Gesetz über die Einigungsstelle
VIII C/13/1 Gesetz über die Einigungsstelle Vom 2. Mai 1948 (Stand 1. Oktober 1987) (Erlassen von der Landsgemeinde am 2. Mai 1948) 1. Organisation
Art. 1 Organisation und Wahl
1 Die Einigungsstelle besteht aus dem Präsidenten, vier Mitgliedern und ei - nem Aktuar. Deren Wahl erfolgt durch den Regierungsrat auf eine Amtsdau - er von vier Jahren 1 ) .
2 Der Regierungsrat wählt gleichzeitig fünf Ersatzmänner für die nämliche Amtsdauer.
Art. 2 Wählbarkeit
1 Wählbar sind Schweizer Bürger, die in bürgerlichen Ehren und Rechten stehen.
2 Je zwei Mitglieder sind aus dem Kreise der Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf Vorschlag der beteiligten Kreise zu wählen.
3 Der Präsident darf weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber in einem wirtschaftlichen Betriebe sein.
Art. 3 *
Einlassung
1 Lassen sich die Parteien auf ein Verfahren vor der Einigungsstelle ein, so können Ausstandsgründe nachträglich nicht mehr geltend gemacht werden. 2. Zuständigkeit
Art. 4 Sachliche Zuständigkeit
1 Die Einigungsstelle behandelt Streitigkeiten über Arbeitsverhältnisse zwi - schen dem Inhaber eines industriellen Betriebes und mindestens fünf Arbei - tern desselben.
2 Die Einigungsstelle beurteilt auch Streitigkeiten über die Auslegung und Ausführung von Gesamtarbeits- oder Normalarbeitsverträgen.
3 Die Einigungsstelle tritt ferner in Tätigkeit gemäss § 13 des Gesetzes über Arbeitnehmerschutz 2 ) . 1) Von der 1974 beginnenden Amtsperiode an beträgt die Amtsdauer vier Jahre ge - mäss Art. 25 KV und Uebergangsbestimmung dazu. 2) Kant. Gesetz aufgehoben am 1. Mai 1966. Heute ist Art. 30 des BG betreffend die Arbeit in den Fabriken zu beachten. N 12 709 1
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Art. 5 Entscheid über die Zuständigkeit
1 Die Einigungsstelle entscheidet über ihre Zuständigkeit selbst.
2 Ein derartiger Entscheid ist jedoch für ein ordentliches Gericht nicht ver - bindlich, sofern die Parteien nicht übereingekommen sind, ihre Streitigkeit endgültig vor der Einigungsstelle austragen zu lassen, und dieselbe die Be - handlung des Falles übernimmt.
Art. 6 Private Vereinbarungen
1 Gelangen die Parteien an eine private Einigungsstelle und gelingt es dieser nicht, die Streitigkeiten beizulegen, so wird die kantonale Einigungsstelle zu - ständig. 3. Das Verfahren
Art. 7 Beginn der Tätigkeit
1 Die Einigungsstelle tritt von sich aus in Tätigkeit oder auf das Begehren Beteiligter, der Gemeindebehörden oder des Regierungsrates.
2 Erheben Beteiligte Anzeige über den Ausbruch einer Kollektivstreitigkeit, so sind die Streitpunkte zu nennen und der Sachverhalt darzustellen.
3 Machen Arbeitnehmer Anzeige, so haben mindestens fünf und im Falle von
Artikel
4 Absatz 3 mindestens drei von ihnen zu unterzeichnen. Wird keiner der Anzeiger als Vertreter bestimmt, so richtet die Einigungsstelle ihre Zu - stellungen an den Erstunterzeichneten.
Art. 8 Art des Verfahrens
1 Das Verfahren ist beschleunigt durchzuführen.
2 Die Tagfahrt soll spätestens zehn Tage nach Anrufung der Einigungsstelle stattfinden.
Art. 9 Ansetzen der Tagfahrt
1 Der Präsident setzt die Tagfahrt fest. Er gibt diese den Mitgliedern der Eini - gungsstelle und den Parteien unter Angabe der Streitpunkte bekannt.
2 Die Einigungsstelle entscheidet, ob sie auf neue Streitpunkte, die erst in den Verhandlungen vorgebracht werden, eintreten will.
3 Tritt die Einigungsstelle von sich aus oder auf Begehren einer Behörde in Tätigkeit, so brauchen die Streitpunkte vor der Verhandlung nicht bekannt - gegeben zu werden.
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Art. 10 Vorverfahren
1 Der Präsident beschafft, soweit dies in diesem Stadium des Verfahrens möglich ist, die notwendigen Unterlagen zur Abklärung des Streitfalles und trifft sämtliche übrigen Vorbereitungen zur Durchführung der Verhandlung.
