Vertrag (0.748.131.916.31)
CH - Schweizer Bundesrecht

Vertrag

zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Österreich über die Auswirkungen des Betriebs bestehender grenznaher Flugplätze auf das Hoheitsgebiet des andern Vertragsstaates Abgeschlossen am 23. Juli 1991 Ratifikationsurkunden ausgetauscht am 30. Januar 1992 In Kraft getreten am 1. Februar 1992 ¹ AS 1992 979
Die Schweizerische Eidgenossenschaft und die Republik Österreich
im folgenden als Vertragsparteien bezeichnet – haben,
folgendes vereinbart:
Art. 1 Benützung des österreichischen Luftraums
(1)  Die Benützung des österreichischen Luftraums über dem Rheindelta für Anflüge zum und für Abflüge vom Flugplatz Altenrhein ist im Rahmen dieses Vertrags und der Vereinbarung gemäss Artikel 6 gestattet. Schweizerischen Staatsluftfahrzeugen sind ohne besondere österreichische Bewilligung höchstens fünfundsiebzig derartige Überflüge im Jahr erlaubt.
(2)  Die Benützung des österreichischen Luftraums über dem Rheindelta im Rahmen von innerschweizerischen Flügen von und nach dem Flugplatz Altenrhein ist ohne Abgabe eines ICAO‑Flugplans gestattet.
(3)  Die Republik Österreich anerkennt die von der Schweiz ausgestellten Lernausweise für Flugschüler als luftfahrtbehördliche Bewilligungen im Flugplatzverkehr von Altenrhein.
Art. 2 Luftraumstruktur
Zum Schutz der Sicht‑ und Instrumentenflüge wird von den Vertragsparteien für den Flugplatz Altenrhein eine grenzüberschreitende flugsicherungstechnische Luftraumstruktur in Form einer Flugplatzverkehrszone (ATZ) oder eines kontrollierten Luftraums geschaffen. Die Einzelheiten werden in der Vereinbarung gemäss Artikel 6 geregelt.
Art. 3 An‑ und Abflugverfahren
(1)  Die An‑ und Abflugverfahren für den Flugplatz Altenrhein sind, soweit sie den österreichischen Luftraum berühren, vom schweizerischen Bundesamt für Zivilluftfahrt der österreichischen Obersten Zivilluftfahrtbehörde sowie der Gemischten Kommission (Artikel 9) zur Kenntnis zu bringen. Erhebt die Republik Österreich binnen zwei Monaten keine Einwendungen, so gilt die erforderliche Zustimmung als erteilt.
(2)  Das zum Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Vertrags bestehende Sichtflugverfahren und das Instrumentenflugverfahren West gelten als genehmigt.
(3)  Soweit es die meteorologischen Verhältnisse gestatten und nicht Gründe der Flugsicherheit dagegen sprechen, ist aus Westen anzufliegen und nach Westen abzufliegen. Bei Platzrundenbetrieb ist bis zur jeweils maximal zulässigen Rückenwindkomponente nach Westen abzufliegen.
Art. 4 Lärmbelastung
(1)  Die aus dem Flugbetrieb des Flugplatzes Altenrhein entstehenden Fluglärm­belastungen werden für schweizerisches Gebiet nach schweizerischem Recht und für österreichisches Gebiet nach österreichischem Recht ermittelt und beurteilt. Allenfalls notwendige lärmtechnische Sanierungsmassnahmen richten sich ebenfalls nach diesen Bestimmungen.
(2)  Die übrigen einer Lärmverringerung dienenden Bestimmungen dieses Vertrags und der Vereinbarung gemäss Artikel 6 werden von Absatz 1 nicht berührt.
Art. 5 Gegenrecht für den Flugplatz Hohenems
(1)  Sofern im Zuge eines etwaigen Ausbaus des Flugplatzes Hohenems für An- und Abflüge die Benützung des schweizerischen Luftraums erforderlich sein sollte, so wird die Schweiz unter gleichartigen Voraussetzungen, wie sie für die Benützung des österreichischen Luftraums für An‑ und Abflüge von und nach Altenrhein gelten, zustimmen.
(2)  Art. 4 ist analog auf den Flugplatz Hohenems anzuwenden.
Art. 6 Durchführung des Vertrags
Die nähere Regelung zur Durchführung dieses Vertrags wird in einer Vereinbarung zwischen dem Eidgenössischen Verkehrs‑ und Energiewirtschaftsdepartement und dem Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr der Republik Österreich getroffen.
Art. 7 Rechts‑ und Amtshilfe
Die Vertragsparteien leisten einander bei der Verfolgung jener Verletzungen luftfahrtsrechtlicher Vorschriften, die im Zusammenhang mit Flügen zu und von den Flugplätzen Altenrhein und Hohenems erfolgen, und bei der Vollstreckung von Erkenntnissen über solche Verletzungen Rechts‑ und Amtshilfe. Dabei können die zuständigen Behörden unmittelbar miteinander verkehren.
Art. 8 Gleichberechtigung für ein österreichisches Luftverkehrsunternehmen
Einem österreichischen Luftverkehrsunternehmen, das eine regelmässige Verbindung von Bestimmungsorten in Österreich nach Altenrhein aufrechterhält, wird die Benützung des Flugplatzes Altenrhein und seiner betrieblichen und technischen Einrichtungen zu Bedingungen ermöglicht, die nicht ungünstiger sind als jene, die einem schweizerischen Linienunternehmen eingeräumt würden.
