Abkommen (0.512.166.51)
CH - Schweizer Bundesrecht

Abkommen

zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Russischen Föderation über die bilaterale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der militärischen Ausbildung Abgeschlossen am 11. April 2011 In Kraft getreten am 11. April 2011 (Stand am 11. April 2011)
Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung der Russischen Föderation,
nachstehend «Parteien» genannt;
in der Absicht, ihre auf der gegenseitigen Achtung und Berücksichtigung von Interessen der Parteien basierenden Beziehungen zu fördern;
unter Hinweis auf die Notwendigkeit, in Europa das gegenseitige Vertrauen, die Sicherheit und die Stabilität zu stärken;
in Anbetracht der Tatsache, dass die Parteien als Staaten am Programm «Partnerschaft für den Frieden» teilnehmen;
auf der Grundlage des Übereinkommens zwischen den Vertragsstaaten des Nord­atlantikvertrags und den anderen an der Partnerschaft für den Frieden teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen (PfP-Truppenstatut), abgeschlossen am 19. Juni 1995¹, und des Zusatzprotokolls zum Übereinkommen zwischen den Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrags und den anderen an der Partnerschaft für den Frieden teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen (Zusatzprotokoll zum PfP‑Truppenstatut), abgeschlossen am 19. Juni 1995²;
unter Berücksichtigung, dass militärisches und ziviles Personal der staatlichen Streitkräfte einer Partei mit Zustimmung der anderen Partei auf deren Staatsgebiet entsandt und empfangen werden kann;
sind wie folgt übereingekommen:
¹ SR 0.510.1 ² SR 0.510.11
Art. 1
1.  Zweck dieses Abkommens ist die Festlegung der Bedingungen und Formen der bilateralen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der militärischen Ausbildung sowie die Bestimmung der Rechtsstellung des involvierten militärischen und zivilen Personals und von deren Angehörigen, die von den staatlichen Streitkräften einer Partei auf das Staatsgebiet der anderen Partei entsandt werden.
2.  Dieses Abkommen gilt nicht für die Vorbereitung und Durchführung von gemeinsamen Kampf- und anderen militärischen Operationen.
Art. 2
Im Sinne dieses Abkommens gelten die folgenden Begriffe:
a) Die empfangende Partei bezeichnet die Partei, auf deren Staatsgebiet die Aktivitäten der bilateralen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der militärischen Ausbildung stattfinden.
b) Die entsendende Partei bezeichnet die Partei, die Personal in das Staats­gebiet der anderen Partei zur Teilnahme an den Aktivitäten der bilateralen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der militärischen Ausbildung entsendet.
c) Das Personal der entsendenden Partei bezeichnet das militärische und zivile Personal der staatlichen Streitkräfte der entsendenden Partei, das an Aktivitäten der bilateralen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der militärischen Ausbildung teilnimmt, sowie deren Angehörige.
Art. 3
Für die Umsetzung dieses Abkommens sind die folgenden Behörden der Partei zuständig:
a) in der Schweizerischen Eidgenossenschaft das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport; und
b) in der Russischen Föderation das Verteidigungsministerium der Russischen Föderation.
Art. 4
1.  Im Rahmen dieses Abkommens können die Parteien die bilaterale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der militärischen Ausbildung in den folgenden Formen durchführen:
a) Ausbildung von militärischem und zivilem Personal in militärischen Ausbildungseinrichtungen des Schweizerischen Eidgenossenschaft und des Verteidigungsministeriums der Russischen Föderation;
b) Probezeiten und Praktika von militärischem und zivilem Personal in militärischen Ausbildungseinrichtungen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und des Verteidigungsministeriums der Russischen Föderation;
c) Gemeinsame Ausbildung und Übungen zur Gewinnung praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten auf bilateraler Ebene zwischen den Partei sowie, sofern notwendig, mit Dritten;
d) Gebirgsausbildung und Ausbildung in der Bergrettung;
e) Durchführung von Absprachen, Konferenzen, Seminaren und Symposien zum Erfahrungsaustausch in verschiedenen Bereichen der militärischen Ausbildung, einschliesslich der Militärmedizin und der Militärgeschichte;
f) Entsendung von Beobachtern zu Übungen sowie Durchführung gemein­samer Übungen in der Friedensförderung;
g) Durchführung von militärsportlichen und -kulturellen Aktivitäten.
2.  Mit Zustimmung der Parteien können auch andere Formen der bilateralen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der militärischen Ausbildung durchgeführt werden.
Art. 5
