Vereinbarung über die rechtliche Stellung der Europäischen Investitionsbank in der Schweiz
Abgeschlossen am 24. März 1972 Von der Bundesversammlung genehmigt am 27. September 1972¹ Schweizerische Ratifikation mitgeteilt am 14. November 1972 In Kraft getreten mit Wirkung ab 1. August 1971 (Stand am 1. Juli 1974) ¹ AS 1972 2764
Der Schweizerische Bundesrat und die Europäische Investitionsbank,
mit vorläufigem Sitz in Luxemburg, haben die folgende Vereinbarung abgeschlossen, um die rechtliche Stellung der Bank und ihrer Beamten in der Schweiz festzulegen.
Titel I Rechtspersönlichkeit
Art. 1
Der Schweizerische Bundesrat anerkennt die internationale Rechtspersönlichkeit und die Handlungsfähigkeit der Europäischen Investitionsbank.
Titel II Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte
Art. 2
Die Bank untersteht der Gerichtsbarkeit der schweizerischen Gerichte nur in den Fällen und unter Beobachtung der Bestimmungen, die in diesem Titel enthalten sind.
Art. 3
Gerichtliche Schritte können in der Schweiz gegen die Bank unternommen werden, falls sie
i) ein Büro in der Schweiz besitzt, oder
ii) eine Adresse. angegeben hat für die Entgegennahme von gerichtlichen Urkunden und amtlichen Mitteilungen, oder
iii) Wertpapiere in der Schweiz ausgegeben oder garantiert hat.
Art. 4
Die Mitgliedstaaten der Bank oder Personen, die im Namen dieser Staaten handeln oder Rechte von ihnen ableiten, können indessen keine gerichtlichen Schritte gegen die Bank unternehmen.
Art. 5
Die Vermögenswerte der Bank unterliegen keiner Art von Beschlagnahme, Mündung oder Zwangsvollstreckung, solange nicht ein rechtskräftiges gerichtliches Urteil gegen die Bank vorliegt.
Titel III Geschäfte
Art. 6
Die Bank kann in der Schweiz alle in ihrer Satzung vorgesehenen Geschäfte tätigen, jedoch nur unter Vorbehalt der Genehmigung der Schweizerischen Nationalbank, die einzuholen ist,
i) bevor sie auf dem schweizerischen Markt eine Anleihe auflegt,
ii) bevor sie eine auf dem schweizerischen Markt aufgelegte Anleihe garantiert,
iii) bevor sie Titel kauft oder verkauft, die von ihr in der Schweiz ausgegeben oder garantiert wurden oder in denen sie Kapital angelegt hat.
Titel IV Vermögenswerte und Guthaben
Art. 7
Die Vermögenswerte und Guthaben der Bank, wo immer sie sich befinden und wer immer sie besitzen möge, können nicht Gegenstand von Haussuchungen, Einziehungen, Requisitionen, Enteignungen oder irgendeiner anderen vom Gesetzgeber oder von der Verwaltung angeordneten Zwangsmassnahme sein.
Art. 8
Die Archive der Bank sind unverletzlich.
Art. 9
Soweit es für die Durchführung der in der Satzung vorgesehenen Geschäfte nötig ist und unter Vorbehalt der Bestimmungen der vorliegenden Vereinbarung sind alle Vermögenswerte der Bank von Beschränkungen, Reglementierungen, Kontrollen und Moratorien irgendwelcher Natur befreit.
Titel V Steuerrechtliche Stellung
Art. 10
Für die Festübernahme und die Plazierung von Obligationen (einschliesslich Notes) der Europäischen Investitionsbank durch schweizerische Banken ist je eine ganze Umsatzabgabe zum Satz für die von einem Inländer ausgegebenen Obligationen (gegenwärtig je 1 Promille des Entgelts) geschuldet. Diese Regelung gilt mit Wirkung für alle ab 1. Juli 19 74 ausgegebenen Obligationen.²
Die Bank ist von Stempelsteuern auf Zeitdepositen³ bei schweizerischen Bankunternehmen und von der Verrechnungssteuer auf den Einkünften aus in der Schweiz plazierten Kapitalien befreit; sie hat die Entlastung durch Antrag auf Rückerstattung der auf sie überwälzten Steuern bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung geltend zu machen.
Werden der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und der Interamerikanischen Entwicklungsbank weitergehende steuerliche Vergünstigungen eingeräumt, so gelangt auch die Europäische Investitionsbank in deren Genuss.
² Fassung gemäss Briefwechsel vom 8./10. Dez. 1975 zwischen der Schweizerischen Mission bei den Europäischen Gemeinschaften in Brüssel und der Europäischen Investitionsbank in Luxemburg ( AS 1976 184 ).
³ Die Stempelsteuer auf Zeitdepositen wird nicht mehr erhoben (Art. 1 des BG vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben – SR 641.10 ).
Titel VI Die Beamten der Bank
Art. 11
Die Beamten der Bank unterstehen für die in dienstlicher Eigenschaft vorgenommenen Handlungen, mit Einschluss des gesprochenen und geschriebenen Wortes, nicht der schweizerischen Gerichtsbarkeit.
Titel VII Beilegung von Streitigkeiten
Art. 12
Alle zwischen der Bank und dem Schweizerischen Bundesrat entstehenden Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung oder Anwendung der vorliegenden Vereinbarung oder jeder zusätzlichen Abmachung, die nicht auf dem Verhandlungswege geregelt werden können, werden einem Kollegium von drei Schiedsrichtern zum Entscheid unterbreitet. Der erste dieser Schiedsrichter wird vom Schweizerischen Bundesrat ernannt, der zweite von der Bank und der Vorsitzende vom Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes, es sei denn, die Parteien kämen überein, für die Regelung eines bestimmten Falles ein anderes Verfahren vorzuziehen.
Schlussbestimmungen
Art. 13
Die vorliegende Vereinbarung wird namens des Schweizerischen Bundesrates unter Vorberhalt der Ratifikation unterzeichnet.
Sie wird mit dem Datum der Ratifikation, rückwirkend auf den 1. August 1971 in Kraft treten.
Sie kann von jeder Partei auf ein Jahr gekündigt werden.
Geschehen in Bern, am 24. März 1972, in je zwei französischen und deutschen Anfertigungen, die gleichermassen verbindlich sind.
Für den | Für die |
Paul R. Jolles | Yves Le Portz |
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