Übereinkommen
zwischen der Verwaltung der Italienischen Staatsbahnen und der Verwaltung der Schweizerischen Bundesbahnen betreffend den Betrieb des internationalen Bahnhofes Domodossola und den Austausch des Rollmaterials Abgeschlossen am 19. Februar 1906 Von der Bundesversammlung genehmigt am 29. März 1906² In Kraft getreten am 1. Juni 1906 ¹ Der Originaltext findet sich unter der gleichen Nummer in der französischen Ausgabe dieser Sammlung. ² AS 22 244
Gemäss Artikel 4 des Übereinkommens zwischen der Schweiz und Italien betreffend den Anschluss des schweizerischen Bahnnetzes an das italienische durch den Simplon, die Bezeichnung des internationalen Bahnhofes und den Betrieb der Bahnstrecke Domodossola‑Iselle, abgeschlossen in Bern am 2. Dezember 1899³, haben,
die Italienischen Staatsbahnen (FS), vertreten durch:
(Es folgt der Name des italienischen Delegierten)
und die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB), vertreten durch
(Es folgt der Name des schweizerischen Delegierten)
über den Betrieb des internationalen Bahnhofes Domodossola folgendes vereinbart:
³ SR 0.742.140.22
I. Allgemeine und technische Bestimmungen
Art. 1 Grenzen des internationalen Bahnhofes und Funktionen desselben
Die Bauten und Anlagen, welche den internationalen Bahnhof Domodossola bilden, sind aus dem beiliegenden allgemeinen Plane und den fünf Detailplänen⁴ ersichtlich.
Der internationale Bahnhof beginnt bei der in der Richtung gegen Italien gelegenen Einfahrtsweiche und endigt bei der in der Richtung gegen die Schweiz gelegenen Ausfahrtsweiche.
Unter Vorbehalt des Abschlusses allfälliger späterer Vereinbarungen umfassen die Funktionen des internationalen Bahnhofes:
– die Operationen, Schreibarbeiten und Dienstverrichtungen der beiden Verwaltungen (SBB und FS) für den internationalen Verkehr der Reisenden, des Gepäcks, der Geld‑ und Wertsendungen, der Eil‑ und Frachtgüter, der Fahrzeuge, der Tiere und der übrigen Gegenstände (sei es im direkten Verkehr, von Bahn zu Bahn, sei es durch Reexpedition durch Mittelspersonen) und für den Austausch dieses Verkehrs zwischen den genannten beiden Verwaltungen;
– die eventuell nötig werdende Desinfektion der Reisenden und die sanitarische Untersuchung der Tiere und der Fleischsendungen für beide Länder (Epidemien und Viehseuchen);
– die Operationen, Schreibarbeiten und Dienstverrichtungen der FS für den italienischen Lokalverkehr der Reisenden, des Gepäcks, der Geld‑ und Wertsendungen, der Eil‑ und Frachtgüter, der Fahrzeuge, der Tiere und der übrigen Gegenstände; die italienische Zollbehandlung für den Verkehr im allgemeinen,
– die schweizerische Zollbehandlung für die Reisenden, das Gepäck, die Geld‑ und Wertsendungen, die Poststücke und die messageries (Stückgüter in Eilfracht), während für die übrigen Transporte die Zollbehandlung in Brig stattzufinden hat;
– den Post‑ und Telegrafendienst der beiden Länder (Italien und Schweiz),
– den allgemeinen Polizeidienst.
Für die Dienstverrichtungen im internationalen Verkehr und die Beziehungen des Austausches zwischen den FS und den SBB gilt der Bahnhof Domodossola als Transitstation und führt als solche die Bezeichnung Iselle ‑transit , welches den Schnittpunkt der Linien der beiden Netze und der bezüglichen Distanzen und Tarife bildet.
Entsprechend der im Übereinkommen vom 2. Dezember 1899⁵ aufgestellten Verpflichtung sollen die Operationen für den Übergang der Güter im internationalen Verkehr möglichst vereinfacht werden.
⁴ Diese Pläne wurden in der AS nicht veröffentlicht.
⁵ SR 0.742.140.22
Art. 2 Bezeichnung der Lokale und Anlagen für den gemeinschaftlichen Dienst, der Lokale für den ausschliesslichen Dienst jeder Verwaltung und der Lokale für den Dienst der Sanitäts‑ und Veterinärpolizei
Die FS, als Eigentümer des internationalen Bahnhofes Domodossola, gestatten den SBB unter den in diesem Vertrag aufgestellten Bedingungen und für die in Artikel 1 desselben genannten Verrichtungen die Mitbenützung dieses Bahnhofes.
