Direktionsverordnung über das Betreuungsgutscheinsystem (860.113.1)
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Direktionsverordnung über das Betreuungsgutscheinsystem

1 860.113.1 Direktionsverordnung über das Betreuungsgutscheinsystem (BGSDV) vom 13.02.2019 (Stand 01.04.2019) Die Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern, gestützt auf Artikel 84 Absatz 2 des Gesetzes vom 11. Juni 2001 über die öf fentliche Sozialhilfe (Sozialhilfegesetz, SHG) 1 ) sowie die Artikel 34d Absatz 4,
34e Absatz 4, 34k Absatz 4 und 34o Absatz 5 der Verordnung vom 2. Novem ber 2011 über die Angebote zur sozialen Integration (ASIV) 2 ) , beschliesst:
1. Gegenstand

Art. 1

1 Diese Direktionsverordnung enthält die Ausführungsbestimmungen zu den Ar tikeln 34a bis 34x ASIV.
2. Erwerbstätigkeit, Arbeitssuche sowie Aus- und Weiterbildung

Art. 2

Erwerbstätigkeit
1 Als erwerbstätig gelten auch a Frauen während des gesetzlichen Mutterschaftsurlaubs sowie bis zu drei Monaten nach dessen Ablauf, sofern für die gesamte Dauer ein Arbeits verhältnis besteht, b Eltern bei einem unbezahltem Urlaub bis zu drei Monaten.

Art. 3

Arbeitssuche
1 Ein Betreuungsgutschein wird ausgerichtet, wenn er zur Vermittlungsfähigkeit von Eltern, die Arbeit suchen, notwendig ist.
2 Das Beschäftigungspensum der Eltern ergibt sich dabei aus a dem Umfang, in dem sie eine Arbeitsstelle suchen, b ihrer Vermittlungsbereitschaft sowie c ihrer Arbeitsfähigkeit.
1) BSG 860.1
2) BSG 860.113 * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses
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3 Sie haben den Nachweis über die Suche nach einer geeigneten Arbeitsstelle zu erbringen.

Art. 4

Bestimmung der Vermittlungsfähigkeit
1 Bei Eltern, die Arbeit suchen, wird die Vermittlungsfähigkeit grundsätzlich nach den bundesrechtlichen Vorschriften über die obligatorische Arbeitslosen versicherung und die Insolvenzentschädigung festgesetzt.
2 Kann die Vermittlungsfähigkeit nicht nach den bundesrechtlichen Vorschriften über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädi gung festgesetzt werden, wird sie durch die Wohnsitzgemeinde bestimmt.

Art. 5

Aus- und Weiterbildung
1 Als berufsorientiert gilt eine Aus- oder Weiterbildung, die a die schulischen Grundvoraussetzungen zur Berufsbildung oder Erwerbs tätigkeit vermittelt oder b einer Berufsbildung oder einer beruflichen Weiterqualifikation zum Zwecke der Erwerbstätigkeit dient.
3. Einschränkung der Betreuungsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen

Art. 6

Voraussetzungen
1 Eine Einschränkung der Betreuungsfähigkeit der Eltern aus gesundheitlichen Gründen liegt vor, wenn die Eltern das Kind dauerhaft nicht betreuen können aufgrund a einer eigenen anhaltenden gesundheitlichen Einschränkung, b einer anhaltenden gesundheitlichen Einschränkung eines weiteren in ihrer Obhut stehenden Kindes oder c eines dauerhaft in ihrer Pflege stehenden nahen Familienangehörigen.
2 Die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt hat die Einschränkung der Betreuungsfähigkeit zu bestätigen und den Umfang des familienergänzenden Betreuungsbedarfs zu bezeichnen.

Art. 7

Bestätigung
1 Ärztinnen und Ärzte nach Artikel 6 Absatz 2 müssen in der Schweiz zur Be rufsausübung zugelassen sein.
2
3 Die Eltern tragen die Kosten der Bestätigung.
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4. Soziale und sprachliche Indikation

Art. 8

Voraussetzungen und Durchführung
1 Eine soziale oder sprachliche Indikation nach Artikel 34d Absatz 1 Buchstabe f ASIV liegt vor bei einem Kind, das noch nicht in die Volksschule eingetreten ist, wenn a ihm im Hinblick auf den Volksschuleintritt aufgrund seiner sprachlichen oder sozialen Situation ohne familienergänzende Kinderbetreuung eine Benachteiligung droht oder b die familienergänzende Kinderbetreuung im Rahmen des freiwilligen Kin desschutzes notwendig ist.
2 Eine Fachstelle hat den Bedarf zu beurteilen und eine Empfehlung zum Betreuungsbedarf abzugeben.
3 Eine sprachliche Indikation kann erst ab dem zweiten Geburtstag beurteilt werden.
4 Bei Vorliegen einer sprachlichen Indikation hat die Betreuung durch einen ge eigneten Leistungserbringer in der Amtssprache zu erfolgen, in der das betrof fene Kind der Förderung bedarf.

Art. 9

Fachstellen
1 Als Fachstellen für die Beurteilung und Empfehlung einer sozialen oder sprachlichen Indikation nach Artikel 34d Absatz 1 Buchstabe f ASIV gelten ins besondere: a die Mütter- und Väterberatung Bern, b die Sozialdienste, sofern die Eltern bereits vor Gesuchstellung beim betreffenden Sozialdienst angemeldet sind, c die kantonalen Erziehungsberatungsstellen, sofern die Eltern bereits vor Gesuchstellung dort in Beratung sind.
2 Die Gemeinden können weitere geeignete Fachstellen bezeichnen.
3 Die Fachstellen nach den Absätzen 1 und 2 erheben von den Eltern keine Kosten für die Beurteilung und Empfehlung einer sozialen oder sprachlichen In dikation.

