Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Grossherzogtum Ba... (0.132.136.4)
CH - Schweizer Bundesrecht

Vertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Grossherzogtum Baden betreffend Grenzbereinigung

Abgeschlossen am 20./31. Oktober 1854 Von der Bundesversammlung genehmigt am 20. Dezember 1854² Von der Schweiz ratifiziert am 26. Dezember 1854 Von Baden ratifiziert am 20. Januar 1855 In Kraft getreten am 20. Januar 1855 ¹ BS 11 49 ² Art. 1 des BB vom 20. Dez. 1854 (AS V 69)
Nachdem der Schweizerische Bundesrat und die grossherzoglich-badische Regierung sich von der Zweckmässigkeit überzeugt haben, die Hoheitsgrenze zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Grossherzogtum Baden längs des Kantons Thurgau, soweit dieselbe nicht schon durch die Übereinkunft vom 28. März 1831 festgestellt ist, gehörig zu bereinigen und zugleich die an mehreren Stellen derselben bestehenden langjährigen Differenzen im Wege freundschaftlicher Verständigung auszugleichen, sind zu diesem Zwecke beiderseits Bevollmächtigte ernannt worden, nämlich:
(Es folgen die Namen der Bevollmächtigten)
welche sich auf Grund der am 9. und 10. Mai laufenden Jahres zwischen ihnen zu Konstanz stattgehabten Verhandlung, unter Vorbehalt der Ratifikation ihrer hohen Kommittenten, über nachfolgende Punkte geeinigt haben:
Art. I
Zwischen dem Staatsgebiet des Grossherzogtums Baden und demjenigen des schwei­zerischen Kantons Thurgau wird von der badischen Grenze unterhalb Konstanz bis zur thurgauischen Grenze bei dem ehemaligen Kloster Paradies überall die Mitte des Rheins, beziehungsweise die Mitte des Untersees, als Landesgrenze angenommen.
Namentlich gilt die hier bezeichnete Grenze auch längs des ehemaligen Stadtbezirks Diessenhofen sowie zwischen dem Dorfe Büsingen und den gegenüberliegenden sogenannten Scharrenwiesen.
Art. II
Unbeschadet der im Artikel I festgesetzten Landesgrenze werden folgende beson­dere Verhältnisse gegenseitig anerkannt:
a. Auf dem ganzen Rhein und Untersee, in demjenigen Umfange, wie dies im Artikel 114 der Fischerordnung vom 22. August 1774³ sich näher bezeichnet findet, kann von den Bewohnern der auf beiden Seiten des Sees und Rheins liegenden, nach dieser Fischerordnung hierzu berechtigten Gemeinden die Fischerei und die Vogeljagd nach den Vorschriften der erwähnten Fischerordnung und unter der, der grossherzoglich-badischen Behörde zu Hand­habung derselben zustehenden Polizei ausgeübt werden.
Vorbehalten bleibt eine auf dem Wege der Vereinbarung durchzuführende Revision dieser Fischerordnung.
b. Was die Brücke zu Diessenhofen betrifft, so wird die niedere Polizei auf der ganzen Brücke und auf der Einfahrt zu derselben längs des Zollhäuschens ausschliesslich durch die thurgauischen Behörden ausgeübt.
Der Stadt Diessenhofen, als der Eigentümerin der Brücke, steht ausschliesslich das Recht zu, an derselben Reparaturen, Veränderungen oder Neubauten vorzunehmen, und die grossherzoglich-badische Regierung verzichtet darauf, vermöge der ihr auf der rechtsseitigen Hälfte der Brücke zustehenden Hoheit jemals irgendwie in das Eigentum oder den Bestand dieser Brücke einzugreifen.
c. Auf Urkunden oder altes Herkommen sich stützende Fischereigerechtigkeiten werden als Privatrechte gegenseitig anerkannt.
³ Für die Fischerei und Vogeljagd auf dem Untersee und Seerhein siehe heute die Unter­see­fischereiordnung vom 2. Nov. 1997 ( SR 0.923.411 ) und die Vereinb. vom 5. Juni 1954 zwischen dem Kanton Thurgau und dem Land Baden-Württemberg über die gemeinsame Jagd auf dem Untersee und dem Rhein (in der AS nicht veröffentlicht).
Art. III
Der gegenüber der Stadt Diessenhofen am rechten Ufer des Rheins bei Gailingen gelegene, aus beiläufig 140 Jucharten bestehende Güterkomplex «die Säze oder Zaun­stelle» genannt, wird als zur Gemarkung Gailingen gehörig anerkannt. Bezüglich dieses Distriktes werden ausnahmsweise folgende Bestimmungen festgestellt:
a. Einwohner der Stadt Diessenhofen, welche in der Säze Liegenschaften besitzen oder in Zukunft erwerben, sind mit Beziehung auf dieselben von allen Beiträgen zu Gemeindebedürfnissen gegenüber der Gemeinde Gailingen befreit, mit Ausnahme derjenigen Kosten, welche zur Herstellung und Unterhaltung der durch die Säze führenden Vizinalstrassen oder Güterwege erforderlich sind, zu welchen sie nach dem Verhältnis ihres Besitztums mit zu bezahlen haben.
b. Wenn eine solche Liegenschaft von einem Einwohner der Gemeinde Diessenhofen an einen andern Einwohner derselben Gemeinde übergeht, so ist für den Eigentumsübergang weder eine Staatsgenehmigung einzuholen, noch die für diese Genehmigung bestimmte Gebühr an den Staat zu bezahlen, und es soll von der Gemeindebehörde von Gailingen in bezug auf die Erteilung der Gewähr in einem solchen Falle jederzeit nach den gleichen Grundsätzen verfahren werden, wie bei Handänderungen unter Angehörigen des Grossherzogtums Baden.
c. Der Stadt Diessenhofen bleibt überlassen, auf ihre Kosten neben der von der Gemeinde Gailingen bestellten Feldpolizei für die Liegenschaften in der Säze besondere Feld- oder Traubenhüter anzustellen, welche jedoch von der badischen Behörde für ihren Dienst in Pflicht zu nehmen sind und ihre Anzeigen bei der badischen zuständigen Behörde zu machen haben.
Art. IV
Die gegenüber von Büsingen am linken Ufer des Rheins liegenden sogenannten Scharrenwiesen, ein Komplex von beiläufig 17 Jucharten, werden dem thurgauischen Gemeindebann Unterschlatt zugeteilt. Den Einwohnern der Gemeinde Büsingen, welche in den Scharrenwiesen Liegenschaften besitzen, werden mit Hinsicht auf dieselben die gleichen Rechte gegenüber dem Kanton Thurgau und der Gemeinde Unterschlatt eingeräumt, welche nach Art. III den Einwohnern der Stadt Diessenhofen mit Beziehung auf ihr Grundeigentum in der Säze gegenüber dem Grossherzogtum Baden und der Gemeinde Gailingen zugesichert sind.
Art. V
Der Vollzug der gegenwärtigen Übereinkunft wird stattfinden, sobald die beiderseits vorbehaltenen Ratifikationen erfolgt und ausgewechselt sein werden.

Unterschriften

Zu Urkund dessen ist diese Übereinkunft in zwei gleichlautenden Exemplaren ausgefertigt und von den beiderseitigen Bevollmächtigten unterzeichnet und besiegelt worden.
So geschehen zu Zürich, den 31. Oktober 1854
So geschehen zu Stuttgart, den 20. Oktober 1854

J. C. Kern

F. v. Dusch

J. Rüttimann

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