Niederlassungsabkommen zwischen der Schweiz und Rumänien (0.142.116.631)
CH - Schweizer Bundesrecht

Niederlassungsabkommen zwischen der Schweiz und Rumänien

Abgeschlossen am 19. Juli 1933 Von der Bundesversammlung genehmigt am 14. Oktober 1933³ Ratifikationsurkunden ausgetauscht am 25. Juli 1934 In Kraft getreten am 25. August 1934 ¹ BS 11 743; BBl 1933 II 134 ² Der Originaltext findet sich unter der gleichen Nummer in der französischen Ausgabe dieser Sammlung. ³ AS 50 617
Der Schweizerische Bundesrat und das Königreich Rumänien,
von dem Wunsche geleitet, die Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu fördern,
haben beschlossen, ein Niederlassungsabkommen zu treffen, und haben zu diesem Zwecke zu ihren Bevollmächtigten ernannt:
(Es folgen die Namen der Bevollmächtigten)
die nach gegenseitiger Mitteilung ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Voll­machten folgende Artikel vereinbart haben:
Art. 1
Die Staatsangehörigen eines jeden der vertragschliessenden Teile haben auf dem Gebiete des andern Teils, unter Vorbehalt der dort gegenwärtig oder künftig geltenden Gesetze und Verordnungen, das Recht, sich frei niederzulassen, aufzuhalten und zu bewegen.
Die Bestimmungen dieses Abkommens schliessen nicht das Recht eines jeden der vertragschliessenden Teile aus, durch Massnahmen allgemeiner Art oder im Einzelfall die Einwanderung in sein Gebiet zu beschränken.
Hinsichtlich der Abgaben und Lasten irgendwelcher Art sollen die Staatsangehörigen der beiden Teile die Behandlung der meistbegünstigten Nation erfahren, unter Vorbehalt der Aufenthaltstaxen, wofür beide Teile sich freie Hand vorbehalten.
Art. 2
Unter Beobachtung der geltenden Gesetze und Verordnungen sollen die Staatsangehörigen eines jeden der vertragschliessenden Teile, die zum Aufenthalt auf dem Gebiete des andern Teils zugelassen sind, in allen Stücken hinsichtlich der Ausübung ihres Gewerbes oder Berufes, des Betriebs von Handels‑ und Industrieunternehmungen, des erlaubten Handels und Verkehrs auf gleichem Fusse behandelt werden wie die Angehörigen der meistbegünstigten Nation. Sie haben dafür keine andern oder höhern Steuern, Abgaben oder Lasten irgendwelcher Art zu entrichten oder zu tragen als die Angehörigen der meistbegünstigten Nation⁴.
Jedoch behalten sich die vertragschliessenden Teile freie Hand vor hinsichtlich des Hausierhandels, der Wandergewerbe und des Aufsuchens von Warenbestellungen bei Personen, die weder Gewerbe noch Handel betreiben.
⁴ Siehe auch das Abk. vom 25. Okt. 1993 zwischen der Schweizerischen Eidgenossen­schaft und Rumänien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen ( SR 0.672.966.31 ).
Art. 3
Die Staatsangehörigen jedes vertragschliessenden Teils haben das Recht, auf dem Gebiete des andern Teils im gleichen Umfang wie die Angehörigen der meist­begünstigten Nation unter Beobachtung der Landesgesetze jede Art von beweg­lichem und unbeweglichem Vermögen zu erwerben und zu veräussern, zu besitzen, zu mieten und innezuhaben. Sie können insbesondere darüber durch Verkauf, Tausch, Schenkung, letztwillige Verfügung oder auf jede andere Weise verfügen sowie auf Grund gesetzlicher Erbfolge, durch Zuwendung unter Lebenden oder durch letztwillige Verfügung in Besitz davon gelangen. In keinem der vorerwähnten Fälle unterliegen sie andern oder höhern Lasten, Steuern oder Abgaben unter irgendwelcher Bezeichnung als den jeweilen für die Angehörigen der meistbegünstigten Nation bestehenden.
Unter Beobachtung der Landesgesetze können die Angehörigen jedes vertragschlies­senden Teils den Erlös aus dem Verkauf ihres Eigentums und ihrer Vermögenswerte überhaupt ausführen, ohne dafür andere oder höhere Abgaben bezahlen zu müssen, als die Angehörigen der meistbegünstigten Nation im gleichen Fall zu entrichten haben.
