Genfer Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen 3 (0.518.42)
CH - Schweizer Bundesrecht

Genfer Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen 3

Abgeschlossen in Genf am 12. August 1949 Von der Bundesversammlung genehmigt am 17. März 1950⁴ Schweizerische Ratifikationsurkunde hinterlegt am 31. März 1950 In Kraft getreten für die Schweiz am 21. Oktober 1950 ¹  AS 1951 228 ; BBl 1949 II 1181 ² Der französische Originaltext findet sich unter der gleichen Nummer in der französischen Ausgabe dieser Sammlung. ³ Siehe auch die Zusatzprot. I und II vom 8. Juni 1977 ( SR 0.518.521 /.522 ). ⁴ AS 1951 175
Die unterzeichneten Bevollmächtigten der Regierungen, die an der vom 21. April bis 12. August 1949 in Genf zur Revision des Genfer Abkommens vom 27. Juli 1929⁵ über die Behandlung der Kriegsgefangenen versammelten diplomatischen Konferenz vertreten waren, haben folgendes vereinbart:
⁵ SR 0.518.41

Teil 1 Allgemeine Bestimmungen

Art. 1
Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, das vorliegende Abkommen unter allen Umständen einzuhalten und seine Einhaltung durchzusetzen.
Art. 2
Ausser den Bestimmungen, die bereits in Friedenszeiten zu handhaben sind, ist das vorliegende Abkommen in allen Fällen eines erklärten Krieges oder jedes anderen bewaffneten Konflikts anzuwenden, der zwischen zwei oder mehreren der Hohen Vertragsparteien entsteht, und zwar auch dann, wenn der Kriegszustand von einer dieser Parteien nicht anerkannt wird.
Das Abkommen ist auch in allen Fällen vollständiger oder teilweiser Besetzung des Gebietes einer Hohen Vertragspartei anzuwenden, selbst wenn diese Besetzung auf keinen bewaffneten Widerstand stösst.
Wenn eine der im Konflikt befindlichen Mächte am vorliegenden Abkommen nicht beteiligt ist, bleiben die daran beteiligten Mächte in ihren gegenseitigen Beziehun­gen gleichwohl durch das Abkommen gebunden. Sie sind aber durch das Abkom­men auch gegenüber dieser Macht gebunden, wenn diese dessen Bestimmungen annimmt und anwendet.
Art. 3
Im Falle eines bewaffneten Konflikts, der keinen internationalen Charakter aufweist und der auf dem Gebiet einer der Hohen Vertragsparteien entsteht, ist jede der am Konflikt beteiligten Parteien gehalten, wenigstens die folgenden Bestimmungen anzuwenden:
1. Personen, die nicht direkt an den Feindseligkeiten teilnehmen, einschliess­lich der Mitglieder der bewaffneten Streitkräfte, welche die Waffen gestreckt haben, und der Personen, die infolge Krankheit, Verwundung, Gefangen­nahme oder irgendeiner anderen Ursache ausser Kampf gesetzt wurden, sol­len unter allen Umständen mit Menschlichkeit behandelt werden, ohne jede Benachteiligung aus Gründen der Rasse, der Farbe, der Religion oder des Glaubens, Geschlechts, der Geburt oder des Vermögens oder aus irgendei­nem ähnlichen Grunde.
Zu diesem Zwecke sind und bleiben in Bezug auf die oben erwähnten Perso­nen jederzeit und jedenorts verboten: a. Angriffe auf Leib und Leben, namentlich Mord jeglicher Art, Ver­stümmelung, grausame Behandlung und Folterung;
b. die Gefangennahme von Geiseln;
c. Beeinträchtigung der persönlichen Würde, namentlich erniedrigende und entwürdigende Behandlung;
d. Verurteilungen und Hinrichtungen ohne vorhergehendes Urteil eines ordnungsmässig bestellten Gerichtes, das die von den zivilisierten Völ­kern als unerlässlich anerkannten Rechtsgarantien bietet.
2. Die Verwundeten und Kranken sollen geborgen und gepflegt werden.
Eine unparteiische humanitäre Organisation, wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, kann den am Konflikt beteiligten Parteien ihre Dienste anbieten.
Die am Konflikt beteiligten Parteien werden sich anderseits bemühen, durch beson­dere Vereinbarungen auch die andern Bestimmungen des vorliegenden Abkommens ganz oder teilweise in Kraft zu setzen.
Die Anwendung der vorstehenden Bestimmungen hat auf die Rechtsstellung der am Konflikt beteiligten Parteien keinen Einfluss.
Art. 4
A.  Kriegsgefangene im Sinne des vorliegenden Abkommens sind die in die Gewalt des Feindes gefallenen Personen, die einer der nachstehenden Kategorien ange­hören:
1. Angehörige von bewaffneten Kräften einer am Konflikt beteiligten Partei, ebenso Angehörige von Milizen und Freiwilligenkorps, die zu diesen bewaffneten Kräften gehören;
2. Angehörige anderer Milizen und Freiwilligenkorps, einschliesslich solcher von organisierten Widerstandsbewegungen, die zu einer am Konflikt betei­ligten Partei gehören und ausserhalb oder innerhalb ihres eigenen Gebietes, auch wenn dasselbe besetzt ist, tätig sind, sofern diese Milizen oder Freiwil­ligenkorps, einschliesslich der organisierten Widerstandsbewegungen: a. an ihrer Spitze eine für ihre Untergebenen verantwortliche Person haben;
b. ein bleibendes und von weitem erkennbares Zeichen tragen;
c. die Waffen offen tragen;
d. bei ihren Operationen die Gesetze und Gebräuche des Krieges einhal­ten;
3. Angehörige regulärer bewaffneter Kräfte, die sich zu einer von der Gewahr­samsmacht nicht anerkannten Regierung oder Behörde bekennen;
4. Personen, die den bewaffneten Kräften folgen, ohne ihnen direkt anzugehö­ren, wie zivile Besatzungsmitglieder von Militärflugzeugen, Kriegsberichter­statter, Heereslieferanten, Angehörige von Arbeitseinheiten oder von Dien­s­ten, die mit der Fürsorge für die bewaffneten Kräfte betraut sind, sofern dieselben von den bewaffneten Kräften, die sie begleiten, zu ihrer Tätigkeit ermächtigt wurden. Diese sind gehalten, ihnen zu diesem Zweck eine dem beigefügten Muster entsprechende Identitätskarte auszuhändigen;
5. Besatzungsmitglieder der Handelsmarine, einschliesslich der Kapitäne, Steuer­männer und Schiffsjungen sowie Besatzungen der Zivilluftfahrt der am Konflikt beteiligten Parteien, welche auf Grund anderer Bestimmungen des internationalen Rechts keine günstigere Behandlung geniessen;
6. die Bevölkerung eines unbesetzten Gebietes, die beim Herannahen des Fein­des aus eigenem Antrieb die Waffen gegen die Invasionstruppen ergreift, ohne zur Bildung regulärer Streitkräfte Zeit gehabt zu haben, sofern sie die Waffen offen trägt und die Gesetze und Gebräuche des Krieges einhält.
B.  Die gemäss dem vorliegenden Abkommen den Kriegsgefangenen zugesicherte Behandlung geniessen ebenfalls:
1. die Personen, die den bewaffneten Kräften des besetzten Landes angehören oder angehört haben, sofern die Besetzungsmacht es als nötig erachtet, sie auf Grund dieser Zugehörigkeit zu internieren, selbst wenn sie sie ursprüng­lich, während die Feindseligkeiten ausserhalb des besetzten Gebietes weiter­gingen, freigelassen hatte; dies gilt namentlich nach einem missglückten Versuch, die eigenen, im Kampfe stehenden Streitkräfte zu erreichen, oder wenn sie einer Aufforderung zur Internierung nicht Folge leisteten;
2. die einer der im vorliegenden Artikel aufgezählten Kategorien angehörenden Personen, die von neutralen oder nicht kriegführenden Staaten in ihr Gebiet aufgenommen wurden und auf Grund des Völkerrechts interniert werden müssen, unter dem Vorbehalt jeder günstigeren Behandlung, die diese ihnen zu gewähren wünschen, und mit Ausnahme der Bestimmungen der Artikel 8, 10, 15, 30, fünfter Absatz, 58 bis inbegriffen 67, 92, 126 und, für den Fall, dass zwischen den am Konflikt beteiligten Parteien und der beteiligten neu­tralen oder nicht kriegführenden Macht diplomatische Beziehungen beste­hen, auch mit Ausnahme der die Schutzmacht betreffenden Bestimmungen. Bestehen solche diplomatische Beziehungen, so sind die am Konflikt betei­ligten Parteien, denen diese Personen angehören, ermächtigt, diesen gegen­über die gemäss dem vorliegenden Abkommen den Schutzmächten zufallen­den Funktionen auszuüben, ohne dass dadurch die von diesen Parteien auf Grund der diplomatischen oder konsularischen Gebräuche und Verträge ausgeübten Funktionen beeinträchtigt würden.
C.  Die Bestimmungen dieses Artikels beeinträchtigen in keiner Weise die Rechts­stellung des Sanitäts‑ und Seelsorgepersonals, wie sie in Artikel 33 des vorliegenden Abkommens vorgesehen ist.
Art. 5
Das vorliegende Abkommen findet auf die in Artikel 4 aufgeführten Personen Anwendung, sobald sie in die Gewalt des Feindes fallen und bis zu ihrer endgültigen Befreiung und Heimschaffung.
Wenn Zweifel bestehen, ob eine Person, die eine kriegerische Handlung begangen hat und in die Hand des Feindes gefallen ist, einer der in Artikel 4 aufgezählten Kategorien angehört, geniesst diese Person den Schutz des vorliegenden Abkom­mens, bis ihre Rechtsstellung durch ein zuständiges Gericht festgestellt worden ist.
Art. 6
Ausser den in den Artikeln 10, 23, 28, 33, 60, 65, 66, 67, 72, 73, 75, 109, 110, 118, 119, 122 und 132 ausdrücklich vorgesehenen Vereinbarungen können die Hohen Vertragsparteien andere besondere Vereinbarungen über jede Frage treffen, deren besondere Regelung ihnen zweckmässig erscheint. Keine besondere Vereinbarung darf die Lage der Kriegsgefangenen, wie sie durch das vorliegende Abkommen geregelt ist, beeinträchtigen oder die Rechte beschränken, die ihnen das Abkommen einräumt.
Die Kriegsgefangenen geniessen die Vorteile dieser Vereinbarungen so lange, als das Abkommen auf sie anwendbar ist, vorbehaltlich ausdrücklicher gegenteiliger Bestimmungen, die in den oben genannten oder in späteren Vereinbarungen enthal­ten sind und vorbehaltlich günstigerer Massnahmen, die durch die eine oder andere der am Konflikt beteiligten Parteien hinsichtlich dieser Personen ergriffen worden sind.
Art. 7
Die Kriegsgefangenen können in keinem Falle, weder teilweise noch vollständig, auf die Rechte verzichten, die ihnen das vorliegende Abkommen und gegebenenfalls die im vorhergehenden Artikel genannten besonderen Vereinbarungen einräumen.
Art. 8
Das vorliegende Abkommen ist unter der Mitwirkung und Aufsicht der Schutz­mächte anzuwenden, die mit der Wahrnehmung der Interessen der am Konflikt beteiligten Parteien betraut sind. Zu diesem Zwecke können die Schutzmächte neben ihren diplomatischen oder konsularischen Vertretern Delegierte unter ihren eigenen Staatsangehörigen oder unter Staatsangehörigen anderer neutraler Mächte bezeich­nen. Diese Delegierten müssen von der Macht genehmigt werden, bei der sie ihre Mission auszuführen haben.
Die am Konflikt beteiligten Parteien sollen die Aufgabe der Vertreter oder Dele­gierten der Schutzmächte in grösstmöglichem Masse erleichtern.
Die Vertreter oder Delegierten der Schutzmächte dürfen keinesfalls die Grenzen ihrer Aufgabe, wie sie aus dem vorliegenden Abkommen hervorgeht, überschreiten; insbesondere haben sie die zwingenden Sicherheitsbedürfnisse des Staates, in dem sie ihre Aufgabe durchführen, zu berücksichtigen.
Art. 9
Die Bestimmungen des vorliegenden Abkommens bilden kein Hindernis für die humanitäre Tätigkeit, die das Internationale Komitee vom Roten Kreuz oder irgendeine andere unparteiliche humanitäre Organisation mit Einwilligung der am Konflikt be­teiligten Parteien ausübt, um die Kriegsgefangenen zu schützen und ihnen Hilfe zu bringen.
Art. 10
Die Hohen Vertragsparteien können jederzeit vereinbaren, die durch das vorliegende Abkommen den Schutzmächten übertragenen Aufgaben einer Organisation anzu­vertrauen, die alle Garantien für Unparteilichkeit und erfolgreiche Arbeit bietet.
Wenn Kriegsgefangene aus irgendeinem Grunde nicht oder nicht mehr von einer in Absatz 1 vorgesehenen Organisation betreut werden, hat der Gewahrsamsstaat einen neutralen Staat oder eine solche Organisation zu ersuchen, die Funktionen zu über­nehmen, die das vorliegende Abkommen den Schutzmächten überträgt, die von den am Konflikt beteiligten Parteien bezeichnet werden.
Sollte ein Schutz auf diese Weise nicht gewährleistet werden können, so hat der Gewahrsamsstaat entweder eine humanitäre Organisation, wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, zu ersuchen, die durch das vorliegende Abkommen den Schutzmächten zufallenden humanitären Aufgaben zu übernehmen, oder aber unter Vorbehalt der Bestimmungen dieses Artikels die Dienste anzunehmen, die ihm eine solche Organisation anbietet.
Jede neutrale Macht oder jede Organisation, die von der betreffenden Macht einge­laden wird oder sich zu diesem Zweck zur Verfügung stellt, soll sich in ihrer Tätig­keit der Verantwortung gegenüber der am Konflikt beteiligten Partei, welcher die durch das vorliegende Abkommen geschützten Personen angehören, bewusst blei­ben und ausreichende Garantien dafür bieten, dass sie in der Lage ist, die betreffen­den Funktionen zu übernehmen und sie mit Unparteilichkeit zu erfüllen.
Von den vorstehenden Bestimmungen kann nicht durch eine besondere Verein­barung zwischen Mächten abgewichen werden, von denen die eine, wenn auch nur vorübergehend, gegenüber der anderen oder deren Verbündeten infolge militärischer Ereignisse und besonders infolge einer Besetzung des gesamten oder eines wichti­gen Teils ihres Gebietes, in ihrer Verhandlungsfreiheit beschränkt wäre.
Wo immer im vorliegenden Abkommen die Schutzmacht erwähnt wird, bezieht sich diese Erwähnung ebenfalls auf die Organisation, die sie im Sinne dieses Artikels ersetzt.
Art. 11
In allen Fällen, in denen die Schutzmächte es im Interesse der geschützten Personen als angezeigt erachten, insbesondere in Fällen von Meinungsverschiedenheiten zwi­schen den am Konflikt beteiligten Parteien über die Anwendung oder Auslegung der Bestimmungen des vorliegenden Abkommens, sollen sie zur Beilegung des Streit­falles ihre guten Dienste leihen.
Zu diesem Zwecke kann jede der Schutzmächte, entweder auf Einladung einer Partei oder von sich aus, den am Konflikt beteiligten Parteien eine Zusammenkunft ihrer Vertreter und im besondern der für das Schicksal der Kriegsgefangenen verantwort­lichen Behörden vorschlagen, gegebenenfalls auf einem passend gewählten neutra­len Gebiet. Die am Konflikt beteiligten Parteien sind verpflichtet, den ihnen zu die­sem Zwecke gemachten Vorschlägen Folge zu geben. Die Schutzmächte können, wenn nötig, unter Zustimmung der am Konflikt beteiligten Parteien eine einer neu­tralen Macht angehörende oder vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz delegierte Persönlichkeit vorschlagen, die zu ersuchen ist, an dieser Zusammenkunft teilzunehmen.

Teil II Allgemeiner Schutz der Kriegsgefangenen

Art. 12
Die Kriegsgefangenen unterstehen der Gewalt der feindlichen Macht, nicht jedoch der Gewalt der Personen oder Truppenteile, die sie gefangen genommen haben. Der Gewahrsamsstaat ist, unabhängig von etwa bestehenden persönlichen Verantwort­lichkeiten, für die Behandlung der Kriegsgefangenen verantwortlich.
Die Kriegsgefangenen dürfen vom Gewahrsamsstaat nur einer Macht übergeben werden, die an diesem Abkommen beteiligt ist, und dies nur, wenn sich der Gewahr­samsstaat vergewissert hat, dass die fragliche Macht willens und in der Lage ist, das Abkommen anzuwenden. Wenn Kriegsgefangene unter diesen Umständen überge­ben werden, übernimmt die sie aufnehmende Macht die Verantwortung für die Anwendung des Abkommens, solange sie ihr anvertraut sind.
Sollte diese Macht indessen die Bestimmungen des Abkommens nicht in allen wichtigen Punkten einhalten, so hat die Macht, die die Kriegsgefangenen übergeben hat, auf Anzeige der Schutzmacht hin wirksame Massnahmen zu ergreifen, um Abhilfe zu schaffen, oder die Rückgabe der Kriegsgefangenen zu verlangen. Einem sol­chen Verlangen muss stattgegeben werden.
Art. 13
Die Kriegsgefangenen sind jederzeit mit Menschlichkeit zu behandeln. Jede uner­laubte Handlung oder Unterlassung seitens des Gewahrsamsstaates, die den Tod oder eine schwere Gefährdung der Gesundheit eines in ihrem Gewahrsam befindli­chen Kriegsgefangenen zur Folge hat, ist verboten und als schwere Verletzung des vorliegenden Abkommens zu betrachten. Insbesondere dürfen an den Kriegsgefan­genen keine Körperverstümmelungen oder medizinische oder wissenschaftliche Ver­suche irgendwelcher Art vorgenommen werden, die nicht durch die ärztliche Behandlung des betreffenden Kriegsgefangenen gerechtfertigt sind und nicht in seinem Interesse liegen.
Die Kriegsgefangenen müssen ferner jederzeit geschützt werden, namentlich auch vor Gewalttätigkeit oder Einschüchterung, Beleidigungen und der öffentlichen Neu­gier.
Vergeltungsmassnahmen gegen Kriegsgefangene sind verboten.
Art. 14
Die Kriegsgefangenen haben unter allen Umständen Anspruch auf Achtung ihrer Person und ihrer Ehre.
Frauen sind mit aller ihrem Geschlecht geschuldeten Rücksicht zu behandeln und müssen auf jeden Fall die gleich günstige Behandlung erfahren wie die Männer.
Die Kriegsgefangenen behalten ihre volle bürgerliche Rechtsfähigkeit, wie sie im Augenblick ihrer Gefangennahme bestand. Der Gewahrsamsstaat darf deren Aus­übung innerhalb oder ausserhalb seines Gebietes nur insofern einschränken, als es die Gefangenschaft erfordert.
Art. 15
Der Gewahrsamsstaat ist verpflichtet, unentgeltlich für den Unterhalt der Kriegs­gefangenen aufzukommen und ihnen unentgeltlich die ärztliche Behandlung angedei­hen zu lassen, die ihr Gesundheitszustand erfordert.
Art. 16
Unter Berücksichtigung der Bestimmungen des vorliegenden Abkommens hinsicht­lich Grad und Geschlecht und vorbehaltlich der ihnen auf Grund ihres Gesundheits­zustandes, ihres Alters oder ihrer beruflichen Eignung gewährten Vergünstigungen sind alle Kriegsgefangenen durch den Gewahrsamsstaat gleich zu behandeln, ohne jede Benachteiligung aus Gründen der Rasse, der Staatszugehörigkeit, der Religion, der politischen Meinung oder aus irgendeinem ähnlichen Grunde.

Teil III Gefangenschaft

Abschnitt I Beginn der Gefangenschaft

Art. 17
Jeder Kriegsgefangene ist auf Befragen hin nur zur Nennung seines Namens, Vor­namens und Grades, seines Geburtsdatums und der Matrikelnummer oder, wenn diese fehlt, einer andern gleichwertigen Angabe verpflichtet.
Handelt er wissentlich gegen diese Vorschrift, so setzt er sich einer Beschränkung der Vergünstigungen, die den Kriegsgefangenen seines Grades oder seiner Stellung zustehen, aus.
Jede der am Konflikt beteiligten Parteien ist verpflichtet, allen Personen, die unter ihrer Hoheit stehen und die in Kriegsgefangenschaft geraten könnten, eine Identi­tätskarte auszuhändigen, auf der Name, Vornamen und Grad, Matrikelnummer oder eine gleichwertige Angabe und das Geburtsdatum verzeichnet sind. Diese Identitäts­karte kann ausserdem mit der Unterschrift oder den Fingerabdrücken oder mit bei­dem sowie mit allen andern den am Konflikt beteiligten Parteien für die Angehöri­gen ihrer bewaffneten Kräfte als wünschenswert erscheinenden Angaben versehen sein. Soweit möglich soll diese Karte 6,5 × 10 cm messen und in zwei Exemplaren ausgestellt werden. Der Kriegsgefangene hat diese Identitätskarte auf jedes Verlan­gen hin vorzuweisen; sie darf ihm jedoch keinesfalls abgenommen werden.
Zur Erlangung irgendwelcher Auskünfte dürfen die Kriegsgefangenen weder kör­perlichen noch seelischen Folterungen ausgesetzt, noch darf irgendein Zwang auf sie ausgeübt werden. Die Kriegsgefangenen, die eine Auskunft verweigern, dürfen weder bedroht noch beleidigt noch Unannehmlichkeiten oder Nachteilen irgendwelcher Art ausgesetzt werden.
Kriegsgefangene, die infolge ihres körperlichen oder geistigen Zustandes sich über ihre Person nicht auszuweisen vermögen, sind dem Sanitätsdienst anzuvertrauen. Die Identität dieser Kriegsgefangenen soll, vorbehaltlich der Bestimmungen des vorhergehenden Absatzes, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln festgestellt werden.
Die Kriegsgefangenen sollen in einer für sie verständlichen Sprache einvernommen werden.
Art. 18
Alle persönlichen Effekten und Gebrauchsgegenstände – ausser Waffen, Pferden, militärischer Ausrüstung und militärischen Dokumenten – verbleiben, ebenso wie die Stahlhelme, die Gasmasken und alle andern zum persönlichen Schutz dienenden Gegenstände, im Besitze der Kriegsgefangenen. Sämtliche Effekten und Gegen­stände, die zur Bekleidung und Verpflegung dienen, verbleiben gleicherweise in ihrem Besitze, auch wenn sie zu ihrer offiziellen militärischen Ausrüstung gehören.
Die Kriegsgefangenen müssen stets im Besitze eines Identitätsausweises sein. Der Gewahrsamsstaat hat allen denen, die keinen Ausweis besitzen, einen solchen zu verschaffen.
Grad‑ und Staatsangehörigkeitsabzeichen, Auszeichnungen sowie Gegenstände, die hauptsächlich persönlichen oder gefühlsmässigen Wert haben, dürfen den Kriegs­gefangenen nicht abgenommen werden.
Geldbeträge, die die Kriegsgefangenen auf sich tragen, dürfen ihnen nur auf Befehl eines Offiziers abgenommen werden, und dies erst, nachdem die Summe und die genaue Bezeichnung des Besitzers in ein besonderes Register eingetragen worden sind und ihm eine detaillierte Empfangsbestätigung ausgehändigt wurde, auf der in gut lesbarer Schrift Name, Grad und Einheit des Ausstellers aufgeführt sind. Die Beträge in der Währung des Gewahrsamsstaates sowie diejenigen, die auf Verlangen des Kriegsgefangenen in diese Währung umgewechselt wurden, sind gemäss Artikel 64 auf das Konto des Kriegsgefangenen gutzuschreiben.
Wertgegenstände dürfen den Kriegsgefangenen durch den Gewahrsamsstaat nur aus Gründen der Sicherheit abgenommen werden. In diesem Falle ist das gleiche Ver­fahren anzuwenden wie bei der Abnahme des Bargeldes.
Diese Wertgegenstände sowie die abgenommenen Geldbeträge in jeder anderen Währung als derjenigen des Gewahrsamsstaates, deren Umwechslung vom Besitzer nicht verlangt worden ist, sind vom Gewahrsamsstaat aufzubewahren und dem Kriegsgefangenen bei Beendigung der Gefangenschaft in ihrer ursprünglichen Form zurückzuerstatten.
Art. 19
Die Kriegsgefangenen sollen nach ihrer Gefangennahme möglichst bald in Lager gebracht werden, die von der Kampfzone so weit entfernt sind, dass sie sich ausser Gefahr befinden.
In der Gefahrenzone dürfen nur solche Gefangene vorübergehend zurückbehalten werden, die infolge ihrer Verwundungen oder Krankheiten bei der Überführung in ein Lager grösseren Gefahren ausgesetzt wären als beim Verbleiben an Ort und Stelle.
Die Kriegsgefangenen sollen bis zu ihrer Wegschaffung aus der Kampfzone nicht unnötig Gefahren ausgesetzt werden.
Art. 20
Das Wegschaffen der Kriegsgefangenen soll immer mit Menschlichkeit und unter ähnlichen Bedingungen erfolgen wie die Verschiebungen der eigenen Truppen des Gewahrsamsstaates.
Der Gewahrsamsstaat soll die wegzuschaffenden Kriegsgefangenen mit Trinkwasser und Verpflegung in genügender Menge und mit der notwendigen Bekleidung und ärztlichen Pflege versehen; er soll ferner alle Vorsichtsmassnahmen treffen, um die Sicherheit der Gefangenen während der Wegschaffung zu gewährleisten, und so bald wie möglich ein Verzeichnis der weggeschafften Gefangenen erstellen.
Müssen die Kriegsgefangenen während der Wegschaffung in Übergangslagern untergebracht werden, so soll ihr Aufenthalt in diesen Lagern so kurz wie möglich sein.

