Vertrag zwischen den Kantonen Bern und Appenzell I. Rh. betreffend Unterbringung der administrativ internierten Männer des Kantons Appenzell I. Rh. in der Arbeitsanstalt St. Johannsen
Vertrag zwischen den Kantonen Bern und Appenzell I. Rh. betreffend Unterbringung der administrativ internierten Männer des Kantons Appenzell I. Rh. in der Arbeitsanstalt St. Johannsen Gegenseitig genehmigt am 25./29. November 1924 Zwischen dem Kanton Bern, vertreten durch seine Polizeidirektion einerseits, und dem Kanton Appenzell I. Rh., vertreten durch seinen Regierungsrat andererseits, wird folgender Vertrag abgeschlossen: Art. 1
1 Der Kanton Appenzell I. Rh. übergibt dem Kanton Bern zur Internierung in der Ar- beitsanstalt St. Johannsen die administrativ in eine Arbeitsanstalt zu versetzenden Personen. Aufgenommen werden nur gesunde, arbeitsfähige Männer, deren Ent- haltungszeit mindestens ein Jahr beträgt und die das Alter von 20 Jahren zurück- gelegt haben. Die Versetzung ist durch die zuständige Stelle des Kantons Appenzell
I. Rh. auszusprechen. Je ein Doppel des Entscheides ist der Polizeidirektion des
Kantons Bern und der Anstaltsdirektion zuzustellen.
2 Die Arbeitsanstalt St. Johannsen ist nicht gehalten, Personen aufzunehmen, die ihres Vorlebens wegen als besonders gefährlich bezeichnet werden müssen. Art. 2 Erweist sich ein in St. Johannsen aufgenommener Enthaltener während der Ent- haltungszeit als besonders gefährlich, so kann die Direktion verlangen, dass der Kanton Appenzell I. Rh. den Enthaltenen zurücknehme, um ihn an einem andern Orte unterzubringen. Art. 3
1 Vorübergehend kranke Internierte werden auf Kosten der Anstalt in St. Johannsen verpflegt, solange die Krankheit heilbar erscheint und ihre voraussichtliche Dauer zwei Monate nicht übersteigt.
2 Dagegen verpflichtet sich der Kanton Appenzell I. Rh., Geisteskranke oder solche Patienten, deren Zustand Spitalpflege erfordert, oder deren Krankheit voraussicht- lich länger als zwei Monate dauern wird, zurückzunehmen und auf seine Kosten zu versorgen.
Art. 4
1 Die in St. Johannsen untergebrachten Enthaltenen des Kantons Appenzell I. Rh. unterstehen in jeder Beziehung der gleichen Verwaltung, Ordnung und Aufsicht, wie die bernischen Internierten. Alle Anstaltsreglemente gelten auch f ü r sie, ebenso die Verordnungen und Dienstbefehle des Direktors.
2 F ü r ihre religi ö sen Bed ü rfnisse wird in gleicher Weise wie f ü r die bernischen Ge- fangenen durch die von der Anstalt angestellten Geistlichen gesorgt werden Art. 5
1 Gem ä ss den Vorschriften des Art. 4 werden die Internierten des Kantons Appenzell I. Rh. von ihrem Eintritte an und w ä hrend der ganzen Strafzeit auf Kosten der An- stalt St. Johannsen durch dieselbe mit Kleidern und Schuhen versorgt.
2 Alle Auslagen f ü r die Internierten, wie zum Beispiel f ü r Bewachung, Aufsicht, Nah- rung etc. fallen zu Lasten der Anstalt. Dagegen erh ä lt sie den ganzen Ertrag der Arbeit, zu der die Internierten nach den f ü r den Betrieb aufgestellten Regeln und mit R ü cksicht auf F ä higkeit, K ö rperkraft und Alter angehalten werden.
