Übereinkommen Nr. 122 über die Beschäftigungspolitik, 1964 (0.822.722.2)
CH - Schweizer Bundesrecht

Übereinkommen Nr. 122 über die Beschäftigungspolitik, 1964

Abgeschlossen in Genf am 9. Juli 1964 Von der Bundesversammlung genehmigt am 28. September 2012¹ Schweizerische Ratifikationsurkunde hinterlegt am 11. Februar 2013 In Kraft getreten für die Schweiz am 11. Februar 2014 (Stand am 15. Juli 2020) ¹ AS 2013 2497
Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation,
die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 17. Juni 1964 zu ihrer achtundvierzigsten Tagung zusammengetreten ist;
geht davon aus, dass die Erklärung von Philadelphia die feierliche Verpflichtung der Internationalen Arbeitsorganisation anerkennt, bei den einzelnen Nationen der Welt Programme zu fördern, durch welche die Vollbeschäftigung und die Verbesserung der Lebenshaltung erreicht werden, und dass in der Präambel zur Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation die Verhütung der Arbeitslosigkeit und die Gewährleistung eines zur Bestreitung des Lebensunterhalts angemessenen Lohnes vorgesehen werden;
dass es ferner gemäss der Erklärung von Philadelphia zu den Aufgaben der Interna­tionalen Arbeitsorganisation gehört, die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanz­politik auf die Beschäftigungspolitik im Hinblick auf das dort aufgestellte Hauptziel, dass «alle Menschen ungeachtet ihrer Rasse, ihres Glaubens und ihres Geschlechts ... das Recht» haben, «materiellen Wohlstand und geistige Entwicklung in Freiheit und Würde, in wirtschaft­licher Sicherheit und unter gleich günstigen Bedingungen zu erstreben», zu prüfen und in Erwägung zu ziehen; und
dass ferner die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vorsieht, dass «jeder Mensch ... das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf angemessene und befrie­digende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz gegen Arbeitslosigkeit» hat;
nimmt Kenntnis von den Bestimmungen der bestehenden internationalen Arbeits­übereinkommen und Empfehlungen, die mit der Beschäftigungspolitik unmittelbar zusammenhängen, insbesondere des Übereinkommens und der Empfehlung über die Arbeitsmarktverwaltung, 1948², der Empfehlung betreffend die Berufsberatung, 1949, der Empfehlung betreffend die berufliche Ausbildung, 1962, und des Über­einkommens und der Empfehlung über Diskriminierung (Beschäftigung und Beruf), 1958³;
ist der Ansicht, dass diese Urkunden in den umfassenderen Rahmen eines interna­tionalen Programms für die Wirtschaftsexpansion auf der Grundlage der vollen, produktiven und frei gewählten Beschäftigung eingebaut werden sollten;
hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Beschäftigungs­politik, eine Frage, die zum achten Gegenstand ihrer Tagesordnung gehört; und
dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen.
Die Konferenz nimmt heute, am 9. Juli 1964, das folgende Übereinkommen an, das als Übereinkommen über die Beschäftigungspolitik, 1964, bezeichnet wird.
² SR 0.823.111 ³ SR 0.822.721.1
Art. 1
1.  Um das wirtschaftliche Wachstum und die wirtschaftliche Entwicklung anzu­regen, den Lebensstandard zu heben, den Arbeitskräftebedarf zu decken sowie die Arbeitslosigkeit und die Unterbeschäftigung zu beseitigen, hat jedes Mitglied als eines der Hauptziele eine aktive Politik festzulegen und zu verfolgen, die dazu bestimmt ist, die volle, produktive und frei gewählte Beschäftigung zu fördern.
2.  Diese Politik muss zu gewährleisten suchen:
a) dass für alle Personen, die für eine Arbeit zur Verfügung stehen und Arbeit suchen, eine solche vorhanden ist;
b) dass diese Arbeit so produktiv wie möglich ist;
c) dass die Wahl der Beschäftigung frei ist und jeder Arbeitnehmer alle Möglich­keiten hat, die notwendige Befähigung für eine ihm zusagende Be­schäftigung zu erwerben und seine Fertigkeiten und Anlagen bei dieser Be­schäftigung zu verwenden, und zwar ohne Rücksicht auf Rasse, Haut­farbe, Geschlecht, Glaubensbekenntnis, politische Meinung, nationale Abstam­mung oder soziale Herkunft.
3.  Diese Politik hat den Stand und die Stufe der wirtschaftlichen Entwicklung sowie die Wechselbeziehungen zwischen Beschäftigungszielen und anderen wirtschaft­lichen und sozialen Zielen gebührend zu berücksichtigen und ist mit Methoden zu verfolgen, die den innerstaatlichen Verhältnissen und Gepflogenheiten entsprechen.