Abschnitt II Internierung der Kriegsgefangenen

Kapitel I Allgemeines

Art. 21
Der Gewahrsamsstaat kann die Kriegsgefangenen internieren. Er kann ihnen die Verpflichtung auferlegen, sich nicht über eine gewisse Grenze vom Lager, in dem sie interniert sind, zu entfernen oder, wenn das Lager eingezäunt ist, nicht über diese Umzäunung hinauszugehen. Vorbehaltlich der Bestimmungen des vorliegenden Abkommens betreffend Straf‑ und disziplinarische Massnahmen, ist die Entschliessung oder Beschränkung auf einen bestimmten Raum nur als unerlässliche Massnahme zum Schutz ihrer Gesundheit zulässig, und zwar nur für solange, als die Umstände, die diese Massnahme nötig machten, andauern.
Die Kriegsgefangenen können auf Ehrenwort oder Versprechen teilweise oder ganz freigelassen werden, sofern die Gesetze der Macht, von der sie abhängen, dies gestatten. Diese Massnahme soll namentlich dann getroffen werden, wenn sie zur Bes­serung des Gesundheitszustandes der Gefangenen beizutragen vermag. Es darf kein Gefangener gezwungen werden, seine Freilassung auf Ehrenwort oder Versprechen anzunehmen.
Bei Eröffnung der Feindseligkeiten soll jede am Konflikt beteiligte Partei der Gegenpartei ihre Gesetze und Vorschriften bekanntgeben, welche ihren Angehörigen die Annahme der Freilassung auf Ehrenwort oder Versprechen gestatten oder ver­bieten. Die gemäss diesen Gesetzen und Vorschriften auf Ehrenwort oder Verspre­chen in Freiheit gesetzten Gefangenen sind bei ihrer persönlichen Ehre verpflichtet, die eingegangenen Verpflichtungen gewissenhaft einzuhalten und dies sowohl ge­genüber der Macht, von der sie abhängen, als gegenüber dem Gewahrsamsstaat. In derartigen Fällen darf die Macht, von der die Kriegsgefangenen abhängen, keine Dienstleistung von ihnen verlangen oder annehmen, die gegen das eingegangene Eh­renwort oder Versprechen verstossen würde.
Art. 22
Die Kriegsgefangenen dürfen nur in Anlagen interniert werden, die auf dem Fest­lande liegen und jede mögliche Gewähr für Hygiene und Reinlichkeit bieten; ausge­nommen besondere Fälle, in denen dies ihr eigenes Interesse rechtfertigt, dürfen Kriegsgefangene nicht in Strafanstalten interniert werden.
Kriegsgefangene, die in ungesunden Gegenden oder solchen, deren Klima für sie schädlich ist, interniert sind, sollen sobald als möglich in Gegenden mit einem gün­s­tigeren Klima geschafft werden.
Der Gewahrsamsstaat hat die Kriegsgefangenen in den Lagern oder in Teilen dersel­ben unter Berücksichtigung ihrer Staatsangehörigkeit, ihrer Sprache und ihrer Gebräuche zu gruppieren, unter dem Vorbehalt, dass diese Gefangenen nicht von den Kriegsgefangenen der bewaffneten Kräfte getrennt werden, in denen sie im Augen­blick ihrer Gefangennahme dienten, es sei denn, sie wären damit einverstanden.
Art. 23
Kein Kriegsgefangener darf jemals in ein Gebiet gebracht oder dort zurückgehalten werden, wo er dem Feuer der Kampfzone ausgesetzt wäre; er darf auch nicht dazu benützt werden, um durch seine Anwesenheit militärische Operationen von gewissen Punkten oder Gebieten fernzuhalten.
Die Kriegsgefangenen sollen in gleichem Masse wie die ortsansässige Zivilbevölke­rung über Schutzräume gegen Fliegerangriffe und andere Kriegsgefahren verfügen; mit Ausnahme derjenigen, die am Schutz ihrer Unterkunftsräume gegen diese Gefahren teilnehmen, sollen sie sich nach gegebenem Alarm so rasch wie möglich in die Schutzräume begeben können. Jede andere zugunsten der Bevölkerung getrof­fene Schutzmassnahme soll auch ihnen zugute kommen.
Die Gewahrsamsstaaten sollen einander durch Vermittlung der Schutzmächte alle nützlichen Angaben über die geographische Lage der Kriegsgefangenenlager zuge­hen lassen.
Wenn immer die militärischen Erwägungen es erlauben, sollen die Kriegsgefange­nenlager am Tag so mit den beiden Buchstaben PG oder PW gekennzeichnet sein, dass sie aus der Luft deutlich erkannt werden können; die betreffenden Mächte kön­nen sich jedoch über ein anderes Mittel der Kennzeichnungen einigen. Einzig die Kriegsgefangenenlager dürfen auf diese Weise gekennzeichnet sein.
Art. 24
Die ständigen Durchgangs‑ und Sonderungslager sind nach ähnlichen Gesichts­punkten einzurichten wie die in diesem Abschnitt vorgesehenen, und den Kriegs­gefangenen soll darin die gleiche Behandlung wie in den andern Lagern zukommen.

Kapitel II Unterkunft, Verpflegung und Bekleidung der Kriegsgefangenen

Art. 25
Die Unterkunftsbedingungen der Kriegsgefangenen sollen ebenso günstig sein wie diejenigen der im gleichen Gebiete untergebrachten Truppen des Gewahrsamsstaa­tes. Diese Bedingungen haben den Sitten und Gebräuchen der Gefangenen Rech­nung zu tragen und dürfen ihrer Gesundheit keinesfalls abträglich sein.
Die vorstehenden Bestimmungen beziehen sich namentlich auf die Schlafräume der Kriegsgefangenen, und zwar sowohl hinsichtlich des gesamten Belegraumes und des Mindestluftraumes als auch hinsichtlich der Einrichtung und des Bettzeuges mit Einschluss der Decken.
Die sowohl für die persönliche wie für die gemeinschaftliche Benützung durch die Kriegsgefangenen dienenden Räume sollen vollkommen vor Feuchtigkeit geschützt und, namentlich zwischen dem Einbruch der Dunkelheit und dem Beginn der Nacht­ruhe, genügend geheizt und beleuchtet sein. Gegen Feuersgefahr sind alle Vor­sichtsmassnahmen zu treffen.
In allen Lagern, in denen gleichzeitig weibliche und männliche Gefangene unterge­bracht sind, muss für getrennte Schlafräume gesorgt sein.
Art. 26
Die tägliche Grundration von Nahrungsmitteln soll in Menge, Beschaffenheit und Abwechslung ausreichend sein, um einen guten Gesundheitszustand der Gefangenen zu gewährleisten und um Gewichtsverluste und Mangelerscheinungen zu verhin­dern. Den Ernährungsgewohnheiten der Gefangenen soll ebenfalls Rechnung getra­gen werden.
Der Gewahrsamsstaat hat den arbeitenden Kriegsgefangenen die zur Verrichtung der Arbeit, zu der sie verwendet werden, notwendige Zusatzration zu liefern.
Trinkwasser soll den Kriegsgefangenen in genügender Menge geliefert werden. Tabakgenuss soll gestattet sein.
Die Kriegsgefangenen sollen soviel wie möglich für die Zubereitung der Mahlzeiten herangezogen werden; sie können dazu in den Küchen verwendet werden. Überdies soll ihnen die Möglichkeit zur Zubereitung der zusätzlichen Nahrung gegeben wer­den, über die sie verfügen.
Als Essräume und als Messen sind zweckmässige Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen.
Sämtliche kollektiven Disziplinarmassnahmen auf dem Gebiete der Ernährung sind verboten.
Art. 27
Kleider, Wäsche und Schuhwerk sind den Kriegsgefangenen vom Gewahrsamsstaat in genügender Menge zu liefern, wobei dem Klima der Gegend, in der sich die Gefangenen befinden, Rechnung zu tragen ist. Die durch den Gewahrsamsstaat den feindlichen Armeen abgenommenen Uniformen sind, wenn sie den klimatischen Verhältnissen entsprechen, für die Bekleidung der Kriegsgefangenen zu verwenden.
Der Gewahrsamsstaat soll regelmässig für den Ersatz und die Ausbesserung dieser Effekten sorgen. Ferner sollen arbeitende Kriegsgefangene einen geeigneten Arbeitsanzug erhalten, wenn immer die Art der Arbeit dies erfordert.
Art. 28
In allen Lagern sind Kantinen einzurichten, bei denen sich die Kriegsgefangenen Lebensmittel, Gebrauchsgegenstände, Seife und Tabak zu Preisen, die keinesfalls jene des lokalen Handels übersteigen dürfen, beschaffen können.
Die Überschüsse dieser Kantinen sind zugunsten der Kriegsgefangenen zu verwen­den; zu diesem Zwecke wird ein besonderer Fonds geschaffen. Dem Vertrauens­mann steht das Recht zu, bei der Verwaltung der Kantine und des Fonds mitzuwir­ken.
Bei der Auflösung eines Lagers ist der Überschuss dieses besonderen Fonds einer internationalen humanitären Organisation zu übergeben, um zugunsten von Kriegs­gefangenen verwendet zu werden, die die gleiche Staatsangehörigkeit besitzen, wie die, welche den Fonds geschaffen haben. Im Falle allgemeiner Heimschaffung sind diese Überschüsse vom Gewahrsamsstaat aufzubewahren, falls keine gegenteiligen Abmachungen zwischen den beteiligten Mächten getroffen worden sind.

Kapitel III Gesundheitspflege und ärztliche Hilfe

Art. 29
Der Gewahrsamsstaat ist verpflichtet, alle nötigen hygienischen Massnahmen zu treffen, um die Reinlichkeit und Zuträglichkeit der Lager zu gewährleisten und um Epidemien vorzubeugen.
Den Kriegsgefangenen sollen tags und nachts sanitäre Einrichtungen zur Verfügung stehen, die den Erfordernissen der Hygiene entsprechen und die dauernd sauber zu halten sind. In den Lagern, in denen sich auch weibliche Kriegsgefangene aufhalten, müssen diese über besondere sanitäre Einrichtungen verfügen.
Ausserdem sollen die Kriegsgefangenen, unbeschadet der in den Lagern vorhande­nen Bäder und Duschen, für ihre tägliche Körperpflege und die Reinigung ihrer Wäsche genügend Wasser und Seife erhalten; die hiefür nötigen Einrichtungen und Er­leichterungen sowie die notwendige Zeit sind ihnen zu gewähren.
Art. 30
Jedes Lager soll eine geeignete Krankenabteilung besitzen, wo die Kriegsgefange­nen die erforderliche Pflege und die entsprechende Diät erhalten können. Für die von ansteckenden oder Geisteskrankheiten befallenen Kranken sollen gegebenen­falls Absonderungsräume bereitgestellt werden.
Kriegsgefangene, die von einer schweren Krankheit befallen sind oder deren Zustand eine besondere Behandlung, einen chirurgischen Eingriff oder Spitalpflege nötig macht, müssen in jeder für ihre Behandlung geeigneten militärischen oder zivilen Anstalt zugelassen werden, selbst wenn die Heimschaffung der Gefangenen für die nächste Zeit vorgesehen ist. Für die Behandlung der Invaliden, vor allem der Blinden, sowie für ihre Umschulung bis zum Zeitpunkt ihrer Heimschaffung sind besondere Erleichterungen zu gewähren.
Die Kriegsgefangenen sollen vorzugsweise durch ärztliches Personal der Macht, von der sie abhängen, wenn möglich durch eigene Landsleute, behandelt werden.
Die Kriegsgefangenen dürfen nicht daran gehindert werden, sich den ärztlichen Behörden zur Untersuchung zu stellen. Die Behörden des Gewahrsamsstaates haben jedem behandelten Gefangenen auf Verlangen eine amtliche Bescheinigung auszu­händigen, die die Art seiner Verletzungen oder seiner Krankheit, die Dauer der Behandlung und die erhaltene Pflege angibt. Ein Doppel dieser Bescheinigung ist der Zentralstelle für Kriegsgefangene zu überweisen.
Die Kosten der Behandlung, inbegriffen die Kosten aller für die Aufrechterhaltung eines guten Gesundheitszustandes der Kriegsgefangenen benötigten Behelfe, namentlich künstlicher Zähne und anderer Prothesen sowie von Brillen, gehen zu La­sten des Gewahrsamsstaates.
Art. 31
Mindestens einmal monatlich sollen die Kriegsgefangenen einer ärztlichen Unter­suchung unterworfen werden, die die Kontrolle und die Aufzeichnung des Gewichtes jedes Kriegsgefangenen umfasst. Ihr Zweck ist insbesondere, den allgemeinen Ge­sundheits‑, Ernährungs‑ und Sauberkeitszustand zu überwachen sowie die anste­ckenden Krankheiten, namentlich Tuberkulose, Malaria und Geschlechtskrankheiten, festzustellen. Dazu sollen die wirksamsten zur Verfügung stehenden Methoden zur Anwendung kommen, zum Beispiel die periodische Reihenröntgenaufnahme auf Mikrofilm zur frühzeitigen Erfassung von Tuberkulosefällen.
Art. 32
Kriegsgefangene, die, ohne dem Sanitätsdienst ihrer Streitkräfte angehört zu haben, Ärzte, Zahnärzte, Pfleger oder Pflegerinnen sind, können vom Gewahrsamsstaat zur Ausübung ihrer sanitätsdienstlichen Funktionen, im Interesse ihrer der gleichen Macht angehörenden Mitgefangenen, herangezogen werden. Sie bleiben in diesem Falle weiterhin Kriegsgefangene, sind jedoch gleich zu behandeln wie die entspre­chenden Angehörigen des vom Gewahrsamsstaat zurückgehaltenen Sanitätsperso­nals. Sie sind von jeder andern Arbeit, die ihnen gemäss Artikel 49 übertragen wer­den könnte, befreit.

Kapitel IV Zur Betreuung der Kriegsgefangenen zurückgehaltenes Sanitäts‑ und Seelsorgepersonal

Art. 33
Die vom Gewahrsamsstaat zum Zwecke der Betreuung der Kriegsgefangenen zurückgehaltenen Angehörigen des Sanitäts‑ und Seelsorgepersonals sind nicht als Kriegsgefangene zu betrachten. Sie geniessen jedoch mindestens alle durch das vor­liegende Abkommen vorgesehenen Vergünstigungen und den Schutz desselben; auch werden ihnen alle nötigen Erleichterungen gewährt, um den Kriegsgefangenen ärztliche Pflege und geistlichen Beistand geben zu können.
Sie haben im Rahmen der militärischen Gesetze und Vorschriften des Gewahrsams­staates und unter der Leitung seiner zuständigen Dienststellen und in Übereinstim­mung mit ihrem Berufsgewissen ihre ärztliche und seelsorgerische Tätigkeit zugun­sten der Kriegsgefangenen, vor allem derjenigen ihrer eigenen bewaffneten Kräfte, fortzusetzen. Für die Ausübung ihrer ärztlichen oder seelsorgerischen Tätigkeit sol­len ihnen ferner folgende Erleichterungen zustehen:
a. Sie sind berechtigt, periodisch die Kriegsgefangenen, die sich in Arbeits­gruppen oder in ausserhalb des Lagers liegenden Lazaretten befinden, zu besuchen.
Die Gewahrsamsbehörde hat ihnen zu diesem Zweck die nötigen Transport­mittel zur Verfügung zu stellen.
b. In jedem Lager soll der rangälteste Militärarzt des höchsten Dienstgrades gegenüber den militärischen Behörden für die gesamte Tätigkeit des zurück­gehaltenen Sanitätspersonals verantwortlich sein. Zu diesem Zweck haben sich die am Konflikt beteiligten Parteien schon bei Beginn der Feindselig­keiten über das Dienstgradverhältnis ihres Sanitätspersonals, einschliesslich desjenigen der in Artikel 26 des Genfer Abkommens vom 12. August 1949⁶ zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der bewaffnete Kräfte im Felde erwähnten Gesellschaften, zu verständigen. Für alle ihre Aufgaben betreffenden Fragen sollen sich dieser Arzt sowie die Feldprediger direkt an die zuständigen Lagerbehörden wenden können. Diese haben ihnen alle Erleichterungen zu gewähren, die für die mit diesen Fragen zusammen­hängende Korrespondenz erforderlich sind.
c. Obwohl das zurückgehaltene Personal der betreffenden Lagerdisziplin unter­stellt ist, kann es zu keiner mit seiner ärztlichen oder seelsorgerischen Tätig­keit nicht im Zusammenhang stehenden Arbeit gezwungen werden.
Im Verlaufe der Feindseligkeiten sollen sich die am Konflikt beteiligten Parteien über eine etwaige Ablösung des zurückgehaltenen Personals verständigen und die Art ihrer Durchführung festlegen.
Keine der vorhergehenden Bestimmungen enthebt die Gewahrsamsmacht der Pflichten, die ihr in gesundheitlicher und geistiger Hinsicht gegenüber den Kriegs­gefangenen obliegen.
⁶ SR 0.518.12

Kapitel V Religion, geistige und körperliche Betätigung

Art. 34
Den Kriegsgefangenen soll in der Ausübung ihres Glaubens, einschliesslich der Teilnahme an Gottesdiensten, volle Freiheit gewährt werden, vorausgesetzt, dass sie die normalen Ordnungsvorschriften der Militärbehörde befolgen.
Für die Abhaltung der Gottesdienste sind geeignete Räume zur Verfügung zu stel­len.
Art. 35
Die in die Hände der feindlichen Macht gefallenen Feldprediger, die zur Betreuung der Kriegsgefangenen zurückgeblieben sind oder zurückgehalten wurden, sind berechtigt, diesen ihren geistlichen Beistand zukommen zu lassen und ihr Amt unter ihren Glaubensgenossen im Einklang mit ihrem religiösen Gewissen frei auszuüben. Sie sollen auf die verschiedenen Lager und Arbeitsgruppen verteilt werden, in denen sich den gleichen bewaffneten Kräften angehörende Kriegsgefangene befinden, die die gleiche Sprache sprechen oder sich zum gleichen Glauben bekennen. Es sollen ihnen die nötigen Erleichterungen gewährt und insbesondere die in Artikel 33 vor­gesehenen Transportmittel zur Verfügung gestellt werden, damit sie die ausserhalb ihres Lagers sich befindlichen Kriegsgefangenen besuchen können. Sie sollen, unter Vorbehalt der Zensur, zur Ausübung ihres religiösen Amtes volle Freiheit in der Korrespondenz mit den kirchlichen Behörden des Gewahrsamsstaates und den inter­nationalen religiösen Organisationen geniessen. Die zu diesem Zwecke versandten Briefe und Karten stehen ausserhalb des in Artikel 71 vorgesehenen Kontingentes.
Art. 36
Diejenigen Kriegsgefangenen, die geistlichen Standes sind, ohne in der eigenen Armee Feldprediger gewesen zu sein, sollen, gleich welcher Religion sie angehören, ermächtigt werden, ihr geistliches Amt unter ihren Glaubensgenossen uneinge­schränkt auszuüben. Sie sind zu diesem Zweck gleich zu behandeln wie die durch den Gewahrsamsstaat zurückgehaltenen Feldprediger. Sie dürfen zu keiner andern Arbeit gezwungen werden.
Art. 37
Wenn Kriegsgefangene über keinen Beistand eines zurückgehaltenen Feldpredigers oder eines Kriegsgefangenen Geistlichen ihres Glaubens verfügen, so soll auf Ver­langen der betreffenden Kriegsgefangenen entweder ein Geistlicher ihres oder eines ähnlichen Bekenntnisses oder, in Ermangelung eines solchen und wenn dies vom konfessionellen Standpunkt aus möglich ist, ein befähigter Laie zur Ausübung des geistlichen Amtes bezeichnet werden. Diese der Zustimmung des Gewahrsamsstaa­tes unterliegende Ernennung soll im Einvernehmen mit der Gemeinschaft der betreffenden Kriegsgefangenen und, wo es nötig ist, mit der Zustimmung der lokalen geistlichen Behörde des gleichen Glaubens erfolgen. Die so ernannte Person hat alle vom Gewahrsamsstaat im Interesse der Disziplin und der militärischen Sicherheit erlassenen Vorschriften zu befolgen.
Art. 38
Der Gewahrsamsstaat soll unter Achtung der persönlichen Vorliebe der einzelnen Gefangenen die geistige, erzieherische, sportliche und die der Erholung geltende Tätigkeit der Kriegsgefangenen fördern; er soll die nötigen Massnahmen ergreifen, um deren Ausübung zu gewährleisten, indem er ihnen passende Räume sowie die nötige Ausrüstung zur Verfügung stellt.
Den Kriegsgefangenen soll die Möglichkeit zu körperlichen Übungen, inbegriffen Sport und Spiele, und zum Aufenthalt im Freien geboten werden. Zu diesem Zwecke sind in allen Lagern ausreichende offene Plätze zur Verfügung zu stellen.