Art. 10

Ablauf
1 Die Fachstellen nach Artikel 9 Absätzen 1 und 2 beurteilen den Indikations grund für jede Tarifperiode.
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2 Sie nennen die indizierten Förderbereiche, die Förderdauer und geben eine Empfehlung für das notwendige Betreuungspensum ab.
3 Die Wohnsitzgemeinde berücksichtigt die Empfehlung bei der Beurteilung des Gesuchs.
5. Pauschale für ausserordentlichen Betreuungsaufwand

Art. 11

Voraussetzungen
1 Eltern erhalten eine Pauschale für den ausserordentlichen Betreuungsauf wand ihres Kindes, wenn a ein Dienstleister nach Artikel 12 das Kind aufgrund des besonderen Betreuungsbedarfs begleitet, b eine Fachstelle nach Artikel 13 den höheren Aufwand für die Betreuung des Kindes infolge seiner besonderen Bedürfnisse beurteilt und c der ausserordentliche Betreuungsaufwand es rechtfertigt, dass der Leis tungserbringer diesen mit 50.00 Franken oder mehr pro 20 Prozent pro Woche Betreuung in einer Kindertagesstätte oder 4.25 Franken oder mehr pro Betreuungsstunde in einer Tagesfamilie verrechnet.

Art. 12

Dienstleister zur Begleitung
1 Eine Begleitung nach Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe a kann durch folgende Dienstleister erfolgen: a den Früherziehungsdienst des Kantons Bern, b die kantonalen Erziehungsberatungsstellen, c die heilpädagogische Früherziehung für blinde und sehbehinderte Kinder der Blindenschule Zollikofen, d den audiopädagogischen Dienst des Pädagogischen Zentrums für Hören und Sprache HSM, e selbstständige Früherzieherinnen und Früherzieher.

Art. 13

Fachstellen
1 Die nach Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe b zuständigen Fachstellen für die Be urteilung und Empfehlung sind: a der Früherziehungsdienst des Kantons Bern, b die kantonalen Erziehungsberatungsstellen, c die heilpädagogische Früherziehung für blinde und sehbehinderte Kinder der Blindenschule Zollikofen,
5 860.113.1 d der audiopädagogische Dienst des Pädagogischen Zentrums für Hören und Sprache HSM.
2 Die Fachstellen erheben keine Kosten von den Eltern für die Beurteilung und Empfehlung.

Art. 14

Höhe
1 Die Pauschalabgeltung für die kostenintensivere Betreuung von Kindern mit einem ausserordentlichen Betreuungsaufwand beträgt a 50.00 Franken pro 20 Prozent Betreuung pro Woche in einer Kindertages stätte, b 4.25 Franken pro Betreuungsstunde in einer Tagesfamilie.

Art. 15

Ablauf
1 Die Wohnsitzgemeinde prüft das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen bei der Beurteilung des Gesuchs.
6. Bestimmung des erforderlichen Beschäftigungspensums

Art. 16

1 Das Beschäftigungspensum wird anhand der Angaben der Eltern bestimmt.
2 Massgebend ist das aktuelle Beschäftigungspensum.
3 Bei einem unregelmässigen Beschäftigungspensum wird auf den Durch schnitt der letzten sechs Monate abgestellt.
7. Berechnung der Betreuungseinheiten und Verfügungsinhalt

Art. 17

Berechnung der Betreuungseinheit in Kindertagesstätten
1 Die Betreuungseinheiten in Kindertagesstätten berechnen sich wie folgt: Betreuungspensum Betreuungsdauer Betreuungsdauer pro Woche 20 Prozent 8 bis 12 Stunden ganzer Tag 15 Prozent 5 bis 8 Stunden dreiviertel Tag 10 Prozent 2 bis 5 Stunden halber Tag 5 Prozent bis 2 Stunden Kurzbetreuung
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2 Bei einem Betreuungspensum von 100 Prozent werden pro Monat 20 Tage vergünstigt. Mit der Reduzierung des Betreuungspensums reduziert sich die Betreuungsdauer linear.

Art. 18

Berechnung der Betreuungseinheit in Tagesfamilien
1 Die Betreuungseinheit in Tagesfamilien entspricht der Anzahl Betreuungsstun den.
2 Bei einem Betreuungspensum von 100 Prozent werden pro Monat 220 Stun den vergünstigt. Mit der Reduzierung des Betreuungspensums reduziert sich die Betreuungsdauer linear.

Art. 19

Verfügungsinhalt
1 Die Verfügung betreffend den Betreuungsgutschein bezeichnet insbesondere: a den Bedarfsgrund, b die Vergünstigung pro Betreuungseinheit, c das vergünstige Betreuungspensum, d das anspruchsberechtigte Betreuungspensum, e die Betreuungskosten des vergünstigten Betreuungspensums, f den oder die Leistungserbringer, g die Gültigkeitsdauer des Betreuungsgutscheins, h eine Pauschale für den ausserordentlichen Betreuungsaufwand.
8. Inkrafttreten

Art. 20

1 Diese Direktionsverordnung tritt am 1. April 2019 in Kraft. Bern, 13. Februar 2019 Der Gesundheits- und Fürsorgedirektor: Schnegg
7 860.113.1 Änderungstabelle - nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung BAG-Fundstelle 13.02.2019 01.04.2019 Erlass Erstfassung 19-010
860.113.1 8 Änderungstabelle - nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung BAG-Fundstelle Erlass 13.02.2019 01.04.2019 Erstfassung 19-010
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