Vertrag zwischen der Schweiz und Finnland betreffend die Behandlung der Staats... (0.142.113.451)
CH - Schweizer Bundesrecht

Vertrag zwischen der Schweiz und Finnland betreffend die Behandlung der Staatsangehörigen und der Gesellschaften, Genossenschaften und Vereine des anderen Landes

Abgeschlossen am 7. Mai 1935 Von der Bundesversammlung genehmigt am 21. Juni 1935¹ Ratifikationsurkunden ausgetauscht am 28. Januar 1936 In Kraft getreten am 28. Januar 1936 (Stand am 28. Januar 1936) ¹ AS 52 53
Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung des Freistaates Finnland,
von dem Wunsche beseelt, die Bedingungen festzustellen, gemäss denen die schweizerischen Staatsangehörigen in Finnland und die finnländischen Staatsangehörigen in der Schweiz behandelt werden sollen,
sind übereingekommen, zu diesem Zwecke einen Vertrag zu schliessen, und haben hiefür zu ihren Bevollmächtigten ernannt:
(Es folgen die Namen der Bevollmächtigten)
die, nach gegenseitiger Mitteilung ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten,
folgende Bestimmungen vereinbart haben:
Art. 1
Die Staatsangehörigen eines jeden der vertragschliessenden Teile sollen auf dem Gebiet des andern Teils in jeder Hinsicht auf dem gleichen Fuss behandelt werden wie die Staatsangehörigen der meistbegünstigten Nation; sie haben unter den gleichen Bedingungen wie diese und unter Vorbehalt der daselbst jetzt oder künftig geltenden Gesetze und Verordnungen das Recht, dort frei einzureisen, sich dort niederzulassen, Handel, Industrie und alle zulässigen Gewerbe und Berufe auzu­üben, dort bewegliches und unbewegliches Vermögen durch Erbschaft, Schenkung, Vermächtnis, Kauf, Tausch oder auf jedem andern gesetzlichen Wege zu erwerben und dieses Vermögen zu besitzen, innezuhaben und zu veräussern.
Jeder vertragschliessende Teil verpflichtet sich, von den Staatsangehörigen des andern Teils keine höhern oder andern Steuern, Gebühren oder Abgaben irgendwelcher Art zu erheben als die, die jetzt oder künftig von seinen eigenen Bürgern oder den Staatsangehörigen der meistbegünstigten Nation erhoben werden.²
² Siehe auch das Abk. vom 16. Dez. 1991 zwischen der Schweizerischen Eidgenossen­schaft und der Republik Finnland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Ge­biet der Steuern und Einkommen und vom Vermögen ( SR 0.672.934.51 ) und das Abk. vom 27. Dez. 1956 zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Erb­schaftssteuern ( SR 0.672.934.52 ).
Art. 2
Die Handels-, Industrie-, Finanz-, Versicherungs-, Landwirtschafts-, Transport- und andern Gesellschaften, die Genossenschaften und die wirtschaftlich tätigen Vereine, die ihren Sitz auf dem Gebiet des einen der beiden Länder haben und dort gesetzmässig errichtet worden sind, werden im andern Land als gesetzmässig errichtet und rechtlich bestehend anerkannt. Wenn die Gesetze des andern Landes nicht entgegenstehen und vorausgesetzt, dass alle in diesen Gesetzten vorgesehenen Formalitäten erfüllt werden, können sie ihre Geschäfte auf dieses letztere Land ausdehnen und dort Rechte erwerben und ausüben sowie daselbst ihre Industrie betreiben. Sie geniessen in jeder Beziehung eine ebenso günstige Behandlung wie sie den entsprechenden Gesellschaften irgendeiner dritten Macht gewährt wird oder künftig gewährt werden wird³, und sie haben das gleiche Recht wie die Gesellschaften der meistbegünstigten Nation, dort bewegliches und unbewegliches Vermögen zu erwerben, zu besitzen, innezuhaben und zu veräussern.
Die Steuern, Gebühren und Abgaben, welches immer ihre Bezeichnung oder Natur sein mag, dürfen sie nicht härter belasten als die Gesellschaften, Genossenschaften oder Vereine der meistbegünstigten Nation.
³ Berichtigung der in der AS veröffentlichten Übersetzung.
Art. 3
Die Staatsangehörigen jedes der vertragschliessenden Teile und die in Artikel 2 genannten Gesellschaften, Genossenschaften und Vereine sollen auf dem Gebiete des anderen Teils, sofern sie die den Einheimischen auferlegten Bedingungen erfüllen, den beständigsten Schutz geniessen, und sie sollen in dieser Hinsicht in dem vom Völkerrecht vorgeschriebenen Grade des Schutzes teilhaftig sein. Sie haben unter den gleichen Bedingungen wie die Einheimischen freien Zugang zu den Gerichten und den verschiedenen Behörden des andern Teils. Bei der Ausübung dieses Rechts dürfen sie keinen andern oder höhern Lasten unterworfen werden als denjenigen, die den Einheimischen oder den Gesellschaften, Genossenschaften oder Vereinen des Landes auferlegt sind.
Art. 4
Die Staatsangehörigen des einen vertragschliessenden Teils sind auf dem Gebiet des andern Teils befreit von jedem Militärdienst sowie von der Ersatzleistung durch irgend­welche Geld- oder Naturalsteuern oder Abgaben. Die beiden vertragschlies­senden Teile garantieren sich gegenseitig die Meistbegünstigung hinsichtlich der Zwangs­anleihe und der Requisitionen und militärischen Leistungen, die in Kriegszeiten oder unter aussergewöhnlichen Umständen festgesetzt werden. Indessen sind die beiderseitigen Staatsangehörigen in ihrer Eigenschaft als Eigentümer, Mieter oder Benützer von Liegenschaften oder Handels- oder Industrieunternehmungen der gleichen Behandlung wie die Einheimischen unterworfen, besonders mit Bezug auf Enteignungen, und sie haben Anspruch auf die gleichen Entschädigungen wie die Einheimischen oder die Staatsangehörigen des meistbegünstigten Landes.
Art. 5
Dieser Vertrag soll ratifiziert werden, und der Austausch der Ratifikationsurkunde soll sobald als möglich in Bern stattfinden.
Der Vertrag tritt am Tage des Austausches der Ratifikationsurkunde in Kraft und gilt für die Dauer eines Jahres. Wird er nicht sechs Monate vor Ablauf dieses Zeitraumes gekündigt, so bleibt er weiter in Geltung, bis er gekündigt wird, wobei diese Kündigung erst nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten wirksam wird.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten den vorliegenden Vertrag unterzeichnet und mit ihren Siegel versehen.
So geschehen in doppelter Ausfertigung in Bern am 7. Mai 1935
Motta Rudolf Holsti