In den beiliegenden Plänen⁶ sind bezeichnet und umschrieben:
– mit rosaroter Farbe diejenigen Bahnhofteile, die für die gemeinschaftliche Benützung bestimmt sind;
– mit grüner Farbe diejenigen Bahnhofteile, die der ausschliesslichen Benützung durch die SBB dienen oder als solche betrachtet werden;
– mit gelber Farbe diejenigen Bahnhofteile, die der ausschliesslichen Benützung durch die FS dienen oder als solche betrachtet werden;
– mit violetter Farbe die für den Sanitäts‑ und Veterinärdienst reservierten Bahnhofteile.
⁶ Die Pläne wurden in der AS nicht veröffentlicht.
Art. 3 Erstellung von Neubauten
Die FS sind jederzeit berechtigt, auf dem für ihre ausschliessliche Benützung bestimmten Areal andere Gebäude und Anlagen zu errichten.
Für die Erstellung von Gebäuden und Anlagen auf dem für den gemeinschaftlichen Dienst der beiden Verwaltungen benützten Areal bedarf es des beiderseitigen Einverständnisses; im Streitfalle entscheidet hierüber die italienische Regierung nach Anhörung des Schweizerischen Bundesrates.
Wenn die SBB die Erstellung anderer Gebäude oder Anlagen auf dem zu ihrer ausschliesslichen Benützung bestimmten Areal wünschen, so haben sie ein bezügliches Begehren an die FS zu richten, und wenn die letztern es verweigern, so entscheidet hierüber die italienische Regierung nach Anhörung des Schweizerischen Bundesrates.
Art. 4 Entschädigung für die Benützung der Lokale
Die der schweizerischen Regierung für ihre eigenen Dienstverrichtungen gemäss Artikel 1 zugewiesenen Lokale und Anlagen, mit Ausnahme der für die Unterkunft des Personals und der für die Sanitäts‑ und Veterinärpolizei bestimmten, die durch besondere Verträge zwischen den Regierungen geregelt sind, werden von den FS unentgeltlich zur Verfügung gestellt.
Die SBB bezahlen den FS die zu 5 % per Jahr berechneten Zinsen eines auf Fr. 1 400 000 (eine Million und vierhunderttausend Franken) festgesetzten Anlagekapitals der gemäss den beiliegenden Plänen⁷ für den gemeinsamen Dienst und für die ausschliessliche Benützung durch die SBB bestimmten Anlagen.
Im Betrage des genannten Anlagekapitales sind inbegriffen die Unterkunftsräume für das Personal, aber ausgenommen diejenigen Teile der Lokale, Anlagen, Unterkunftsräume, Schlafstellen usw. des Lokomotiv‑ und Zugspersonals für die Zugförderung und Zugbegleitung auf der Strecke Domodossola–Iselle.
⁷ Die Pläne wurden in der AS nicht veröffentlicht.
Art. 5 Unterhalt und Erneuerung
Die FS besorgen den Unterhalt und die Erneuerung der sämtlichen Bauten und Anlagen, die zum internationalen Bahnhof gehören.
Die Ausgaben für Unterhalt und Erneuerung der für den gemeinschaftlichen Dienst bestimmten Bahnhofteile (Art. 2) werden den gemeinschaftlichen Betriebskosten beigezählt (Art. 31).
Die SBB vergüten den FS die Auslagen für Unterhalt und Erneuerung der zu ihrer ausschliesslichen Benützung bestimmten Bahnhofteile, unter Vorbehalt der in Artikel 4 Absatz 3 festgesetzten Ausnahme.
In jedem Fall umfassen die genannten Kosten auch die Versicherungsprämie gegen Feuerschaden der Gebäude.
Die Kosten des Unterhalts und der Erneuerung für die den Bedürfnissen des Sanitäts‑ und Veterinärdienstes bestimmten Anlagen und Lokale bilden den Gegenstand einer besondern Konvention zwischen den Regierungen.⁸
⁸ Siehe das Übereink. vom 24. März 1906 zwischen der Schweiz und Italien betreffend den Dienst der Gesundheits‑(Epidemien‑ und Viehseuchen‑)Polizei im internationalen Bahnhof Domodossola ( SR 0.818.109.454 ).