2 Er kann damit den Aktuar und, wenn notwendig, auch Mitglieder der Eini - gungsstelle betrauen.
Art. 11 Parteien
1 Zu den Verhandlungen vor der Einigungsstelle haben die Parteien persön - lich zu erscheinen, doch dürfen dabei auf keiner Seite mehr als fünf Perso - nen auftreten. In besonderen Fällen kann die Einigungsstelle diese Zahl er - höhen.
2 Ist der Arbeitgeber eine Gesellschaft, sei dies eine juristische Person oder nicht, so sind zur Verhandlung vertretungsberechtigte Organe zu entsenden. Erachtet die Einigungsstelle die abgeordneten Personen als nicht genügend kompetent hinsichtlich des vorliegenden Streitfalles, so kann sie neben ih - nen oder an Stelle von ihnen andere leitende Persönlichkeiten des betreffen - den Unternehmens vorladen. Die gleiche Befugnis steht vor den Verhandlun - gen dem Präsidenten zu, unter Vorbehalt des Entscheides der Einigungs - stelle.
3 Die beteiligten Arbeitnehmer bezeichnen für die Verhandlungen aus ihrer Mitte einen oder mehrere von ihnen als Delegierte. Kommen sie dieser Pflicht nicht nach, so kann der Präsident eine vorläufige Delegation bestim - men, bis die Einigungsstelle darüber entschieden hat.
4 Wegen Teilnahme an Einigungsverhandlungen dürfen Arbeiter nicht ge - massregelt werden.
Art. 12 Parteivertreter
1 Die Parteien können höchstens zwei Vertreter beiziehen. Diese müssen handlungsfähig sein und in bürgerlichen Ehren und Rechten stehen. In be - sonderen Fällen kann die Einigungsstelle die Zahl der Vertreter erhöhen.
Art. 13 Verhandlungsleitung
1 Die Verhandlungen vor der Einigungsstelle werden durch den Präsidenten geleitet.
Art. 14 Parteivorträge
1 Die Parteien erhalten zunächst Gelegenheit, in zweimaligen Vorträgen ihren Standpunkt darzulegen. 3
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Art. 15 Vermittlung
1 In gemeinsamen oder getrennten Verhandlungen mit den Parteien versucht hierauf die Einigungsstelle eine Verständigung herbeizuführen.
Art. 16 Untersuchung und Beweis
1 Um den genauen Sachverhalt oder die Angemessenheit der streitigen Be - gehren zu ermitteln, kann die Einigungsstelle in jedem Stadium des Verfah - rens Zeugen und Experten einvernehmen, Gutachten einholen, Augenschei - ne anordnen, die Parteien befragen und Urkunden einfordern. Die Einigungs - stelle kann damit den Präsidenten, den Aktuar oder einzelne Mitglieder be - trauen.
2 Die Einigungsstelle kann eine Partei anhalten, einen bestimmten Sachver - halt zu beweisen. Die gewöhnlichen Regeln über die Verteilung der Beweis - last brauchen nicht beobachtet zu werden, wenn die befreite Partei den ver - langten Beweis ohne Schwierigkeit und ohne grosse oder kostspielige Um - stände zu erbringen vermag, wogegen der belasteten Partei dies nicht mög - lich wäre.
3 Die gleichen Befugnisse wie der Einigungsstelle stehen dem Präsidenten im Vorverfahren zu.
4 Eine Beeidigung der Parteien und Zeugen ist ausgeschlossen.
5 Die Einigungsstelle würdigt sämtliche Beweismittel nach freiem Ermessen.
Art. 17 Geschäftsgeheimnisse
1 Erfährt die Einigungsstelle bei ihren Erhebungen Geschäftsgeheimnisse, deren Bekanntwerden dem Unternehmen Schaden zufügen könnte, so hat die Kenntnis derselben auf Präsident und Mitglieder der Einigungsstelle und Aktuar beschränkt zu bleiben.
2 Zuwiderhandeln gegen diese Bestimmung gilt als Verletzung eines Amts - geheimnisses.
Art. 18 Vereinigung mehrerer Verfahren
1 Sind aus mehreren Betrieben gleichartige Streitigkeiten zu behandeln, so können die Verfahren durch den Präsidenten ganz oder teilweise vereinigt werden. Der Entscheid der Einigungsstelle bleibt vorbehalten.
2 Der Präsident hat in solchen Fällen die Stärke der Parteien und ihrer Vertre - tungen angemessen zu erhöhen, unter Vorbehalt des spätern Entscheides der Einigungsstelle.
