Gegenseitigkeitserklärung (0.211.213.232.1)
CH - Schweizer Bundesrecht

Gegenseitigkeitserklärung

zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft (nachfolgend «Schweiz») und der Regierung der Provinz Manitoba (nachfolgend «Manitoba») im Bereich der Anerkennung, Vollstreckung, Schaffung und Abänderung von Unterhaltsverpflichtungen Abgeschlossen am 5. Juni 2003 In Kraft getreten am 5. Juni 2003 (Stand am 17. August 2004)
In Erwägung, dass die Schweiz und Manitoba die Anerkennung und Vollstreckung ihrer jeweiligen Unterhaltsentscheidungen und vollstreckbaren Unterhaltsvereinbarungen sowie die Schaffung und Abänderung von vollstreckbaren Unterhaltsverpflichtungen zwischen Parteien, die auf ihrem Gebiet ansässig sind, weitestmöglich erleichtern möchten;
in Anbetracht dessen, dass das Schweizerische Zivilgesetzbuch und das Bundes­gesetz über das Internationale Privatrecht grundsätzlich mit den einschlägigen Rechtsvorschriften von Manitoba übereinstimmen;
erklären sie zu diesem Zweck:
1.  Manitoba gibt eine Erklärung ab, dass die Schweiz gemäss The Inter-jurisdic ­tional Support Orders Act als Gegenseitigkeitsstaat («reciprocating jurisdiction») gilt.
2.  Die Schweiz unternimmt alle erforderlichen Schritte, um dem vorliegenden Instrument hinsichtlich Manitoba Wirkung zu verleihen.
3.  Nach Erfüllung der Ziffern 1 und 2 übernehmen Manitoba und die Schweiz nach Bedarf die in den nachfolgenden Ziffern beschriebenen Aufgaben eines «ersu-chenden Staats» oder eines «ersuchten Staats».
4.  Die vorliegende Gegenseitigkeitserklärung, die mit der Erfüllung der Ziffern 1 und 2 begründet wird, ist anwendbar auf Urteile sowie auf Entscheidungen betreffend Vergleiche, die eine Gerichts- oder Verwaltungsbehörde in Bezug auf eine Unterhaltsverpflichtung aus einer Familienbeziehung, Elternschaft, Ehe oder durch Heirat begründeten Verwandtschaft erlassen hat, einschliesslich einer Unterhaltsverpflichtung gegenüber einem unehelichem Kind.
Die Gegenseitigkeitserklärung schliesst auch Entscheidungen ein, die in Verfahren in Bezug auf die gerichtliche Trennung, Scheidung, Aufhebung oder Nichtigkeits­erklärung einer Ehe erlassen wurden.
5.  Auch eine öffentlich-rechtliche Körperschaft kann die Anerkennung und Vollstreckung einer Unterhaltsentscheidung beantragen, sofern sie nach dem Recht, dem sie untersteht, dazu ermächtigt ist.
6.  Sieht eine Unterhaltsentscheidung regelmässig wiederkehrende Unterhaltszahlungen vor, wird die Vollstreckung in Bezug auf Rückstände und in Bezug auf künftige Zahlungen gewährt.
7.  Die Behörden der Schweiz und von Manitoba arbeiten zusammen, um den Indexklauseln, die in anerkannten und vollstreckten Unterhaltsentscheidungen ent­halten sind, Wirkung zu verleihen.

Die Schweiz als «ersuchender Staat» und Manitoba als «ersuchter Staat»

8.  Die Schweiz kann beantragen, dass Manitoba die erforderlichen rechtlichen und verfahrensrechtlichen Schritte unternimmt, um eine schweizerische Unterhaltsentscheidung oder vollstreckbare Unterhaltsvereinbarung nach den Rechtsvorschriften von Manitoba über die Registrierung und Vollstreckung von ausländischen Unterhaltsverpflichtungen zu registrieren und zu vollstrecken.
9.  Die Schweiz kann zudem beantragen, dass Manitoba Schritte einleitet, um in Manitoba - in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften von Manitoba über den Erlass oder die Abänderung von Unterhaltsverpflichtungen zwischen verschiedenen Gerichtsbarkeiten - eine Unterhaltsentscheidung zu Gunsten eines in der Schweiz ansässigen Anspruchstellers oder einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft im Sinne von Ziffer 5 zu erlassen oder um eine Unterhaltsentscheidung oder -ver­einbarung abzuändern, sofern die andere Partei im Verfahren in Manitoba ansässig ist.