Art. 6 Lieferung und Unterhalt von Mobiliar, Utensilien und Material
Die FS besorgen für Rechnung beider Verwaltungen die Lieferung, den Unterhalt und die Erneuerung von Mobiliar, Utensilien und verschiedenen Gegenständen sowie die Beschaffung des erforderlichen Materials für den gemeinschaftlichen Dienst (Art. 8).
Dagegen hat jede Verwaltung für Anschaffung, Unterhalt und Erneuerung der für ihren ausschliesslichen Dienst benötigten Mobilien, Utensilien und Materialvorräte selbst aufzukommen und ebenso für die Versicherung derselben gegen Feuerschaden.
Dasselbe gilt für die Drucksachen, Instruktionssammlungen und ähnlichen für die Büros jeder der beiden Verwaltungen erforderlichen Bedürfnisse.
Lieferung, Unterhalt und Erneuerung von Mobiliar, Utensilien und Materialvorräten für die den Regierungen für deren Dienst zur Verfügung gestellten Lokale ist Sache dieser letztern.
Art. 7 Versicherung des Rollmaterials und der Materialvorräte
Jede der beiden Verwaltungen übernimmt auf eigene Kosten die Versicherung ihres Rollmaterials und ihrer Materialvorräte gegen Feuerschaden auf dem Bahnhof Domodossola.
II. Bestimmungen betreffend den Betrieb
Art. 8 Gemeinschaftlicher Dienst der beiden Eisenbahnverwaltungen
Der gemeinschaftliche Dienst der beiden Eisenbahnverwaltungen im internationalen Bahnhof wird von den FS für eigene und für Rechnung der SBB besorgt.
Dieser Dienst umfasst:
– den Telegrafendienst;
– die zolldienstlichen Operationen für den Übergang der Reisenden und die für die Desinfektion erforderlichen sanitären und tierärztlichen Funktionen;
– die Verrichtungen für den Ein‑, Aus‑ und Umlad und die Vornahme der zollamtlichen Untersuchung des Gepäcks sowie nötigenfalls dessen Versorgung im Magazin;
– die Verrichtungen für den Ein‑, Aus‑ und Umlad der Geld‑ und Wertsendungen, der Eil‑ und Frachtgüter, der Fahrzeuge und der übrigen den internationalen Verkehr bildenden Gegenstände, einschliesslich der Leitung dieser Verrichtungen und der Bewachung der Kollis;
– die mit dem Viehtransport im internationalen Verkehr zusammenhängenden Dienstverrichtungen, einschliesslich der Desinfektion der Wagen;
– die Beschaffung der Arbeitskräfte für die Vornahme der italienischen und schweizerischen Zollbehandlung der Geld‑ und Wertsendungen und der messageries (Stückgüter in Eilfracht);
– die Zusammensetzung, die Abfertigung, die Annahme und das Rangieren der Züge für den internationalen Verkehr,
– die Manöver der Lokomotiven und der andern Fahrzeuge,
– den Signaldienst;
– das Reinigen der Güterwagen im internationalen Verkehr;
– die Lieferung des Wassers für die Bedürfnisse des gemeinschaftlichen Dienstes;
– die Heizung, Beleuchtung, Reinigung und Überwachung der für den gemeinschaftlichen Dienst bestimmten Bahnhofteile.
Art. 9 Material für die Wagen
Das Material für die Heizung der Personenwagen und die Beleuchtung der Personen‑ und Gepäckwagen sowie für das Schmieren der Wagen wird für die in der Richtung nach der Schweiz fahrenden Züge von den SBB und für die in der Richtung nach Italien fahrenden Züge von den FS geliefert.
Art. 10 Ausschliesslicher Dienst der FS
Der ausschliessliche Dienst der FS umfasst:
– die Billettausgabe und die bezügliche Rechnungsführung;
– die mit dem Abgang und der Ankunft der Reisenden zusammenhängenden Dienstverrichtungen;
– die Einschreibung und den Versand des abgehenden und die Auslieferung des ankommenden Gepäcks sowie die bezügliche Buchführung;
– die den FS obliegenden Verrichtungen und Schreibarbeiten für die abgehenden und ankommenden Transporte, die den internationalen Verkehr der Güter und andern Gegenstände betreffen, und für deren Austausch mit den SBB;
– die Verrichtungen und Eintragungen bezüglich der Transporte des italienischen Lokalverkehrs;
– die italienische Zollbehandlung;
– die Beistellung der für die italienische Zollbehandlung erforderlichen Arbeiter; die kontradiktorische Übergabe und Übernahme des Rollmaterials gegenüber den SBB;
– die Führung und den Unterhalt der Lokomotiven und den gesamten Dienst des eigenen Depots;
– die Zusammensetzung, die Abfertigung, die Annahme und das Rangieren der Züge für den Lokalverkehr und für die Strecke Domodossola‑Iselle;
– das Reinigen, Beleuchten und Heizen der Personen‑ und Gepäckwagen und das Schmieren aller Fahrzeuge für den Verkehr von und nach Italien;
– das Reinigen, Beleuchten, Heizen und Schmieren der für den italienischen Lokalverkehr bestimmten Fahrzeuge, einschliesslich der Desinfektion der für den Viehtransport benützten Güterwagen;
– das Reinigen, Heizen und Beleuchten sowie die Überwachung der für ihren ausschliesslichen Dienst bestimmten Bahnhofteile.
