Interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der obligatorischen Schule (IV B/33/1)
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Interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der obligatorischen Schule

IV B/33/1 Interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der obligatorischen Schule (Harmos-Konkordat) Vom 4. Mai 2008 (Stand 1. August 2009) (Erlassen von der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdi - rektoren [EDK] am 14. Juni 2007) (Beitritt von der Landsgemeinde beschlossen am 4. Mai 2008) 1. Zweck und Grundsätze der Vereinbarung

Art. 1 Zweck

1 Die Vereinbarungskantone harmonisieren die obligatorische Schule, indem sie
a. die Ziele des Unterrichts und die Schulstrukturen harmonisieren und
b. die Qualität und Durchlässigkeit des Schulsystems durch gemein - same Steuerungsinstrumente entwickeln und sichern.

Art. 2 Grundsätze

1 Im Respekt vor den unterschiedlichen Kulturen in der mehrsprachigen Schweiz folgen die Vereinbarungskantone bei ihren Vorkehren zur Harmoni - sierung dem Grundsatz der Subsidiarität.
2 Sie sind bestrebt, die schulischen Hindernisse für eine nationale und inter - nationale Mobilität der Bevölkerung zu beseitigen. 2. Übergeordnete Ziele der obligatorischen Schule

Art. 3 Grundbildung

1 In der obligatorischen Schule erwerben und entwickeln alle Schülerinnen und Schüler grundlegende Kenntnisse und Kompetenzen sowie kulturelle Identität, welche es ihnen erlauben, lebenslang zu lernen und ihren Platz in Gesellschaft und Berufsleben zu finden.
2 Während der obligatorischen Schule erwirbt jede Schülerin und jeder Schüler die Grundbildung, welche den Zugang zur Berufsbildung oder zu all - gemeinbildenden Schulen auf der Sekundarstufe II ermöglicht, insbesondere in den folgenden Bereichen:
a. Sprachen: eine umfassende Grundbildung in der lokalen Stan - dardsprache (mündliche und schriftliche Sprachbeherrschung) und grundlegende Kompetenzen in einer zweiten Landessprache und mindestens einer weiteren Fremdsprache; SBE X/7 489 1
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b. Mathematik und Naturwissenschaften: eine Grundbildung, welche zur Anwendung von grundlegenden mathematischen Konzepten und Verfahren sowie zu Einsichten in naturwissenschaftliche und technische Zusammenhänge befähigt;
c. Sozial- und Geisteswissenschaften: eine Grundbildung, welche dazu befähigt, die grundlegenden Zusammenhänge des sozialen und politischen Umfeldes sowie von Mensch und Umwelt zu ken - nen und zu verstehen;
d. Musik, Kunst und Gestaltung: eine auch praktische Grundbildung in verschiedenen künstlerischen und gestalterischen Bereichen, ausgerichtet auf die Förderung von Kreativität, manuellem Ge - schick und ästhetischem Sinn sowie auf die Vermittlung von Kenntnissen in Kunst und Kultur;
e. Bewegung und Gesundheit: eine Bewegungs- und Gesundheitser - ziehung ausgerichtet auf die Entwicklung von motorischen Fähig - keiten und körperlicher Leistungsfähigkeit sowie auf die Förderung des physischen und psychischen Wohlbefindens.
3 Die Schülerinnen und Schüler werden in ihrer Entwicklung zu eigenständi - gen Persönlichkeiten, beim Erwerb sozialer Kompetenzen sowie auf dem Weg zu verantwortungsvollem Handeln gegenüber Mitmenschen und Um - welt unterstützt.