1.  Um die langfristige Planung zu ermöglichen, können die zuständigen Behörden der Parteien im Vorfeld von Anlässen, die im gegenseitigen Interesse sind, separate Planungsdokumente erstellen.
2.  Die Umsetzung einzelner Aktivitäten der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der militärischen Ausbildung kann durch spezielle Vereinbarungen zwischen den zuständigen Behörden der Parteien geregelt werden, die diesem Abkommen nach­geordnet sind.
Art. 6
1.  Die Rechtstellung des Personals der entsendenden Partei bestimmt sich nach dem PfP-Truppenstatut und nach dem Zusatzprotokoll zum PfP-Truppenstatut.
2.  Das Personal der entsendenden Partei, das sich auf dem Staatsgebiet der empfangenden Partei befindet, hat die auf dem Staatsgebiet der empfangenden Partei geltende Gesetzgebung zu beachten.
3.  Die empfangende Partei stellt sicher, dass auf ihrem Staatsgebiet die notwendigen Voraussetzungen für den Aufenthalt des Personals der entsendenden Partei bestehen, und unterstützt dieses in administrativen und technischen Belangen.
4.  Nach Vereinbarung stellt die empfangende Partei der entsendenden Partei einen qualifizierten Dolmetscher zur Verfügung.
5.  Das Personal der entsendenden Partei ist berechtigt, die militärische Uniform gemäss den Bestimmungen und Vorschriften der entsendenden Partei zu tragen.
Art. 7
1.  Die empfangende Partei hat auf ihrem Staatsgebiet Massnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit sowie zur Vorbeugung und Unterbindung jeglicher rechtswidriger Handlungen gegen das Personal der entsendenden Partei und gegen dessen Besitz zu ergreifen.
2.  Das Personal der entsendenden Partei ist verantwortlich für die Bewachung der Einrichtungen und Liegenschaften, die ihm von der empfangenden Partei zur Verfügung gestellt werden, sowie für die Sicherheit der materiellen Werte, die ihm von der empfangenden Partei zur Verfügung gestellt sind oder von ihm selbst mitgeführt werden.
3.  Die empfangende Partei ist während der Umsetzung von Aktivitäten nach diesem Abkommen verantwortlich für die Sicherheit des Personals der entsendenden Partei ausserhalb der Gebäulichkeiten und des Geländes, die dem Personal der entsendenden Partei zur Verfügung gestellt wird.
4.  Im Rahmen der auf dem Staatsgebiet der empfangenden Partei geltenden Gesetzgebung hat das Personal der entsendenden Partei in seinen täglichen Aktivitäten mit den zuständigen staatlichen Behörden der empfangenden Partei innerhalb von deren Kompetenzen zusammenzuarbeiten.
Art. 8
1.  Für die in diesem Abkommen vereinbarten Zwecke können Waffen und Munition in das Staatsgebiet der empfangenden Partei verbracht werden.
2.  Die Einfuhr von Waffen und Munition ins Staatsgebiet der empfangenden Partei sowie deren Gebrauch unterliegen den Bestimmungen der auf dem Staatsgebiet der empfangenden Partei geltenden Gesetzgebung und werden vorzeitig von den Par­teien für jeden Einzelfall vereinbart.
3.  Bei der Aufbewahrung, dem Transport und dem Gebrauch von Waffen und Munition hat das Personal der entsendenden Partei die Sicherheitsanforderungen und -vorschriften der entsendenden Partei zu befolgen, sofern die entsprechenden Sicherheitsanforderungen der empfangenden Partei keinen höheren Sicherheitsstand vorsehen.
4.  Bei der Durchführung gemeinsamer Übungen, bei denen Waffen und Munition gebraucht werden, befolgen die Parteien die Bestimmungen und Vorschriften der empfangenden Partei, sofern die Sicherheitsanforderungen und -vorschriften der entsendenden Partei keinen höheren Sicherheitsstand vorsehen.
Art. 9
Das Personal der entsendenden Partei hat die auf dem Staatsgebiet der empfangenden Partei geltende Gesetzgebung auf dem Gebiet des Umweltschutzes zu beachten.
Art. 10
1.  Die empfangende Partei hat bei Bedarf in Übereinstimmung mit der auf dem Staatsgebiet der empfangenden Partei geltenden Gesetzgebung Massnahmen zur Ermöglichung des Überflugs von Luftfahrzeugen sowie der Durchfahrt von Motorfahrzeugen der entsendenden Partei sowie für deren Zutritt zu militärischen Einrichtungen zu treffen.
2.  Die Luft- und Motorfahrzeuge der entsendenden Partei haben den Anforderungen der auf dem Staatsgebiet der empfangenden Partei geltenden Gesetzgebung zu entsprechen.
Art. 11
1.  Beim Einsatz eines eigenen Luftfahrzeugs haftet die entsendende Partei für den technischen Zustand und die Flugtüchtigkeit des Luftfahrzeugs, dessen Ausrüstung sowie für das sichere Funktionieren des Luftfahrzeugs während der Durchführung von Aktivitäten im Rahmen dieses Abkommens.
2.  Im Falle von Unfällen oder Zwischenfällen mit Luftfahrzeugen werden alle technischen Untersuchungen und Verfahren in Übereinstimmung mit der auf dem Staatsgebiet der empfangenden Partei geltenden Gesetzgebung durchgeführt. Im Rahmen ihrer Gesetzgebung hat die empfangende Partei der entsendenden Partei unverzüglich alle Daten und relevanten Information zum Unfall oder zum Zwischenfall zur Verfügung zu stellen.