Art. 11 Ausschliesslicher Dienst der SBB
Der ausschliessliche Dienst der SBB umfasst:
– die den SBB obliegenden Verrichtungen und Schreibarbeiten für die abgehenden und ankommenden Transporte, die den internationalen Verkehr der Güter und der andern Gegenstände betreffen, und für deren Austausch mit den FS;
– die schweizerische Zollbehandlung der Geld‑ und Wertsendungen und der messageries (Stückgüter in Eilfracht);
– die kontradiktorische Übergabe und Übernahme des Rollmaterials gegenüber den FS;
– das Reinigen, Beleuchten und Heizen der Personen‑ und Gepäckwagen und das Schmieren aller Fahrzeuge für den Verkehr von und nach der Schweiz;
– die Führung und den Unterhalt der Lokomotiven sowie den gesamten Dienst des eigenen Depots;
– das Reinigen, Heizen und Beleuchten sowie die Überwachung der für ihren ausschliesslichen Dienst bestimmten Lokale.
Art. 12 Tragung der Kosten für die den beiden Regierungen reservierten Lokalitäten
Die Kosten für Beleuchtung und Reinigung der der italienischen und schweizerischen Regierung reservierten Lokalitäten fallen zu Lasten der dieselben benützenden Verwaltungen.
Art. 13 Rechnungsführung
Die FS liefern nach eigenen oder nach vereinbarten Formularen die Billette für den Personenverkehr von Domodossola (Iselle‑transit) nach der Schweiz und weiter und von Domodossola in der Richtung nach Italien sowie auch für den Verkehr auf der Strecke Domodossola–Iselle.
Das nämliche gilt mit Bezug auf die Lieferung der Gepäckscheinhefte, der Beklebezettel, der Register für die Buchführung sowie überhaupt sämtlicher Drucksachen für den Personen‑ und Gepäckdienst und der auf diesen Dienst bezüglichen Reglemente und Instruktionen der beiden Verwaltungen.
Über den Verkauf von Spezialbilletten der SBB und über die Organisation des Güterdienstes werden zwischen den beiden Verwaltungen Vereinbarungen getroffen werden.
Art. 14 Zollbehandlung
Die Zollbehandlung und die Erfüllung der Zollformalitäten auf dem internationalen Bahnhof Domodossola finden durch die FS statt.
Eine Ausnahme besteht nur für das Gepäck und die Gegenstände, welche die Reisenden mit sich führen, für deren Verzollung die Reisenden selbst zu sorgen haben.
Die schweizerische Zollbehandlung und die Erfüllung der bezüglichen Formalitäten für die Geld‑ und Wertsendungen und die messageries (Stückgüter in Eilfracht) erfolgen durch die SBB, mit Ausnahme des Gepäcks und der Reiseeffekten, wie das bereits oben bemerkt ist.
Jede Verwaltung bezieht für die Besorgung der Zollbehandlung und die Erfüllung der bezüglichen Zollformalitäten die hierfür festgesetzten Kommissions‑ und Manipulationsgebühren nebst der Vergütung der erwachsenen Auslagen.
Diese Gebühren für die Besorgung der Zollbehandlung dürfen nicht höher sein als diejenigen, welche die beiden Verwaltungen bei gleichen Verrichtungen und Leistungen auf andern internationalen Bahnhöfen erheben.
Diese Regel gilt auch für die schweizerische Zollbehandlung und die Erfüllung der Zollformalitäten in Brig.