Art. 2
Jedes Mitglied hat mit Methoden, die den innerstaatlichen Verhältnissen entsprechen und soweit es die innerstaatlichen Verhältnisse gestatten:
a) im Rahmen einer koordinierten Wirtschafts- und Sozialpolitik die Massnah­men zu beschliessen und ständig zu überprüfen, die zur Erreichung der in Artikel 1 angegebenen Ziele zu treffen sind;
b) die Schritte zu unternehmen, welche für die Durchführung dieser Massnah­men notwendig sein können, allenfalls einschliesslich der Aufstellung von Programmen.
Art. 3
Bei der Durchführung dieses Übereinkommens sind Vertreter der Personen, die von den beabsichtigten Massnahmen betroffen werden, und insbesondere Vertreter der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer in Bezug auf die Beschäftigungspolitik anzuhö­ren, damit deren Erfahrung und Meinung volle Berücksichtigung finden und damit ihre volle Mitarbeit bei der Ausarbeitung dieser Politik und somit die Unterstützung dieser Politik gesichert werden.
Art. 4
Die förmlichen Ratifikationen dieses Übereinkommens sind dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes zur Eintragung mitzuteilen.
Art. 5
1.  Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Ratifikation durch den Generaldirektor eingetragen ist.
2.  Es tritt in Kraft zwölf Monate nachdem die Ratifikationen zweier Mitglieder durch den Generaldirektor eingetragen worden sind.
3.  In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes Mitglied zwölf Monate nach der Eintragung seiner Ratifikation in Kraft.
Art. 6
1.  Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren, gerechnet von dem Tag, an dem es zum ersten Mal in Kraft getre­ten ist, durch Anzeige an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Ihre Wirkung tritt erst ein Jahr nach der Eintragung ein.
2.  Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und innerhalb eines Jahres nach Ablauf des im vorigen Absatz genannten Zeitraumes von zehn Jahren von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht, bleibt für einen weiteren Zeitraum von zehn Jahren gebunden. In der Folge kann es dieses Übereinkommen jeweils nach Ablauf eines Zeitraumes von zehn Jahren nach Massgabe dieses Artikels kündigen.
Art. 7
1.  Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes gibt allen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung aller Ratifikatio­nen und Kündigungen, die ihm von den Mitgliedern der Organisation mitgeteilt werden.
2.  Der Generaldirektor wird die Mitglieder der Organisation, wenn er ihnen von der Eintragung der zweiten Ratifikation, die ihm mitgeteilt wird, Kenntnis gibt, auf den Zeitpunkt aufmerksam machen, in dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt.
Art. 8
Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes übermittelt dem General­sekretär der Vereinten Nationen zwecks Eintragung nach Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen⁴ vollständige Auskünfte über alle von ihm nach Massgabe der vorausgehenden Artikel eingetragenen Ratifikationen und Kündigungen.
⁴ SR 0.120
Art. 9
Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes hat, sooft er es für nötig er­achtet, der Allgemeinen Konferenz einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens zu erstatten und zu prüfen, ob die Frage seiner gänzlichen oder teilweisen Abänderung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.
Art. 10
1.  Nimmt die Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das vorliegende Übereinkommen ganz oder teilweise abändert, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gelten folgende Bestimmungen:
a) Die Ratifikation des neugefassten Übereinkommens durch ein Mitglied schliesst ohne weiteres die sofortige Kündigung des vorliegenden Überein­kommens in sich ohne Rücksicht auf Artikel 6, vorausgesetzt, dass das neu­gefasste Übereinkommen in Kraft getreten ist.
b) Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des neugefassten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert werden.
2.  Indessen bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt jedenfalls in Kraft für die Mitglieder, die dieses, aber nicht das neugefasste Übereinkommen ratifiziert haben.
Art. 11
Der französische und der englische Wortlaut dieses Übereinkommens sind in glei­cher Weise massgebend.

