkordates über die Schiedsg erichtsbarkeit vom
27. März 1969
1) finden Anwendung.
4 Das Schiedsgericht entscheidet endgültig.
1) SR 279
9 VI. Übergangs- und Schlussbestimmungen

Art. 23 Beitritt

Der Beitritt zu dieser Vereinbarung wird dem Vorsta nd der EDK gegenüber erklärt.

Art. 24 Austritt

Der Austritt aus der Vereinbarung muss dem Vorstand der EDK gegenüber erklärt werden. Er tritt in Kraft auf Ende des drit ten der Austrittserklärung folgenden Kalenderjahres.

Art. 25 Umsetzungsfrist

Die Vereinbarungskantone sind verpflichtet, die Anp assung des kantonalen Rechts innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten der Vereinbarung bezie- hungsweise für Vereinbarungskantone, welche die Ver einbarung zwei Jahre nach deren Inkrafttreten unterzeichnen, innerhalb v on drei Jahren nach der Unterzeichnung, vorzunehmen.

Art. 26 Inkrafttreten

1 Der Vorstand der EDK setzt die Vereinbarung in Kraf t, wenn ihr mindestens zehn Kantone beigetreten sind.
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Art. 8 Abs. 2 lit. b wird vom Vorstand der EDK erst in Kraft gesetzt, nach-

dem und soweit von der Plenarversammlung der EDK ei ne interkantonale Vereinbarung über Beiträge an die höhere Berufsbild ung verabschiedet worden ist.
3 Das Inkrafttreten ist dem Bund zur Kenntnis zu gebe n.
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