Protokoll über Flüchtlingsseeleute (0.142.311.1)
CH - Schweizer Bundesrecht

Protokoll über Flüchtlingsseeleute

Abgeschlossen in Den Haag am 12. Juni 1973 Schweizerische Annahmeurkunde hinterlegt am 30. Dezember 1974 In Kraft getreten für die Schweiz am 30. März 1975 (Stand am 22. Juli 2014) ¹ AS 1975 839 ² Der französische Originaltext findet sich unter der gleichen Nummer in der französischen Ausgabe dieser Sammlung.
Die Vertragsparteien dieses Protokolls,
in der Erwägung, dass die Anwendung der am 23. November 1957³ in Den Haag unterzeichneten Vereinbarung über Flüchtlingsseeleute (im folgenden als Verein­barung bezeichnet) eng mit der Anwendung des am 28. Juli 1951⁴ in Genf unterzeichneten Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (im folgenden als Abkommen bezeichnet) zusammenhängt, das nur auf Personen Anwendung findet, die infolge vor dem 1. Januar 1951 eingetretener Ereignisse Flüchtlinge geworden sind,
in der Erwägung, dass seit der Annahme des Abkommens neue Flüchtlingskate­gorien entstanden sind, dass es wünschbar ist, allen Flüchtlingen, die der im Abkommen enthaltenen Umschreibung entsprechen, ohne Rücksicht auf den Stichtag des 1. Januars 1951 die gleiche Rechtsstellung zu gewähren, und dass zu diesem Zweck am 31. Januar 1967⁵ in New York ein Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge zum Beitritt aufgelegt wurde,
in dem Wunsch, für Flüchtlingsseeleute eine ähnliche Regelung zu treffen,
haben folgendes vereinbart:
³ SR 0.142.311 ⁴ SR 0.142.30 ⁵ SR 0.142.301
Art. I
(1)  Die Vertragsparteien dieses Protokolls verpflichten sich, die Artikel 2 und 4 bis 13 der Vereinbarung auf Flüchtlingsseeleute anzuwenden, wie sie nachfolgend umschrieben sind.
(2)  Für dieses Protokoll umfasst der Begriff «Flüchtlingsseemann» jede Person, die nach der Umschreibung des Artikels I Ziffer 2 des Protokolls vom 31. Januar 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ist und – gleichviel in welcher Eigenschaft – auf einem Handelsschiff Seemannsdienste leistet oder berufsmässig auf einem Handelsschiff als Seemann ihren Lebensunterhalt verdient.
(3)  Dieses Protokoll wird ohne jegliche geographische Begrenzung angewendet; bereits von Staaten, die schon Vertragsparteien des Abkommens sind, nach Artikel 1 Abschnitt B Ziffer 1 Buchstabe a des Abkommens abgegebene Erklärungen sind jedoch, sofern sie nicht nach Artikel 1 Abschnitt B Ziffer 2 des Abkommens erweitert wurden, auch auf dieses Protokoll anwendbar.
Art. II
Streitigkeiten zwischen den Parteien dieses Protokolls über dessen Auslegung oder Anwendung, die nicht auf andere Weise beigelegt werden können, sind auf Antrag einer der beteiligten Parteien dem Internationalen Gerichtshof zu unterbreiten.
Art. III
(1)  Die Annahme oder Genehmigung dieses Protokolls steht allen Regierungen offen, welche die Vereinbarung unterzeichnet haben oder ihr beigetreten sind, sowie jeder anderen Regierung, die gegenüber Flüchtlingsseeleuten die in Artikel 28 des Abkommens vorgesehenen oder entsprechende Verpflichtungen übernimmt.
(2)  Die Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden bei der Regierung des Königreichs der Niederlande hinterlegt.
Art. IV
(1)  Dieses Protokoll tritt am 90. Tage nach Hinterlegung der achten Annahme- oder Genehmigungsurkunde in Kraft.
(2)  Für jede Regierung, die dieses Protokoll nach Hinterlegung der achten Annahme- oder Genehmigungsurkunde annimmt oder genehmigt, tritt es am Tage in Kraft, in dem diese Regierung ihre Annahme- oder Genehmigungsurkunde hinterlegt.
Art. V
(1)  Jede Regierung kann bei Hinterlegung ihrer Annahme- oder Genehmigungsurkunde oder zu jedem späteren Zeitpunkt erklären, dass sich dieses Protokoll auch auf eines oder mehrere der Hoheitsgebiete erstreckt, für deren internationale Beziehungen sie verantwortlich ist, sofern sie bezüglich dieser Hoheitsgebiete die in Artikel III Absatz 1 genannten Verpflichtungen übernimmt.
(2)  Diese Erstreckung erfolgt durch eine an die Regierung des Königreichs der Niederlande gerichtete Notifikation.
(3)  Die Erstreckung wird am 90. Tage nach Eingang der Notifikation bei der Regierung des Königreichs der Niederlande wirksam, jedoch nicht vor Inkrafttreten dieses Protokolls für die notifizierende Regierung nach Artikel IV.
Art. VI
(1)  Jede Vertragspartei kann dieses Protokoll jederzeit durch eine an die Regierung des Königreichs der Niederlande gerichtete Notifikation kündigen.
(2)  Die Kündigung wird ein Jahr nach Eingang der Notifikation bei der Regierung des Königreichs der Niederlande wirksam. Ist dieses Protokoll von einer Vertragspartei gekündigt worden, so kann jede andere Vertragspartei nach Konsultierung der übrigen Vertragsparteien das Protokoll kündigen; diese Kündigung wird zu demselben Zeitpunkt wie die vorangegangene Kündigung wirksam, sofern eine Frist von mindestens sechs Monaten eingehalten wird.
Art. VII
(1)  Jede Vertragspartei, die eine Notifikation nach Artikel V vorgenommen hat, kann jederzeit danach durch eine an die Regierung des Königreichs der Niederlande gerichtete Notifikation erklären, dass dieses Protokoll für eines oder mehrere in der Notifikation bezeichnete Hoheitsgebiete nicht mehr gilt.
(2)  Für das oder die betreffenden Hoheitsgebiete endet die Gültigkeit dieses Protokolls ein Jahr nach Eingang der Notifikation bei der Regierung des Königreichs der Niederlande.
Art. VIII
Die Regierung des Königreichs der Niederlande unterrichtet alle Regierungen, welche die Vereinbarung unterzeichnet haben oder ihr beigetreten sind, und alle anderen Regierungen, die dieses Protokoll angenommen oder genehmigt haben, von den Hinterlegungen und Notifikationen, die nach den Artikeln III, V, VI und VII erfolgen.
Art. IX
Ein vom Minister für Auswärtige Angelegenheiten des Königreichs der Niederlande unterzeichnetes Exemplar dieses Protokolls, dessen englischer und französischer Text gleicherweise verbindlich sind, wird im Archiv der Regierung des Königreichs der Niederlande hinterlegt; diese übermittelt den in Artikel VIII bezeichneten Regierungen eine beglaubigte Abschrift.
Nach Artikel IX dieses Protokolls habe ich es am zwölften Juni neunzehnhundertdreiundsiebzig unterschrieben.