3 In gleicher Weise kann in einem einzelnen Streit das Verfahren zunächst bloss auf gewisse Punkte beschränkt werden.
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Art. 19 Beendigung der Streitigkeiten
1 Wird zwischen den Parteien eine Einigung erzielt, so ist diese sofort schrift - lich festzulegen und vom Präsidenten, Aktuar und je einem Vertreter der Parteien zu unterzeichnen.
2 Diese Festlegung kommt einem endgültigen Schiedsspruch gleich und ist für beide Parteien mit sofortiger Wirkung verbindlich.
Art. 20 Vermittlungsvorschlag
1 Bleiben zwischen den Parteien Differenzen bestehen, so erlässt die Eini - gungsstelle einen Vermittlungsvorschlag.
2 Unterziehen sich die Parteien einem unverbindlich ausgesprochenen Ver - mittlungsvorschlag, so erwächst derselbe zu einem endgültigen Schieds - spruch und ist für beide Parteien mit sofortiger Wirkung verbindlich.
Art. 21 Schiedsspruch
1 Mit vorgängiger Zustimmung beider Parteien ist die Einigungsstelle er - mächtigt, einen beidseitig verbindlichen Schiedsspruch zu fällen.
2 Vor Fällung des Schiedsspruches ist den Parteien nochmals Gelegenheit zu geben, ihren Standpunkt in einmaligem Vortrag kurz zu begründen.
3 Ein Schiedsspruch, den die Parteien zum voraus als für sie verbindlich er - klärt haben, tritt ohne weiteres mit seiner Fällung in Kraft.
Art. 22 Kosten
1 Die Kosten des Verfahrens trägt der Staat.
2 Die Mitglieder der Einigungsstelle und der Aktuar beziehen Taggelder und Reiseentschädigungen wie die Mitglieder der kantonalen Gerichte.
3 Die Kosten der Parteivertretung trägt jede Partei selbst.
4 Die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen bestimmt die Eini - gungsstelle von Fall zu Fall.
5 Wer trölerische Handlungen begeht, hat nach dem Befinden der Einigungs - stelle die dadurch verursachten Kosten zu bezahlen. * Geltung des Verwaltungsrechtspflegegesetzes
1 Soweit dieses Gesetz keine besonderen Verfahrensbestimmungen auf - weist, gelten die Vorschriften des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspfle - ge 1 ) sinngemäss. 1) GS III G/1 5
VIII C/13/1 4. Rechtsmittel
Art. 23 Weiterzug
1 Über alle Anstände, die sich im Verlauf des Verfahrens ergeben, entschei - det die Einigungsstelle endgültig. Nur in zwei Fällen kann dieser Entscheid an den Regierungsrat weitergezogen werden: 1. wenn die Einigungsstelle ihre Zuständigkeit in einem Streitfall verneint; 2. in Streitigkeiten über den Ausstand.
Art. 24 Wiederaufnahme
1 Hatte die Vermittlung keinen Erfolg und haben die Parteien auch den Ver - mittlungsvorschlag nicht angenommen, so kann die Einigungsstelle, wenn die Streitigkeit weiter dauert, ihre Tätigkeit jederzeit von neuem aufnehmen. 5. ...... *
Art. 25
* ...... 6. Vollzugsbestimmungen
Art. 26 Inkraftsetzung und Vollzug
1 Dieses Gesetz tritt nach Annahme durch die Landsgemeinde in Kraft.
2 Der Regierungsrat ist mit dem Vollzug dieses Gesetzes beauftragt.
Art. 27
1 Auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes werden die §§ 12–16 der Verordnung für den Vollzug der Vorschriften des Bundes über die Arbeit in den Fabriken vom 18. Juni 1914 und 27. Juni 1919 2 ausser Kraft gesetzt. 2) LB 2 165
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VIII C/13/1 Änderungstabelle - Nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung SBE Fundstelle 03.05.1987 01.10.1987 Art. 3 totalrevidiert SBE III/3 223 03.05.1987 01.10.1987 Art. 22a eingefügt SBE III/3 223 03.05.1987 01.10.1987 Titel 5. aufgehoben SBE III/3 223 03.05.1987 01.10.1987 Art. 25 aufgehoben SBE III/3 223 7
VIII C/13/1 Änderungstabelle - Nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung SBE Fundstelle
Art. 3 03.05.1987
01.10.1987 totalrevidiert SBE III/3 223
Art. 22a 03.05.1987
01.10.1987 eingefügt SBE III/3 223 Titel 5. 03.05.1987 01.10.1987 aufgehoben SBE III/3 223
Art. 25 03.05.1987
01.10.1987 aufgehoben SBE III/3 223
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