Übereinkunft
zwischen der Schweiz und dem Grossherzogtum Baden betreffend den Wasserverkehr auf dem Rhein von Neuhausen bis unterhalb Basels Abgeschlossen am 10. Mai 1879 Von der Bundesversammlung genehmigt am 19. Dezember 1879¹ Ratifikationsurkunden auf dem Korrespondenzweg ausgetauscht In Kraft getreten am 1. Januar 1880 ¹ AS 4 393
Um für die Benutzung der Wasserstrasse des Rheins von Neuhausen bis unterhalb Basels eine der gegenwärtigen Gesetzgebung, namentlich im Gewerbewesen, sowie den Bedürfnissen des Verkehrs entsprechende Ordnung herbeizuführen, haben
der Schweizerische Bundesrat und die Grossherzoglich Badische Regierung
Bevollmächtigte ernannt, welche unter Vorbehalt der Ratifikation über nachfolgende Bestimmungen übereingekommen sind:
Art. 1
Die Schifffahrt und Flossfahrt auf dem Rheine von Neuhausen bis unterhalb Basels soll jedermann gestattet sein; sie unterliegt nur denjenigen Beschränkungen, welche durch die Steuer- und Zollvorschriften sowie durch die polizeilichen Rücksichten auf die Sicherheit und Ordnung des Verkehrs geboten sind.
Sämtliche Alleinrechte zur Ausübung der Schiff- oder Flossfahrt auf obiger Rheinstrecke, namentlich die durch Ziff. 4 des Staatsvertrags zwischen dem Grossherzogtum Baden und dem Kanton Aargau vom 2./17. September 1808 bestätigten ausschliesslichen Schifffahrts- und Flössereibefugnisse der vereinigten Schiffmeisterschaft zu Gross- und Kleinlaufenburg und der Rheingenossen zwischen Säckingen und Grenzach sind aufgehoben.
Art. 2
Die beiden Regierungen werden, jede für ihr Hoheitsgebiet, die zur Sicherheit und Ordnung der Schifffahrt und Flösserei erforderlichen polizeilichen Bestimmungen erlassen.
Soweit eine einheitliche Regelung dieser Bestimmungen für das Stromgebiet zwischen Neuhausen und der elsässisch-schweizerischen Landesgrenze nötig oder zweckmässig erscheint, sollen die polizeilichen Bestimmungen auf Grund vorausgegangener Verständigung beider Regierungen in allen wesentlichen Punkten gleichlautend erlassen werden.²
² Siehe die V des EVED vom 1. April 1976 über die Inkraftsetzung der Schifffahrts- polizeiverordnung Basel-Rheinfelden ( SR 747.224.211 ).
Art. 3
Die Schifffahrt- und Flössereitreibenden sollen zur Zahlung von Gebühren, welche lediglich auf der Tatsache der Benutzung der Wasserstrasse oder der Durchfahrt durch Brücken beruhen, nicht angehalten werden, und zwar auch nicht in dem Falle, wenn Schiffbrücken auf dieser Rheinstrecke gebaut würden, oder wenn zur Sicherung einer stehenden Brücke vorgeschrieben werden sollte, dass die Durchfahrt nur in Begleitung eines dazu bestellten Lotsen stattfinden darf.
Für besondere, den Zwecken der Schifffahrt oder Flösserei dienende Anlagen, Anstalten oder Leistungen dürfen Gebühren erhoben werden, insbesondere:
a) für die Benutzung von Landungsplätzen, Einbindestätten und dergleichen;
b) für die im Interesse der Flösserei an einzelnen Plätzen angeordnete besondere polizeilichen Aufsicht;
c) für das Freimachen, Auffangen und Bergen abgetriebener, beziehungsweise an Brücken oder sonst hängen gebliebener Hölzer, vorbehaltlich der Ersatz-ansprüche für etwa entstandenen Schaden.
Die Gebühren werden durch die betreffende Regierung in einem Tarife festgestellt und sollen keinen höheren Betrag erreichen, als für Deckung der durch die bezüglichen Anlagen, Anstalten und Leistungen erwachsenden Kosten erforderlich ist.