Art. 15 Weitertransport mit oder ohne Umlad
Der Weitertransport ohne Umlad auf dem internationalen Bahnhof kann nur bei Sendungen in ganzen Wagenladungen stattfinden, seien es solche nach dem Gewicht (wenn die Sendung mindestens die Hälfte des Ladegewichtes ausmacht) oder nach dem Volumen oder solche, bei denen die Ladung nach Massgabe der angewendeten Tarife als ganze Wagenladung zu betrachten ist.
Für den Übergang der plombierten ganzen Wagenladungen von einer Verwaltung auf die andere in symbolischer Art und für die übrigen Sendungen durch faktische Übergabe sowie für die übrigen Bedingungen sind die zwischen den italienischen und schweizerischen Eisenbahnen geltenden Übereinkommen massgebend.
Im übrigen wird sich der Übergang gemäss dem internationalen Übereinkommen vom 14. Oktober 1890⁹ über den Eisenbahnfrachtverkehr vollziehen.
⁹ [ AS 13 61 , 15 361 , 16 42 , 18 720 , 24 825 . AS 44 443 ]. Heute: gemäss Anhang B des Übereink. vom 9. Mai 1980 über den internationalen Eisenbahnverkehr ( SR 0.742.403.1 ).
Art. 16 Übergabe und Übernahme der Transporte zwischen den beiden Verwaltungen
Die Übergabe und Übernahme des Gepäcks zwischen den beiden Verwaltungen geschieht derart, dass der Weitertransport mit den Anschlusszügen gesichert ist, auch wenn sich die beiden Verwaltungen nicht dahin verständigen könnten, einen direkten Kondukteurdienst von einem Netz auf das andere einzurichten.
Die Übergabe und Übernahme der Geld‑ und Wertsendungen und der messageries (Stückgüter in Eilfracht) in beiden Richtungen (aus Italien nach der Schweiz und umgekehrt) erfolgt nach stattgefundener Ausgangsverzollung aus dem Lande, welchem die übergebende Verwaltung angehört.
Bei den übrigen Transporten in der Richtung aus Italien nach der Schweiz erfolgt die Übergabe seitens der FS und die Übernahme seitens der SBB nach vollzogener italienischer Ausgangsverzollung.
Bei den nämlichen Transporten in der Richtung aus der Schweiz nach Italien erfolgt die schweizerische Ausgangsverzollung schon in Brig, aber bei der Ankunft der Güter in Domodossola haben die SBB ein nach den Vorschriften für die italienische Zollbehandlung angefertigtes Ladeverzeichnis auszustellen und vorzulegen. Hierauf werden die SBB die Übergabe an die FS bewirken, welchen die Besorgung der italienischen Zollbehandlung obliegt (Art. 10).
Das Verfahren für die Übergabe und Übernahme der Transporte zwischen den beiden Verwaltungen wird Gegenstand einer besondern Vereinbarung bilden,
Art. 17 Haftpflicht für die Transporte
Die Haftpflicht für das Gepäck, die Geld‑ und Wertsendungen, die Eil‑ und Frachtgüter, die Fahrzeuge, die Tiere und die andern Gegenstände, welche im internationalen Verkehr befördert werden, sich auf dem Bahnhof Domodossola befinden und den internationalen Verkehr bilden (Art. 1) sowie diejenigen, welche den internationalen Verkehr der Strecke Domodossola–Iselle betreffen, wird von den beiden Bahnverwaltungen gemeinschaftlich getragen.
Es sind daher die zu bezahlenden Entschädigungen für Schäden, welche diesen Gegenständen aus irgendwelchem Grunde auf dem internationalen Bahnhofe zustossen, und ebenso die Entschädigungen für den gänzlichen oder teilweisen Verlust derselben den gemeinschaftlichen Betriebskosten zuzurechnen, unter Abzug allfälliger Ersatzbeträge von seiten Dritter oder des Personals.
Die Haftpflicht beginnt im Momente des Eintreffens der Transporte im internationalen Bahnhof und endigt im Augenblick ihrer Ausfahrt aus demselben.
Die Feststellung der Schadensfälle, die zu Lasten der gemeinschaftlichen Betriebsrechnung zu entschädigen sind, geschieht im Einvernehmen des Vorstandes des internationalen Bahnhofes und des Vertreters der SBB.
Art. 18 Lagergebühren
Die beiden Verwaltungen verpflichten sich gegenseitig, für die internationalen Transporte und diejenigen der Strecke Domodossola‑Iselle, die auf dem Bahnhof Domodossola aufgehalten werden, und zwar aus Ursachen, die nicht von den Versandverwaltungen abhängen, Lagergebühren anzurechnen und zu erheben,
Die SBB erhalten 35% der Gesamtsumme dieser Gebühren.