Zusatzprotokoll

Bei der Unterzeichnung des Vertrages zwischen der Schweiz und Finnland betreffend die Behandlung der Staatsangehörigen und der Gesellschaften, Genossenschaften und Vereine des anderen Landes haben die hierzu gehörig bevollmächtigten Unterzeichneten folgendes vereinbart:
a. Keiner der Vertragsstaaten kann die Bestimmungen dieses Vertrages betreffend die Meistbegünstigung anrufen, um Vergünstigungen zu beanspruchen, die der eine oder andere der vertragschliessenden Teile den Staatsangehörigen der angrenzenden Staaten zur Erleichterung des Grenzverkehrs gewährt hat oder gewähren könnte.
b. Der Artikel 1 ist nicht anwendbar auf den Hausierhandel, die Wandergewerbe und das Aufsuchen von Warenbestellungen bei Personen, die weder Gewerbe noch Handel treiben; die vertragschliessenden Teile behalten sich diesbezüglich ihre volle Freiheit vor.
c. Die in Artikel 1 Absatz 2 enthaltene Bestimmung über die Gleichbehandlung mit den Einheimischen hinsichtlich der Bezahlung von Steuern, Gebühren oder Abgaben ist nicht anwendbar auf die Aufgaben und Lasten für den Aufenthalt und die Niederlassung.
d. Die vertragschliessenden Teile erklären, dass die grundsätzlich mit einer Abmachung zum Zwecke der Vermeidung der Doppelbesteuerung durchaus einverstanden und geneigt sind, gegebenenfalls in Verhandlungen über den Abschluss eines besondern Abkommens über diesen Gegenstand zu treten.⁴
So geschehen in doppelter Ausfertigung in Bern am 7. Mai 1935.
Motta Rudolf Holsti
⁴ Siehe die Fussnote am Schluss von Art. 1.
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