3.  Die Sachverständigen der entsendenden Partei haben das Recht zur Mitwirkung in der Untersuchungskommission, zum Zugang zur Unfallstelle und zum Erhalt aller einschlägigen Informationen. Die empfangende Partei erwägt Anträge der Sachverständigen der entsendenden Partei zur Untersuchung wohlwollend. Der Bericht über die Ergebnisse der Untersuchung ist der entsendenden Partei zu übersenden.
Art. 12
1.  Das Personal der entsendenden Partei hat den medizinischen und physischen Anforderungen zu entsprechen und über die notwendigen Voraussetzungen und Fähigkeiten zu verfügen, die von der empfangenden Partei für die entsprechenden Aktivitäten vorgegeben werden.
2.  Die entsendende Partei garantiert, dass das Personal der entsendenden Partei über eine Krankenversicherungsdeckung verfügt.
3.  Medizinische und zahnärztliche Behandlungen erfolgen durch die empfangende Partei im selben Umfang und in derselben Qualität wie für das militärische und zivile Personal der Streitkräfte der empfangenden Partei und deren Angehörige, wobei die anfallenden Kosten durch die entsendende Partei übernommen werden.
4.  Medizinische Nothilfe für das Personal der entsendenden Partei wird kostenlos erbracht. Auf Verlangen der entsendenden Partei werden die weitere Behandlung von Patienten sowie deren Überführung in medizinische Einrichtungen durch die empfangende Partei durchgeführt oder veranlasst. Die entsendende Partei übernimmt die anfallenden Kosten.
Art. 13
1.  Die entsendende Partei stellt sicher, dass die Ausrüstung des von ihr entsandten Personals den Anforderungen der empfangenden Partei für die jeweilige Aktivität entspricht.
2.  Auf Verlangen der entsendenden Partei stellt die empfangende Partei Informa­tionen über die notwendige Ausrüstung zur Verfügung.
Art. 14
1.  Die Parteien tragen die Kosten, die aufgrund Aktivitäten nach diesem Abkommen entstehen, selbst, sofern nichts anderes vereinbart ist.
2.  Die Parteien sind an keine Verpflichtungen, einschliesslich der Kostenerstattung, gebunden, die nicht durch dieses Abkommen oder andere Vereinbarungen geregelt sind, die von den zuständigen Behörden der Parteien nach Artikel 5 geschlossen wurden.
Art. 15
1.  Die Parteien verpflichten sich, keine im Rahmen der Umsetzung dieses Abkommens erhaltenen Information ohne vorherige schriftliche Zustimmung der heraus­gebenden Partei gegenüber Dritten offenzulegen oder zum Schaden der herausgebenden Partei zu verwenden.
2.  Für Aktivitäten im Rahmen dieses Abkommens können die Parteien klassifizierte Informationen austauschen:
a) bis zur Stufe «INTERN/INTERNE/AD USO INTERNO» für die Schweizerische Eidgenossenschaft; und
b) bis zur Stufe «для служебного пользования» für die Russische Föderation.
3.  Die Partei, die solche Informationen erhält, hat diese zu schützen und gemäss der ihrem Staatsgebiet geltenden Gesetzgebung zu behandeln.
4.  Die Übermittlung solcher Informationen zwischen den Parteien wird schriftlich festgehalten und die Datenträger werden mit dem entsprechenden Schutzvermerk bezeichnet sowie registriert.
5.  Der Zutritt von Vertretern der entsendenden Partei zu militärischen Objekten wird im Rahmen der auf dem Staatsgebiet der empfangenden Partei geltenden Gesetz­gebung gewährt.
Art. 16
Sofern für die Evaluation, die Koordination und die Planung von Aktivitäten nach diesem Abkommen notwendig, führen die Parteien vorbereitende Zusammenkünfte und Konsultationen durch.
Art. 17
Streitigkeiten zwischen den Parteien bezüglich der Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens werden durch Verhandlungen zwischen den zuständigen Behörden der Parteien beigelegt.
Art. 18
1.  Dieses Abkommen tritt am Datum der Unterzeichnung durch beide Parteien in Kraft.
2.  Dieses Abkommen wird für einen Zeitraum von fünf Jahren abgeschlossen und bei Ablauf dieses Zeitraums automatisch um jeweils fünf Jahre verlängert. Jede Partei kann dieses Abkommen schriftlich kündigen. In diesem Falle erlöscht dieses Abkommen 90 Tage nach Empfang der Notifikation der Partei.
3.  Im gegenseitigen Einvernehmen kann dieses Abkommen schriftlich in der Form von Zusatzprotokollen geändert oder ergänzt werden.
4.   Ungeachtet einer Beendigung dieses Abkommens unterliegen sämtliche ausstehenden finanziellen Verpflichtungen nach diesem Abkommen den Bestimmungen dieses Abkommens.
Geschehen zu Moskau am 11. April 2011 in zwei Exemplaren, jedes in deutscher, russischer und englischer Sprache, wobei deren Wortlaut gleichermassen rechts­gültig ist.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

Für die
Regierung der Russischen Föderation:

Walter B. Gyger

Nikolai Jegorowitsch Makarow

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