Kapitel VI Disziplin

Art. 39
Jedes Kriegsgefangenenlager soll der direkten Befehlsgewalt eines den regulären bewaffneten Kräften des Gewahrsamsstaates angehörenden verantwortlichen Offi­ziers unterstellt werden. Dieser Offizier soll das vorliegende Abkommen besitzen und darüber wachen, dass dessen Bestimmungen dem unter seinem Befehl stehen­den Personal bekannt sind; er ist, unter der Kontrolle seiner Regierung, für dessen Anwendung verantwortlich.
Mit Ausnahme der Offiziere schulden die Kriegsgefangenen allen Offizieren des Gewahrsamsstaates den Gruss und die in den Vorschriften der eigenen Armee vor­gesehenen Ehrenbezeugungen.
Die kriegsgefangenen Offiziere haben nur die Offiziere höhern Dienstgrades des Gewahrsamsstaates zu grüssen; auf jeden Fall schulden sie dem Lagerkommandan­ten, ohne Rücksicht auf dessen Dienstgrad, den Gruss.
Art. 40
Das Tragen der Dienstgrad‑ und Nationalitätenabzeichen sowie der Auszeichnungen ist gestattet.
Art. 41
In jedem Lager soll der Text des vorliegenden Abkommens und seiner Anhänge sowie der Inhalt aller in Artikel 6 vorgesehenen besondern Abkommen in der Sprache der Kriegsgefangenen an Stellen angeschlagen werden, wo sie von sämtlichen Ge­fangenen eingesehen werden können. Auf Verlangen sind sie denjenigen Gefange­nen, die nicht in der Lage sind, vom angeschlagenen Text Kenntnis zu nehmen, bekannt zu geben.
Vorschriften, Befehle, Ankündigungen und Bekanntmachungen jeder Art, die sich auf das Verhalten der Kriegsgefangenen beziehen, sind diesen in einer für sie ver­ständlichen Sprache bekannt zu geben; sie sind gemäss den oben vorgesehenen Bestimmungen anzuschlagen und dem Vertrauensmann sind weitere Exemplare davon auszuhändigen. Alle an einzelne Gefangene gerichteten Befehle und Anordnungen sind gleichfalls in einer ihnen verständlichen Sprache zu erteilen.
Art. 42
Der Waffengebrauch gegen Kriegsgefangene, besonders gegen solche, die flüchten oder zu flüchten versuchen, soll nur ein äusserstes Mittel bilden, dem stets den Umständen entsprechende Warnungen vorangehen sollen.

Kapitel VII Dienstgrade der Kriegsgefangenen

Art. 43
Bei Eröffnung der Feindseligkeiten sollen sich die am Konflikt beteiligten Parteien gegenseitig die Titel und Dienstgrade aller in Artikel 4 des vorliegenden Abkom­mens aufgeführten Personen bekanntgeben, um die übereinstimmende Behandlung Gefangener gleichen Dienstgrades zu gewährleisten; werden Titel oder Dienstgrade erst nachträglich geschaffen, so sollen sie in gleicher Weise bekanntgegeben werden.
Der Gewahrsamsstaat hat die Beförderungen von Kriegsgefangenen im Dienstgrad anzuerkennen, wenn sie ihm von der Macht, von der diese Gefangenen abhängen, in aller Form bekanntgegeben werden.
Art. 44
Die kriegsgefangenen Offiziere und die ihnen Gleichgestellten sind mit der ihrem Dienstgrad und ihrem Alter zukommenden Rücksicht zu behandeln.
Zur Sicherstellung des Dienstbetriebes in den Offizierslagern sollen kriegsgefangene Soldaten der gleichen bewaffneten Kräfte, die möglichst die gleiche Sprache wie die Offiziere sprechen, in ausreichender, dem Dienstgrad der Offiziere und der ihnen Gleichgestellten entsprechender Zahl abkommandiert werden; sie dürfen zu keiner andern Arbeit gezwungen werden.
Hinsichtlich der Verpflegung ist die Selbstverwaltung durch die Offiziere in jeder Weise zu fördern.
Art. 45
Alle nicht zu den Offizieren und ihnen Gleichgestellten zählenden Kriegsgefangenen sind mit der ihrem Dienstgrad und ihrem Alter zukommenden Rücksicht zu behan­deln.
Hinsichtlich der Verpflegung ist die Selbstverwaltung durch die Kriegsgefangenen in jeder Weise zu fördern.

Kapitel VIII Überführung der Kriegsgefangenen in ein anderes Lager

Art. 46
Bei der Entscheidung über eine Überführung von Kriegsgefangenen soll der Gewahrsamsstaat die Interessen derselben berücksichtigen und namentlich ein Anwachsen der Schwierigkeiten für ihre Heimschaffung vermeiden.
Die Überführung der Kriegsgefangenen soll immer mit Menschlichkeit und unter nicht minder günstigen Bedingungen als die Verlegungen der Truppen des Gewahr­samsstaates durchgeführt werden. Auf die klimatischen Verhältnisse, an die die Kriegsgefangenen gewohnt sind, ist immer Rücksicht zu nehmen; die Bedingungen der Überführung sollen ihrer Gesundheit keinesfalls abträglich sein.
Der Gewahrsamsstaat soll die Kriegsgefangenen während der Überführung mit Trinkwasser und Nahrung in genügender Menge zur Erhaltung eines guten Gesund­heitszustandes sowie mit Bekleidung, Unterkunft und der notwendigen ärztlichen Pflege versehen. Er soll alle nützlichen Vorsichtsmassnahmen treffen, namentlich für den Fall einer Meer‑ oder Luftreise, um die Sicherheit während der Überführung zu gewährleisten, und vor der Abreise eine vollständige Liste der übergeführten Gefangenen aufstellen.
Art. 47
Kranke oder verwundete Kriegsgefangene sollen nicht übergeführt werden, wenn die Reise ihre Genesung beeinträchtigen könnte; es sei denn, ihre Sicherheit verlange es gebieterisch.
Nähert sich die Front einem Lager, so dürfen die Kriegsgefangenen dieses Lagers nur weggebracht werden, wenn dies unter ausreichenden Sicherheitsbedingungen erfolgen kann oder wenn die Kriegsgefangenen durch Verbleib an Ort und Stelle grösseren Gefahren ausgesetzt sind als bei einer Überführung.
Art. 48
Im Falle der Überführung sollen die Kriegsgefangenen offiziell von ihrer Abreise und ihrer neuen Postadresse in Kenntnis gesetzt werden. Diese Anzeige soll ihnen so frühzeitig gemacht werden, dass sie ihr Gepäck vorbereiten und ihre Familien benachrichtigen können.
Sie sind berechtigt, ihre persönlichen Effekten, ihre Briefschaften und die erhaltenen Pakete mitzunehmen; das Gewicht dieses Gepäcks kann, falls die Umstände der Überführung es erfordern, auf das beschränkt werden, was der Kriegsgefangene ver­nünftigerweise tragen kann, keinesfalls jedoch darf das erlaubte Gewicht 25 Kilo­gramm überschreiten.
Die Briefschaften und Pakete, die an ihren ehemaligen Internierungsort adressiert sind, sollen ihnen ohne Verzug nachgeschickt werden. Der Lagerkommandant hat gemeinsam mit dem Vertrauensmann die notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um die Überführung des Gemeinschaftseigentums der Internierten, des Gepäcks, das die Internierten infolge einer auf Grund von Absatz 2 dieses Artikels verordneten Beschränkung nicht mit sich nehmen dürfen, durchzuführen.
Die Kosten der Überführung gehen zu Lasten des Gewahrsamsstaates.

Abschnitt III Arbeit der Kriegsgefangenen

Art. 49
Der Gewahrsamsstaat kann die gesunden Kriegsgefangenen unter Berücksichtigung ihres Alters, ihres Geschlechtes, ihres Dienstgrades sowie ihrer körperlichen Fähig­keiten zu Arbeiten heranziehen, besonders um sie in gutem körperlichem und mora­lischem Gesundheitszustand zu erhalten.
Die kriegsgefangenen Unteroffiziere dürfen nur zu Aufsichtsdiensten herangezogen werden. Diejenigen, die nicht dazu benötigt werden, können um eine andere ihnen zusagende Arbeit nachsuchen, die ihnen nach Möglichkeit verschafft werden soll.
Falls Offiziere oder ihnen Gleichgestellte um ihnen zusagende Arbeit nachsuchen, soll sie ihnen nach Möglichkeit verschafft werden. Auf keinen Fall dürfen sie jedoch zur Arbeit gezwungen werden.
Art. 50
Ausser den Arbeiten, die mit der Verwaltung, der Einrichtung und dem Unterhalt ihres Lagers in Zusammenhang stehen, dürfen die Kriegsgefangenen nur zu Arbeiten angehalten werden, die unter eine der nachfolgend angeführten Kategorien fallen:
a. Landwirtschaft;
b. Industrien, die sich mit der Erzeugung von Rohstoffen befassen, mit Aus­nahme der metallurgischen, der chemischen und der Maschinenindustrie; öffentliche Arbeiten und Bauarbeiten, sofern sie nicht militärischen Charak­ter oder eine militärische Bestimmung haben;
c. Transport und Güterverwaltung ohne militärischen Charakter oder militäri­sche Bestimmung;
d. kommerzielle oder künstlerische Betätigung;
e. Hausdienst
f. öffentliche Dienste ohne militärischen Charakter oder militärische Bestim­mung.
Im Falle einer Verletzung dieser vorgenannten Bestimmungen steht den Kriegs­gefangenen gemäss Artikel 78 ihr Recht zu, Beschwerde zu führen.
Art. 51
Den Kriegsgefangenen sollen zufrieden stellende Arbeitsbedingungen geboten wer­den, insbesondere hinsichtlich Unterkunft, Verpflegung, Bekleidung und Material; diese Bedingungen dürfen nicht schlechter sein als diejenigen, die den Angehörigen des Gewahrsamsstaates für gleiche Arbeit zugestanden werden; dabei sind die kli­matischen Verhältnisse ebenfalls zu berücksichtigen.
Der Gewahrsamsstaat, für den die Kriegsgefangenen Arbeit leisten, hat darüber zu wachen, dass in den Gebieten, wo diese Gefangenen arbeiten, die Landesgesetze über den Arbeitsschutz und insbesondere die Vorschriften über die Sicherheit der Arbeiter eingehalten werden.
Die Kriegsgefangenen sollen ausgebildet und mit Schutzmitteln versehen werden, die der ihnen zugewiesenen Arbeit angepasst sind und den für die Angehörigen des Gewahrsamsstaates vorgesehenen entsprechen. Vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 52 dürfen die Kriegsgefangenen den normalen Gefahren, die auch Zivil­arbeiter auf sich nehmen müssen, ausgesetzt werden.
Auf keinen Fall dürfen die Arbeitsbedingungen durch Disziplinarmassnahmen ver­schärft werden.
Art. 52
Kein Kriegsgefangener darf für ungesunde oder gefährliche Arbeiten verwendet werden, ausser er melde sich freiwillig.
Kein Kriegsgefangener darf zu Arbeiten herangezogen werden, die für einen Ange­hörigen der bewaffneten Kräfte des Gewahrsamsstaates als erniedrigend angesehen würden.
Das Entfernen von Minen oder anderer ähnlicher Vorrichtungen ist als gefährliche Arbeit zu betrachten.
Art. 53
Die tägliche Arbeitszeit der Kriegsgefangenen, inbegriffen Hin‑ und Rückweg, soll nicht übermässig sein und auf keinen Fall die Arbeitszeit übersteigen, die für einen dem Gewahrsamsstaate angehörenden und für die gleiche Arbeit verwendeten Zivil­arbeiter in der Gegend vorgesehen ist.
Den Kriegsgefangenen muss nach halber Tagesarbeit eine Ruhepause von minde­s­tens einer Stunde eingeräumt werden; ist die für die Arbeiter des Gewahrsamsstaa­tes vorgesehene Ruhepause von längerer Dauer, so gilt dies auch für die Kriegs­gefangenen. Ausserdem ist ihnen wöchentlich eine ununterbrochene 24-stündige Ruhe­zeit zu gewähren, und zwar vorzugsweise am Sonntag oder an dem in ihrem Hei­matlande üblichen Ruhetag. Im weitern soll jedem Kriegsgefangenen, der während eines ganzen Jahres gearbeitet hat, eine ununterbrochene achttägige Ruhezeit einge­räumt werden, für die ihm die Arbeitsentschädigung auszuzahlen ist.
Werden Arbeitsmethoden wie Akkordarbeit angewendet, so darf dadurch die Arbeitszeit nicht übermässig ausgedehnt werden.
Art. 54
Die den Kriegsgefangenen zustehende Arbeitsentschädigung wird gemäss den Bestimmungen von Artikel 62 des vorliegenden Abkommens festgesetzt.
Den Kriegsgefangenen, die einen Arbeitsunfall erlitten haben oder die während oder infolge ihrer Arbeit erkrankt sind, ist jegliche ihrem Zustande entsprechende Pflege zu gewähren. Ausserdem hat ihnen der Gewahrsamsstaat ein ärztliches Zeugnis aus­zuhändigen, mit dem sie gegenüber der Macht, von der sie abhängen, ihre Rechte geltend machen können; ein Doppel dieses Zeugnisses ist durch den Gewahrsams­staat der in Artikel 123 vorgesehenen Zentralstelle für Kriegsgefangene zu übermit­teln.
Art. 55
Die Arbeitsfähigkeit der Kriegsgefangenen ist periodisch, mindestens einmal im Monat, einer ärztlichen Kontrolle zu unterziehen. Bei dieser Kontrolle ist insbeson­dere die Art der Arbeiten, zu denen die Kriegsgefangenen herangezogen werden, zu berücksichtigen.
Glaubt ein Kriegsgefangener nicht arbeitsfähig zu sein, ist er berechtigt, sich den ärztlichen Instanzen seines Lagers zur Untersuchung zu stellen; die Ärzte können Kriegsgefangene, die ihrer Ansicht nach nicht arbeitsfähig sind, für Arbeitsbefreiung empfehlen.
Art. 56
Die Arbeitsgruppen sollen gleich organisiert und verwaltet werden wie die Kriegs­gefangenenlager.
Jede Arbeitsgruppe verbleibt unter der Kontrolle eines Kriegsgefangenenlagers und hängt verwaltungsmässig weiter von ihm ab. Die Militärbehörden und der Lager­kommandant sind unter der Kontrolle ihrer Regierung dafür verantwortlich, dass die Bestimmungen des vorliegenden Abkommens in den Arbeitsgruppen beachtet wer­den.
Der Lagerkommandant hat ein stets nachgeführtes Verzeichnis der seinem Lager unterstellten Arbeitsgruppen zu führen und es den Delegierten der Schutzmacht, des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz und anderer Kriegsgefangenen‑Hilfs­­organisationen, die das Lager besuchen, vorzuweisen.
Art. 57
Die Behandlung der Kriegsgefangenen, die für Privatpersonen arbeiten, soll, selbst wenn diese letztern für die Bewachung und den Schutz die Verantwortung tragen, mindestens der durch das vorliegende Abkommen vorgesehenen Behandlung ent­sprechen; der Gewahrsamsstaat, die militärischen Behörden und der Kommandant des Lagers, zu dem diese Gefangenen gehören, tragen die gesamte Verantwortung für den Unterhalt, die Pflege, die Behandlung und die Auszahlung der Arbeitsent­schädigung dieser Kriegsgefangenen.
Diese Kriegsgefangenen haben das Recht, mit den Vertrauensleuten der Lager, denen sie unterstellt sind, in Verbindung zu bleiben.

Abschnitt IV Geldmittel der Kriegsgefangenen

Art. 58
Der Gewahrsamsstaat kann von Beginn der Feindseligkeiten an und in Erwartung einer entsprechenden Regelung mit der Schutzmacht, den Höchstbetrag an Bargeld oder ähnlichen Zahlungsmitteln, den die Kriegsgefangenen auf sich tragen dürfen, festlegen. Die rechtmässig in ihrem Besitz befindlichen, ihnen abgenommenen oder zurückbehaltenen Mehrbeträge sowie die von ihnen hinterlegten Geldbeträge sind ihrem Konto gutzuschreiben und dürfen ohne ihre Einwilligung nicht in eine andere Währung umgewechselt werden.
Sind die Kriegsgefangenen ermächtigt, ausserhalb des Lagers gegen Barzahlung Käufe zu tätigen oder Dienstleistungen entgegenzunehmen, so sind diese Zahlungen durch die Kriegsgefangenen selbst vorzunehmen oder durch die Lagerverwaltung, die sie zu Lasten der Gefangenen verbucht. Der Gewahrsamsstaat erlässt die nötigen diesbezüglichen Bestimmungen.
Art. 59
Die gemäss Artikel 18 den Kriegsgefangenen bei ihrer Gefangennahme abgenom­menen Geldbeträge in der Währung des Gewahrsamsstaates sind entsprechend den Bestimmungen von Artikel 64 dieses Abschnittes den einzelnen Konten der Gefan­genen gutzuschreiben.
Diesem Konto sind in gleicher Weise die den Kriegsgefangenen gleichzeitig abge­nommenen und in die Währung des Gewahrsamsstaates umgewechselten Beträge fremder Währung gutzuschreiben.
Art. 60
Der Gewahrsamsstaat hat den Kriegsgefangenen einen monatlichen Soldvorschuss auszuzahlen, dessen Höhe, in Geld des Gewahrsamsstaates umgewandelt, folgenden Beträgen entspricht:

Kategorie I:

Kriegsgefangene unter dem Grade eines Wachtmeisters: acht Schweizerfranken;

Kategorie II:

Wachtmeister und andere Unteroffiziere oder Kriegs­gefangene mit entsprechendem Grad: zwölf Schweizer­franken;

Kategorie III:

Offiziere bis zum Hauptmannsgrad oder Kriegsgefangene mit entsprechendem Grad: Fünfzig Schweizerfranken;

Kategorie IV:

Majore, Oberstleutnants, Obersten oder Kriegsgefangene mit entsprechendem Grad: Sechzig Schweizerfranken;

Kategorie V:

Offiziere im Generalsrang oder Kriegsgefangene mit
ent­sprechendem Grad: Fünfundsiebzig Schweizerfranken.