M. van der Stoel

Minister für Auswärtige

Angelegenheiten des Königreichs

der Niederlande

Geltungsbereich am 22. Juli 2014 ⁶

⁶ AS 1975 839 , 1977 9 , 1982 2070 , 1987 379 , 2004 4101 und 2014 2401 . Eine aktualisierte Fassung des Geltungsbereiches findet sich auf der Internetseite des EDA (www.eda.admin.ch/vertraege).

Vertragsstaaten

Ratifikation
Beitritt (B)
Nachfolgeerklärung (N)

In-Kraft-Treten

Australien

10. Dezember

1973

30. März

1975

Belgien

22. März

1977

22. März

1977

Bosnien und Herzegowina

  1. Oktober

1993 N

  6. März

1992

Dänemark

24. Januar

1974

30. März

1975

Deutschland

13. August

1975

13. August

1975

Frankreich*

16. Juli

1975

16. Juli

1975

Italien*

23. Februar

1981

23. Februar

1981

Kanada

  9. Januar

1975

  9. April

1975

    Karibische Gebiete
(Bonaire, Sint Eustatius
und Saba)⁷

18. Oktober

2010

16. Januar

2011

Marokko*

18. September

1974

30. März

1975

Niederlande

Aruba

  1. Januar

1986

  1. April

1986

Norwegen

12. Februar

1974

30. März

1975

Schweden

25. September

1973

30. März

1975

Schweiz

30. Dezember

1974

30. März

1975

Serbien

23. September

1976

23. September

1976

Slowenien

16. Juni

1993 N

25. Juni

1991

Vereinigtes Königreich

12. November

1974

30. März

1975

Britische Jungferninseln

12. November

1974 B

30. März

1975

Falklandinseln

12. November

1974 B

30. März

1975

Insel Man

12. November

1974 B

30. März

1975

Kanalinseln

12. November

1974 B

30. März

1975

Montserrat

12. November

1974 B

30. März

1975

St. Helena und Neben­gebiete
(Ascension und Tristan da
Cunha)

12. November

1974 B

30. März

1975

*

Vorbehalte und Erklärungen siehe hiernach.

⁷ Veröffentlichung infolge einer Änderung der internen verfassungsrechtlichen Beziehungen innerhalb des Königreichs der Niederlande.

Vorbehalte und Erklärungen

Frankreich
Frankreich betrachtet sich an die Bestimmungen des Artikels II nicht gebunden und erklärt, dass die Streitigkeiten über die Auslegung und die Anwen­dung des Protokolls, die nicht auf andere Weise beigelegt werden können, nur mit dem Einverständnis aller am Streit beteiligen Parteien dem Internationalen Gerichts­hof unterbreitet werden können.
Frankreich erklärt, dass die Genehmigung für das gesamte Staatsgebiet der Französi­schen Republik gilt.
Italien
Italien erklärt, dass es die Gültigkeit der bei der Hinterlegung der Beitritts­urkunde angebrachten Vorbehalte zur in Den Haag am 23. November 1957⁸ abge­schlossen Vereinbarung über Flüchtlingsseeleute bestätigt.
Marokko
Bei der Hinterlegung der Annahmeurkunde hat Marokko folgenden Vor­behalt gemacht:
In einem Streitfall bedarf die Überweisung an den Internationalen Gerichtshof der Zustimmung aller beteiligten Parteien.
⁸ SR 0.142.311
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