Die Anwendung der Lagergebühren geschieht auf Grundlage der eigenen Tarife und Transportbedingungen durch diejenige Verwaltung, die im Besitz der Begleitpapiere ist. Die Abrechnung zwischen den beiden Verwaltungen erfolgt durch die Einnahmenkontrollen.
Art. 19 Zusammensetzung der Züge
Die Zusammensetzung der Züge in der Richtung nach Italien erfolgt nach Massgabe der bei den FS bestehenden Reglemente und Vorschriften; diejenige der Züge der Strecke Domodossola‑Iselle und weiter nach Massgabe der bei den SBB bestehenden Reglemente und Vorschriften.
Für die internationalen Züge gelten die zwischen den beiden Verwaltungen getroffenen Vereinbarungen.
Für den Zugsdienst auf der Strecke Domodossola‑Iselle und weiter hat der Bahnhofvorstand in Domodossola die von den SBB, sei es schriftlich, sei es durch die Beamten der letztern Verwaltung, ihm zugekommenen Befehle zu befolgen. Derselbe wird seinerseits den SBB oder deren Beamten die von ihm diesfalls verlangten Aufschlüsse erteilen.
Art. 20 Signale
Auf dem internationalen Bahnhof Domodossola gilt das Signaldienstreglement der FS. Dasselbe ist daher auch für das Lokomotiv‑ und Zugspersonal der SBB verbindlich.
Indessen ist für das Einfahrts‑ und Ausfahrtssignal auf der schweizerischen Seite des genannten Bahnhofes, wie auch auf der Strecke Domodossola‑Iselle, das Signaldienstreglement der SBB massgebend.
III. Austausch des Rollmaterials
Art. 21 Allgemeine Vorschriften betreffend den Übergang des Rollmaterials
Das für den internationalen Verkehr durch den Simplon bestimmte Rollmaterial soll den Vorschriften der internationalen Vereinbarung von Bern betreffend die Technische Einheit im Eisenbahnwesen¹⁰ entsprechen und für den Übergang von einem Netz auf das andere (der FS und der SBB) geeignet sein.
Für den Übergang des Rollmaterials der FS und des von diesen übernommenen Rollmaterials anderer italienischer oder fremder Verwaltungen auf die SBB und für den Übergang in umgekehrter Richtung, des Rollmaterials der SBB oder des von diesen von andern Verwaltungen übernommenen Rollmaterials, gelten auch mit Bezug auf den internationalen Bahnhof Domodossola die für die andern internationalen Bahnhöfe zwischen Italien und der Schweiz bestehenden Übereinkommen oder Reglemente, zur Zeit das Reglement für die gegenseitige Wagenbenützung im Verkehr zwischen den italienischen Bahnen einerseits und den deutschen, österreichischen, schweizerischen, belgischen und holländischen Bahnen anderseits.
¹⁰ Siehe heute die V vom 16. Dez. 1938 über die Technische Einheit im Eisenbahnwesen ( SR 742.141.3 ).
IV. Bahnhofleitung. Personal. Unfälle
Art. 22 Bahnhofleitung. Disziplinarbefugnisse
Die Leitung und Aufsicht betreffend den Betrieb des internationalen Bahnhofes Domodossola im allgemeinen ist Sache der FS.
Die FS werden diejenigen Disziplinarvorschriften aufstellen, die vorn Personal des äussern Dienstes beider Verwaltungen zu beachten sind, soweit es sich dabei nicht um eine Dienstverrichtung innerhalb der für den ausschliesslichen Dienst der SBB bestimmten Büros, Lokale und Anlagen handelt.
Wenn sich das Personal der SBB einer Übertretung der Disziplinarvorschriften schuldig machen sollte, so wird der Bahnhofvorstand das Nötige veranlassen, indem er sich entweder an den Vertreter der SBB wendet oder seiner eigenen Verwaltung Mitteilung macht.
Art. 23 Personal der FS für den gemeinschaftlichen Dienst
Die FS werden den SBB ein Verzeichnis des für den gemeinschaftlichen Dienst auf dem internationalen Bahnhof verwendeten Personals (Art. 8) zustellen und ihnen die jeweiligen Änderungen im Personalbestande mitteilen.
Mit Bezug auf den Dienst der SBB hat dieses Personal den Instruktionen der letztern Verwaltung Folge zu leisten.