Immerhin ist es den am Konflikt beteiligten Parteien freigestellt, die Höhe dieser den Kriegsgefangenen der oben angeführten Kategorien zustehenden Soldvorschüsse durch besondere Abkommen abzuändern.
Wenn ferner die im ersten Absatz dieses Artikels vorgesehenen Beträge im Ver­gleich zu dem den Angehörigen der bewaffneten Kräfte des Gewahrsamsstaates aus­bezahlten Sold zu hoch wären oder wenn sie aus irgendeinem andern Grunde diesem Staat ernsthafte Schwierigkeiten bereiten sollten, so wird der Gewahrsamsstaat bis zum Abschluss eines besondern Abkommens über die Abänderung dieser Beträge mit der Macht, von der die Kriegsgefangenen abhängen:
a. die im ersten Absatz vorgesehenen Beträge weiterhin den Konten der Kriegsgefangenen gutschreiben;
b. die Beiträge, die er aus den Soldvorschüssen den Kriegsgefangenen für ihre persönliche Verwendung zur Verfügung stellt, vorübergehend auf ein ver­nünftiges Mass beschränken können; immerhin dürfen diese Beträge für die Gefangenen der Kategorie 1 keinesfalls niedriger sein als die den Angehöri­gen der eigenen bewaffneten Kräfte des Gewahrsamsstaates zukommenden Beträge.
Die Gründe einer solchen Beschränkung sind der Schutzmacht ohne Verzug bekanntzugeben.
Art. 61
Der Gewahrsamsstaat soll Geldsendungen, die die Macht, von der die Kriegsgefan­genen abhängen, diesen als Soldzulage zukommen lässt, annehmen unter der Bedin­gung, dass diese Beträge für jeden Gefangenen derselben Kategorie gleich hoch sind, dass sie sämtlichen dieser Macht angehörenden Gefangenen dieser Kategorie ausbezahlt werden und dass sie so bald wie möglich gemäss den Bestimmungen von Artikel 64 den persönlichen Konten der Gefangenen gutgeschrieben werden. Diese Soldzulagen befreien den Gewahrsamsstaat von keiner der ihm durch das vorlie­gende Abkommen auferlegten Pflichten.
Art. 62
Die Kriegsgefangenen erhalten unmittelbar durch die Behörden des Gewahrsams­staates eine angemessene Arbeitsentschädigung, deren Höhe durch diese Behörden festgesetzt wird, jedoch keinesfalls niedriger sein darf als ein Viertel eines Schwei­zerfrankens für den ganzen Arbeitstag. Der Gewahrsamsstaat hat den Gefangenen und, durch Vermittlung der Schutzmacht, der Macht, von der sie abhängen, die von ihm festgesetzte Höhe der täglichen Arbeitsentschädigungen bekannt zu geben.
Die Behörden des Gewahrsamsstaates haben auch denjenigen Kriegsgefangenen, die im Zusammenhang mit der Verwaltung, der innern Einrichtung oder dem Unterhalt des Lagers ständige Funktionen ausüben oder handwerkliche Arbeit leisten, eine Entschädigung auszurichten; dasselbe gilt für Kriegsgefangene, die zugunsten ihrer Kameraden geistliche oder ärztliche Funktionen ausüben.
Die Arbeitsentschädigung des Vertrauensmannes, seiner Gehilfen und allfälligen Berater wird dem aus den Überschüssen der Kantine geäufneten Fonds entnommen; die Höhe dieser Entschädigung wird vom Vertrauensmann festgesetzt und ist vom Lagerkommandanten zu genehmigen. Besteht kein derartiger Fonds, so haben die Behörden des Gewahrsamsstaates diesen Gefangenen eine angemessene Entschädi­gung auszuzahlen.
Art. 63
Die Kriegsgefangenen sind berechtigt, Geldsendungen zu empfangen, die ihnen per­sönlich oder gemeinsam zugehen.
Jeder Kriegsgefangene kann über den Saldo seines im nachfolgenden Artikel vorge­sehenen Kontos verfügen innerhalb der vom Gewahrsamsstaat, der die verlangten Zahlungen vornehmen wird, festgelegten Grenzen. Unter Vorbehalt der vom Gewahrsamsstaat als wesentlich erachteten Einschränkungen finanzieller oder wäh­rungstechnischer Art können die Kriegsgefangenen für das Ausland bestimmte Zahlungen vornehmen. In diesen Fällen soll der Gewahrsamsstaat vor allem solche Zahlungen begünstigen, die die Gefangenen an Personen anweisen, für deren Unter­halt sie aufzukommen haben.
Auf jeden Fall können die Kriegsgefangenen mit dem Einverständnis der Macht, von der sie abhängen, für ihr eigenes Land bestimmte Zahlungen nach folgendem Verfahren vornehmen lassen: der Gewahrsamsstaat lässt besagtem Staat durch Ver­mittlung der Schutzmacht eine Meldung zukommen, die alle nützlichen Angaben über den Anweiser und den Empfänger sowie über die Höhe des auszuzahlenden Betrages, in der Währung des Gewahrsamsstaates ausgedrückt enthält; diese Mel­dung ist vom betreffenden Kriegsgefangenen zu unterzeichnen und vom Lagerkom­mandanten gegenzuzeichnen. Der Gewahrsamsstaat belastet das Konto des Gefan­genen mit diesem Betrag; die so gebuchten Beträge hat er der Macht, von der die Gefangenen abhängen, gutzuschreiben.
Für die Anwendung der vorangehenden Bestimmungen wird der Gewahrsamsstaat mit Vorteil das in Anhang V des vorliegenden Abkommens enthaltene Muster-Reglement zu Rate ziehen.
Art. 64
Der Gewahrsamsstaat hat für jeden Kriegsgefangenen ein Konto zu führen, das zum mindesten folgende Angaben enthalten soll:
1. die dem Gefangenen geschuldeten oder von ihm als Soldvorschuss, als Arbeitsentschädigung oder auf Grund einer andern Forderung bezogenen Be­träge; die dem Gefangenen abgenommenen Beträge in der Währung des Ge­wahrsamsstaates; die dem Gefangenen abgenommenen und auf sein Verlan­gen in die Währung des Gewahrsamsstaates umgewechselten Beträge;
2. die dem Gefangenen in Bargeld oder ähnlicher Form ausbezahlten Beträge; die auf seine Rechnung und Verlangen hin geleisteten Zahlungen; die gemäss Absatz 3 des vorangehenden Artikels transferierten Beträge.
Art. 65
Alle auf dem Konto eines Kriegsgefangenen getätigten Buchungen sind durch ihn oder durch den in seinem Namen handelnden Vertrauensmann gegenzuzeichnen oder zu paraphieren.
Den Kriegsgefangenen sollen jederzeit angemessene Erleichterungen gewährt wer­den, um in ihr Konto Einsicht zu nehmen oder einen Auszug desselben zu erhalten; das Konto kann anlässlich von Lagerbesuchen auch durch die Vertreter der Schutz­macht geprüft werden.
Bei einer Überführung der Kriegsgefangenen in ein anderes Lager ist ihr persön­liches Konto ebenfalls mitzuführen. Im Falle der Übergabe an einen andern Gewahr­samsstaat sind ihnen ihre nicht auf die Währung des Gewahrsamsstaates lautenden Beträge nachzusenden; für alle ihre übrigen Guthaben ist ihnen eine Bestätigung zu übergeben.
Die betreffenden am Konflikt beteiligten Parteien können vereinbaren, sich gegen­seitig durch Vermittlung der Schutzmacht in bestimmten Zeitabständen die Konten­auszüge der Kriegsgefangenen mitzuteilen.
Art. 66
Wird die Gefangenschaft durch Befreiung oder Heimschaffung des Kriegsgefange­nen beendigt, so hat ihm der Gewahrsamsstaat eine durch einen zuständigen Offizier unterzeichnete Bescheinigung über das Saldoguthaben auszuhändigen, das ihm bei Beendigung der Gefangenschaft noch zusteht. Anderseits hat der Gewahrsamsstaat der Macht, von der die Kriegsgefangenen abhängen, durch Vermittlung der Schutz­macht Verzeichnisse zuzustellen, die alle Angaben über die Gefangenen enthalten, deren Gefangenschaft durch Heimschaffung, Befreiung, Flucht, Tod oder aus irgendeinem andern Grund ihr Ende gefunden hat, und auf denen namentlich die ihnen zustehenden Saldoguthaben bescheinigt sind. Jedes einzelne Blatt dieser Ver­zeichnisse ist durch einen bevollmächtigten Vertreter des Gewahrsamsstaates zu beglaubigen.
Den beteiligten Mächten ist es freigestellt, die oben angeführten Bestimmungen durch besondere Abkommen ganz oder teilweise abzuändern.
Für die Auszahlung des dem Kriegsgefangenen nach Beendigung der Gefangen­schaft vom Gewahrsamsstaat geschuldeten Saldoguthabens ist die Macht, von der er abhängt, verantwortlich.
Art. 67
Die den Kriegsgefangenen gemäss Artikel 60 ausbezahlten Soldvorschüsse werden als von der Macht, von der sie abhängen, getätigt betrachtet; diese Soldvorschüsse sowie alle von dieser Macht auf Grund von Artikel 63 Absatz 3 und Artikel 68 aus­geführten Zahlungen bilden nach Beendigung der Feindseligkeiten Gegenstand von Abrechnungen zwischen den beteiligten Mächten.
Art. 68
Jedes von einem Kriegsgefangenen wegen eines Arbeitsunfalls oder wegen einer durch Arbeit verursachten Invalidität gestellte Schadenersatzbegehren ist der Macht, von der er abhängt, durch Vermittlung der Schutzmacht bekannt zu geben. In allen diesen Fällen hat der Gewahrsamsstaat dem Kriegsgefangenen gemäss den Bestim­mungen von Artikel 54 eine Erklärung zu übergeben, in der die Art der Verletzung oder der Invalidität, die Umstände, unter denen sich der Unfall ereignet hat, und die Angaben über die erhaltene ärztliche oder Spitalpflege bescheinigt sind. Diese Erklärung ist von einem verantwortlichen Offizier des Gewahrsamsstaates zu unter­zeichnen; die ärztlichen Angaben sind von einem Arzt des Sanitätsdienstes als richtig zu beglaubigen.
Der Gewahrsamsstaat hat der Macht, von der die Kriegsgefangenen abhängen, ebenfalls jeden Schadenersatzanspruch zur Kenntnis zu bringen, der von einem Gefangenen hinsichtlich seiner persönlichen Effekten und der ihm gemäss Artikel 18 abgenommenen und anlässlich der Heimschaffung nicht zurückerstatteten Geld­beträge oder Wertsachen geltend gemacht wird; das gleiche gilt hinsichtlich eines Verlustes, den der Gefangene der Schuld des Gewahrsamsstaates oder eines seiner Funktionäre beimisst. Dagegen hat der Gewahrsamsstaat alle vom Gefangenen wäh­rend der Gefangenschaft zum Gebrauch benötigten persönlichen Effekten auf seine Kosten zu ersetzen. Auf jeden Fall hat der Gewahrsamsstaat dem Gefangenen eine von einem verantwortlichen Offizier unterzeichnete Erklärung auszuhändigen, die alle nützlichen Angaben enthält über die Gründe, weshalb diese Effekten, Beträge oder Wertsachen ihm nicht zurückerstattet worden sind. Ein Doppel dieser Erklä­rung ist durch Vermittlung der in Artikel 123 vorgesehenen Zentralstelle für Kriegs­gefangene der Macht zuzustellen, von der der Gefangene abhängt.

Abschnitt V Beziehungen der Kriegsgefangenen zur Aussenwelt

Art. 69
Sobald der Gewahrsamsstaat Kriegsgefangene in seiner Hand hat, soll er ihnen sowie der Macht, von der sie abhängen, durch Vermittlung der Schutzmacht die zur Ausführung der Bestimmungen des vorliegenden Abschnittes vorgesehenen Mass­nahmen zur Kenntnis bringen; in gleicher Weise soll er von jeder Änderung dieser Massnahmen Mitteilung machen.
Art. 70
Jedem Kriegsgefangenen soll unmittelbar nach seiner Gefangennahme oder späte­s­tens eine Woche nach seiner Ankunft in einem Lager die Gelegenheit eingeräumt werden, direkt an seine Familie und an die in Artikel 123 vorgesehene Zentralstelle für Kriegsgefangene eine Karte zu senden, die möglichst dem diesem Abkommen beigefügten Muster entspricht und die Empfänger von seiner Gefangenschaft, seiner Adresse und seinem Gesundheitszustand in Kenntnis setzt; dies gilt auch, wenn sich der Gefangene in einem Übergangslager befindet, sowie in allen Fällen von Krank­heit oder Überführung in ein Lazarett oder ein anderes Lager. Die Beförderung die­ser Karten soll so rasch als möglich erfolgen und darf in keiner Weise verzögert werden.
Art. 71
Die Kriegsgefangenen sind ermächtigt, Karten und Briefe abzuschicken und zu empfangen. Erachtet es der Gewahrsamsstaat als nötig, diese Korrespondenz einzu­schränken, muss er doch mindestens das Absenden von monatlich zwei Briefen und vier Postkarten gestatten (ohne die in Artikel 70 vorgesehenen Karten mitzuzählen), die, wenn immer möglich, den diesem Abkommen beigefügten Mustern entsprechen sollen. Andere Beschränkungen dürfen nur auferlegt werden, wenn die Schutzmacht überzeugt ist, dass angesichts der Schwierigkeiten, die dem Gewahrsamsstaat in der Beschaffung einer genügenden Anzahl qualifizierter Übersetzer zur Erledigung der Zensuraufgaben erwachsen, diese Beschränkungen im Interesse der Gefangenen selbst liegen. Muss die an die Gefangenen gerichtete Korrespondenz eingeschränkt werden, kann dies nur durch Entscheid der Macht, von der die Kriegsgefangenen abhängen, angeordnet werden, allenfalls auf Verlangen des Gewahrsamsstaates. Diese Karten und Briefe sollen mit den schnellsten Mitteln, über die der Gewahr­samsstaat verfügt, befördert werden; sie dürfen aus disziplinarischen Gründen weder auf‑ noch zurückgehalten werden.
Den Kriegsgefangenen, die seit längerer Zeit ohne Nachrichten von ihrer Familie sind oder denen es nicht möglich ist, von ihr solche zu erhalten oder ihr auf norma­lem Wege zugehen zu lassen, sowie jenen, die durch beträchtliche Entfernungen von den Ihren getrennt sind, soll gestattet werden, Telegramme zu senden, deren Kosten ihrem Konto beim Gewahrsamsstaat belastet oder mit dem ihnen zur Verfügung ste­henden Geld beglichen werden. Diese Vergünstigung steht ihnen auch in dringenden Fällen zu.
In der Regel soll der Briefwechsel der Gefangenen in ihrer Muttersprache geführt werden. Die am Konflikt beteiligten Parteien können indessen Korrespondenzen auch in andern Sprachen zulassen.
Die Säcke mit der Post der Gefangenen sollen sorgfältig versiegelt, mit einer Auf­schrift, die ihren Inhalt klar ersichtlich macht, versehen und an die Bestimmungs­poststellen adressiert sein.
Art. 72
Die Kriegsgefangenen sind berechtigt, durch die Post oder auf jede andere Weise Einzel‑ und Sammelsendungen zu empfangen, die namentlich Lebensmittel, Kleider, Medikamente und Gegenstände enthalten, die zur Befriedigung ihrer religiösen und Studienbedürfnisse und der Freizeitbeschäftigung dienen, inbegriffen Bücher, reli­giöse Gegenstände, wissenschaftliches Material, Examenformulare, Musikinstru­mente, Sportgeräte und Sachen, die den Gefangenen die Fortsetzung ihrer Studien oder eine künstlerische Betätigung ermöglichen.
Diese Sendungen können den Gewahrsamsstaat in keiner Weise von den Verpflich­tungen befreien, die ihm das vorliegende Abkommen überträgt.
Diese Sendungen können nur denjenigen Einschränkungen unterliegen, die von der Schutzmacht im Interesse der Kriegsgefangenen selbst vorgeschlagen oder durch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz oder andere Hilfsorganisationen für Kriegsgefangene in Bezug auf ihre eigenen Sendungen wegen der ausserordentlichen Beanspruchung der Transport‑ und Verbindungsmittel beantragt werden.
Wenn nötig sollen die Modalitäten der Beförderung von Einzel‑ oder Sammelsen­dungen Gegenstand von besonderen Abmachungen zwischen den betreffenden Mächten sein, wodurch jedoch die Verteilung solcher Hilfssendungen an die Kriegsgefangenen auf keinen Fall verzögert werden darf. Lebensmittel‑ und Kleider­sendungen sollen keine Bücher enthalten. Ärztliche Hilfslieferungen sollen in der Regel in Sammelpaketen versandt werden.
Art. 73
Bei Fehlen besonderer Abmachungen zwischen den beteiligten Mächten über das beim Empfang und bei der Verteilung von Kollektivhilfssendungen zu befolgende Vorgehen soll das dem vorliegenden Abkommen beigefügte Reglement betreffend kollektive Hilfssendungen angewendet werden.
Die oben erwähnten besondern Abmachungen dürfen auf keinen Fall das Recht der Vertrauensleute beschränken, die für die Kriegsgefangenen bestimmten kollektiven Hilfssendungen in Empfang zu nehmen, sie zu verteilen und darüber im Interesse der Gefangenen zu verfügen.
Ebenso wenig dürfen diese Abmachungen das Recht der Vertreter der Schutzmacht, des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz und jeder andern mit der Weiterlei­tung dieser kollektiven Sendungen beauftragten Hilfsorganisation für Kriegsgefan­gene beschränken, ihre Verteilung an die Empfänger zu überwachen.
Art. 74
Alle für die Kriegsgefangenen bestimmten Hilfssendungen sind von sämtlichen Einfuhr‑, Zoll‑ und andern Gebühren befreit.
Die Korrespondenz, die Hilfssendungen und die bewilligten Geldsendungen, die an die Kriegsgefangenen gerichtet oder von ihnen auf dem Postweg entweder direkt oder durch Vermittlung der in Artikel 122 vorgesehenen Auskunftsbüros oder der in Artikel 123 vorgesehenen Zentralstelle für Kriegsgefangene abgeschickt werden, sollen sowohl im Ursprungs‑ und Bestimmungs‑ als auch im Durchgangsland von allen Postgebühren befreit sein.
Die Transportkosten der für die Kriegsgefangenen bestimmten Hilfssendungen, die wegen ihres Gewichtes oder aus irgendeinem andern Grunde nicht auf dem Postweg befördert werden können, fallen in allen im Herrschaftsbereich des Gewahrsams­staates liegenden Gebieten zu dessen Lasten. Die andern am Abkommen beteiligten Mächte haben für die Transportkosten auf ihren Gebieten aufzukommen.
Bei Fehlen besonderer Abmachungen zwischen den beteiligten Mächten fallen die aus dem Transport dieser Sendungen erwachsenden Kosten, die durch die oben vor­gesehenen Portofreiheiten nicht gedeckt sind, zu Lasten des Absenders.
Die Hohen Vertragsparteien sollen sich bemühen, die Gebühren für die von den Kriegsgefangenen aufgegebenen oder ihnen zugestellten Telegramme im Rahmen des Möglichen zu ermässigen.
Art. 75
Sollten militärische Operationen die betreffenden Mächte verhindern, die ihnen zufallenden Verpflichtungen für den Transport der in den Artikeln 70, 71, 72 und 77 vorgesehenen Sendungen zu erfüllen, so können die betreffenden Schutzmächte, das Internationale Komitee vom Roten Kreuz oder jede andere von den am Konflikt beteiligten Parteien anerkannte Organisation es übernehmen, den Transport dieser Sendungen mit passenden Mitteln (Eisenbahnen, Lastwagen, Schiffen oder Flugzeu­gen usw.) zu gewährleisten. Zu diesem Zwecke sollen sich die Hohen Vertragspar­teien bemühen, ihnen diese Transportmittel zu verschaffen und sie zum Verkehr zuzulassen, insbesondere durch Ausstellung der notwendigen Geleitbriefe.
Diese Transportmittel können ebenfalls verwendet werden zur Beförderung von:
a. Briefschaften, Listen und Berichten, die zwischen der im Artikel 123 vorge­sehenen zentralen Auskunftsstelle und den in Artikel 122 vorgesehenen nationalen Büros ausgetauscht werden;
b. Briefschaften und Berichten betreffend die Kriegsgefangenen, die von den Schutzmächten, dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz und jeder andern Hilfsorganisation für Kriegsgefangene entweder mit ihren eigenen Delegierten oder mit den am Konflikt beteiligten Parteien ausgetauscht wer­den.
Diese Bestimmungen beschränken keinesfalls das Recht jeder am Konflikt beteilig­ten Partei, wenn sie es vorzieht, andere Transporte zu organisieren und Geleitbriefe zu vereinbarten Bedingungen abzugeben.
Bei Fehlen besonderer Vereinbarungen sollen die aus der Verwendung dieser Trans­portmittel erwachsenden Kosten proportional von den am Konflikt beteiligten Parteien, deren Angehörigen diese Dienste zugute kommen, getragen werden.
Art. 76
Die Zensur der an die Kriegsgefangenen gerichteten und von ihnen abgeschickten Briefschaften soll so rasch als möglich vorgenommen werden. Sie darf nur von den Absende‑ und den Empfangsstaaten durchgeführt werden, und zwar von jedem nur einmal.
Die Durchsicht der für die Kriegsgefangenen bestimmten Sendungen darf nicht un­ter Bedingungen erfolgen, welche die darin enthaltenen Lebensmittel dem Verderb aussetzen, und muss, ausser wenn es sich um Schriftstücke oder Drucksachen han­delt, in Gegenwart des Empfängers oder eines von ihm beauftragten Kameraden vorgenommen werden. Die Abgabe der Einzel‑ oder Sammelsendungen an die Kriegsgefangenen darf nicht unter dem Vorwand von Zensurschwierigkeiten verzö­gert werden.
Ein aus militärischen oder politischen Gründen von einer am Konflikt beteiligten Partei erlassenes Korrespondenzverbot darf nur vorübergehender Natur sein und soll so kurz als möglich befristet sein.
Art. 77
Die Gewahrsamsstaaten sollen jede Erleichterung gewähren für die Weiterleitung – sei es durch Vermittlung der Schutzmacht oder der in Artikel 123 vorgesehenen Zentralstelle für Kriegsgefangene – von Akten, Schriftstücken oder Urkunden, ins­besondere von Vollmachten und Testamenten, die für die Kriegsgefangenen bestimmt sind oder von ihnen ausgehen.
In allen Fällen sollen die Gewahrsamsmächte den Kriegsgefangenen die Erstellung dieser Dokumente erleichtern; sie sollen ihnen namentlich die Befragung eines Rechtsanwalts gestatten und das Nötige veranlassen, um die Echtheit ihrer Unter­schrift beglaubigen zu lassen.

Abschnitt VI Beziehungen der Kriegsgefangenen zu den Behörden

Kapitel I Beschwerden der Kriegsgefangenen über die Gefangenschaftsbedingungen

Art. 78
Die Kriegsgefangenen haben das Recht, den militärischen Behörden, in deren Hän­den sie sich befinden, ihre Anliegen betreffend das Gefangenschaftsregime, dem sie unterstellt sind, vorzubringen,
Sie haben ferner das unbeschränkte Recht, sich entweder durch Vermittlung des Vertrauensmannes oder, wenn sie es für notwendig erachten, direkt, an die Vertreter der Schutzmächte zu wenden, um ihnen die Punkte zur Kenntnis zu bringen, über welche sie Beschwerden hinsichtlich der Gefangenschaftsbedingungen vorzubringen haben.
Diese Anliegen und Beschwerden unterliegen keiner Beschränkung und sind dem in Artikel 71 genannten Korrespondenzkontingent nicht zuzuzählen. Sie sollen mit aller Beschleunigung weitergeleitet werden. Selbst wenn sie sich als unbegründet erweisen, dürfen sie nicht Anlass zu irgendeiner Bestrafung geben.
Die Vertrauensleute können den Vertretern der Schutzmacht regelmässige Berichte über die Lage in den Lagern und über die Bedürfnisse der Kriegsgefangenen zustel­len.

Kapitel II Vertreter der Kriegsgefangenen

Art. 79
An allen Orten, an denen sich Kriegsgefangene befinden, mit Ausnahme derjenigen, wo Offiziere sind, sollen die Gefangen alle sechs Monate und gleicherweise bei Vakanzen in freier und geheimer Wahl Vertrauensleute wählen können, die beauf­tragt sind, sie bei den militärischen Behörden, den Schutzmächten, dem Inter­na­tio­nalen Komitee vom Roten Kreuz und allen andern Hilfsorganisationen für Kriegs­­gefangene zu vertreten. Diese Vertrauensleute sind wieder wählbar.
In den Lagern der Offiziere und der ihnen Gleichgestellten oder in den gemischten Lagern wird der rangälteste kriegsgefangene Offizier des höchsten Dienstgrades als Vertrauensmann anerkannt. In den Offizierslagern wird er durch einen oder mehrere von den Offizieren gewählte Berater unterstützt; in den gemischten Lagern werden diese Gehilfen unter den Kriegsgefangenen, die nicht Offiziere sind, ausgelesen und von diesen gewählt.
In die Arbeitslager für Kriegsgefangene sollen kriegsgefangene Offiziere der glei­chen Staatsangehörigkeit versetzt werden, um die den Kriegsgefangenen obliegen­den Verwaltungsaufgaben der Lager zu übernehmen. Im Übrigen können diese Offi­ziere gemäss den Bestimmungen des ersten Absatzes dieses Artikels zu Vertrauens­leuten gewählt werden. In diesem Falle müssen die Gehilfen des Vertrauensmannes unter den Kriegsgefangenen, die nicht Offiziere sind, ausgelesen werden.
Jeder Vertrauensmann muss, bevor er seine Funktionen ausüben kann, vom Gewahr­samsstaat anerkannt werden. Lehnt der Gewahrsamsstaat die Anerkennung eines durch seine Kameraden gewählten Kriegsgefangenen ab, so hat er der Schutzmacht die Gründe seiner Ablehnung bekannt zu geben.
Auf jeden Fall soll der Vertrauensmann die gleiche Staatsangehörigkeit besitzen, die gleiche Sprache sprechen und dieselben Gebräuche pflegen wie die Kriegsgefange­nen, die er vertritt. Auf diese Weise erhalten die nach Nationalität, Sprache und Gebräuchen auf die verschiedenen Abteilungen eines Lagers verteilten Kriegsgefange­nen für jede Abteilung einen eigenen Vertrauensmann, gemäss den Bestimmungen der vorhergehenden Absätze.
Art. 80
Die Vertrauensleute sollen zum körperlichen, moralischen und geistigen Wohlerge­hen der Kriegsgefangenen beitragen.
Namentlich wenn die Kriegsgefangenen beschliessen sollten, unter sich ein gegen­seitiges Unterstützungssystem zu organisieren, soll diese Organisation zur Zustän­digkeit der Vertrauensleute gehören, ungeachtet der besondern Aufgaben, die ihnen durch andere Bestimmungen des vorliegenden Abkommens auferlegt sind.
Die Vertrauensleute können ihrer Aufgaben wegen nicht für die von den Kriegs­gefangenen begangenen strafbaren Handlungen verantwortlich gemacht werden.
Art. 81
Die Vertrauensleute sollen nicht zu einer andern Arbeit gezwungen werden, wenn dies die Erfüllung ihrer Funktionen erschweren könnte.
Die Vertrauensleute können unter den Gefangenen die von ihnen benötigten Hilfs­kräfte bezeichnen. Alle materiellen Erleichterungen, zumal eine gewisse für die Erfüllung ihrer Aufgaben (Besuche der Arbeitsgruppen, Inempfangnahme von Hilfs­sendungen usw.) notwendige Freizügigkeit, sollen ihnen gewährt werden.
Die Vertrauensleute sind ermächtigt, die Räume zu besichtigen, in denen die Kriegs­gefangenen interniert sind, und diese wiederum haben das Recht, ihren Vertrauens­mann frei zu Rate zu ziehen.
Für ihre postalische und telegrafische Korrespondenz mit den Gewahrsamsbehörden, den Schutzmächten, dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz und ihren Delegierten, den gemischten Ärztekommissionen sowie mit den Hilfsorganisationen für Kriegsgefangene soll den Vertrauensleuten gleicherweise jegliche Erleichterung ge­währt werden. Die gleichen Erleichterungen sollen die Vertrauensleute der Arbeits­gruppen für ihre Korrespondenz mit dem Vertrauensmann des Hauptlagers genie­s­sen. Diese Korrespondenz soll weder beschränkt noch als Teil des in Artikel 71 er­wähnten Kontingentes betrachtet werden.
Kein Vertrauensmann darf versetzt werden, ohne dass ihm die vernünftigerweise notwendige Zeit eingeräumt wurde, um seinen Nachfolger mit den laufenden Geschäften vertraut zu machen.
Im Falle einer Absetzung sind die Gründe, die zu diesem Entscheid geführt haben, der Schutzmacht bekannt zu geben.