3 Die Kleidung und das Schuhwerk, das die Enthaltenen bei ihrer Ankunft tragen, werden auf Kosten der Anstalt instand gestellt. F ü r fehlende St ü cke hat der Kanton Appenzell I. Rh. aufzukommen, so dass bei seinem Austritt jeder Internierte voll- st ä ndig gekleidet ist.
4 Die Anstalt ü bernimmt auch die Reisekosten der Entlassenen bis in den Heimat- kanton, oder, falls der neue Arbeitsort nicht daselbst gelegen ist, f ü r eine Strecke von h ö chstens 160 km Eisenbahn. Die eigentliche Schutzaufsicht und Entlasse- nenf ü rsorge liegt dem Kanton Appenzell l. Rh. ob. Art. 6 Der Kanton Appenzell I. Rh. bezahlt der Anstalt St. Johannsen: f ü r jeden Internier- ten ein j ä hrliches Kostgeld von Fr. 250. — bis 400. — , das nach Einholung des Be- richtes der Anstaltsdirektion ü ber die Auff ü hrung und Arbeitsleistung des Enthalte- nen durch die Polizeidirektion des Kantons Bern jeweilen sp ä testens drei Monate vor Ablauf eines Jahres der Enthaltungszeit festgesetzt wird. Die Bezahlung ge- schieht gegen Rechnungsstellung der Anstalt. Art. 7
1 F ü r alles, was die Ausf ü hrung des Vertrages anbetrifft, ist der Kanton Appenzell I. Rh. vertreten durch den Vorsteher der Polizeidirektion, der Kanton Bern durch den Direktor der Arbeitsanstalt St. Johannsen, soweit nicht die Polizeidirektion hierf ü r durch diesen Vertrag bezeichnet ist.
2 Die Beh ö rden des Kantons Appenzell I. Rh. haben keinen Anteil an der Verwaltung der Anstalt St. Johannsen, aber die appenzell-innerrhodischen Internierten k ö nnen zu jeder Zeit vom Vorsteher der Polizeidirektion, einem Beamten dieser Amtsstelle, oder einer zu diesem Zwecke bezeichneten Kommission besucht werden.
3 Die Gerichtsbeh ö rden k ö nnen die Internierten in St. Johannsen besuchen und ab- h ö ren. Wenn n ö tig, k ö nnen dieselben auch zur Abh ö rung nach Appenzell I. Rh. gebracht werden (auf Kosten des Kantons Appenzell I. Rh.). Art. 8
1 Sollte der Bestand der bernischen Enthaltenen vor ü bergehend derart ansteigen, dass in St. Johannsen Platzmangel entsteht, so h ä tte sich der Kanton Appenzell l. Rh. mit Einweisung seiner Internierten entsprechend zur ü ckzuhalten.
2 In F ä llen h ö herer Gewalt (Brand usw.) kann der Kanton Appenzell I. Rh. angehal- ten werden, seine Internierten ganz oder vor ü bergehend anderswo unterzubringen. Art. 9
1 Der Vertrag ist abgeschlossen auf die Dauer von 5 Jahren. Seine Wirkung beginnt am 1. Januar 1925 und dauert bis 31. Dezember 1930. Er kann auf diesen Zeit- punkt durch Mitteilung der einen Partei an die andere gek ü ndigt werden. Die K ü ndi- gung hat vor dem 1. Juli 1930 zu geschehen. Zust ä ndig f ü r die K ü ndigung ist f ü r den Kanton Bern die Polizeidirektion, f ü r den Kanton Appenzell I. Rh. ebenfalls die Polizeidirektion.
2 Wird der Vertrag auf diesen Zeitpunkt nicht gek ü ndigt, so gilt er als verl ä ngert zu den gleichen Bedingungen f ü r eine neue Periode von 5 Jahren usw. von 5 zu 5 Jah- ren. Zur K ü ndigung auf das Ende einer dieser Fristen ist eine Mitteilung 6 Monate vor deren Ablauf n ö tig.
Feedback