Die Oberbeamten der SBB sind befugt, dem Bahnhofvorstand direkt Befehle zu erteilen, immerhin nur soweit es sich um den Dienst der SBB handelt.
Art. 24 Personal der SBB
Die SBB werden ihre Büros in den hierfür bestimmten Lokalen so einrichten, wie sie dies für ihre Vertretung und für die Besorgung ihres eigenen Dienstes für nötig erachten (Art. 11).
Die SBB werden den FS ein Verzeichnis dieses Büropersonals, mit Angabe der Stellung und der Bezeichnung jedes einzelnen Beamten wie auch die jeweiligen Änderungen im Personalbestande mitteilen.
Das Personal der SBB, einschliesslich des Lokomotiv‑ und Zugspersonals, untersteht, solange es sich auf dem internationalen Bahnhof befindet, mit Bezug auf die Bahnhofpolizei und die Dienstverrichtungen ausserhalb der Büros, Lokale und Anlagen, die der ausschliesslichen Benützung der SBB dienen, dem Bahnhof vorstand oder dessen Stellvertreter, und es hat die von demselben erlassenen Instruktionen zu befolgen.
Art. 25 Disziplinarstrafen
Wenn eine der beiden Verwaltungen sich wegen Übertretungen oder Dienstfehlern zu beklagen hat, deren sich Angestellte der andern Verwaltung schuldig machen, so hat letztere der Klage diejenige disziplinarische Folge zu geben, die sie nach ihren eigenen Disziplinarvorschriften für angemessen erachtet. Jede der beiden Verwaltungen wird einem Begehren der andern um Versetzung eines eigenen Angestellten Folge geben.
Art. 26 Durch das Personal verursachte Beschädigungen
Wenn durch ein Verschulden des Personals der FS den SBB auf dem internationalen Bahnhof ein Schaden zugefügt wird, so stehen den SBB gegenüber dem schuldigen Personal die nämlichen Rechte zu, wie sie die FS besitzen würden, wenn diesen der Schaden zugefügt worden wäre.
Das nämliche gilt bezüglich der FS für den Fall, dass ihnen durch ein Verschulden des Personals der SBB irgendein Schaden zugefügt würde.
Art. 27 Haftpflicht für Unfälle
Die Folgen von Unfällen, die sich innerhalb der Grenzen des internationalen Bahnhofes (Art. 1) ereignen, betreffen dieselben Dritte, das Dienstpersonal, die Güter oder andere Gegenstände oder die Anlagen, fallen zu Lasten der gemeinschaftlichen Rechnung, wenn der Unfall innerhalb der für den gemeinschaftlichen Dienst bestimmten Anlagen (Art. 2) stattgefunden hat.
Handelt es sich dagegen um Unfälle innerhalb der für den ausschliesslichen Dienst einer der beiden Verwaltungen bestimmten Anlagen, so hat diejenige Verwaltung die Folgen zu tragen, für deren Dienst diese Anlagen (Art. 2) bestimmt sind.
Art. 28 Beschädigungen des Rollmaterials
Beschädigungen am Rollmaterial – Lokomotiven, Personen‑, Gepäck‑, Güterwagen, fahrbare Kranen usw. – fallen zu Lasten des Gemeinschaftsdienstes, unter Vorbehalt der in Artikel 26 vorgesehenen Ansprüche gegen die fehlbaren Angestellten.
V. Gemeinschaftliche Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben. Abrechnung
Art. 29 Gemeinschaftliche Betriebseinnahmen
Die Einnahmen für eventuelle Pacht und Miete von für den gemeinschaftlichen Dienst bestimmten Teilen des internationalen Bahnhofes (Art. 2) sowie die andern indirekten Einnahmen des gemeinschaftlichen Dienstes (Art. 8) werden den beiden Verwaltungen gutgeschrieben und von den gemeinschaftlichen Betriebsausgaben in Abzug gebracht.