Kapitel III Straf‑ und Disziplinarmassnahmen

I. Allgemeine Bestimmungen

Art. 82
Die Kriegsgefangenen unterstehen den für die bewaffneten Kräfte des Gewahrsams­staates geltenden Gesetzen, Vorschriften und allgemeinen Befehlen. Der Gewahr­samsstaat ist ermächtigt, gegen jeden Kriegsgefangenen, der sich eine Übertretung dieser Gesetze, Vorschriften und allgemeinen Dienstbefehle zuschulden kommen lässt, gerichtliche oder disziplinarische Massnahmen zu treffen. Hingegen ist keine Strafverfolgung oder Bestrafung, die den Bestimmungen dieses Kapitels entgegen­steht, erlaubt.
Erklären Gesetze, Vorschriften oder allgemeine Befehle des Gewahrsamsstaates von einem Kriegsgefangenen begangene Handlungen als strafbar, wenn die gleichen Handlungen nicht strafbar sind, sofern sie durch Angehörige der bewaffneten Kräfte des Gewahrsamsstaates begangen werden, so dürfen diese Handlungen lediglich eine disziplinarische Bestrafung nach sich ziehen.
Art. 83
Handelt es sich darum, festzustellen, ob eine durch einen Kriegsgefangenen began­gene strafbare Handlung disziplinarisch oder gerichtlich zu bestrafen ist, so hat der Gewahrsamsstaat darüber zu wachen, dass die zuständigen Behörden bei der Prü­fung dieser Frage grösste Nachsicht walten lassen und, wenn immer möglich, eher zu disziplinarischen Massnahmen als zu gerichtlicher Verfolgung greifen.
Art. 84
Ein Kriegsgefangener darf nur vor ein Militärgericht gestellt werden, es sei denn, dass die Gesetze des Gewahrsamsstaates ausdrücklich die Zivilgerichte zur Abur­teilung eines Angehörigen der bewaffneten Kräfte des Gewahrsamsstaates als zuständig erklären, der für die gleiche strafbare Handlung wie die von einem Kriegs­gefangenen begangene verfolgt wird.
Auf keinen Fall darf ein Kriegsgefangener vor ein Gericht gestellt werden, das nicht die allgemein anerkannten wesentlichen Garantien der Unabhängigkeit und der Unparteilichkeit bietet und dessen Verfahren ihm im besondern nicht die in Artikel 105 vorgesehenen Rechte und Mittel der Verteidigung zusichert.
Art. 85
Die Kriegsgefangenen, die auf Grund der Gesetze des Gewahrsamsstaates für Handlungen, die sie vor ihrer Gefangennahme begangen haben, verfolgt werden, bleiben, auch wenn sie verurteilt werden, im Genusse der im vorliegenden Abkom­men vorgesehenen Vergünstigungen.
Art. 86
Ein Kriegsgefangener darf nicht mehr als einmal wegen derselben Handlung oder auf Grund desselben Anklagepunktes bestraft werden.
Art. 87
Über die Kriegsgefangenen können von den Militärbehörden und den Gerichten des Gewahrsamsstaates nur solche Strafen verhängt werden, die bei den gleichen Tat­beständen für die Angehörigen der bewaffneten Kräfte dieses Staates vorgesehen sind.
Bei der Strafzumessung sollen die Gerichte oder Behörden des Gewahrsamsstaates soweit als möglich die Tatsache in Berücksichtigung ziehen, dass der Angeklagte, da er nicht Angehöriger des Gewahrsamsstaates ist, durch keinerlei Treuepflicht ihm gegenüber gebunden ist und wegen Umständen, die nicht von seinem eigenen Wil­len abhängen, sich in seiner Gewalt befindet. Diese Gerichte und Behörden können das Strafmass, das für die dem Gefangenen vorgeworfene strafbare Handlung vorge­sehen ist, nach freiem Ermessen verringern; sie sind daher nicht an die vorgeschrie­bene Mindeststrafe gebunden.
Sämtliche Kollektivstrafen für Vergehen Einzelner, sämtliche Körperstrafen, jedes Einsperren in Räume ohne Tageslicht und ganz allgemein jede Art von Folter und Grausamkeit sind verboten.
Im Übrigen darf der Gewahrsamsstaat keinen Kriegsgefangenen seines Dienstgrades entheben oder am Tragen seiner Dienstgradabzeichen hindern.
Art. 88
Kriegsgefangene Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten, die eine disziplinarische oder gerichtliche Strafe zu verbüssen haben, dürfen keiner strengern Behandlung unterworfen werden, als sie bei gleichem Dienstgrad und gleicher Strafe für die Angehörigen der bewaffneten Kräfte des Gewahrsamsstaates vorgesehen ist.
Die weiblichen Kriegsgefangenen sollen nicht strenger bestraft und während ihrer Strafverbüssung nicht strenger behandelt werden als die wegen des gleichen Verge­hens bestraften, den bewaffneten Kräften des Gewahrsamsstaates angehörenden Frauen.
Auf keinen Fall dürfen die weiblichen Gefangenen strenger bestraft und während der Strafverbüssung strenger behandelt werden als ein wegen des gleichen Vergehens bestrafter, den bewaffneten Kräften des Gewahrsamsstaates angehörender Mann.
Kriegsgefangene, die eine disziplinarische oder gerichtliche Strafe verbüsst haben, sollen nicht anders behandelt werden als die übrigen Kriegsgefangenen.

II. Disziplinarstrafen

Art. 89
Den Kriegsgefangenen können folgende Disziplinarstrafen auferlegt werden:
1. Busse bis zu 50 Prozent des Soldvorschusses und der Arbeitsentschädigung, wie sie in den Artikeln 60 und 62 vorgesehen sind, für die Dauer von höch­s­tens dreissig Tagen;
2. Entzug von Vorteilen, welche über die im vorliegenden Abkommen vorge­sehene Behandlung hinausgehend gewährt wurden;
3. befohlener Arbeitsdienst von höchstens zwei Stunden täglich;
4. Arrest.
Die unter Ziffer 3 vorgesehene Strafe darf jedoch nicht auf Offiziere angewendet werden.
Keinesfalls dürfen Disziplinarstrafen unmenschlich, brutal oder für die Gesundheit der Kriegsgefangenen gefährlich sein.
Art. 90
Die Dauer einer einzigen Strafe darf dreissig Tage nicht überschreiten. In Diszipli­narfällen ist die vor der Verhandlung oder der Verhängung der Strafe in Unter­suchungshaft verbrachte Zeit von der ausgesprochenen Strafe abzuziehen.
Die oben erwähnte Höchstdauer der Strafe von dreissig Tagen darf auch dann nicht überschritten werden, wenn ein Kriegsgefangener im Zeitpunkt der Entscheidung über seinen Fall sich wegen verschiedener Disziplinarvergehen zu verantworten hätte, gleichgültig, ob diese Handlungen miteinander in Zusammenhang stehen oder nicht.
Zwischen der Disziplinarentscheidung und ihrem Vollzug darf nicht mehr als ein Monat verstreichen.
Wird über einen Kriegsgefangenen eine weitere Disziplinarstrafe verhängt, so soll zwischen dem Vollzug jeder der Strafen ein Zeitraum von mindestens drei Tagen liegen, sobald die Dauer der einen zehn Tage oder mehr beträgt.
Art. 91
Die Flucht eines Kriegsgefangenen wird als gelungen betrachtet;
1. wenn er die bewaffneten Kräfte der Macht, von der er abhängt, oder einer verbündeten Macht erreicht hat;
2. wenn er das in der Gewalt des Gewahrsamsstaates oder einer mit ihm ver­bündeten Macht befindliche Gebiet verlassen hat;
3. wenn er ein der Macht, von der er abhängt, oder einer verbündeten Macht gehörendes, in den Territorialgewässern des Gewahrsamsstaates befindliches Schiff erreicht, vorausgesetzt, dass dieses Schiff nicht unter der Befehls­gewalt des Gewahrsamsstaates steht.
Kriegsgefangene, denen im Sinne dieses Artikels die Flucht gelungen ist, die aber neuerdings in Gefangenschaft geraten sind, dürfen wegen ihrer frühern Flucht nicht bestraft werden.
Art. 92
Ein Kriegsgefangener, der einen Fluchtversuch unternimmt und wieder ergriffen wird, bevor seine Flucht im Sinne von Artikel 91 gelungen ist, darf wegen dieser Handlung, selbst im Wiederholungsfalle, lediglich disziplinarisch bestraft werden.
Der wieder ergriffene Gefangene ist den zuständigen militärischen Behörden so schnell wie möglich zu übergeben.
In Abweichung von Artikel 88 Absatz 4 können wegen eines misslungenen Flucht­versuches bestrafte Kriegsgefangene einer besondern Aufsicht unterstellt werden, jedoch nur unter der Bedingung, dass diese Überwachung ihren Gesundheitszustand nicht beeinträchtigt, in einem Gefangenenlager durchgeführt wird und keinen Ent­zug irgendeiner der ihnen durch das vorliegende Abkommen gewährten Vergünsti­gungen zur Folge hat.
Art. 93
Flucht oder Fluchtversuch soll, selbst im Wiederholungsfall, nicht als erschwerender Umstand betrachtet werden, wenn der Kriegsgefangene wegen eines während seiner Flucht oder seines Fluchtversuches begangenen Vergehens vor Gericht gestellt wird.
Kriegsgefangene, die sich einzig und allein mit der Absicht, ihre Flucht zu erleich­tern, eines Vergehens schuldig machen, ohne dabei gegen Personen Gewalt anzu­wenden, wie etwa eines Vergehens gegen das öffentliche Eigentum, des Diebstahls ohne Bereicherungsabsicht, der Herstellung und Verwendung falscher Papiere, des Tragens von Zivilkleidern, dürfen, entsprechend dem in Artikel 83 aufgestellten Grundsatz, nur disziplinarisch bestraft werden.
Kriegsgefangene, die an einer Flucht oder an einem Fluchtversuch mitgewirkt haben, dürfen deswegen nur disziplinarisch bestraft werden.
Art. 94
Wird ein geflüchteter Kriegsgefangener wieder ergriffen, so ist dies, vorausgesetzt, dass auch die Flucht gemeldet worden ist, in der in Artikel 122 vorgesehenen Weise der Macht, von der er abhängt, zu melden.
Art. 95
Kriegsgefangene, die eines Verstosses gegen die Disziplin angeschuldigt sind, sollen bis zur Fällung des Entscheides nicht in Untersuchungshaft behalten werden, es sei denn, dass diese Massnahme auch für Angehörige der bewaffneten Kräfte des Gewahrsamsstaates, die sich der gleichen strafbaren Handlung schuldig gemacht haben, angewandt werde oder dass das höhere Interesse der Aufrechterhaltung von Ord­nung und Disziplin im Lager dies verlange.
Für alle Kriegsgefangenen soll die Untersuchungshaft in Disziplinarfällen auf das absolute Mindestmass beschränkt werden und vierzehn Tage nicht überschreiten.
Die Bestimmungen der Artikel 97 und 98 dieses Kapitels sollen auf Kriegsgefan­gene angewendet werden, die sich wegen eines Disziplinarvergehens in Unter­suchungshaft befinden.
Art. 96
Handlungen, die einen Verstoss gegen die Disziplin darstellen, sind unverzüglich zu untersuchen.
Unter Vorbehalt der Zuständigkeit der Gerichte und der höhern militärischen Behörden können Disziplinarstrafen nur von einem Offizier, der in seiner Eigenschaft als Lagerkommandant mit der Disziplinarstrafgewalt ausgestattet ist, oder von einem verantwortlichen Offizier, der ihn vertritt oder dem er seine Disziplinarstrafgewalt übertragen hat, verhängt werden.
Auf keinen Fall darf diese Disziplinarstrafgewalt einem Kriegsgefangenen übertra­gen oder durch einen Kriegsgefangenen ausgeübt werden.
Bevor eine Disziplinarstrafe verhängt wird, soll der angeklagte Kriegsgefangene genau über die Tatsachen ins Bild gesetzt werden, die ihm vorgeworfen werden. Er soll sein Verhalten erklären und sich verteidigen können. Er ist berechtigt, Zeugen einvernehmen zu lassen und, falls notwendig, die Hilfe eines befähigten Dolmet­schers zu beanspruchen. Die Entscheidung soll dem Kriegsgefangenen und dem Vertrauensmann bekanntgegeben werden.
Der Lagerkommandant hat ein Disziplinarstrafregister zu führen, das von den Ver­tretern der Schutzmacht eingesehen werden kann.
Art. 97
Auf keinen Fall dürfen Kriegsgefangene in Strafanstalten (Kerker, Zuchthäuser, Gefängnisse usw.) übergeführt werden, um dort Disziplinarstrafen zu verbüssen.
Alle Räume, in denen Disziplinarstrafen zu verbüssen sind, sollen den in Artikel 25 vorgesehenen hygienischen Anforderungen entsprechen. Den die Strafe verbüssen­den Kriegsgefangenen muss gemäss den Bestimmungen von Artikel 29 ermöglicht werden, sich sauber zu halten.
Offiziere und ihnen Gleichgestellte verbüssen ihre Strafen nicht in den gleichen Räumlichkeiten wie die Unteroffiziere und Soldaten.
Weibliche Kriegsgefangene, die eine Disziplinarstrafe verbüssen, sollen in von den Männerabteilungen getrennten Räumen festgehalten und unter die unmittelbare Überwachung von Frauen gestellt werden.
Art. 98
Die ihre Disziplinarstrafe verbüssenden Kriegsgefangenen bleiben weiterhin im Genuss der Bestimmungen des vorliegenden Abkommens, soweit dessen Anwendung nicht durch die Tatsache ihrer Haft selbst verunmöglicht wird. In keinem Fall dürfen ihnen die Vergünstigungen der Artikel 78 und 126 entzogen werden.
Den disziplinarisch bestraften Kriegsgefangenen können die ihnen auf Grund ihres Dienstgrades zustehenden Vorrechte nicht entzogen werden.
Disziplinarisch bestrafte Kriegsgefangene sollen sich täglich während mindestens zwei Stunden in der frischen Luft bewegen und aufhalten können.
Sie sollen die Erlaubnis haben, sich auf Verlangen bei der täglichen Arztvisite zu melden; sie sollen die Pflege erhalten, die ihr Gesundheitszustand erfordert, und gegebenenfalls in die Krankenabteilung des Lagers oder in ein Spital verbracht wer­den.
Sie sollen die Erlaubnis haben, zu lesen und zu schreiben, Briefe abzusenden und zu erhalten. Pakete und Geldsendungen dagegen können ihnen bis nach Verbüssung der Strafe vorenthalten werden; in der Zwischenzeit sollen sie dem Vertrauensmann anvertraut werden, der die in den Paketen befindlichen verderblichen Lebensmittel der Krankenabteilung übergibt.

III. Gerichtliche Verfolgung

Art. 99
Kein Kriegsgefangener darf wegen einer Handlung verfolgt oder verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung durch die in Kraft stehenden Gesetze des Gewahrsams­staates oder das Völkerrecht nicht ausdrücklich verboten war.
Es dürfen weder moralische noch physische Druckmittel angewandt werden, um einen Kriegsgefangenen dazu zu bringen, sich der Handlungen, deren er angeklagt ist, schuldig zu bekennen.
Kein Kriegsgefangener darf verurteilt werden, ohne die Möglichkeit zu seiner Ver­teidigung und den Beistand eines geeigneten Verteidigers gehabt zu haben.
Art. 100
Kriegsgefangenen und den Schutzmächten ist so früh wie möglich mitzuteilen, für welche strafbaren Handlungen die Gesetze des Gewahrsamsstaates die Todesstrafe vorsehen.
Nachträglich kann ohne Einwilligung der Macht, von der die Gefangenen abhängen, kein Vergehen mehr der Todesstrafe unterstellt werden.
Die Todesstrafe kann gegen einen Kriegsgefangenen nur ausgesprochen werden, wenn gemäss Artikel 87 Absatz 2 das Gericht ganz besonders auf die Tatsache auf­merksam gemacht wurde, dass der Angeklagte, da er nicht Angehöriger des Gewahr­samsstaates ist, durch keinerlei Treuepflicht ihm gegenüber gebunden ist und wegen Umständen, die nicht von seinem eigenen Willen abhängen, sich in seiner Gewalt befindet.
Art. 101
Ist gegen einen Kriegsgefangenen die Todesstrafe ausgesprochen worden, so darf das Urteil nicht vollstreckt werden vor Ablauf einer Frist von mindestens sechs Monaten, vom Zeitpunkt an gerechnet, in dem die Schutzmacht unter der angegebenen Adresse die in Artikel 107 vorgesehene ausführliche Mitteilung erhalten hat.
Art. 102
Ein Urteil gegen einen Kriegsgefangenen kann nur dann rechtsgültig gefällt werden, wenn es durch die gleichen Gerichte und nach dem gleichen Verfahren, wie sie für die Angehörigen der bewaffneten Kräfte des Gewahrsamsstaates vorgesehen sind, ausgesprochen worden ist, und im übrigen die Bestimmungen dieses Kapitels einge­halten wurden.
Art. 103
Gerichtliche Untersuchungen gegen Kriegsgefangene sind so rasch durchzuführen, als die Umstände es gestatten, und zwar so, dass die Gerichtsverhandlung möglichst frühzeitig stattfinden kann. Ein Kriegsgefangener darf nur dann in Untersuchungs­haft gehalten werden, wenn diese Massnahme bei gleichen Vergehen auch für die Angehörigen der bewaffneten Kräfte des Gewahrsamsstaates vorgesehen ist, oder wenn es die nationale Sicherheit verlangt. Die Untersuchungshaft darf auf keinen Fall länger als drei Monate dauern.
Die Dauer der Untersuchungshaft ist auf die über den Kriegsgefangenen verhängte Freiheitsstrafe anzurechnen; dies ist bereits bei der Festsetzung der Strafe zu berück­sichtigen.
Die Bestimmungen der Artikel 97 und 98 bleiben für die Kriegsgefangenen auch während der Untersuchungshaft in Geltung.
Art. 104
In allen Fällen, in denen sich der Gewahrsamsstaat für die Einleitung der gerichtli­chen Verfolgung eines Kriegsgefangenen entschieden hat, hat er dies der Schutz­macht so schnell wie möglich, mindestens jedoch drei Wochen vor Verhandlungs­beginn, bekannt zu geben. Diese Frist von drei Wochen läuft erst vom Augenblick an, in dem die Schutzmacht unter der von ihr dem Gewahrsamsstaat vorher bekannt gegebenen Adresse die Mitteilung erhalten hat.
Diese Mitteilung soll folgende Angaben enthalten:
1. Name, Vornamen, Dienstgrad, Matrikelnummer, Geburtsdatum und allfälli­ger Beruf des Kriegsgefangenen;
2. Ort der Internierung oder der Haft;
3. genaue Bezeichnung des oder der Anklagepunkte unter Erwähnung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen;
4. das den Fall behandelnde Gericht sowie Datum und Ort der Eröffnung der Verhandlung.
Die gleiche Mitteilung hat der Gewahrsamsstaat dem Vertrauensmann des Kriegs­gefangenen zugehen zu lassen.
Kann bei der Eröffnung der Verhandlung der Beweis nicht erbracht werden, dass die Schutzmacht, der Kriegsgefangene selbst und sein Vertrauensmann die genannte Mitteilung mindestens drei Wochen vor Verhandlungsbeginn empfangen haben, so darf die Verhandlung nicht stattfinden und ist zu vertagen.
Art. 105
Dem Kriegsgefangenen steht das Recht zu, einen seiner kriegsgefangenen Kamera­den zur Unterstützung beizuziehen, sich durch einen geeigneten Verteidiger seiner Wahl verteidigen zu lassen, Zeugen vorladen zu lassen und, wenn er es für nötig erachtet, die Dienste eines befähigten Dolmetschers zu beanspruchen. Der Gewahr­samsstaat hat ihn rechtzeitig vor Verhandlungsbeginn von diesen Rechten in Kennt­nis zu setzen.
Hat der Kriegsgefangene keinen Verteidiger gewählt, so hat die Schutzmacht ihm einen zu bestellen; dafür steht ihr mindestens eine Woche Zeit zur Verfügung. Auf Verlangen der Schutzmacht hat ihr der Gewahrsamsstaat ein Verzeichnis der für die Übernahme der Verteidigung geeigneten Personen zukommen zu lassen. Für den Fall, dass weder der Kriegsgefangene noch die Schutzmacht einen Verteidiger bestellt haben, hat der Gewahrsamsstaat einen für die Verteidigung des Angeklagten geeigneten Advokaten zu bezeichnen.
Dem Verteidiger sind zur Vorbereitung der Verteidigung des Angeklagten minde­s­tens zwei Wochen Zeit bis zur Eröffnung der Verhandlung einzuräumen und die dazu nötigen Erleichterungen zu gewähren; namentlich soll er den Angeklagten unbehindert besuchen und ohne Zeugen mit ihm sprechen können. Er soll mit allen Entlastungszeugen, inbegriffen die Kriegsgefangenen, sprechen können. Diese Erleichterungen sind ihm bis zum Ablauf der Rechtsmittelfristen zu gewähren.
Dem angeklagten Kriegsgefangenen sind die Anklageschrift sowie diejenigen Dokumente, die im allgemeinen den Angeklagten gemäss den bei den bewaffneten Kräften des Gewahrsamsstaates geltenden Gesetzen bekanntgegeben werden, in einer ihm verständlichen Sprache und rechtzeitig vor Verhandlungseröffnung zuzu­stellen. Seinem Verteidiger sind dieselben Dokumente unter den gleichen Bedin­gungen zuzustellen.
Die Vertreter der Schutzmacht haben das Recht, den Verhandlungen beizuwohnen, sofern diese nicht ausnahmsweise im Interesse der Staatssicherheit unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden müssen; in diesem Falle hat der Gewahrsamsstaat die Schutzmacht davon zu verständigen.
Art. 106
Jeder Kriegsgefangene hat das Recht, unter den gleichen Bedingungen, die auch für die Angehörigen der bewaffneten Kräfte des Gewahrsamsstaates gelten, gegen das gegen ihn ergangene Urteil Berufung einzureichen, oder Kassation oder Revision zu verlangen. Über die ihm diesbezüglich zustehenden Rechte sowie über die zu deren Ausübung festgesetzten Fristen ist er voll und ganz aufzuklären.
Art. 107
Jedes gegen einen Kriegsgefangenen ergangene Urteil ist der Schutzmacht unver­züglich in Form einer gedrängten Mitteilung bekannt zu geben, die auch angibt, ob dem Gefangenen das Recht zur Berufung, zur Kassation oder zur Revision zusteht. Diese Mitteilung ist auch dem betreffenden Vertrauensmann zuzustellen. Ist das Urteil in Abwesenheit des Angeklagten gefällt worden, hat diese Mitteilung auch an den Kriegsgefangenen selbst zu ergehen, und zwar in einer ihm verständlichen Spra­che. Im Übrigen hat der Gewahrsamsstaat der Schutzmacht unverzüglich mitzuteilen, ob der Kriegsgefangene von Rechtsmitteln Gebrauch machen will oder nicht.
Handelt es sich um ein endgültiges Urteil oder um ein durch die erste Instanz gefälltes Todesurteil, hat der Gewahrsamsstaat ferner an die Schutzmacht sobald wie möglich eine ausführliche Mitteilung zu richten, die folgende Angaben enthält:
1. den ganzen Wortlaut des Urteils;
2. einen zusammenfassenden Bericht über die Untersuchung und die Ver­handlung, der besonders die Grundzüge der Anklage und der Verteidigung hervorhebt;
3. gegebenenfalls die Angabe der Anstalt, wo die Strafe zu verbüssen ist.
Die in den vorangehenden Absätzen genannten Mitteilungen sind vom Gewahrsams­staat der Schutzmacht unter der ihm vorher bekannt gegebenen Adresse zuzustellen.
Art. 108
Die auf Grund eines ordnungsgemäss vollstreckbar gewordenen Urteils über einen Kriegsgefangenen gefällten Strafen sind in den gleichen Anstalten und unter den gleichen Bedingungen zu verbüssen, wie dies bei Angehörigen der bewaffneten Kräfte des Gewahrsamsstaates der Fall ist. Diese Bedingungen sollen auf alle Fälle den Erfordernissen der Hygiene und der Menschlichkeit entsprechen.
Weibliche Kriegsgefangene, über die eine derartige Strafe verhängt wird, sind in gesonderten Räumen unterzubringen und unter die Überwachung von Frauen zu stel­len.
Auf jeden Fall gelten die Bestimmungen der Artikel 78 und 126 weiterhin für die zu einer Freiheitsstrafe verurteilten Kriegsgefangenen. Es soll ihnen im übrigen gestat­tet sein, Briefschaften zu empfangen und zu versenden, monatlich mindestens ein Hilfspaket zu empfangen und sich regelmässig in der frischen Luft zu bewegen; ent­sprechend ihrem Gesundheitszustand haben sie Anrecht auf die notwendige ärztliche Pflege, und auf Wunsch soll ihnen auch geistlicher Beistand gewährt werden. Ihnen auferlegte Strafen haben den Bestimmungen von Artikel 87 Absatz 3 zu entspre­chen.