Art. 4 Sprachenunterricht

1 Die erste Fremdsprache wird, entsprechend der in Artikel 6 festgelegten Dauer der Schulstufen, spätestens ab dem fünften Schuljahr, die zweite Fremdsprache spätestens ab dem siebten Schuljahr unterrichtet. Eine der beiden Sprachen ist eine zweite Landessprache, deren Unterricht kulturelle Aspekte einschliesst; die andere Sprache ist Englisch. In beiden Fremdspra - chen werden per Ende der obligatorischen Schule gleichwertige Kompe - tenzniveaus vorgegeben. Sofern die Kantone Graubünden und Tessin zu - sätzlich eine dritte Landessprache obligatorisch unterrichten, können sie be - züglich der Festlegung der Schuljahre von der vorliegenden Bestimmung abweichen.
2 Während der obligatorischen Schule besteht ein bedarfsgerechtes Angebot an fakultativem Unterricht in einer dritten Landessprache.
3 Die Reihenfolge der unterrichteten Fremdsprachen wird regional koordi - niert. Qualitäts- und Entwicklungsmerkmale sind in einer durch die EDK ge - nehmigten Gesamtstrategie festgelegt.
4 Für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund unterstützen die Kantone durch organisatorische Massnahmen die von den Herkunftsländern und den verschiedenen Sprachgemeinschaften unter Beachtung der religi - ösen und politischen Neutralität durchgeführten Kurse in heimatlicher Spra - che und Kultur (HSK-Kurse).
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IV B/33/1 3. Strukturelle Eckwerte der obligatorischen Schule

Art. 5 Einschulung

1 Die Schülerinnen und Schüler werden mit dem vollendeten vierten Alters - jahr eingeschult (Stichtag 31. Juli).
2 Während der ersten Schuljahre (Vorschul- und Primarunterricht) erwirbt das Kind schrittweise die Grundlagen der Sozialkompetenz und der schuli - schen Arbeitsweise. Es vervollständigt und konsolidiert insbesondere die sprachlichen Grundlagen. Die Zeit, die das Kind für das Durchlaufen der ers - ten Schuljahre benötigt, ist abhängig von seiner intellektuellen Entwicklung und emotionalen Reife; gegebenenfalls wird es durch besondere Massnah - men zusätzlich unterstützt.

Art. 6 Dauer der Schulstufen

1 Die Primarstufe, inklusive Vorschule oder Eingangsstufe, dauert acht Jahre.
2 Die Sekundarstufe I schliesst an die Primarstufe an und dauert in der Regel drei Jahre.
3 Die in den Absätzen 1 und 2 festgelegte Aufteilung der Schulstufen zwi - schen der Primar- und der Sekundarstufe I kann im Kanton Tessin um ein Jahr variieren.
4 Der Übergang zur Sekundarstufe II erfolgt nach dem elften Schuljahr. Der Übergang in die gymnasialen Maturitätsschulen erfolgt unter Berücksichti - gung der Erlasse des Bundesrates und der EDK, in der Regel nach dem zehnten Schuljahr.
5 Die Zeit für das Durchlaufen der Schulstufen ist im Einzelfall abhängig von der individuellen Entwicklung der Schülerin oder des Schülers. 4. Instrumente der Systementwicklung und Qualitätssicherung

Art. 7 Bildungsstandards

1 Zur gesamtschweizerischen Harmonisierung der Unterrichtsziele werden nationale Bildungsstandards festgelegt.
2 Unterschieden wird zwischen folgenden zwei Arten von Bildungsstan - dards:
a. Leistungsstandards, die pro Fachbereich auf einem Referenzrah - men mit Kompetenzniveaus basieren;
b. Standards, welche Bildungsinhalte oder Bedingungen für die Um - setzung im Unterricht umschreiben.
3 Die nationalen Bildungsstandards werden unter der Verantwortung der EDK wissenschaftlich entwickelt und validiert. Sie unterliegen einer Ver - nehmlassung gemäss Artikel 3 des Konkordats vom 29. Oktober 1970 über die Schulkoordination. 3
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4 Sie werden von der Plenarversammlung der EDK mit einer Mehrheit von zwei Dritteln ihrer Mitglieder verabschiedet, von denen mindestens drei einen nicht mehrheitlich deutschsprachigen Kanton vertreten. Die Revision erfolgt durch die Vereinbarungskantone in einem analogen Verfahren.

