Übereinkommen Nr. 142 über die Berufsberatung und die Berufsbildung im Rahmen de... (0.822.724.2)
CH - Schweizer Bundesrecht

Übereinkommen Nr. 142 über die Berufsberatung und die Berufsbildung im Rahmen der Erschliessung des Arbeitskräftepotentials

Abgeschlossen in Genf am 23. Juni 1975 Von der Bundesversammlung genehmigt am 14. März 1977³ Schweizerische Ratifikationsurkunde hinterlegt am 23. Mai 1977 In Kraft getreten für die Schweiz am 23. Mai 1978 (Stand am 26. August 2010) ¹ AS 1978 561 ; BBl 1976 III 417 ² Der französische Originaltext findet sich unter der gleichen Nummer in der entsprechen­den Ausgabe dieser Sammlung. ³ Art. 1 Abs. 1 Bst. b des BB vom 14. März 1977 ( AS 1978 554 )
Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation,
die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 4. Juni 1975 zu ihrer sechzigsten Tagung zusammengetreten ist,
hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Erschliessung des menschlichen Arbeitspotentials: Berufsberatung und Berufsbildung, eine Frage, die den sechsten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und
dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen.
Die Konferenz nimmt heute, am 23. Juni 1975, das folgende Übereinkommen an, das als Übereinkommen über die Erschliessung des Arbeitskräftepotentials, 1975, bezeichnet wird.
Art. 1
1.  Des Mitglied hat umfassende und koordinierte Grundsatzmassnahmen und Programme für die Berufsberatung und die Berufsbildung festzulegen und zu entwickeln, die eng auf die Beschäftigung bezogen sind, insbesondere mit Hilfe der für den Arbeitsmarkt zuständigen Behörden.
2.  Diese Grundsatzmassnahmen und Programme haben zu berücksichtigen:
a) die regionalen und nationalen Bedürfnisse, Möglichkeiten und Probleme auf dem Gebiet der Beschäftigung;
b) den Stand und die Stufe der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung; und
c) die Wechselbeziehungen zwischen den Zielen der Erschliessung des Arbeitskräftepotentials und anderen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Zielen.
3.  Die Methoden für die Durchführung der Grundsatzmassnahmen und Programme haben den innerstaatlichen Verhältnissen zu entsprechen.
4.  Ziel der Grundsatzmassnahmen und Programme muss es sein, den Einzelnen besser zu befähigen, die Arbeitsumwelt und die soziale Umwelt zu verstehen und sie, einzeln oder gemeinsam, zu beeinflussen.
5.  Die Grundsatzmassnahmen und Programme haben alle Personen in gleicher Weise und ohne jegliche Diskriminierung zu ermutigen und in die Lage zu versetzen, ihre beruflichen Eignungen in ihrem eigenen Interesse und entsprechend ihren Bestrebungen zu entwickeln und einzusetzen, wobei die Bedürfnisse der Gesellschaft zu berücksichtigen sind.
Art. 2
Im Hinblick auf die vorstehenden Ziele hat jedes Mitglied offene, anpassungsfähige und einander ergänzende Systeme des allgemeinen und berufsbildenden Unterrichts, der Bildungs- und Berufsberatung und der Berufsbildung zu erarbeiten und zu entwickeln, ohne Rücksicht darauf, ob diese Tätigkeiten innerhalb oder ausserhalb des Schulsystems ausgeübt werden.
Art. 3
1.  Jedes Mitglied hat seine Systeme der Berufsberatung, unter Einbeziehung ständiger Arbeitsmarktinformationen, schrittweise auszubauen, um sicherzustellen, dass allen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen umfassende Informationen und die denkbar umfassendste Beratung, einschliesslich geeigneter Programme für alle behinderten Personen, zur Verfügung stehen.
2.  Diese Informations- und Beratungstätigkeiten haben sich auf die Berufswahl, die Berufsbildung und damit zusammenhängende Bildungsmöglichkeiten, die Beschäftigungslage und die Beschäftigungsaussichten, die Aufstiegsmöglichkeiten, die Arbeits­bedingungen, den Arbeitsschutz und andere Aspekte des Arbeitslebens in den verschiedenen Bereichen der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Tätigkeit und auf allen Stufen der Verantwortung zu erstrecken.
3.  Die Informations- und Beratungstätigkeiten sind durch Informationen über die allgemeinen Aspekte der Gesamtarbeitsverträge und der Rechte und Pflichten aller Beteiligten auf Grund der Arbeitsgesetzgebung zu ergänzen; diese Informationen sind entsprechend der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis und unter Berücksichtigung der Funktionen und Aufgaben der beteiligten Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bereitzustellen.