Unterschriften

(Es folgen die Unterschriften)

Geltungsbereich am 15. Juli 2020 ⁵

⁵ AS 2013 2499 , 2017 4085 , 2020 3493 . Eine aktualisierte Fassung des Geltungsbereiches findet sich auf der Internetseite des EDA (www.eda.admin.ch/vertraege).

Vertragsstaaten

Ratifikation

Inkrafttreten

Albanien

  7. Januar

2009

  7. Januar

2010

Algerien

12. Juni

1969

12. Juni

1970

Antigua und Barbuda

16. September

2002

16. September

2003

Armenien

29. Juli

1994

29. Juli

1995

Aserbaidschan

19. Mai

1992

19. Mai

1993

Australien

12. November

1969

12. November

1970

Barbados

15. März

1976

15. März

1977

Belarus

26. Februar

1968

26. Februar

1969

Belgien

  8. Juli

1969

  8. Juli

1970

Bolivien

31. Januar

1977

31. Januar

1978

Bosnien und Herzegowina

  2. Juni

1993

  2. Juni

1994

Brasilien

24. März

1969

24. März

1970

Bulgarien

  9. Juni

2008

  9. Juni

2009

Burkina Faso

28. Oktober

2009

28. Oktober

2010

Chile

24. Oktober

1968

24. Oktober

1969

China

17. Dezember

1997

17. Dezember

1998

Costa Rica

27. Januar

1966

27. Januar

1967

Deutschland

17. Juni

1971

17. Juni

1972

Dominikanische Republik

29. März

2001

29. März

2002

Dschibuti

  3. August

1978

  3. August

1979

Dänemark

17. Juni

1970

17. Juni

1971

Ecuador

13. November

1972

13. November

1973

El Salvador

15. Juni

1995

15. Juni

1996

Estland

12. März

2003

12. März

2004

Fidschi

18. Januar

2010

18. Januar

2011

Finnland

23. September

1968

23. September

1969

Frankreich

  5. August

1971

  5. August

1972

Gabun

  1. Oktober

2009

  1. Oktober

2010

Georgien

22. Juni

1993

22. Juni

1994

Griechenland

  7. Mai

1984

  7. Mai

1985

Guatemala

14. September

1988

14. September

1989

Guinea

12. Dezember

1966

12. Dezember

1967

Honduras

  9. Juni

1980

  9. Juni

1981

Indien

17. November

1998

17. November

1999

Irak

  2. März

1970

  2. März

1971

Iran

10. Juni

1972

10. Juni

1973

Irland

20. Juni

1967

20. Juni

1968

Island

22. Juni

1990

22. Juni

1991

Israel

26. Januar

1970

26. Januar

1971

Italien

  5. Mai

1971

  5. Mai

1972

Jamaika

10. Januar

1975

10. Januar

1976

Japan

10. Juni

1986

10. Juni

1987

Jemen

30. Januar

1989

30. Januar

1990

Jordanien

10. März

1966

10. März

1967

Kambodscha

28. September

1971

28. September

1972

Kamerun

25. Mai

1970

25. Mai

1971

Kanada

16. September

1966

16. September

1967

Kasachstan

  6. Dezember

1999

  6. Dezember

2000

Kirgisistan

31. März

1992

31. März

1993

Komoren

23. Oktober

1978

23. Oktober

1979

Korea (Süd-)