Art. 4
Unter Beobachtung der Landesgesetze und Verordnungen sollen die Angehörigen eines jeden der vertragschliessenden Teile in Ansehung ihrer Person und ihres Vermögens vollständigen Schutz und völlige Sicherheit geniessen. Sie haben sowohl als Kläger wie als Beklagte freien Zutritt zu allen Gerichts‑ und Verwaltungsstellen, und es kommen ihnen überhaupt hinsichtlich alles dessen, was sich auf die Rechtspflege bezieht, die nämlichen Rechte und Vorrechte zu wie den Inländern und den Angehörigen der meistbegünstigten Nation. Sie sind in jedem Falle befugt, nach den Landesgesetzen hierzu gehörig ermächtigte Anwälte oder Vertreter für die Wahrnehmung ihrer Interessen selbst zu wählen.
Art. 5
In keinem Falle sollen in den Häusern, Fabriken oder irgendwelchen andern Lokalen im Besitze der Staatsangehörigen eines jeden der vertragschliessenden Teile, die im Gebiete des andern Teils niedergelassen sind, Haussuchungen, eine Nachprüfung oder Durchsicht ihrer Bücher, Papiere oder Rechnungen vorgenommen werden, anders als unter den von den geltenden Gesetzen und Verordnungen für die Inländer vorgeschriebenen Bedingungen und Formen.
Art. 6
Die rumänischen Staatsangehörigen in der Schweiz und die schweizerischen Staatsangehörigen in Rumänien dürfen hinsichtlich von Massnahmen zur Enteignung zu öffentlichem Nutzen oder im allgemeinen Interesse keiner ungünstigeren Behandlung unterworfen werden als die eigenen Staatsangehörigen, noch darf diese Behandlung ungünstiger sein als die der Angehörigen irgendeines dritten Landes.
Art. 7
Die Staatsangehörigen eines jeden der vertragschliessenden Teile sind in Friedens‑ und in Kriegszeiten auf dem Gebiet des andern Teils vom Militärdienst jeder Art und von jeder Geld- oder Naturalleistung an Stelle des persönlichen Dienstes befreit. Sie sind der Teilnahme an allen Zwangsanleihen und Zwangsabgaben enthoben.
In Friedens‑ und Kriegszeiten sind sie nur zu denjenigen das unbewegliche und bewegliche Vermögen betreffenden militärischen Leistungen und Requisitionen verhalten, die den Angehörigen der meistbegünstigten Nationen auferlegt sind, und zwar in dem gleichen Umfange und nach den nämlichen Grundsätzen wie diese letztern und stets nur gegen eine gerechte Entschädigung. Auf keinen Fall sollen sie andern oder grösseren Leistungen oder Requisitionen unterworfen werden als die Inländer.
Die Angehörigen eines jeden der vertragschliessenden Teile sind von allen richter­lichen oder administrativen Ämtern und Verrichtungen jeder Art befreit.
Art. 8
Auf keinen Fall sollen die Staatsangehörigen eines jeden der vertragschliessenden Teile anderen oder höheren Steuern, Gebühren oder Abgaben irgendwelcher Art unterliegen als die Inländer.⁵
Sollten sich jedoch zwischen den vertragschliessenden Teilen Fälle von Doppel­besteuerung ergeben, so können sie Vergünstigungen, die von einem von ihnen durch ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mit einem dritten Staate vereinbart sind, nicht in Anspruch nehmen.
⁵ Siehe Fussn. zu Art. 2.
Art. 9
Die Aktiengesellschaften und die andern Handels‑, Industrie‑, Landwirtschafts‑, Finanz‑, Versicherungs‑, Verkehrs‑ und Transportgesellschaften, die ihren Sitz auf dem Gebiete des einen vertragschliessenden Teils haben und dort gemäss den Landesgesetzen errichtet worden sind, werden im Gebiete des andern rechtlich anerkannt. Sie haben dort freien Zutritt zu den Gerichten und können sowohl als Kläger wie als Beklagte vor Gericht auftreten.
Die Zulassung der genannten Gesellschaften zur Ausübung ihres Handels oder ihrer Industrie auf dem Gebiete des andern vertragschliessenden Teils richtet sich nach den jeweilen in diesem Gebiet geltenden Gesetzen und Vorschriften.