Art. 8 Lehrpläne, Lehrmittel und Evaluationsinstrumente

1 Die Harmonisierung der Lehrpläne und die Koordination der Lehrmittel er - folgen auf sprachregionaler Ebene.
2 Lehrpläne, Lehrmittel und Evaluationsinstrumente sowie Bildungsstan - dards werden aufeinander abgestimmt.
3 Die Kantone arbeiten im Rahmen des Vollzugs dieser Vereinbarung auf sprachregionaler Ebene zusammen. Sie können die hierfür erforderlichen Einrichtungen schaffen.
4 Die EDK und die Sprachregionen verständigen sich von Fall zu Fall über die Entwicklung von Referenztests auf Basis der Bildungsstandards.

Art. 9 Portfolios

1 Die Vereinbarungskantone sorgen dafür, dass die Schülerinnen und Schü - ler ihr Wissen und ihre Kompetenzen mittels der von der EDK empfohlenen nationalen oder internationalen Portfolios dokumentieren können.

Art. 10 Bildungsmonitoring

1 In Anwendung von Artikel 4 des Konkordats vom 29. Oktober 1970 über die Schulkoordination beteiligen sich die Vereinbarungskantone zusammen mit dem Bund an einem systematischen und kontinuierlichen, wissenschaftlich gestützten Monitoring über das gesamte schweizerische Bildungssystem.
2 Die Entwicklungen und Leistungen der obligatorischen Schule werden re - gelmässig im Rahmen dieses Bildungsmonitorings evaluiert. Ein Teil davon ist die Überprüfung der Erreichung der nationalen Bildungsstandards na - mentlich durch Referenztests im Sinne von Artikel 8 Absatz 4. 5. Gestaltung des Schultags

Art. 11 Blockzeiten und Tagesstrukturen

1 Auf der Primarstufe wird der Unterricht vorzugsweise in Blockzeiten orga - nisiert.
2 Es besteht ein bedarfsgerechtes Angebot für die Betreuung der Schülerin - nen und Schüler ausserhalb der Unterrichtszeit (Tagesstrukturen). Die Nut - zung dieses Angebots ist fakultativ und für die Erziehungsberechtigten grundsätzlich kostenpflichtig.
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IV B/33/1 6. Schlussbestimmungen

Art. 12 Fristen

1 Die Vereinbarungskantone verpflichten sich, spätestens sechs Jahre nach dem Inkrafttreten dieser Vereinbarung die strukturellen Eckwerte der obliga - torischen Schule im Sinne von Titel III der vorliegenden Vereinbarung festzu - legen und die Bildungsstandards im Sinne von Artikel 7 anzuwenden.

Art. 13 Beitritt

1 Der Beitritt zu dieser Vereinbarung wird dem Vorstand der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren gegenüber erklärt.

Art. 14 Austritt

1 Der Austritt aus der Vereinbarung muss dem Vorstand der Schweizeri - schen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren gegenüber erklärt werden. Er tritt in Kraft auf Ende des dritten der Austrittserklärung folgenden Kalenderjahres.

Art. 15 Ausserkraftsetzung von Artikel

2 des Schulkonkordats von 1970
1 Die Plenarversammlung der EDK entscheidet über den Zeitpunkt der Aus - serkraftsetzung von Artikel 2 des Konkordats über die Schulkoordination vom 29. Oktober 1970.

Art. 16 Inkrafttreten

1 Der Vorstand der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdi - rektoren setzt die Vereinbarung in Kraft, wenn ihr mindestens zehn Kantone beigetreten sind. 1 )
2 Das Inkrafttreten ist dem Bund zur Kenntnis zu geben.

Art. 17 Fürstentum Liechtenstein

1 Dieser Vereinbarung kann auch das Fürstentum Liechtenstein beitreten. Ihm stehen alle Rechte und Pflichten eines Vereinbarungskantons zu. 1) In Kraft getreten: 1. August 2009; B EDK 7. Mai 2009 5
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