Manitoba als «ersuchender Staat» und die Schweiz als «ersuchter Staat»

10.  Manitoba kann beantragen, dass die Schweiz die erforderlichen rechtlichen und verfahrensrechtlichen Schritte unternimmt, um eine Unterhaltsentscheidung oder vollstreckbare Unterhaltsvereinbarung von Manitoba nach den schweizerischen Rechtsvorschriften über die Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Unterhaltsverpflichtungen zu anerkennen und zu vollstrecken.
11.  Manitoba kann zudem beantragen, dass die Schweiz Amtshilfe leistet, damit eine in Manitoba ansässige Person Schritte einleiten kann, um in der Schweiz – gemäss dem anzuwendenden Recht nach den schweizerischen Regeln zur Bestimmung des anwendbaren Rechts – einen vollstreckbaren Unterhaltsvergleich oder eine Unterhaltsentscheidung zu Gunsten einer in Manitoba ansässigen Person zu erlangen oder um eine Unterhaltsentscheidung oder ‑vereinbarung abzuändern, sofern die andere Partei im Verfahren in der Schweiz ansässig ist. Stellt Manitoba ein entsprechendes Gesuch, leistet die Schweiz analog den Bestimmungen des New Yorker Übereinkommens vom 20. Juni 1956¹ über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland Amtshilfe als «Empfangsstelle», als ob Manitoba gemäss diesem Übereinkommen eine «Übermittlungsstelle» wäre.
¹ SR 0.274.15

Gegenseitige Rechts- und Amtshilfe

12.  Für die Erfüllung der Zusammenarbeitsverpflichtungen aus dieser Gegenseitig-keitserklärung sind die folgenden Behörden zuständig, die auch als Übermittlungs- und Empfangsstellen für die gegenseitigen Gesuche zur Verfügung stehen:
– in der Schweiz: Bundesamt für Justiz,
– in Manitoba: Family Law Branch, Manitoba Justice.
Allfällige Änderungen der zuständigen Behörde werden dem anderen Staat unverzüglich mitgeteilt.
13.  Manitoba und die Schweiz gewähren Rechts- und Amtshilfe in Bezug auf die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsverpflichtungen, ohne dass der im ersuchenden Staat ansässigen Person daraus Kosten entstehen.
14.  Als ersuchte Staaten erleichtern Manitoba und die Schweiz je gemäss ihren einschlägigen Rechtsvorschriften der im ersuchenden Staat ansässigen Person, die in der jeweiligen Gerichtsbarkeit eine Unterhaltsverpflichtung zu erlangen oder abzuändern versucht, den Zugang zur unentgeltlichen Rechtspflege. Falls abgeklärt werden muss, ob aus finanzieller Sicht Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege besteht, benachrichtigt der ersuchte Staat den ersuchenden Staat über das entsprechende Verfahren und die Unterlagen, die für diese Abklärung notwendig sind.
15.  Stellt die Schweiz ein Gesuch nach Ziffer 8 oder 9, reicht sie die von Manitoba verlangten Unterlagen gemäss den Vorgaben ein, die Manitoba in gewissen Abständen festlegt.
16.  Nach Erhalt eines Gesuchs nach Ziffer 8 oder 9 aus der Schweiz unternimmt Manitoba die erforderlichen rechtlichen und verwaltungstechnischen Schritte, um dem Gesuch in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften von Manitoba nach­zukommen, und informiert die Schweiz über den Stand des Verfahrens.
17.  Stellt Manitoba ein Gesuch nach Ziffer 10 oder 11, sind die von der Schweiz verlangten Unterlagen gemäss den Vorgaben einzureichen, die die Schweiz in gewissen Abständen festlegt.
18.  Nach Erhalt eines Gesuchs nach Ziffer 10 und 11 unternimmt die Schweiz die erforderlichen rechtlichen und verwaltungstechnischen Schritte, um dem Gesuch in Übereinstimmung mit den schweizerischen Rechtsvorschriften nachzukommen, und informiert Manitoba über den Stand des Verfahrens.

Für den Schweizerischen Bundesrat:

Andreas Baum

Für die Regierung
der Provinz Manitoba:

Gord Mackintosh

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