Art. 4
Jedes Mitglied hat seine Berufsbildungssysteme schrittweise auszubauen, anzupassen und aufeinander abzustimmen, um den Bedürfnissen der Jugendlichen und Erwachsenen nach Berufsbildung während ihres ganzen Lebens in allen Wirtschaftsbereichen und -zweigen und auf allen Stufen der beruflichen Befähigung und Verantwortung gerecht zu werden.
Art. 5
Die Grundsatzmassnahmen und Programme der Berufsberatung und Berufsbildung sind in Zusammenarbeit mit den Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer und, soweit dies angebracht ist und mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis im Einklang steht, mit anderen beteiligten Stellen zu erarbeiten und durchzuführen.
Art. 6
Die förmlichen Ratifikationen dieses Übereinkommens sind dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes zur Eintragung mitzuteilen.
Art. 7
1.  Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Ratifikation durch den Generaldirektor eingetragen ist.
2.  Es tritt in Kraft zwölf Monate nachdem die Ratifikationen zweier Mitglieder durch den Generaldirektor eingetragen worden sind.
3.  In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes Mitglied zwölf Monate nach der Eintragung seiner Ratifikation in Kraft.
Art. 8
1.  Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren, gerechnet von dem Tag, an dem es zum ersten Mal in Kraft getreten ist, durch Anzeige an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Ihre Wirkung tritt erst ein Jahr nach der Eintragung ein.
2.  Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und innerhalb eines Jahres nach Ablauf des im vorigen Absatz genannten Zeitraumes von zehn Jahren von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht, bleibt für einen weiteren Zeitraum von zehn Jahren gebunden. In der Folge kann es dieses Übereinkommen jeweils nach Ablauf eines Zeitraumes von zehn Jahren nach Massgabe dieses Artikels kündigen.
Art. 9
1.  Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes gibt allen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung aller Ratifikationen und Kündigungen, die ihm von den Mitgliedern der Organisation mitgeteilt werden.
2.  Der Generaldirektor wird die Mitglieder der Organisation, wenn er ihnen von der Eintragung der zweiten Ratifikation, die ihm mitgeteilt wird, Kenntnis gibt, auf den Zeitpunkt aufmerksam machen, in dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt.
Art. 10
Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes übermittelt dem General­sekretär der Vereinten Nationen zwecks Eintragung nach Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen⁴ vollständige Auskünfte über alle von ihm nach Massgabe der vorausgehenden Artikel eingetragenen Ratifikationen und Kündigungen.
⁴ SR 0.120
Art. 11
Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes hat, sooft er es für nötig erachtet, der Allgemeinen Konferenz einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens zu erstatten und zu prüfen, ob die Frage seiner gänzlichen oder teilweisen Abänderung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.
Art. 12
1.  Nimmt die Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das vorliegende Übereinkommen ganz oder teilweise abändert, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gelten folgende Bestimmungen:
a) Die Ratifikation des neugefassten Übereinkommens durch ein Mitglied schliesst ohne weiteres die sofortige Kündigung des vorliegenden Übereinkommens in sich ohne Rücksicht auf Artikel 8, vorausgesetzt, dass das neugefasste Übereinkommen in Kraft getreten ist.
b) Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des neugefassten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert werden.
2.  Indessen bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt jedenfalls in Kraft für die Mitglieder, die dieses, aber nicht das neugefasste Übereinkommen ratifiziert haben.
Art. 13
Der französische und der englische Wortlaut dieses Übereinkommens sind in gleicher Weise massgebend.