Teil IV Beendigung der Gefangenschaft

Abschnitt I Direkte Heimschaffung und Hospitalisierung in einem neutralen Lande

Art. 109
Die am Konflikt beteiligten Parteien sind unter Vorbehalt der Bestimmungen von Absatz 3 dieses Artikels gehalten, die schwerkranken und schwerverwundeten Kriegsgefangenen, ohne Rücksicht auf Anzahl und Dienstgrad, und nach Herbeifüh­rung ihrer Transportfähigkeit, gemäss den Bestimmungen von Absatz 1 des nachfol­genden Artikels in ihre Heimat zurückzusenden.
Die am Konflikt beteiligten Parteien haben sich während der Dauer der Feindselig­keiten, in Zusammenarbeit mit den in Frage stehenden neutralen Mächten zu bemü­hen, die Hospitalisierung der in Absatz 2 des nachfolgenden Artikels erwähnten verwundeten oder kranken Kriegsgefangenen in neutralen Ländern in die Wege zu leiten; im übrigen können sie auch Vereinbarungen zur direkten Heimschaffung von gesunden, schon seit langer Zeit in Gefangenschaft befindlichen Kriegsgefangenen oder zu deren Internierung in neutralem Lande treffen.
Während der Feindseligkeiten kann kein in Absatz 1 dieses Artikels für die Heim­schaffung vorgesehener kranker oder verwundeter Kriegsgefangener gegen seinen Willen heimgeschafft werden.
Art. 110
Es sind direkt heimzuschaffen:
1. die unheilbar Verwundeten und Kranken, deren geistige oder körperliche Fähigkeiten beträchtlich herabgemindert zu sein scheinen;
2. die Verwundeten und Kranken, die nach ärztlicher Meinung im Verlaufe eines Jahres nicht geheilt werden können, wenn ihr Zustand eine Behandlung erfordert und ihre geistigen oder körperlichen Fähigkeiten beträchtlich her­abgemindert zu sein scheinen:
3. die geheilten Verwundeten und Kranken, deren geistige oder körperliche Fähigkeiten dauernd und beträchtlich herabgemindert zu sein scheinen.
Es können in neutralem Lande hospitalisiert werden:
1. die Verwundeten und Kranken, deren Heilung innerhalb eines Jahres seit der Verletzung oder Erkrankung angenommen werden kann, wenn die Behand­lung in einem neutralen Lande eine sicherere und schnellere Heilung voraus­sehen lässt;
2. die Kriegsgefangenen, deren geistige oder körperliche Gesundheit nach ärztlicher Ansicht durch die Fortsetzung der Gefangenschaft ernstlich be­droht ist, bei denen jedoch durch die Hospitalisierung in neutralem Lande diese Bedrohung vermieden würde.
Die Bedingungen, welche die in einem neutralen Lande hospitalisierten Kriegs­gefangenen erfüllen müssen, um heimgeschafft zu werden, wie auch ihre Rechtsstel­lung sind durch Vereinbarung unter den beteiligten Mächten zu regeln. Im allgemei­nen sind diejenigen in einem neutralen Lande hospitalisierten Kriegsgefangenen heimzuschaffen, die folgenden Kategorien angehören:
1. diejenigen, deren Gesundheitszustand sich derart verschlimmert hat, dass die für die direkte Heimschaffung vorgesehenen Bedingungen erfüllt sind;
2. diejenigen, deren geistige oder körperliche Fähigkeiten auch nach erfolgter Behandlung beträchtlich herabgemindert bleiben.
In Ermangelung von besonderen, zwischen den betreffenden am Konflikt beteiligten Parteien getroffenen Vereinbarungen über die Bestimmung der Invaliditäts‑ oder Krankheitsfülle, die die direkte Heimschaffung oder die Hospitalisierung in neutra­lem Lande zur Folge haben, sind diese Fälle gemäss dem Musterabkommen über die direkte Heimschaffung und die Hospitalisierung in neutralem Lande und dem Reglement betreffend die gemischten ärztlichen Kommissionen zu bestimmen, die die­sem Abkommen beiliegen.
Art. 111
Der Gewahrsamsstaat, die Macht, von der die Kriegsgefangenen abhängen, und eine von diesen beiden Mächten anerkannte neutrale Macht sollen sich um den Abschluss von Vereinbarungen bemühen, die die Internierung von Kriegsgefangenen auf dem Gebiete der genannten neutralen Macht bis zur Einstellung der Feindseligkeiten gestatten.
Art. 112
Bei Beginn der Feindseligkeiten sind gemischte ärztliche Kommissionen zu bestel­len, die die kranken und verletzten Gefangenen zu untersuchen und alle nützlichen Entscheidungen über sie zu treffen haben. Für die Bestellung, die Pflichten und die Tätigkeit dieser Kommissionen sind die Bestimmungen des diesem Abkommen bei­liegenden Reglements massgebend.
Indessen können Gefangene, die nach Ansicht der ärztlichen Behörden des Gewahr­samsstaates offenkundig als Schwerverletzte oder Schwerkranke zu betrachten sind, ohne Untersuchung durch eine gemischte ärztliche Kommission heimgeschafft wer­den.
Art. 113
Ausser den durch die ärztlichen Behörden der Gewahrsamsmacht bezeichneten Kriegsgefangenen haben die verwundeten oder kranken Gefangenen, die einer der nachstehend aufgeführten Kategorien angehören, das Recht, sich von den im vor­hergehenden Artikel genannten gemischten ärztlichen Kommissionen untersuchen zu lassen:
1. die Verwundeten und Kranken, die von einem im Lager tätigen Arzt vorge­schlagen werden, der ihr Landsmann ist oder Staatsangehöriger einer am Konflikt beteiligten Partei ist, die mit der Macht, von der sie abhängen, ver­bündet ist;
2. die von ihrem Vertrauensmann vorgeschlagenen Verwundeten und Kranken;
3. die von der Macht, von der sie abhängen, oder von einer von dieser Macht anerkannten Hilfsorganisation für Kriegsgefangene vorgeschlagenen Ver­wundeten und Kranken.
Die Kriegsgefangenen, die keiner dieser drei Kategorien angehören, können sich diesen gemischten ärztlichen Kommissionen gleichwohl zur Untersuchung stellen, werden jedoch erst nach den Gefangenen der erwähnten Kategorien untersucht.
Dem Arzt, der ein Landsmann der von der gemischten ärztlichen Kommission unter­suchten Kriegsgefangenen ist, sowie ihrem Vertrauensmann ist es erlaubt, dieser Untersuchung beizuwohnen.
Art. 114
Kriegsgefangene, die einen Unfall erlitten haben, geniessen, ausser wenn es sich um eine Selbstverstümmelung handelt, die Vergünstigungen der Bestimmungen des vorliegenden Abkommens betreffend die Heimschaffung oder die allfällige Hospita­lisierung in einem neutralen Lande.
Art. 115
Kein disziplinarisch bestrafter Kriegsgefangener, der die für die Heimschaffung oder die Hospitalisierung in einem neutralen Lande vorgesehenen Bedingungen erfüllt, darf zurückgehalten werden, weil er seine Strafe noch nicht verbüsst hat.
Die gerichtlich verfolgten oder verurteilten Kriegsgefangenen, die für die Heim­schaffung oder die Hospitalisierung in einem neutralen Lande vorgesehen sind, kön­nen vor Beendigung des Verfahrens oder der Verbüssung der Strafe in den Genuss dieser Massnahmen gelangen, wenn der Gewahrsamsstaat seine Einwilligung dazu gibt.
Die am Konflikt beteiligten Parteien haben sich gegenseitig die Namen derjenigen bekannt zu geben, die bis zur Beendigung des Verfahrens oder der Verbüssung der Strafe zurückbehalten werden.
Art. 116
Die Kosten der Heimschaffung oder der Überführung von Kriegsgefangenen in ein neutrales Land gehen von der Grenze des Gewahrsamsstaates an zu Lasten derjeni­gen Macht, von der diese Kriegsgefangenen abhängen.
Art. 117
Kein Heimgeschaffter darf zu aktivem Militärdienst verwendet werden.

Abschnitt II Freilassung und Heimschaffung der Kriegsgefangenen nach Beendigung der Feindseligkeiten

Art. 118
Die Kriegsgefangenen sind nach Beendigung der aktiven Feindseligkeiten ohne Verzug freizulassen und heimzuschaffen.
Wenn das zwischen den am Konflikt beteiligten Parteien abgeschlossene Abkom­men zur Beendigung der Feindseligkeiten keine diesbezüglichen Bestimmungen enthält oder kein solches Abkommen abgeschlossen wird, soll jeder Gewahrsams­staat gemäss dem im vorhergehenden Absatz aufgestellten Grundsatz ohne Verzug selbst einen Heimschaffungsplan aufstellen und ausführen.
In beiden Fällen sind die getroffenen Massnahmen den Kriegsgefangenen zur Kenntnis zu bringen.
Die Kosten der Heimschaffung der Kriegsgefangenen sollen auf jeden Fall in billi­ger Weise zwischen der Gewahrsamsmacht und der Macht, von der die Kriegsgefan­genen abhängen, geteilt werden. Für diese Verteilung sollen folgende Grundsätze beobachtet werden:
a. wenn es sich um Nachbarstaaten handelt, hat der Staat, von dem die Kriegs­gefangenen abhängen, die Kosten der Heimschaffung von der Grenze des Gewahrsamsstaates an zu übernehmen;
b. wenn es sich nicht um Nachbarstaaten handelt, so hat der Gewahrsamsstaat die Kosten des Transportes der Kriegsgefangenen auf seinem Gebiet zu übernehmen, und zwar bis zu seiner Grenze oder bis zu seinem Einschif­fungshafen, der dem Staat, von dem die Gefangenen abhängen, am nächsten liegt. Was den Rest der Heimschaffungskosten betrifft, so sollen sich die beteiligten Mächte über eine gerechte Aufteilung einigen. Auf keinen Fall darf wegen des Abschlusses einer solchen Übereinkunft die Heimschaffung der Kriegsgefangenen auch nur im Geringsten verzögert werden.
Art. 119
Die Heimschaffung soll unter ähnlichen Bedingungen erfolgen, wie sie in den Arti­keln 46 bis und mit 48 für die Verlegung von Kriegsgefangenen vorgesehen sind, und unter Berücksichtigung der Bestimmungen von Artikel 118 sowie der nachfol­genden Bestimmungen.
Bei der Heimschaffung sind den Kriegsgefangenen die ihnen gemäss Artikel 18 abgenommenen Wertgegenstände und die Geldbeträge, die nicht in die Währung des Gewahrsamsstaates umgewechselt wurden, zurückzuerstatten. Die Wertgegenstände und die Geldbeträge in ausländischer Währung, die aus irgendeinem Grund den Kriegsgefangenen bei ihrer Heimschaffung nicht zurückerstattet wurden, sollen dem in Artikel 122 vorgesehenen Auskunftsbüro übergeben werden.
Die Kriegsgefangenen sind berechtigt, ihre persönlichen Effekten, ihre Briefschaften und die erhaltenen Pakete mitzunehmen; das Gewicht dieses Gepäcks kann, falls die Umstände der Heimschaffung es erfordern, auf das beschränkt werden, was der Gefangene vernünftigerweise tragen kann; auf jeden Fall ist jeder Kriegsgefangene be­rechtigt, mindestens 25 Kilogramm mitzunehmen.
Die andern persönlichen Effekten des heimgeschafften Kriegsgefangenen sind von der Gewahrsamsmacht aufzubewahren; diese hat sie dem Gefangenen zukommen zu lassen, sobald sie mit der Macht, von der er abhängt, ein Übereinkommen über die Art des Transportes und die Bezahlung der Transportkosten getroffen hat.
Die Kriegsgefangenen, gegen die wegen eines Verbrechens oder Vergehens eine Strafverfolgung anhängig ist, können bis zum Abschluss des Gerichtsverfahrens und gegebenenfalls bis zur Verbüssung der Strafe zurückgehalten werden. Das gleiche gilt für Kriegsgefangene, die wegen eines strafrechtlichen Verbrechens oder Verge­hens verurteilt sind.
Die am Konflikt beteiligten Parteien haben sich gegenseitig die Namen der Kriegs­gefangenen bekannt zu geben, die bis zum Abschluss des Gerichtsverfahrens oder bis zur Verbüssung der Strafe zurückgehalten werden.
Die am Konflikt beteiligten Parteien sollen die Einsetzung von Kommissionen ver­einbaren, um verstreute Kriegsgefangene zu suchen und ihre möglichst rasche Heim­schaffung zu gewährleisten.

Abschnitt III Todesfälle von Kriegsgefangenen

Art. 120
Die Testamente der Kriegsgefangenen sollen so aufgesetzt sein, dass sie den von der Gesetzgebung ihres Heimatstaates aufgestellten Gültigkeitsvorschriften entsprechen; diese Vorschriften sollen vom Heimatstaat dem Gewahrsamsstaat zur Kenntnis gebracht werden. Auf Verlangen des Kriegsgefangenen und auf jeden Fall nach seinem Tod ist das Testament unverzüglich der Schutzmacht zu übergeben und eine beglau­bigte Abschrift davon der Zentralstelle für Kriegsgefangene zuzustellen.
Die gemäss dem diesem Abkommen beiliegenden Muster erstellten Todesurkunden oder die von einem verantwortlichen Offizier beglaubigten Listen aller in der Gefan­genschaft verstorbenen Kriegsgefangenen sind so rasch wie möglich dem in Artikel 122 vorgesehenen Auskunftsbüro für Kriegsgefangene zu übermitteln. Die in Absatz 3 von Artikel 17 aufgezählten Angaben über die Identität, den Ort und das Datum des Todes, die Todesursache, den Ort und das Datum der Beerdigung sowie alle zur Auffindung der Gräber notwendigen Angaben müssen in diesen Urkunden oder Listen enthalten sein.
Vor der Beerdigung oder Einäscherung muss eine ärztliche Untersuchung der Leiche stattfinden, die den Tod feststellen, die Abfassung eines Berichtes ermöglichen und, wenn nötig, die Identität des Verstorbenen feststellen soll.
Die Gewahrsamsbehörden haben dafür zu sorgen, dass in der Gefangenschaft ver­storbene Kriegsgefangene mit allen Ehren, wenn möglich gemäss den Riten der Religion, der sie angehörten, bestattet und dass ihre Gräber geachtet, angemessen un­terhalten und so gekennzeichnet werden, dass sie jederzeit wieder aufgefunden wer­den können. Wenn immer möglich sollen die verstorbenen Kriegsgefangenen, die von der gleichen Macht abhingen, am gleichen Ort bestattet werden.
Die verstorbenen Kriegsgefangenen sollen einzeln begraben werden, sofern nicht die Beisetzung in einem Gemeinschaftsgrab infolge höherer Gewalt unumgänglich ist. Die Leichen dürfen nur aus zwingenden hygienischen Gründen oder weil es die Religion des Verstorbenen verlangt oder auf seinen eigenen Wunsch hin eingeäschert werden. Im Falle einer Einäscherung soll dies unter Angabe der Gründe auf der To­desurkunde des Verstorbenen vermerkt werden.
Damit die Gräber stets wieder aufgefunden werden können, sollen alle Auskünfte über die Bestattungen und die Gräber durch einen vom Gewahrsamsstaat geschaffe­nen Gräberdienst aufgezeichnet werden. Die Verzeichnisse der Gräber und die Aus­künfte über die auf den Friedhöfen oder anderswo bestatteten Kriegsgefangenen sollen der Macht, von der diese Kriegsgefangenen abhingen, übermittelt werden. Wenn die Macht, in deren Gewalt ein Gebiet steht, diesem Abkommen beigetreten ist, hat sie für die Pflege der darin befindlichen Gräber und für die Eintragung jeder nachträglichen Überführung einer Leiche besorgt zu sein. Diese Bestimmungen beziehen sich ebenfalls auf die Asche, die vom Gräberdienst aufzubewahren ist, bis ihm der Heimatstaat des Verstorbenen seine endgültigen Verfügungen in dieser Hin­sicht bekannt gibt.
Art. 121
Nach jedem Todesfall oder jeder schweren Verletzung eines Kriegsgefangenen, die durch eine Wache, einen andern Kriegsgefangenen oder irgendeine Person verur­sacht wurden oder verursacht sein könnten, sowie nach jedem Todesfall, dessen Ursache unbekannt ist, soll vom Gewahrsamsstaat unverzüglich eine offizielle Unter­suchung eingeleitet werden.
Der Schutzmacht soll darüber sofort Anzeige gemacht werden. Die Aussagen der Zeugen, besonders der Kriegsgefangenen, sollen aufgenommen werden. Ein diese Aussagen enthaltender Bericht soll der genannten Macht übermittelt werden.
Erweist die Untersuchung die Schuld einer oder mehrerer Personen, so soll der Gewahrsamsstaat alle Massnahmen zur gerichtlichen Verfolgung der verantwort­lichen Person oder Personen ergreifen.

