Notenaustausch vom 16. Oktober 1958 über die gegenseitige Deckung der Schäden von Angehörigen der Schweiz und Frankreichs bei Motorfahrzeug‑Unfällen
In Kraft getreten am 16. Oktober 1958
Der schweizerische Botschafter in Paris und der französische Aussenminister haben am 16. Oktober 1958 Noten mit Begleit‑Memorandum ausgetauscht über die gegenseitige Deckung der Schäden von Angehörigen beider Staaten bei Motorfahrzeug‑Unfällen. Der Wortlaut der französischen Note mit Begleit-Memorandum, der inhaltlich mit den schweizerischen Texten übereinstimmt, folgt hiernach.
Französische Note
Übersetzung ¹
Herr Botschafter,
Sie haben mir heute eine Note übermittelt mit folgendem Wortlaut:
«An den Besprechungen, die vor kurzem in Paris und in Bern stattfanden, konnten die Vertreter der beiden Regierungen feststellen, dass die Einrichtungen beider Staaten zur Entschädigung der Opfer von Motorfahrzeugunfällen im grossen und ganzen gleichwertig sein werden, sobald einerseits der Entwurf des neuen schweizerischen Gesetzes über den Strassenverkehr² endgültig angenommen ist und anderseits das französische Gesetz vom 27. Februar 1958 über die Versicherungspflicht im Motorfahrzeug-Verkehr in Kraft tritt. Vom Tage an, da diese beiden Gesetze in Geltung sind, werden daher die schweizerischen und französischen Staatsangehörigen, auf Grund des Gegenrechts, in beiden Staaten dessen eigenen Staatsangehörigen, die im eigenen Lande wohnen, gleichgestellt sein.
Um jedoch das Inkrafttreten der genannten zwei Gesetze nicht abwarten zu müssen, sondern schon jetzt die Unterschiede der beiden Systeme der Schadendeckung ausgleichen zu können, beehre ich mich, Ihnen im Namen des Bundesrates den Vorschlag zu unterbreiten, für die Unfälle nach dem 30. Juni 1958 eine vorübergehende Regelung des Gegenrechts anzunehmen gemäss den Bestimmungen des beigefügten Memorandums.
Auf Wunsch jeder der beiden Regierungen wird die mit diesem Brief vorgeschlagene Vereinbarung zu überprüfen sein, wenn die im ersten Absatz vorausgesetzte Gleichwertigkeit der Schadendeckungs‑Systeme bis zum 1. Januar 1960 nicht erreicht sein sollte.
Wenn die Regierung der Französischen Republik sich den vorstehenden Anregungen anschliessen kann, beehre ich mich, vorzuschlagen, dass dieser Brief und die Antwort, den Ihre Exzellenz mir zustellen möge, als Abkommen zwischen unsern beiden Regierungen gelten sollen.»
Ich beehre mich, Ihnen mitzuteilen, dass die französische Regierung den Bestimmungen der erwähnten Noten und des Memorandums, das dieser Antwort beiliegt, zugestimmt hat.
Genehmigen Sie, Herr Botschafter, die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung.
¹ Der Originaltext findet sich unter der gleichen Nummer in der entsprechenden Ausgabe dieser Sammlung.
² Des BG vom 19. Dez. 1958 ( SR 741.01 )
Begleit-Memorandum
Während der Übergangszeit gemäss dem zugrundeliegenden Schreiben gelten die folgenden Bestimmungen:³
A. In Frankreich
1. Schweizer Bürger, die ihren Wohnsitz nicht in Frankreich oder einem andern Land der Französischen Union haben, können die Leistungen des französischen «Motorfahrzeug-Garantie-Fonds» beanspruchen bis zum Gegenwert der folgenden, von der schweizerischen Gesetzgebung über die obligatorische Motorfahrzeug-Versicherung vorgesehenen Beträge:
– bei den von Motorrädern verursachten Unfällen: 30 000 sFr. für eine verunfallte Person und 60 000 sFr. für das Unfallereignis
– bei den von schweren Motorwagen zum Personentransport verursachten Unfällen: 50000 sFr. für eine verunfallte Person undfür das Unfallereignis bis zu einem von der Platzzahl des Fahrzeugs abhängigen Betrag (Art. 52 des Gesetzes vorn 15. März 1932⁴.
– bei den von andern Motorwagen verursachten Unfällen: 50 000 sFr. für eine verunfallte Person und 100 000 sFr. für das Unfallereignis
2. Schweizer Bürger, die ihren Wohnsitz nicht in Frankreich oder einem andern Land der Französischen Union haben und in einem nicht in Frankreich immatrikulierten Motorfahrzeug fuhren, erhalten keine Entschädigung vom französischen «Motorfahrzeug-Garantie-Fonds», wenn der zu ihrer Verletzung führende Unfall von einem in der Schweiz immatrikulierten Motorfahrzeug verursacht wurde.
B. In der Schweiz
1. Die französischen Staatsangehörigen, die in der Schweiz verletzt werden bei einem Unfall, den ein unbekanntes Motorfahrzeug verursacht, erhalten Ersatz für ihre Körperschäden nach Massgabe der schweizerischen Haftpflichtbestimmungen und bis zu den Beträgen gemäss Artikel 52 des Bundesgesetzes vorn 15. März 1932⁵ über den Motorfahrzeug- und Fahrradverkehr; dasselbe gilt bei Unfällen, die von einem Motorfahrzeug verursacht werden, das entgegen den gesetzlichen Bestimmungen nicht versichert ist.
2. Die französischen Staatsangehörigen, die in einem Motorfahrzeug fahren, das nicht in der Schweiz, sondern in einem andern Staat immatrikuliert ist, und denen in der Schweiz ein Körperschaden zugefügt wird durch ein in einem dritten Staat immatrikuliertes Motorfahrzeug, sind den in der Schweiz wohnenden Schweizern gleichgestellt.
3. Die französischen Staatsangehörigen, die in der Schweiz verletzt werden durch ein Motorfahrzeug, das ein unberechtigter Dritter eigenmächtig verwendete, werden für ihre Körperschäden unter Abweichung von Artikel 55 des zitierten Bundesgesetzes von 1932⁶ nicht nach den Grundsätzen der obligatorischen Unfallversicherung, sondern nach den Regeln der obligatorischen Haftpflichtversicherung für Motorfahrzeuge entschädigt.
³ Siehe heute die Verkehrsversicherungsverordnung vom 20. Nov. 1959 ( SR 741.31 ).
⁴ BS 7 595 614; AS 1948 531 , 1949 II 1491 Art. 4, 1960 1157 Art. 28 Abs. 1 Ziff. 1, 1308 Art. 4 Abs. 6; SR 741.11 Art. 99 Abs. 3. SR 741.01 Art. 107 Abs. 3].
⁵ BS 7 595 614; AS 1948 531 , 1949 II 1491 Art. 4, 1960 1157 Art. 28 Abs. 1 Ziff. 1, 1308 Art. 4 Abs. 6; SR 741.11 Art. 99 Abs. 3. SR 741.01 Art. 107 Abs. 3].
⁶ BS 7 595; AS 1948 531 , 1949 II 1491 Art. 4, 1960 1157 Art. 28 Abs. 1 Ziff. 1, 1308 Art. 4 Abs. 6; SR 741.11 Art. 99 Abs. 3. SR 741.01 Art. 107 Abs. 3].
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