  9. Dezember

1992

  9. Dezember

1993

Kroatien

  8. Oktober

1991

  8. Oktober

1992

Kuba

  5. Februar

1971

  5. Februar

1972

Lettland

27. Januar

1992

27. Januar

1993

Libanon

  1. Juni

1977

  1. Juni

1978

Libyen

27. Mai

1971

27. Mai

1972

Litauen

  3. März

2004

  3. März

2005

Madagaskar

21. November

1966

21. November

1967

Mali

12. April

2016

12. April

2017

Marokko

11. Mai

1979

11. Mai

1980

Mauretanien

30. Juli

1971

30. Juli

1972

Moldau

12. August

1996

12. August

1997

Mongolei

24. November

1976

24. November

1977

Montenegro

  3. Juni

2006

  3. Juni

2007

Mosambik

23. Dezember

1996

23. Dezember

1997

Namibia

20. September

2018

20. September

2019

Neuseeland

15. Juli

1965

15. Juli

1966

Nicaragua

  1. Oktober

1981

  1. Oktober

1982

Niederlande

  9. Januar

1967

  9. Januar

1968

Niger

  6. Juni

2018

  6. Juni

2019

Nordmazedonien

17. November

1991

17. November

1992

Norwegen

  6. Juni

1966

  6. Juni

1967

Österreich

27. Juli

1972

27. Juli

1973

Panama

19. Juni

1970

19. Juni

1971

Papua-Neuguinea

  1. Mai

1976

  1. Mai

1977

Paraguay

20. Februar

1969

20. Februar

1970

Peru

27. Juli

1967

27. Juli

1968

Philippinen

13. Januar

1976

13. Januar

1977

Polen

24. November

1966

24. November

1967

Portugal

  9. Januar

1981

  9. Januar

1982

Ruanda

  5. August

2010

  5. August

2011

Rumänien

  6. Juni

1973

  6. Juni

1974

Russland

22. September

1967

22. September

1968

Sambia

23. Oktober

1979

23. Oktober

1980

Schweden

11. Juni

1965

11. Juni

1966

Schweiz

11. Februar

2013

11. Februar

2014

Senegal

25. April

1966

25. April

1967

Serbien

24. November

2000

24. November

2001

Slowakei

  1. Januar

1993

  1. Januar

1994

Slowenien

29. Mai

1992

29. Mai

1993

Spanien

28. Dezember

1970

28. Dezember

1971

Sri Lanka

  3. Februar

2016

  3. Februar

2017

St. Vincent und die Grenadinen

  9. November

2010

  9. November

2011

Sudan

22. Oktober

1970

22. Oktober

1971

Suriname

15. Juni

1976

15. Juni

1977

Tadschikistan

26. November

1993

26. November

1994

Thailand

26. Februar

1969

26. Februar

1970

Togo

30. März

2012

30. März

2013

Trinidad und Tobago

19. September

2013

19. September

2014

Tschad

  4. Juni

2015

  4. Juni

2016

Tschechische Republik

  1. Januar

1993

  1. Januar

1994

Tunesien

17. Februar

1966

17. Februar

1967

Türkei

13. Dezember

1977

13. Dezember

1978

Uganda

23. Juni

1967

23. Juni

1968

Ukraine

19. Juni

1968

19. Juni

1969

Ungarn

18. Juni

1969

18. Juni

1970

Uruguay

  2. Juni

1977

  2. Juni

1978

Usbekistan

13. Juli

1992

13. Juli

1993

Venezuela

10. August

1982

10. August

1983

Vereinigtes Königreich

27. Juni

1966

27. Juni

1967

Vietnam

11. Juni

2012

11. Juni

2013

Zentralafrikanische Republik

  5. Juni

2006

  5. Juni

2007

Zypern

28. Juli

1966

28. Juli

1967

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