Art. 9 Gemischte Kommission
(1)  Die Vertragsparteien bilden eine Gemischte Kommission mit der Aufgabe,
a) jede Frage, die sich aus der Auslegung und der Anwendung dieses Vertrags und der Vereinbarung gemäss Artikel 6 oder in sonstigem Zusammenhang damit ergibt, zu behandeln und entsprechende Massnahmen zu erörtern,
b) allfällige Änderungen dieses Vertrags und der Vereinbarung gemäss Artikel 6 zu beraten,
c) Empfehlungen an die zuständigen Stellen bezüglich der Punkte a) und b) zu erstatten.
(2)  Die Kommission setzt sich aus drei schweizerischen und drei österreichischen Mitgliedern zusammen, die sich von Experten begleiten lassen können. Jede Vertragspartei bezeichnet ein Mitglied ihrer Delegation als deren Leiter. Jeder Delega­tionsleiter kann durch ein an den Leiter der anderen Delegation gerichtetes Begehren die Kommission einberufen, die spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Begehrens zusammenzutreten hat.
(3)  Die Kommission fasst ihre Beschlüsse einstimmig. Sie gibt sich selbst eine Geschäftsordnung.
(4)  Auf Verlangen einer Delegation ist unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften Einsicht in die zur Erfüllung ihrer Aufgabe notwendigen Flugbetriebs­­unterlagen der Flugplätze Altenrhein und Hohenems zu gewähren.
Art. 10 Meinungsverschiedenheiten
(1)  Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung oder die Anwendung dieses Vertrags und der Vereinbarung gemäss Artikel 6 sollen im Rahmen der Gemischten Kommission beigelegt werden.
(2)  Kann eine Meinungsverschiedenheit zwischen den beiden Vertragsparteien im Rahmen der Gemischten Kommission nicht beigelegt werden, so ist sie auf Verlangen einer der Vertragsparteien einem Schiedsgericht zu unterbreiten.
(3)  Das Schiedsgericht wird von Fall zu Fall gebildet, indem jede Vertragspartei ein Mitglied bestellt und beide Mitglieder sich auf den Angehörigen eines dritten Staates als Obmann einigen, der von den Regierungen der Vertragsparteien zu bestellen ist. Die Mitglieder sind innerhalb von zwei Monaten, der Obmann ist innerhalb von drei Monaten zu bestellen, nachdem die eine Vertragspartei der anderen mitgeteilt hat, dass sie die Meinungsverschiedenheit einem Schiedsgericht unterbreiten will.
(4)  Werden die in Absatz 3 genannten Fristen nicht eingehalten, so kann in Ermangelung einer anderen Vereinbarung jede Vertragspartei den Präsidenten des Rates der ICAO bitten, die erforderlichen Ernennungen vorzunehmen. Besitzt der Präsident die Staatsangehörigkeit einer der Vertragsparteien oder ist er aus einem anderen Grund verhindert, so soll sein Vertreter die Ernennungen vornehmen.
(5)  Das Schiedsgericht entscheidet mit Stimmenmehrheit. Seine Entscheidungen sind bindend. Jede Vertragspartei trägt die Kosten des von ihr bestellten Schiedsrichters sowie ihrer Vertretung in dem Verfahren vor dem Schiedsgericht; die Kosten des Obmannes sowie die sonstigen Kosten werden von den Vertragsparteien zu gleichen Teilen getragen. Im übrigen regelt das Schiedsgericht sein Verfahren selbst.
(6)  Hinsichtlich der Ladung und der Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen werden die Gerichte und die Verwaltungsbehörden der beiden Vertragsparteien auf das vom Schiedsgericht an die betreffende Regierung zu richtende Ersuchen in derselben Weise Rechts‑ und Amtshilfe leisten wie auf das Ersuchen ausländischer Zivilgerichte.
Art. 11 Schlussbestimmungen
(1)  Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation. Die Ratifikationsurkunden werden sobald wie möglich in Bern ausgetauscht werden.
(2)  Dieser Vertrag tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der dem Monat folgt, in dem die Ratifikationsurkunden ausgetauscht werden. Gleichzeitig tritt der zwischen den Regierungen der Schweiz und Österreichs am 21. Dezember 1956 durchgeführte Notenwechsel über die ausnahmsweise Benützung österreichischen Hoheitsgebietes durch schweizerische Staatsluftfahrzeuge ausser Kraft.
(3)  Dieser Vertrag gilt auf unbestimmte Zeit. Er kann jederzeit schriftlich auf diplomatischem Weg gekündigt werden und tritt ein Jahr nach der Kündigung ausser Kraft.
(4)  Im Falle der Kündigung nehmen die Vertragsparteien unverzüglich Verhandlungen im Hinblick auf eine einvernehmliche Neuregelung betreffend die Auswirkungen des Betriebs ihrer bestehenden grenznahen Flugplätze auf.
Geschehen zu Bregenz am 23. Juli 1991 in zwei Urschriften.

Für die
Schweizerische Eidgenossenschaft:

Für die
Republik Österreich:

René Felber

Alois Mock

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