Die Tätigkeit, welche die unter der Gesetzgebung des einen vertragschliessenden Teils gegründeten Gesellschaften auf dem Gebiet des andern ausüben, unterliegt den Gesetzen und Verordnungen des letztern.
Die genannten Gesellschaften haben auf dem Gebiete des andern Teils infolge der Ausübung ihres Handels oder ihrer Industrie keine andern oder höhern Steuern, Gebühren oder Abgaben zu entrichten als die inländischen Gesellschaften.
Diese Gesellschaften können im Rahmen und nach Massgabe der im Lande geltenden Gesetzgebung jede Art von beweglichem und unbeweglichem Vermögen erwerben.
Unter Vorbehalt des in Artikel 8 Absatz 2 festgelegten Grundsatzes sollen die vorerwähnten Gesellschaften in jeder Beziehung die gleiche Behandlung geniessen, die jeweilen den Gesellschaften gleicher Art der meistbegünstigten Nation gewährt wird.
Art. 10
Die Angehörigen eines jeden der vertragschliessenden Teile besitzen auf dem Gebiete des andern Teils gleich den Angehörigen der meistbegünstigten Nation das Recht, gemäss den geltenden Gesetzen und Verordnungen Handels‑, Industrie‑, Landwirtschafts‑ oder Finanzgesellschaften zu errichten sowie sich an solchen schon bestehenden Gesellschaften zu beteiligen und darin eine leitende oder verwaltende Tätigkeit auszuüben.
Art. 11
Jeder der beiden vertragschliessenden Teile behält sich das Recht vor, im Wege einer Einzelmassnahme, sei es auf Grund eines gesetzmässig getroffenen Entscheides, sei es auf Grund der sitten‑, gesundheits‑ und armenpolizeilichen Gesetze oder Verordnungen, sei es aus Gründen der innern oder äussern Sicherheit des Staates Staatsangehörige des andern Teils auszuweisen.
Der andere Teil verpflichtet sich, seine so ausgewiesenen Staatsangehörigen und deren Familien wieder aufzunehmen, sofern ihre Staatsangehörigkeit vom zuständigen Konsul bescheinigt ist.
Die Beförderung der ausgewiesenen Personen bis zur Grenze des Heimatstaates geht gegebenenfalls zu Lasten des ausweisenden Teiles.
Art. 12
Streitigkeiten über die Auslegung und Anwendung dieses Abkommens sind in der durch den Vertrag vom 3. Februar 1926⁶ zwischen der Schweiz und Rumänien zur obligatorischen Erledigung von Streitigkeiten im Vergleichs‑, Gerichts‑ und Schiedsverfahren vorgesehenen Weise zu regeln.
⁶ SR 0.193.416.63
Art. 13
Dieses Abkommen soll ratifiziert und die Ratifikationsurkunden sollen sobald als möglich in Bern ausgetauscht werden.
Das Abkommen tritt einen Monat nach dem Tage des Austausches der Ratifikationsurkunden in Kraft und gilt für die Dauer von zwei Jahren. Wird das Abkommen von keinem der vertragschliessenden Teile mindestens sechs Monate vor Ablauf des erwähnten Zeitraumes von zwei Jahren gekündigt, so bleibt es weiter in Kraft, bis nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten von dem Tage an gerechnet, da es von einem der beiden vertragschliessenden Teile gekündigt wird.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten das vorliegende Abkommen unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen.
So geschehen, in doppelter Ausfertigung, in Bukarest am 19. Juli 1933.

René de Weck

G. G. Mironescu

Unterzeichnungsprotokoll

Bei der Unterzeichnung dieses heute geschlossenen Niederlassungsabkommens haben die hierzu gehörig bevollmächtigten Unterzeichneten folgendes vereinbart:
Dieses Abkommen soll vom Zeitpunkt seines Inkrafttretens an einzig Artikel 1 Absatz 1 des vorläufigen Handelsabkommens vom 25. August 1930⁷ zwischen der Schweiz und Rumänien ersetzen, in der Meinung, dass die übrigen Bestimmungen des genannten Abkommens weiter ihre volle und ganze Gültigkeit behalten.

René de Weck

G. G. Mironescu

⁷ [BS 14 544. SR 0.946.296.631 Art. 7]
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