Teil V Auskunftsstellen und Hilfsorganisationen für Kriegsgefangene

Art. 122
Bei Ausbruch eines Konflikts und in allen Fällen einer Besetzung soll jede der am Konflikt beteiligten Parteien ein offizielles Auskunftsbüro für die in ihrer Gewalt befindlichen Kriegsgefangenen einrichten; das gleiche gilt für die neutralen oder nicht kriegführenden Mächte hinsichtlich jener Personen, die sie in ihr Gebiet auf­genommen haben und die einer der in Artikel 4 aufgeführten Kategorien angehören. Die betreffende Macht hat dafür Sorge zu tragen, dass das Auskunftsbüro über die Räumlichkeiten, das Material und das nötige Personal verfügt, die notwendig sind, damit es wirksam arbeiten kann. Es steht ihr frei, unter Beachtung des im Abschnitt des vorliegenden Abkommens über die Arbeit der Kriegsgefangenen festgelegten Bedingungen Kriegsgefangene hiefür zu verwenden.
Jede der am Konflikt beteiligten Parteien hat ihrem Auskunftsbüro in kürzestmög­licher Frist die im vierten, fünften und sechsten Abschnitt dieses Artikels erwähnten Auskünfte über jede feindliche, zu einer der in Artikel 4 aufgeführten Kategorien gehörende und in ihre Gewalt geratene Person zu erteilen. Das gleiche gilt für die neutralen oder nicht kriegführenden Mächte hinsichtlich jener Personen, die diesen Kategorien angehören und die sie in ihr Gebiet aufgenommen haben.
Das Auskunftsbüro hat diese Auskünfte durch Vermittlung der Schutzmächte einer­seits und der in Artikel 123 vorgesehenen Zentralstelle anderseits unverzüglich auf raschestem Wege den interessierten Mächten zukommen zu lassen.
Diese Angaben sollen eine rasche Benachrichtigung der betreffenden Familien erlauben. Vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 17 sollen diese Auskünfte, soweit sie die Auskunftsstelle besitzt, für jeden Kriegsgefangenen Name, Vornamen, Dienstgrad, Matrikelnummer, Ort und vollständiges Datum der Geburt, die Macht, von der er abhängt, Vorname des Vaters und Mädchenname der Mutter, Name und Adresse der zu benachrichtigenden Person sowie die Adresse, unter der dem Gefan­genen Briefschaften zugestellt werden können, enthalten.
Das Auskunftsbüro soll von den verschiedenen zuständigen Dienststellen die Anga­ben über Mutationen, Freilassung, Heimschaffung, Flucht, Hospitalisierung, Tod erhalten und sie auf die im dritten Absatz dieses Artikels vorgesehene Weise weiter­leiten.
Gleicherweise sollen regelmässig, und zwar wenn möglich wöchentlich, Auskünfte über den Gesundheitszustand schwerkranker oder schwerverletzter Kriegsgefangener weitergeleitet werden.
Das Auskunftsbüro ist ebenfalls mit der Beantwortung aller Anfragen über die Kriegsgefangenen, einschliesslich der in der Gefangenschaft Verstorbenen, betraut; um sich die fehlenden Auskünfte zu beschaffen, nimmt es die nötigen Erhebungen vor.
Alle schriftlichen Mitteilungen des Auskunftsbüros sind durch Unterschrift oder Siegel zu beglaubigen.
Das Auskunftsbüro ist ferner beauftragt, alle persönlichen Wertgegenstände, ein­schliesslich der Geldbeträge in anderer Währung als der des Gewahrsamsstaates, sowie die für die nächsten Angehörigen wichtigen Dokumente zu sammeln, die die Kriegsgefangenen bei ihrer Heimschaffung, ihrer Freilassung, ihrer Flucht oder ihrem Tod zurückgelassen haben, und sie an die interessierten Mächte zu übermitteln. Diese Gegenstände sollen vom Auskunftsbüro in versiegelten Paketen versandt wer­den und von einer Erklärung, welche die Identität der Person, der die Gegenstände gehörten, genau feststellt, sowie von einem vollständigen Verzeichnis des Paketin­haltes begleitet sein. Die übrigen persönlichen Effekten der in Frage stehenden Kriegsgefangenen sind gemäss den zwischen den betreffenden am Konflikt betei­ligten Parteien abgeschlossenen Vereinbarungen zurückzusenden.
Art. 123
Eine zentrale Auskunftsstelle für Kriegsgefangene soll in einem neutralen Land geschaffen werden. Das internationale Komitee vom Roten Kreuz soll den in Frage kommenden Mächten, sofern es ihm notwendig erscheint, die Organisation einer solchen Zentralstelle vorschlagen.
Diese Zentralstelle ist beauftragt, alle Auskünfte betreffend Kriegsgefangene, die sie auf offiziellem oder privatem Wege beschaffen kann, zu sammeln. Sie soll sie so rasch wie möglich an das Herkunftsland der Kriegsgefangenen oder an die Macht, von der sie abhängen, weiterleiten. Von Seiten der am Konflikt beteiligten Parteien soll diese Zentralstelle alle angemessenen Erleichterungen zur Durchführung dieser Weiterleitungen erhalten.
Die Hohen Vertragsparteien und im besondern jene, deren Angehörigen die Dienste der Zentralstelle zugute kommen, werden aufgefordert, ihr die finanzielle Hilfe angedeihen zu lassen, deren sie bedarf.
Diese Bestimmungen dürfen nicht als eine Beschränkung der humanitären Tätigkeit des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz und der in Artikel 125 erwähnten Hilfsgesellschaften ausgelegt werden.
Art. 124
Die nationalen Auskunftsbüros und die Zentralstelle sollen für alle Postsendungen Portofreiheit geniessen; auch sollen ihnen alle in Artikel 74 vorgesehenen Befreiun­gen sowie im Rahmen des Möglichen Gebührenfreiheit oder zumindest bedeutende Gebührenermässigungen für telegrafische Mitteilungen zugute kommen.
Art. 125
Unter Vorbehalt der Massnahmen, die die Gewahrsamsstaaten für unerlässlich hal­ten, um ihre Sicherheit zu gewährleisten oder jedem andern vernünftigen Erfordernis zu begegnen, sollen sie den religiösen Organisationen, Hilfsgesellschaften oder jeder andern, den Kriegsgefangenen Hilfe bringenden Körperschaft die beste Aufnahme gewähren. Sie sollen ihnen wie auch ihren gebührend akkreditierten Delegierten alle notwendigen Erleichterungen gewähren, damit sie die Kriegsgefangenen besuchen, Hilfssendungen und für Erziehungs‑, Erholungs‑ oder Religionszwecke dienende Gegenstände irgendwelcher Herkunft an sie verteilen oder ihnen bei der Gestaltung der Freizeit innerhalb der Lager helfen können. Die genannten Gesellschaften oder Organisationen können auf dem Gebiet des Gewahrsamsstaates oder in einem andern Land gegründet werden oder aber internationalen Charakter haben.
Der Gewahrsamsstaat kann die Anzahl der Gesellschaften und Organisationen, deren Delegierte ermächtigt sind, ihre Tätigkeit auf seinem Gebiet und unter seiner Auf­sicht auszuüben, begrenzen; durch eine solche Begrenzung darf jedoch die wirksame und ausreichende Hilfeleistung an alle Kriegsgefangenen nicht behindert werden.
Die besondere Stellung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz auf diesem Gebiete soll jederzeit anerkannt und respektiert werden.
Im Augenblick der Übergabe von Hilfssendungen oder von obgenannten Zwecken dienenden Gegenständen an die Kriegsgefangenen oder mindestens innert kurzer Frist ist den Hilfsgesellschaften oder Organisationen für jede von ihnen abgeschickte Sendung eine vom Vertrauensmann unterzeichnete Empfangsbestätigung zuzustel­len. Gleichzeitig sind von den Verwaltungsbehörden, die die Kriegsgefangenen überwachen, Empfangsbestätigungen für diese Sendungen auszustellen.

Teil VI Vollzug des Abkommens

Abschnitt I Allgemeine Bestimmungen

Art. 126
Die Vertreter oder Delegierten der Schutzmächte sind ermächtigt, sich an alle Orte zu begeben, wo sich Kriegsgefangene befinden, namentlich an alle Internierungs‑, Gefangenhaltungs‑ und Arbeitsorte; sie sollen zu allen von Kriegsgefangenen benützten Räumlichkeiten Zutritt haben. Sie sind ebenfalls ermächtigt, sich an alle Abfahrts‑, Durchfahrts‑ und Ankunftsorte von versetzten Kriegsgefangenen zu begeben. Sie sollen sich ohne Zeugen mit den Gefangenen und besonders mit ihrem Vertrauensmann unterhalten können, wenn nötig durch Vermittlung eines Dolmet­schers.
Den Vertretern und Delegierten der Schutzmächte ist betreffend die Wahl der Orte, die sie zu besuchen wünschen, jede Freiheit zu lassen; Dauer und Zahl dieser Besu­che dürfen nicht eingeschränkt werden. Diese Besuche dürfen nur aus zwingenden militärischen Gründen und bloss ausnahmsweise und vorübergehend untersagt wer­den.
Der Gewahrsamsstaat und die Macht, von der die Kriegsgefangenen abhängen, kön­nen gegebenenfalls übereinkommen, Landsleute dieser Kriegsgefangenen zur Teil­nahme an solchen Besuchen zuzulassen.
Die Delegierten des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz sollen die gleichen Vorrechte geniessen. Die Bezeichnung dieser Delegierten bedarf der Genehmigung der Macht, in deren Gewalt sich die zu besuchenden Kriegsgefangenen befinden.
Art. 127
Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, in Friedens‑ und in Kriegszeiten den Wortlaut des vorliegenden Abkommens in ihren Ländern im weitestmöglichen Ausmass zu verbreiten und insbesondere sein Studium in die militärischen und, wenn möglich, zivilen Ausbildungsprogramme aufzunehmen, damit die Gesamtheit ihrer bewaffneten Kräfte und der Bevölkerung seine Grundsätze kennen lernen kann.
Die militärischen oder andern Behörden, die in Kriegszeiten eine Verantwortung in Bezug auf Kriegsgefangene übernehmen, müssen den Wortlaut des Abkommens besitzen und über dessen Bestimmungen besonders unterrichtet werden.
Art. 128
Die Hohen Vertragsparteien sollen sich gegenseitig durch Vermittlung des Schwei­zerischen Bundesrates und während der Feindseligkeiten durch Vermittlung der Schutzmächte die amtlichen Übersetzungen des vorliegenden Abkommens sowie die Gesetze und Verordnungen zustellen, die sie zur Gewährleistung seiner Anwendung unter Umständen erlassen.
Art. 129
Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, alle notwendigen gesetzgeberischen Massnahmen zur Festsetzung von angemessenen Strafbestimmungen für solche Per­sonen zu treffen, die irgendeine der im folgenden Artikel umschriebenen schweren Verletzungen des vorliegenden Abkommens begehen oder zu einer solchen Verlet­zung den Befehl erteilen.
Jede Vertragspartei ist zur Ermittlung der Personen verpflichtet, die der Begehung oder der Erteilung eines Befehls zur Begehung der einen oder andern dieser schwe­ren Verletzungen beschuldigt sind und hat sie ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehö­rigkeit vor ihre eigenen Gerichte zu ziehen. Wenn sie es vorzieht, kann sie sie auch gemäss den in ihrer eigenen Gesetzgebung vorgesehenen Bedingungen zur Aburtei­lung einer andern an der Verfolgung interessierten Vertragspartei übergeben, sofern diese gegen die erwähnten Personen ausreichende Beschuldigungen nachgewiesen hat.
Jede Vertragspartei soll die notwendigen Massnahmen ergreifen, um auch diejeni­gen Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen des vorliegenden Abkommens zu unterbinden, die nicht zu den im folgenden Artikel umschriebenen schweren Verlet­zungen zählen.
Unter allen Umständen müssen die Angeklagten nicht geringere Sicherheiten in Bezug auf Gerichtsverfahren und freie Verteidigung geniessen als die in Artikel 105 ff. des vorliegenden Abkommens vorgesehenen.
Art. 130
Als schwere Verletzungen, wie sie im vorhergehenden Artikel erwähnt sind, gelten jene, die die eine oder andere der folgenden Handlungen umfassen, sofern sie gegen Personen oder Güter begangen werden, die durch das Abkommen geschützt sind: vorsätzlicher Mord, Folterung oder unmenschliche Behandlung, einschliesslich biologischer Experimente, vorsätzliche Verursachung grosser Leiden oder schwere Beeinträchtigung der körperlichen Integrität oder der Gesundheit, Nötigung eines Kriegsgefangenen zur Dienstleistung in den bewaffneten Kräften der feindlichen Macht oder Entzug ihres Anrechts auf ein ordentliches und unparteiisches, den Vor­schriften des vorliegenden Abkommens entsprechendes Gerichtsverfahren.
Art. 131
Eine Hohe Vertragspartei kann weder sich selbst noch eine andere Vertragspartei von den Verantwortlichkeiten befreien, die ihr selbst oder einer andern Vertrags­partei auf Grund der im vorhergehenden Artikel erwähnten Verletzungen zufallen.
Art. 132
Auf Begehren einer am Konflikt beteiligten Partei soll gemäss einem zwischen den beteiligten Parteien festzusetzenden Verfahren eine Untersuchung eingeleitet werden über jede behauptete Verletzung des Abkommens.
Kann über das Untersuchungsverfahren keine Übereinstimmung erzielt werden, so sollen sich die Parteien über die Wahl eines Schiedsrichters einigen, der über das zu befolgende Verfahren zu entscheiden hat.
Sobald die Verletzung festgestellt ist, sollen ihr die am Konflikt beteiligten Parteien ein Ende setzen und sie so rasch als möglich ahnden.

Abschnitt II Schlussbestimmungen

Art. 133
Das vorliegende Abkommen ist in französischer und englischer Sprache abgefasst. Beide Texte sind gleicherweise authentisch.
Der Schweizerische Bundesrat wird offizielle Übersetzungen des Abkommens in russischer und spanischer Sprache herstellen lassen.
Art. 134
In den Beziehungen zwischen den Hohen Vertragsparteien ersetzt das vorliegende Abkommen das Abkommen vom 27. Juli 1929⁷.
⁷ SR 0.518.41
Art. 135
In den Beziehungen zwischen Mächten, die durch das Haager Abkommen betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges gebunden sind, handle es sich um das vom 29. Juli 1899⁸ oder das vom 18. Oktober 1907⁹, und die am vorliegenden Abkommen teilnehmen, ergänzt dieses das Kapitel II des den erwähnten Haager Abkommen beigefügten Reglements.
⁸ SR 0.515.111
⁹ SR 0.515.112
Art. 136
Das vorliegende Abkommen, welches das Datum des heutigen Tages trägt, kann bis zum 12. Februar 1950 im Namen der Mächte unterzeichnet werden, die an der am 21. April 1949 in Genf eröffneten Konferenz vertreten waren, sowie im Namen der Mächte, die an dieser Konferenz nicht vertreten waren, aber am Abkommen vom 27. Juli 1929¹⁰ beteiligt sind.
¹⁰ SR 0.518.41
Art. 137
Das vorliegende Abkommen soll so bald als möglich ratifiziert werden. Die Ratifi­kationsurkunden sollen in Bern hinterlegt werden.
Über die Hinterlegung jeder Ratifikationsurkunde soll ein Protokoll aufgenommen werden. Von diesem soll eine beglaubigte Abschrift durch den Schweizerischen Bundesrat allen Mächten zugestellt werden, in deren Namen das Abkommen unter­zeichnet oder der Beitritt erklärt worden ist.
Art. 138
Das vorliegende Abkommen tritt sechs Monate nach Hinterlegung von mindestens zwei Ratifikationsurkunden in Kraft.
Späterhin tritt es für jede Hohe Vertragspartei sechs Monate nach Hinterlegung ihrer Ratifikationsurkunde in Kraft.
Art. 139
Vom Zeitpunkt seines Inkrafttretens an steht das vorliegende Abkommen jeder Macht zum Beitritt offen, in deren Namen es nicht unterzeichnet worden ist.
Art. 140
Der Beitritt soll dem Schweizerischen Bundesrat schriftlich mitgeteilt werden und wird sechs Monate nach dem Zeitpunkt, an dem ihm die Mitteilung zugegangen ist, wirksam.
Der Schweizerische Bundesrat soll die Beitritte allen Mächten zur Kenntnis bringen, in deren Namen das Abkommen unterzeichnet oder der Beitritt erklärt worden ist.
Art. 141
Die in den Artikeln 2 und 3 vorgesehenen Situationen verleihen den vor oder nach Beginn der Feindseligkeiten oder der Besetzung hinterlegten Ratifikationsurkunden und abgegebenen Beitrittserklärungen von den am Konflikt beteiligten Parteien sofortige Wirkung. Der Schweizerische Bundesrat soll die Ratifikationen oder Beitritte der am Konflikt beteiligten Parteien auf dem schnellsten Wege bekannt­geben.
Art. 142
Jeder Hohen Vertragspartei steht es frei, das vorliegende Abkommen zu kündigen.
Die Kündigung ist dem Schweizerischen Bundesrat schriftlich anzuzeigen, der sie den Regierungen aller Hohen Vertragsparteien bekannt gibt.
Die Kündigung wird ein Jahr nach ihrer Anzeige an den Schweizerischen Bundesrat wirksam. Die angezeigte Kündigung bleibt jedoch, wenn die kündigende Macht in einen Konflikt verwickelt ist, so lange unwirksam, als der Friede nicht geschlossen wurde und auf alle Fälle solange, als die Aktionen nicht abgeschlossen sind, die mit der Freilassung und Heimschaffung der durch das vorliegende Abkommen geschützten Personen in Zusammenhang stehen.
Die Kündigung gilt nur in Bezug auf die kündigende Macht. Sie hat keinerlei Wir­kung auf die Verpflichtungen, welche die am Konflikt beteiligten Parteien gemäss den Grundsätzen des Völkerrechts zu erfüllen gehalten sind, wie sie sich aus den unter zivilisierten Völkern feststehenden Gebräuchen, aus den Gesetzen der Menschlichkeit und aus den Forderungen des öffentlichen Gewissens ergeben.
Art. 143
Der Schweizerische Bundesrat wird das vorliegende Abkommen beim Sekretariat der Vereinten Nationen eintragen lassen. Er wird das Sekretariat der Vereinten Nationen ebenfalls von allen Ratifikationen, Beitritten und Kündigungen, die er in Bezug auf das vorliegende Abkommen erhält, in Kenntnis setzen.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die Unterzeichneten nach Hinterlegung ihrer entsprechen­den Vollmachten das vorliegende Abkommen unterzeichnet.
Gegeben in Genf am 12. August 1949 in französischer und englischer Sprache. Das Original ist im Archiv der Schweizerischen Eidgenossenschaft zu hinterlegen. Der Schweizerische Bundesrat soll jedem der unterzeichnenden und beitretenden Staaten eine beglaubigte Abschrift dieses Abkommens übermitteln.
(Es folgen die Unterschriften)

Anhang I

Musterabkommen

über die direkte Heimschaffung und Hospitalisierung in neutralem Land von verwundeten und kranken Kriegsgefangenen

(Siehe Art. 110)

I. Grundsätze der direkten Heimschaffung und Hospitalisierung in neutralem Lande

A. Direkte Heimschaffung
Es werden direkt heimgeschafft:
1. Alle Kriegsgefangenen mit nachfolgenden Gebrechen, die durch Gewaltein­wirkung entstanden sind: Verlust einer Extremität, Lähmung, artikuläre und andere Schwächen, unter der Voraussetzung, dass das Gebrechen minde­stens in dem Verlust einer Hand oder eines Fusses besteht oder dem Verlust einer Hand oder eines Fusses gleichkommt.
Ohne einer weiteren Auslegung vorzugreifen, werden folgende Fälle dem Verlust einer Hand oder eines Fusses gleichgesetzt: a. Verlust der Hand, aller Finger oder Daumen und Zeigfinger einer Hand; Verlust des Fusses oder Verlust aller Zehen und Metatarsen eines Fusses;
b. Ankylose, Knochendefekte, Narbenschrumpfungen, die die Bewe­gungsfähigkeit eines grossen Gelenkes oder aller Fingergelenke einer Hand aufheben;
c. Pseudarthrose an langen Röhrenknochen;
d. Deformitäten, die von Frakturen oder andern Traumen herrühren und die eine bedenkliche Verminderung der Funktionsfähigkeit und Fähig­keit des Lastentragens herbeiführen.
2. Alle verwundeten Kriegsgefangenen, deren Zustand derart chronisch gewor­den ist, dass trotz Behandlung eine Wiedereinstellung in die Armee inner­halb eines Jahres nach dem Datum der Verletzung voraussichtlich ausge­schlossen scheint, wie zum Beispiel in folgenden Fällen: a. Projektile im Herzen, auch wenn eine gemischte ärztliche Kommission bei ihrer Untersuchung keine schweren Störungen feststellen konnte;
b. Metallsplitter in der Hirnsubstanz oder in den Lungen, auch wenn die gemischte ärztliche Kommission bei ihrer Untersuchung keine lokalen oder allgemeinen Erscheinungen feststellen kann;
c. Osteomyelitis, deren Heilung im Verlauf des Jahres, das der Verletzung folgt, nicht vorhersehbar ist, und die anscheinend zu einer Ankylose eines Gelenkes oder zu andern Veränderungen führt, die dem Verlust einer Hand oder eines Fusses gleichkommen;
d. gelenkeröffnende und eitrige Verletzungen der grossen Gelenke;
e. Verletzungen des Schädels mit Verlust oder Verlagerung von Kno­chengewebe;
f. Verletzung oder Verbrennung des Gesichtes mit Defektbildung und funktionellen Störungen;
g. Verletzungen des Rückenmarkes;
h. Verletzung des peripheren Nervensystems, deren Folgen einem Verlust einer Hand oder eines Fusses gleichkommen und deren Heilung mehr als ein Jahr seit der Verletzung erfordert, zum Beispiel Verletzung des Plexus brachialis oder lumbo ‑sakralis , des Nervus medianus oder isch i atikus , auch bei kombinierten Verletzungen des Nervus radialis und cubitalis oder Nervus peroneus und tibialis usw. Die isolierte Ver­letzung des Nervus radialis , cubitalis , peroneus oder tibialis rechtfertigt die Heimschaffung nicht, ausgenommen bei Kontrakturen oder erhebli­chen neurotrophischen Störungen;
i. Verletzung des Urogenitalapparates, die dessen Funktion ernstlich gefährdet.
3. Alle kranken Kriegsgefangenen, deren Zustand derart chronisch geworden ist, dass trotz Behandlung eine Wiedereinstellung in die Armee innerhalb eines Jahres nach Krankheitsbeginn voraussichtlich ausgeschlossen scheint, wie zum Beispiel in folgenden Fällen: a. jede aktive Organtuberkulose, die nach ärztlicher Beurteilung durch Behandlung in neutralem Lande nicht mehr geheilt oder wenigstens erheblich gebessert werden kann;
b. exsudative Pleuritis;
c.
schwere Erkrankungen des Respirationstraktus, nicht tuberkulöser Aetiologie, die voraussichtlich unheilbar sind, z. B.: schweres Lungenem­physem mit oder ohne Bronchitis; Asthma bronchiale*), chronische Bronchitis ¹¹* , die sich durch mehr als ein Jahr in der Gefangenschaft hin­zieht; Bronchiectasen* usw.;
d. schwere chronische Zirkulationsstörungen, z. B. Erkrankungen der Herz­klappen und des Herzmuskels*), die während der Gefangenschaft zu Dekompensationserscheinungen führen, auch wenn die gemischte ärzt­liche Kommission bei ihrer Untersuchung keine dieser Symptome mehr feststellen kann; Erkrankungen des Pericards und der Gefässe usw. (Bürgersche Krankheit, Aneurismen der grossen Gefässe);
e. chronische schwere Erkrankungen des Magen‑Darmtraktus, z. B.: Ulcus des Magens oder des Duodenums; Operationsfolgen nach chirur­gischem Eingriff am Magen, der während der Gefangenschaft ausge­führt wurde; Gastritis, Enteritis oder chronische Colitis, die über ein Jahr andauern und den Allgemeinzustand schwer beeinträchtigen; Leberzirrhose; chronische Cholecystopathie* usw.;
f. chronische Erkrankungen des Urogenitaltraktus; z. B.: chronische Nephritis mit nachfolgenden Störungen; Nephrektomie wegen Nieren­tuberkulose; chronische Pyelitis oder chronische Zystitis; Hydro‑ nephrose oder Pyo‑nephrose; schwere chronische Erkrankungen der weib­­lichen Genitalorgane; Schwangerschaft und geburtshilfliche Erkrankungen, wenn eine Hospitalisierung in einem neutralen Lande unmöglich ist, usw.;
g. schwere chronische Erkrankungen des zentralen und peripheren Ner­vensystems, z. B.: alle Psychosen und manifesten Psychoneurosen, sei es schwere Hysterie, schwere Gefangenen‑Psychoneurose usw., die von einem Spezialisten gehörig festgestellt wurden*, jede Epilepsie, die durch einen Militärarzt gehörig festgestellt wird*; Hirngefässsklerose; chronische Neuritis, die länger als ein Jahr andauert usw.;
h. chronische schwere Erkrankungen des neuro‑vegetativen Nerven­systems mit beträchtlicher Verminderung der geistigen und körper­lichen Kraft, bedeutendem Gewichtsverlust und allgemeiner Asthenie;
i. Blindheit beider Augen oder eines Auges, wenn der Visus des andern Auges trotz Korrektur durch Augengläser geringer ist als 1,0; Vermin­derung der Sehschärfe, die nicht auf 0,5 korrigiert werden kann bei mindestens einem Auge*, die andern schweren Augenerkrankungen, wie z. B.: Glaucoma; Iritis; Choroiditis; Trachoma usw.;
k.
die Störungen der Hörfähigkeit wie vollständige einseitige Taubheit, wenn das andere Ohr das gesprochene Wort auf einen Meter Distanz nicht mehr wahrnimmt ¹²* , usw.;
l. schwere Stoffwechselstörungen, z. B. Diabetes mellitus, der eine Insu­lin-Therapie verlangt, usw.;
m. schwere innersekretorische Störungen, z. B.: Thyrestozikose, Hypo­Thyreoidose, Addisonsche Krankheit, Simmondssche Kachexie; Teta­nie usw.;
n. schwere Erkrankungen der blutbildenden Organe;
o. schwere chronische Intoxikationen, z. B. Bleivergiftung, Quecksilber­vergiftung, Morphinismus, Kokainismus, Alkoholismus; Gasvergiftung und Strahlenschädigung usw.;
p. chronische Erkrankungen des Bewegungsapparates mit manifesten funktionellen Störungen; z. B.: Arthrosis deformans ; primäre und sekun­däre chronische Polyarthritis mit akuten Schüben; Rheumatismus mit schweren klinischen Erscheinungen usw.;
q. chronische schwere Hauterkrankungen, die jeder Behandlung trotzen;
r. jeder maligne Tumor;
s. schwere chronische Infektionskrankheiten, die über ein Jahr nach Beginn andauern, z. B.: Sumpffieber mit ausgesprochenen organischen Stö­rungen; Amoeben‑ und Bazillen‑Dysenterie mit beträchtlichen Stö­rungen; tertiäre therapieresistente Syphilis; Lepra, usw.;
t. schwere Avitaminosen oder schwere Inanition.
B. Hospitalisierung in neutralem Land
Es werden vorgesehen zur Hospitalisierung in neutralem Land:
1. alle verwundeten Kriegsgefangenen, deren Heilung in der Gefangenschaft unwahrscheinlich ist, die aber geheilt werden könnten oder deren Zustand beträchtlich gebessert werden könnte, wenn sie in einem neutralen Lande hospitalisiert würden;
2. die Kriegsgefangenen, die an irgendeiner Organtuberkulose erkrankt sind, deren Behandlung in einem neutralen Land wahrscheinlich eine Heilung oder wenigstens eine beträchtliche Besserung herbeiführen würde. Ausge­nommen sind vor der Gefangenschaft geheilte Primärtuberkulosen;
3. die Kriegsgefangenen, deren Krankheit eine Behandlung der Organe des Respirationstraktus, des Herz‑Gefässystems, des Magen‑Darmtraktus, des Ner­vensystems, des Sensoriums, des Urogenitalapparates, Haut‑ und Bewe­gungsapparates usw. verlangt und offenkundig mit besseren Resultaten in einem neutralen Lande zu behandeln sind als in der Gefangenschaft;
4. Kriegsgefangene, die in der Gefangenschaft nach einer nichttuberkulösen Nierenerkrankung eine Nephrektomie durchgemacht haben oder an Osteomyelitis erkrankt sind, die auf dem Wege der Besserung oder latent ist, oder an Diabetes mellitus, der keine Insulintherapie verlangt, usw.;
5. Kriegsgefangene, die an Neurosen erkrankt sind, die durch den Krieg oder die Gefangenschaft verursacht wurden. Kriegsgefangene mit Gefangen­schafts-Neurosen, die nach dreimonatiger Spitalbehandlung in neutralem Lande nicht geheilt sind oder die sich nach dieser Frist noch nicht offenkun­dig auf dem Wege der Besserung befinden, sind heimzuschaffen;
6. alle Kriegsgefangenen, die eine chronische Intoxikation erlitten haben (Gas, Metalle, Alkaloide usw.), bei welchen die Aussichten auf Heilung in neu­tralem Lande besonders günstig sind;
7. alle weiblichen Kriegsgefangenen, die schwanger sind, oder Mütter mit ihren Säuglingen und Kleinkindern.
Die Hospitalisierung in neutralem Lande ist ausgeschlossen:
1. in allen gehörig festgestellten Fällen von Psychosen;
2. in allen Fällen von organischen und funktionellen als unheilbar erachteten Nervenerkrankungen;
3. in allen Fällen ansteckender Krankheiten, während der Periode der Anste­ckungsgefahr, wobei die Tuberkulose ausgenommen ist.
¹¹* Die Entscheidung der gemischten ärztlichen Kommission wird sich vorwiegend auf die Beobachtungen der Militärärzte und der Ärzte, die Landsleute der Kriegsgefangenen sind, oder auf Gutachten von Spezialärzten des Gewahrsamsstaates stützen.
¹²* Siehe Fussnote auf vorstehender Seite.