Art. 30 Gemeinschaftliche Betriebsausgaben
Die gemeinschaftlichen Betriebsausgaben des internationalen Bahnhofes Domodossola umfassen:
1. die Kosten für Unterhalt und Erneuerung der für den gemeinschaftlichen Dienst bestimmten Bahnhofteile;
2. die Kosten für Anschaffung, Unterhalt und Erneuerung des Mobiliars, der Utensilien, der verschiedenen Gegenstände und Verbrauchsartikel, die für den gemeinschaftlichen Dienst nötig sind;
3. die Gehalte, Löhne, Zulagen, Entschädigungen usw. für das nach Massgabe von Artikel 8 zur Besorgung des gemeinschaftlichen Dienstes bestimmte Personal;
4. die Kosten für Lokomotiven, Pferde und andere Mittel zur Besorgung des Rangierdienstes;
5. die Kosten für Heizung, Beleuchtung, Reinigung und Aufsicht der für den gemeinschaftlichen Dienst bestimmten Bahnhofteile,
6. sämtliche übrigen Kosten des gemeinschaftlichen Dienstes sowie die allgemeinen Unkosten.
Die SBB haben 35% des Gesamtbetrages der gemeinschaftlichen Betriebsausgaben, nach Abzug der gemeinschaftlichen Betriebseinnahmen, zu bezahlen.
Für die Ausgaben der ausschliesslichen Dienste der beiden Verwaltungen (Art. 10 und 11) hat jede derselben selbst aufzukommen.
Art. 31 Rechnungsstellung über Einnahmen und Ausgaben
Die Rechnung über die gemeinschaftlichen Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben (Art. 29 und 30) und diejenige über die für ausschliessliche Rechnung der SBB gemachten Ausgaben sowie die Rechnung betreffend die übrigen in diesem Übereinkommen vorgesehenen Leistungen, werden von den FS monatlich abgeschlossen und den SBB zur Anerkennung zugestellt.
Art. 32 Bezahlung der Rechnungen
Die SBB bezahlen den FS in dem auf die Zustellung der Rechnung folgenden Monat den Betrag des zu ihren Lasten fallenden Saldos nach Massgabe der Bestimmung des vorhergehenden Artikels.
Die Zahlungen haben in Goldwährung stattzufinden.
Die Differenzen, welche bei der Prüfung der Rechnung entstehen könnten, dürfen die Bezahlung nicht verzögern; diese Differenzen werden in einer nachfolgenden Rechnung ausgeglichen.
VI. Schlussbestimmungen
Art. 33 Erledigung von Streitigkeiten
Streitigkeiten, welche über die Auslegung und Ausführung des vorstehenden Übereinkommens entstehen könnten, werden von Schiedsrichtern beurteilt. Jede Partei bezeichnet einen Schiedsrichter und diese beiden bestimmen zusammen den Dritten.
Können sie sich über die Wahl des dritten Schiedsrichters nicht einigen, so ist der Präsident des zuständigen Italienischen Appellationsgerichtes, falls die italienische Verwaltung Beklagte ist, und der Präsident des Schweizerischen Bundesgerichtes, falls die schweizerische Verwaltung Beklagte ist, um Vornahme eines Dreiervorschlages anzugehen; aus diesem Dreiervorschlag bezeichnet die Klägerin den dritten Schiedsrichter.
Das von den Schiedsrichtern anzuwendende Verfahren richtet sich nach den Gesetzen des Staates, in welchem die beklagte Verwaltung ihren Sitz hat.
Art. 34 Inkrafttreten des Übereinkommens und Revision desselben
Das gegenwärtige Übereinkommen tritt auf den Zeitpunkt der Betriebseröffnung der Linie Domodossola‑Brig in Kraft und dauert bis zum 31. Dezember 1909.
Von diesem Zeitpunkt an kann dasselbe auf Verlangen jeder der beiden Parteien abgeändert oder aufgehoben werden; ein solches Begehren ist der andern Partei jeweilen sechs Monate im voraus schriftlich mitzuteilen; aber auch in diesem Falle bleiben die Bestimmungen des Übereinkommens zwischen den beiden Staaten, abgeschlossen in Bern am 2. Dezember 1899¹¹, das die Grundlage des gegenwärtigen Übereinkommens bildet und gemäss welchem Domodossola als internationaler Bahnhof erklärt wird, vorbehalten.
Falls sich die Parteien nicht einigen könnten, werden die neuen Bedingungen des Betriebes von den Regierungen der beiden Staaten festgesetzt werden.
¹¹ SR 0.742.140.22
Art. 35 Ratifikationsvorbehalt
Das gegenwärtige Übereinkommen bedarf zu seiner Gültigkeit der Genehmigung durch die italienische und schweizerische Regierung, gemäss Artikel 4 des Übereinkommens vom 2. Dezember 1899¹².
Bern, den 19. Februar 1906
Für die Generaldirektion | Für die Verwaltung |
Der Präsident: | Der Generaldirektor: |
¹² SR 0.742.140.22
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