Art. 4
Über die Einrichtung von Überfahrten von dem Rheinufer des einen Staates zu demjenigen des andern sowie über die Regelung des Überfahrtsbetriebs – also sowohl was die Kommission und die Überfahrtsgebühren als was die polizeilichen und Zollvorschriften angeht – soll in den einzelnen Fällen ein Einverständnis der beiderseits zuständigen Behörden herbeigeführt werden.³
³ Siehe die Vereinb. vom 25. Febr. und 7. März 1896 zwischen der Schweiz und dem Grossherzogtum Baden betreffend Grundsätze, die von den Behörden des Grossherzogtums Baden und der schweizerischen Kantone in bezug auf die Errichtung sowie die Überwachung des Betriebes und der Unterhaltung von öffentlichen Überfahrten zu beachten sind, welche auf der Rheinstrecke von Schaffhausen bis Basel den Verkehr zwischen dem badischen und schweizerischen Ufer vermitteln ( SR 0.747.224.33 ).
Art. 5
Jede Regierung wird innerhalb ihres Hoheitsgebiets dafür Sorge tragen, dass bei künstlichen Anlagen (wie Strassen- und andere Dämme, feste Fischereivorrichtungen, Triebwerke, Brücken und dergleichen) und bei Wasser- und Uferbauten, welche auf der Strecke von Neuhausen bis unterhalb Basels errichtet oder wesentlich geändert werden, die zur Abwendung von erheblicheren Hemmungen und Schädigungen des Wasserverkehrs und von Gefährdungen der zum Gebiete des andern Staates gehörigen Ufer erforderlichen Vorkehrungen getroffen werden.
Zu diesem Zwecke verpflichten sich die beiden Regierungen, dafür zu sorgen, dass keine Anlagen vorgedachter Art sowie überhaupt keine Bauten, welche auf den Wasserabfluss eine erhebliche Einwirkung ausüben könnten, im Fluss oder an dessen Ufer, soweit dasselbe innerhalb des Bereichs des höchsten bekannten Wasserstandes (Inundationsgebiet) liegt, errichtet oder wesentlich geändert werden, bevor der zuständigen Behörde des anderseitigen Staates die Pläne der Anlage zur Geltendmachung der in Betracht kommenden Interessen und zur tunlichsten Herbeiführung eines Einverständnisses mitgeteilt worden sind.
Art. 6
Die beiden Regierung werden bewirken, dass sämtliche mit dieser Übereinkunft und mit den übereinstimmend zu erlassenden polizeilichen Vorschriften in Widerspruch stehenden seitherigen Bestimmungen ausser Kraft treten.
Dazu gehören namentlich die älteren Ordnungen, wie die auf die Schifffahrt und Flösserei bezüglichen Bestimmungen des Maienbriefes (Neue Ordnung) von 1808, die Flosskehrordnung von 1808, die Wochengefährtordnung von 1808, die Steinfuhrkehrordnung von 1808, die Büchsengeldordnung von 1808, die Schifferordnung für die Schiffmeister von Laufenburg von 1812 und die bezüglichen Nachträge.
Art. 7
Die beiden Regierungen werden, jede für ihr Hoheitsgebiet, die erforderliche technische und polizeiliche Beaufsichtigung der obengedachten Rheinstrecke einrichten. Zuwiderhandlungen gegen die flusspolizeilichen Vorschriften sollen von den nach den betreffenden Gesetzen zuständigen Behörden zur Bestrafung gebracht werden. Wenn sich der Zuwiderhandelnde der Bestrafung in dem einen Staate entzieht, wird die Übertretung in dem andern Staate, dessen Strafgewalt er untersteht, verfolgt werden.
Die Regierungen werden sich gegenseitig darüber in Kenntnis halten, welche Behörden zur technischen und polizeilichen Beaufsichtigung sowie zur Bestrafung von Zuwiderhandlungen zuständig sind.
Art. 8
Diese Übereinkunft tritt mit dem 1. Januar 1880 in Kraft.
Unterschriften
Dessen zu Urkunde ist die gegenwärtige Übereinkunft von den beiderseitigen Bevollmächtigten unter Beidrückung ihrer Siegel unterzeichnet worden.
So geschehen, Basel, den 10. Mai 1879.
A. v. Salis | Hardeck |
Schenkel | R. Falkner |
Honsell | E. Imhof |
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