Geltungsbereich am 26. August 2010 ⁵

⁵ AS 1978 565 , 1982 728 , 1983 263 , 1985 292 , 1986 1188 , 1987 1457 , 2005 1771 und 2010 3997 . Eine aktualisierte Fassung des Geltungsbereiches findet sich auf der Internetseite des EDA (http://www.eda.admin.ch/vertraege).

Vertragsstaaten

Ratifikation
Nachfolge­erklärung (N)

Inkrafttreten

Afghanistan

16. Mai

1979

16. Mai

1980

Ägypten

25. März

1982

25. März

1983

Algerien

26. Januar

1984

26. Januar

1985

Antigua und Barbuda

16. September

2002

16. September

2003

Argentinien

15. Juni

1978

15. Juni

1979

Aserbaidschan

19. Mai

1992 N

19. Mai

1992

Australien

10. September

1985

10. September

1986

Norfolk-Insela

21. August

1992

21. August

1992

Belarus

  3. Mai

1979

  3. Mai

1980

Bosnien und Herzegowina

  2. Juni

1993 N

  2. Juni

1993

Brasilien

24. November

1981

24. November

1982

Burkina Faso

28. Oktober

2009

28. Oktober

2010

China

Hongkong* a b

  6. Juni

1997

  1. Juli

1997

Dänemark

  5. Juni

1981

  5. Juni

1982

Deutschland

29. Dezember

1980

29. Dezember

1981

Ecuador

26. Oktober

1977

26. Oktober

1978

El Salvador

15. Juni

1995

15. Juni

1996

Finnland

14. September

1977

14. September

1978

Frankreich*

10. September

1984

10. September

1985

Französisch-Guyana

  9. Mai

1986

  9. Mai

1986

Französisch-Polynesien

  9. Mai

1986

  9. Mai

1986

Guadeloupe

  9. Mai

1986

  9. Mai

1986

Martinique

  9. Mai

1986

  9. Mai

1986

Neukaledonien

  9. Mai

1986

  9. Mai

1986

Réunion

  9. Mai

1986

  9. Mai

1986

St Pierre und Miquelon

  9. Mai

1986

  9. Mai

1986

Georgien

22. Juni

1993 N

22. Juni

1993

Griechenland

17. Oktober

1989

17. Oktober

1990

Guinea

  5. Juni

1978

  5. Juni

1979

Guyana

10. Januar

1983 N

10. Januar

1983

Indien

25. März

2009

25. März

2010

Irak

26. Juli

1978

26. Juli

1979

Iran

19. März

2007

  9. März

2008

Irland

22. Juni

1979

22. Juni

1980

Israel

21. Juni

1979

21. Juni

1980

Italien

18. Oktober

1979

18. Oktober

1980

Japan

10. Juni

1986

10. Juni

1987

Jordanien

23. Juli

1979

23. Juli

1980

Kenia

  9. April

1979

  9. April

1980

Kirgisistan

31. März

1992 N

31. März

1992

Korea (Nord-)

21. Januar

1994

21. Januar

1995

Kuba

  5. Januar

1978

  5. Januar

1979

Lettland

  8. März

1993

  8. März

1994

Libanon

23. Februar

2000

23. Februar

2001

Litauen

26. September

1994

26. September

1995

Luxemburg

21. März

2001

21. März

2002

Mazedonien

17. November

1991 N

17. November

1991

Mexiko

28. Juni

1978

28. Juni

1979

Moldau

19. Dezember

2001

19. Dezember

2002

Montenegro

  3. Juni

2006 N

  3. Juni

2006

Nicaragua

  4. November

1977

  4. November

1978

Niederlande*

19. Juni

1979

19. Juni

1980

Aruba

  6. August

1986

  6. August

1986

Niger

28. Januar

1993

28. Januar

1994

Norwegen

24. November

1976

24. November

1977

Österreich

  2. März

1979

  2. März

1980

Polen

10. Oktober

1979

10. Oktober

1980

Portugal

  9. Januar

1981

  9. Januar

1982

Russland

  3. Mai

1979

  3. Mai

1980

San Marino

23. Mai

1985

23. Mai

1986

Schweden

19. Juli

1976

19. Juli

1977

Schweiz

23. Mai

1977

23. Mai

1978

Serbienc

24. November

2000 N

  6. Dezember

1984

Slowakei

  1. Januar

1993 N

  1. Januar

1993

Slowenien

29. Mai

1992 N

29. Mai

1992

Spanien

16. Mai

1977

16. Mai

1978

Tadschikistan

26. November

1993 N

26. November

1993

Tansania

30. Mai

1983

30. Mai

1984

Tschechische Republik

  1. Januar

1993 N

  1. Januar

1993

Tunesien

23. Februar

1989

23. Februar

1990

Türkei

12. Juli

1993

12. Juli

1994

Ukraine

  3. Mai

1979

  3. Mai

1980

Ungarn

17. Juni

1976

19. Juli

1977

Venezuela

  8. Oktober

1984

  8. Oktober

1985

Vereinigtes Königreich

15. Februar

1977

15. Februar

1978

Gibraltar* a

  5. Dezember

1977

15. Februar

1978

Guernseyd

20. Februar

1979

20. Februar

1979

Zentralafrikanische Republik

  5. Juni

2006

  5. Juni

2007

Zypern

28. Juni

1977

28. Juni

1978

*

Vorbehalte und Erklärungen.
Die Vorbehalte und Erklärungen werden in der AS nicht veröffentlicht. Die französischen und englischen Texte können auf der Internetseite der Internationalen
Arbeitsorganisation: http://www.ilo.org/ilolex/french/convdisp1.htm eingesehen oder bei der Direktion für Völkerrecht, Sektion Staatsverträge, 3003 Bern, bezogen werden.

a

Mit Änderungen anwendbar.

b

Vom 5. März 1979 bis zum 30. Juni 1997 war das Übereink. auf Grund einer
Ausdehnungserklärung des Vereinigten Königreichs in Hongkong anwendbar. Seit dem
1. Juli 1997 bildet Hongkong eine Besondere Verwaltungsregion (SAR) der
Volks­republik China. Auf Grund der chinesischen Erklärung vom 6. Juni 1997 ist das Übereink. seit dem 1. Juli 1997 auch in der SAR Hongkong anwendbar.

c

Am 24. Nov. 2000, infolge der Aufnahme der Bundesrepublik Jugoslawien in die
Internationale Arbeitsorganisation, erklärt die Regierung Jugoslawiens, dass sie durch die Verpflichtungen des Übereink. gebunden bleibt, dessen Bestimmungen bisher auf ihrem Hoheitsgebiet anwendbar waren. Am 4. Febr. 2003 wird die Bundesrepublik Jugoslawien zu Serbien und Montenegro.

d

Ohne Änderungen anwendbar.

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