II. Allgemeine Bestimmungen

1.  Die oben festgelegten Bedingungen müssen allgemein so grosszügig als möglich ausgelegt und angewendet werden.
Die neuropathischen und psychopathischen Zustände, die durch den Krieg oder die Gefangenschaft verursacht sind, wie auch die Fälle von Tuberkulose aller Grade sollen vor allem in grosszügiger Weise beurteilt werden. Die Kriegsgefangenen, die mehrere Verwundungen erlitten haben, von denen, einzeln betrachtet, keine die Heimschaffung rechtfertigt, sind in gleichem Sinne zu beurteilen; dabei ist dem durch die Zahl der Verletzungen bedingten psychischen Trauma Rechnung zu tra­gen.
2.  Alle unbestreitbaren Fälle, die zu direkter Heimschaffung berechtigen (Am­pu­ta­tionen, totale Blindheit oder Taubheit, offene Lungentuberkulose, Geisteskrankheit, maligne Tumore usw.) sind so rasch wie möglich durch die Truppenärzte oder durch eine von der Gewahrsamsmacht bestimmte Kommission von Militärärzten zu unter­nehmen und heimzuschaffen.
3.  Vor dem Kriege eingetretene Verletzungen und Erkrankungen, die sich nicht ver­schlimmert haben, wie auch Kriegsverletzungen, die eine Wiederaufnahme des Militärdienstes nicht verhindert haben, geben kein Anrecht auf direkte Heimschaffung.
4.  Die vorliegenden Bestimmungen sollen von allen am Konflikt beteiligten Par­teien in gleicher Weise ausgelegt und angewendet werden. Die interessierten Mächte und Behörden sollen den gemischten ärztlichen Kommissionen alle zur Erfüllung ihrer Aufgabe nötigen Erleichterungen gewähren.
5.  Die unter Ziffer I erwähnten Beispiele stellen nur typische Fälle dar. Jene, die nicht völlig mit diesen Bestimmungen übereinstimmen, sind im Geiste der Bestim­mungen von Artikel 110 des vorliegenden Abkommens und der im vorliegenden Musterabkommen enthaltenen Grundsätze zu beurteilen.

Anhang II

Reglement betreffend die gemischten ärztlichen Kommissionen

(Siehe Artikel 112)
Art. 1
Die in Artikel 112 des Abkommens vorgesehenen gemischten ärztlichen Kommis­sionen setzen sich aus drei Mitgliedern zusammen, von denen zwei einem neutralen Staate anzugehören haben, während das dritte vom Gewahrsamsstaat bezeichnet wird. Eines der neutralen Mitglieder führt den Vorsitz.
Art. 2
Die beiden neutralen Mitglieder sind auf Verlangen des Gewahrsamsstaates im Ein­vernehmen mit der Schutzmacht durch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz zu bestimmen. Sie können in ihrem Heimatlande, in einem andern neutralen Lande oder im Gebiete des Gewahrsamsstaates Wohnsitz haben.
Art. 3
Die neutralen Mitglieder bedürfen der Anerkennung durch die betreffenden am Konflikt beteiligten Parteien, die ihre Anerkennung dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz und der Schutzmacht zur Kenntnis bringen. Sobald diese Anzeige erfolgt ist, sind diese Mitglieder als tatsächlich ernannt zu betrachten.
Art. 4
Zur Vertretung der ordentlichen Mitglieder im Bedarfsfalle sind ebenfalls genügend Ersatzleute zu ernennen. Diese Ernennungen haben gleichzeitig mit denjenigen der ordentlichen Mitglieder zu erfolgen oder wenigstens so rasch als möglich.
Art. 5
Sollte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz aus irgendeinem Grunde nicht in der Lage sein, die neutralen Mitglieder zu ernennen, so wird dies die Schutzmacht besorgen.
Art. 6
Wenn irgendwie möglich, sollte eines der beiden neutralen Mitglieder Chirurg, das andere praktischer Arzt sein.
Art. 7
Die neutralen Mitglieder sind von den am Konflikt beteiligten Parteien, die ihnen jede Erleichterung zur Erfüllung ihrer Aufgabe gewähren sollen, vollständig unab­hängig.
Art. 8
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz soll zugleich mit den in den Artikeln 2 und 4 des vorliegenden Reglements vorgesehenen Ernennungen, im Einvernehmen mit dem Gewahrsamsstaat, die Dienstbedingungen der Mitglieder regeln.
Art. 9
Sobald die neutralen Mitglieder anerkannt worden sind, sollen die gemischten ärzt­lichen Kommissionen so rasch wie möglich mit ihrer Arbeit beginnen, auf jeden Fall innerhalb von drei Monaten nach dem Zeitpunkt der Anerkennung.
Art. 10
Die gemischten ärztlichen Kommissionen sollen alle in Artikel 113 des Abkommens erwähnten Gefangenen untersuchen. Sie schlagen die Heimschaffung, den Aus­schluss von der Heimschaffung oder die Verschiebung auf eine spätere Unter­suchung vor. Ihre Entscheidungen sind mit Stimmenmehrheit zu fällen.
Art. 11
Die von der Kommission in jedem einzelnen Fall getroffene Entscheidung ist in dem der Untersuchung folgenden Monat der Gewahrsamsmacht, der Schutzmacht und dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz mitzuteilen. Die gemischte ärztliche Kommission setzt auch jeden bereits untersuchten Gefangenen von der getroffenen Entscheidung in Kenntnis und händigt jedem für die Heimschaffung Vorgeschlage­nen eine Bescheinigung entsprechend dem im Anhang des vorliegenden Abkom­mens enthaltenen Muster aus.
Art. 12
Der Gewahrsamsstaat hat dafür zu sorgen, dass die von der gemischten ärztlichen Kommission getroffenen Entscheidungen innerhalb einer Frist von drei Monaten, nachdem sie ihr zur Kenntnis gebracht wurden, zur Ausführung gelangen.
Art. 13
Ist in einem Lande, in welchem die Tätigkeit einer gemischten ärztlichen Kommis­sion notwendig erscheint, kein neutraler Arzt vorhanden, und ist es aus irgendeinem Grunde unmöglich, neutrale, in einem andern Lande wohnende Ärzte zu ernennen, so soll der Gewahrsamsstaat im Einvernehmen mit der Schutzmacht eine ärztliche Kommission einsetzen, der, vorbehaltlich der Bestimmungen der Artikel 1, 2, 3, 4, 5 und 8 des vorliegenden Reglements, die gleichen Aufgaben zukommen wie einer gemischten ärztlichen Kommission.
Art. 14
Die gemischten ärztlichen Kommissionen haben ihre Tätigkeit ständig auszuüben und jedes Gefangenenlager in Zeitabschnitten, die sechs Monate nicht übersteigen sollen, zu besuchen.

Anhang III

Reglement betreffend kollektive Hilfe an Kriegsgefangene

(Siehe Artikel 73)
Art. 1
Die Vertrauensleute sind ermächtigt, Kollektivhilfssendungen, für welche sie ver­antwortlich sind, an alle administrativ ihrem Lager zugeteilten Kriegsgefangenen, einschliesslich der in Spitälern oder Gefängnissen oder andern Strafanstalten befindlichen, zu verteilen.
Art. 2
Die Verteilung der Kollektivhilfssendungen soll gemäss den Weisungen der Spender und einem von den Vertrauensleuten aufgestellten Plan erfolgen. Die Verteilung von medizinischen Hilfssendungen hingegen soll vorzugsweise im Einvernehmen mit den Chefärzten vorgenommen werden; letztere können in Spitälern und Lazaretten von den genannten Weisungen in dem Mass abgehen, in dem es die Bedürfnisse der Kranken erfordern. Innerhalb des so bezeichneten Rahmens soll die Verteilung stets auf gerechte Weise erfolgen.
Art. 3
Um die Qualität wie auch die Menge der erhaltenen Waren prüfen und darüber detaillierte Berichte zuhanden der Spender abfassen zu können, sollen die Vertrauens­leute oder ihre Stellvertreter ermächtigt sein, sich an die Ankunftsorte von Kollek­tivsendungen zu begeben, die in der Nähe ihres Lagers liegen.
Art. 4
Den Vertrauensleuten sind die nötigen Erleichterungen zu gewähren, damit sie überprüfen können, ob die Verteilung der Kollektivhilfssendungen in allen Unter­abteilungen und Zweigstellen ihres Lagers gemäss ihren Weisungen erfolgt.
Art. 5
Die Vertrauensleute sind ermächtigt, Formulare oder Fragebogen, die für die Spen­der bestimmt sind und auf die Kollektivhilfssendungen (ihre Verteilung, die Bedürf­nisse und Menge usw.) Bezug haben, auszufüllen und durch die Vertrauensleute der Arbeitsgruppen oder durch die Chefärzte der Lazarette und Spitäler ausfüllen zu las­sen. Diese Formulare und Fragebogen sollen den Spendern ohne Verzug ordnungs­gemäss ausgefüllt übermittelt werden.
Art. 6
Um eine geordnete Verteilung von Kollektivhilfssendungen an die Kriegsgefange­nen ihres Lagers zu gewährleisten und gegebenenfalls die durch die Ankunft neuer Kriegsgefangenenkontingente hervorgerufenen Bedürfnisse zu befriedigen, sind die Vertrauensleute ermächtigt, ausreichende Bestände von Kollektivhilfssendungen anzulegen und zu unterhalten. Zu diesem Zwecke sollen sie über geeignete Lagerhäu­ser verfügen. Jedes Lagerhaus ist mit zwei Schlössern zu versehen, wobei sich die Schlüssel des einen im Besitze des Vertrauensmannes und jene des anderen im Be­sitze des Lagerkommandanten befinden.
Art. 7
Für den Fall, dass Sammelsendungen Kleidungsstücke enthalten, soll jeder Kriegs­gefangene das Anrecht auf mindestens eine vollständige Garnitur von Kleidungs­stücken behalten. Besitzt ein Kriegsgefangener mehr als eine vollständige Garnitur von Kleidungsstücken, so soll dem Vertrauensmann, um den Bedürfnissen der weniger gut mit Kleidungsstücken versehenen Gefangenen gerecht zu werden, das Recht zustehen, den am besten Versorgten die überschüssigen oder in mehr als einem Stück vorhandenen Bekleidungsstücke abzunehmen. Indessen darf er eine zweite Garnitur Unterwäsche, Socken oder Schuhe nicht abnehmen, es sei denn, es bestände keine andere Möglichkeit, um einen Kriegsgefangenen, der keines dieser Dinge besitzt, damit zu versehen.
Art. 8
Die Hohen Vertragsparteien und insbesondere die Gewahrsamsstaaten sollen im Rahmen des Möglichen und unter Vorbehalt der Bestimmungen betreffend die Ver­sorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln alle Ankäufe erlauben, die auf ihrem Gebiete mit der Absicht getätigt werden, an die Kriegsgefangenen Kollektivhilfssen­dungen zu verteilen. Gleichfalls sollen sie die Überweisung von Guthaben und andere finanzielle, technische oder administrative Massnahmen erleichtern, die im Hinblick auf solche Ankäufe ergriffen werden.
Art. 9
Die vorstehenden Bestimmungen bilden kein Hindernis für das Recht der Kriegs­gefangenen, vor ihrer Ankunft in einem Lager oder im Verlaufe der Verlegung kollek­tive Hilfe zu erhalten, noch beeinträchtigen sie für die Vertreter der Schutzmacht, des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz oder jeder andern, den Kriegsgefan­genen Hilfe bringenden und mit der Beförderung dieser Hilfssendungen beauftragten Organisation die Möglichkeit, deren Verteilung unter die Empfänger mit allen andern von ihnen als gegeben erachteten Mitteln sicherzustellen.

A. Identitätskarte

(siehe Artikel 4)

Anhang IV

[Bild bitte in Originalquelle ansehen]
Bemerkungen. – Diese Karte sollte vorzugsweise in zwei oder drei Sprachen, von denen eine international in Gebrauch steht, erstellt werden. Wirkliche Grösse der Karte, die sich längs der punktierten Linie falten lässt: 13 × 10 cm.

B. Gefangenschaftskarte

(siehe Artikel 70)
1.  Vorderseite
Kriegsgefangenenpost

Kriegsgefangenschaftskarte

Wichtig
Diese Karte muss von jedem Ge­fan­genen sofort nach erfolgter Gefan­gen­nahme und bei jeder Adressände­rung infolge Versetzung in ein Spital oder in ein anderes Lager ausgefüllt werden.
Diese Karte steht in keinem Zusam­menhang mit jener besondern Karte, die der Internierte seinen Angehöri­gen zu schreiben berechtig ist.

Zentralstelle für Kriegsgefangene

Internationales Komitee vom Roten Kreuz

Genf

Schweiz
2.  Rückseite

Deutlich und in Blockbuchstaben schreiben

1. Macht, von der der
    Gefangene abhängt

2. 

Name           3. Vorname (auszuschreiben):        4. Vorname des Vaters:

5. 

Geburtsdatum: .................... 6. Geburtsort:

7. 

Dienstgrad:

8. 

Matrikelnummer:

9. 

Adresse der Familie:

*10. 

In Gefangenschaft geraten am: (oder)
Kommend von (Lager Nr., Spital etc.):

*11. 

a) Guter Gesundheitszustand – b) Nicht verwundet – c) Geheilt – d) In Hei­lung begriffen – e) Krank – f) Leicht verwundet – g) Schwer verwundet.

12. 

Meine gegenwärtige Adresse: Gefangenennummer

Bezeichnung des Lagers

13. 

Datum ................................. 14. Unterschrift

* Nicht Zutreffendes streichen – Den Angaben nichts beifügen – Siehe Erklä­run­gen auf der Rückseite

Bemerkungen. – Diese Karte sollte in zwei oder drei Sprachen, namentlich in der Muttersprache des Gefangenen und in der Sprache des Gewahrsamsstaates, erstellt werden. Tatsächliche Masse: 15 × 10,5 cm.

C. Karte und Brief für Korrespondenzen

(siehe Artikel 71)
1. Vorderseite
1. Karte
Kriegsgefangenenkorrespondenz

Postkarte

An
Bestimmungsort
Strasse
Land
Departement oder Provinz
2. Rückseite

                         Datum

Nur auf den Zeilen und sehr deutlich schreiben

Bemerkungen. – Dieses Formular sollte in zwei oder drei Sprachen, namentlich in der Muttersprache des Gefangenen und in der Sprache des Gewahrsamsstaates erstellt werden. Tatsächliche Masse des Formulars: 15 × 10 cm.

C. Karte und Brief für Korrespondenz

(siehe Artikel 71)

2. Brief

[Bild bitte in Originalquelle ansehen]
Bemerkungen. – Dieses Formular sollte in zwei oder drei Sprachen, namentlich in der Muttersprache des Gefangenen und in der Sprache des Gewahrsamstaates erstellt werden. Es ist längs der punktierten Line zu falten; der obere Teil wird in die mit *** bezeichnete Spalte geschoben, und es entsteht so ein Briefumschlag. Die Rück­seite, gleich wie diejenige der Postkarte mit Linien versehen (siehe Anhang IV C1), ist für die Korrespondenz der Gefangenen bestimmt und kann ungefähr 250 Worte enthalten. Tatsächliche Masse des entfalteten Formulars: 29 × 15 cm.

D. Todesurkunde

(siehe Artikel 120)
Bezeichnung der zuständigen Behörde

Todesurkunde

Macht, von der der Kriegsgefangene abhing
Name und Vornamen
Vorname des Vaters
Geburtsort und Geburtsdatum
Ort und Datum des Ablebens
Dienstgrad und Matrikelnummer (ge­mäss den auf der Erkennungsmarke sich finden­den Angaben)
Adresse der Familie
Wann und wo in Gefangenschaft geraten?
Ursachen und Umstände des Todes
Ort des Begräbnisses
Ist das Grab gezeichnet und kann es später durch die Familie aufgefunden werden?
Werden die persönlichen Effekten durch den Gewahrsamsstaat aufbewahrt oder sind sie gleich­zeitig mit dieser Todesanzeige ver­schickt worden?
Wenn verschickt, durch welche Stelle?
Kann jemand, der dem Verstorbenen wäh­rend der Krankheit oder in seinen letzten Momenten beistand (Arzt, Pfleger, Geist­li­cher, kriegsgefangener Kamerad) hier oder auf einer Beilage einige Einzelheiten hin­sichtlich der letzten Momente und des Begräbnisses geben?
Datum, Stempel und Unterschrift der zustän­digen Behörde:
Unterschrift und Adresse zweier Zeugen:
Bemerkungen. – Dieses Formular sollte in zwei oder drei Sprachen, namentlich in der Muttersprache des Gefangenen und in der Sprache des Gewahrsamsstaates erstellt werden. Tatsächliche Masse des Formulars: 21 × 30 cm.

E. Heimschaffungsbescheinigung

(siehe Anhang II, Artikel 11)

Heimschaffungsbescheinigung

Datum:
Lager:
Spital:
Name:
Vornamen:
Geburtsdatum:
Dienstgrad:
Matrikelnummer:
Gefangenennummer:
Verwundung – Krankheit:
Entscheidung der Kommission:

Der Vorsitzende der gemischten
ärztlichen Kommission:

A

=

Direkte Heimschaffung

B

=

Hospitalisierung in neutralem Lande

NC

=

Neue Untersuchung durch die nächste Kommission

Anhang V

Muster‑Reglement betreffend die von den Kriegsgefangenen in ihr eigenes Land überwiesenen Geldbeträge

(siehe Artikel 63)
1.  Die in Artikel 63 Absatz 3 erwähnte Anzeige soll folgende Angaben enthalten:
a. die in Artikel 17 vorgesehene Matrikelnummer, Dienstgrad, Namen und Vornamen des die Zahlung leistenden Kriegsgefangenen;
b. den Namen und die Adresse des Empfängers der Zahlung im Herkunfts­lande;
c. der auszubezahlende, in der Währung des Gewahrsamsstaates ausgedrückte Betrag.
2.  Diese Anzeige ist durch den Kriegsgefangenen zu unterzeichnen. Ist er des Schreibens nicht kundig, setzt er ein durch einen Zeugen bestätigtes Zeichen. Der Vertrauensmann gegenzeichnet diese Anzeige ebenfalls.
3.  Der Lagerkommandant legt dieser Anzeige eine Bescheinigung bei, wonach der Guthabensaldo des betreffenden Kriegsgefangenen nicht kleiner ist als der zu zah­lende Betrag.
4.  Diese Anzeigen können auch in Form von Listen erstellt werden. Jedes Blatt die­ser Listen ist durch den Vertrauensmann zu beglaubigen und vom Lagerkomman­danten als mit den Angaben übereinstimmend zu bestätigen.

Geltungsbereich des Abkommens ¹³

¹³ Siehe Geltungsbereich des Genfer Abkommens zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der bewaffneten Kräfte im Felde ( SR 0.518.12 )
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