Gesetz über die Schaffung einer Einigungsstelle für kollektive Arbeitsstreitigkeiten (862.2)
CH - FR

Gesetz über die Schaffung einer Einigungsstelle für kollektive Arbeitsstreitigkeiten

Gesetz über die Schaffung einer Einigungsstelle für kollektive Arbeitsstreitigkeiten (GEKA) vom 30.09.1988 (Fassung in Kraft getreten am 01.02.1989) Der Grosse Rat des Kantons Freiburg gestützt auf das Bundesgesetz betreffend die Arbeit in den Fabriken vom
18. Juni 1914; nach Einsicht in die Botschaft des Staatsrates vom 14. Juni 1988; auf Antrag dieser Behörde, beschliesst:
1 Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Grundsatz

1 Die kantonale Einigungsstelle (im folgenden: die Einigungsstelle) entschei - det über kollektive Arbeitsstreitigkeiten, die den normalen Arbeitsablauf in den Betrieben des Kantons beeinträchtigen können.
2 Die Einigungsstelle befasst sich zudem mit Konflikten regionaler Bedeu - tung, sofern sie von der Bundesbehörde damit beauftragt wird.

Art. 2 Aufgabenbereich

1 Die Einigungsstelle hat die Aufgabe, die kollektiven Arbeitsstreitigkeiten über Arbeitsbedingungen sowie jene, welche die Auslegung und die Ausfüh - rung von Gesamtarbeits- und Normalarbeitsverträgen betreffen, auf gütli - chem Wege beizulegen.
2 Sie ist zudem bevollmächtigt:
a) die beteiligten Parteien beim Abschluss von Gesamtarbeitsverträgen zu beraten;
b) dem Staatsrat die Genehmigung von Normalarbeitsverträgen oder die Ausweitung eines Gesamtarbeitsvertrages zu beantragen;
c) auf Gesuch der Parteien als Schiedsstelle über deren Streitigkeiten zu entscheiden.

Art. 3 Zuständigkeit

1 Jede beteiligte Partei, die durch eine kollektive Arbeitsstreitigkeit betroffen ist, kann das Einschreiten der Einigungsstelle beantragen.
2 Ferner kann sich die Einigungsstelle aus eigener Initiative oder auf Anord - nung des Staatsrates mit einer Streitigkeit befassen.
3 Die Einigungsstelle schreitet ein, wenn die Parteien nach direkten Verhand - lungen keine Einigung herbeiführen konnten und wenn die Streitigkeit nicht vor eine freiwillige Einigungsstelle gebracht werden kann.
4 Die kollektiven Streitigkeiten öffentlicher Körperschaften fallen nicht in die Zuständigkeit der Einigungsstelle, es sei denn, die betroffene Behörde bean - trage das Einschreiten der Einigungsstelle.

Art. 4 Zusammensetzung

1 Die Einigungsstelle setzt sich zusammen:
a) aus einem Präsidenten, aus vier Mitgliedern, aus vier Stellvertretern und einem Sekretär, die vom Staatsrat für die Dauer der Amtszeit ernannt werden. Die vier Mitglieder und die vier Stellvertreter werden von den Sozialpartnern vorgeschlagen;
b) aus zwei oder vier zusätzlichen Mitgliedern, die für jede Angelegenheit speziell ernannt und in gleicher Anzahl von jeder beteiligten Partei vor - geschlagen werden.
2 Die Mitglieder der Einigungsstelle nach Absatz 1 Bst. a entscheiden über die Ausstandsgesuche von Mitgliedern der Einigungsstelle.
2 Einigungsverfahren

Art. 5 Form des Verfahrens

1 Die Parteien richten ihre Begehren schriftlich an die Einigungsstelle. Im Übrigen ist das Verfahren mündlich. Es ist einfach und kostenlos. Die Kosten können jedoch der Partei, die das Verfahren erschwert oder missbräuchlich angestrengt hat, ganz oder teilweise überbunden werden.
2 Die Bestimmungen des Zivilprozessrechtes sind sinngemäss anwendbar.

Art. 6 Beweismittel

1 Die Einigungsstelle kann auf Verlangen der Parteien oder aus eigener Initia - tive Zeugen anhören, Expertisen anordnen oder zu jedem Zeitpunkt des Ver - fahrens andere Beweismittel anordnen.
2 Die von der Einigungsstelle vorgeladenen Parteien sind zum Erscheinen verpflichtet, müssen an der Verhandlung teilnehmen und die verlangten Aus - künfte und Dokumente vorlegen. Wer gegen diese Vorschrift verstösst, kann mit einer wiederholbaren Busse von bis zu 500 Franken bestraft werden. Der Entscheid der Einigungsstelle ist endgültig.

Art. 7 Einigung auf gütlichem Wege

1 Einigen sich die Parteien nicht direkt, kann die Einigungsstelle eine Schlich - tung auf gütlichem Wege herbeiführen, wobei sie die Beteiligten einlädt, sich dazu zu äussern. Teilweise Annahme gilt als Ablehnung.

Art. 8 Information

1 Die Einigungsstelle informiert in der Regel die Öffentlichkeit über den Stand des Verfahrens in der ihr angemessen erscheinenden Form.
3 Schiedsverfahren

Art. 9 Schiedsauftrag

1 Mit Genehmigung der Parteien kann die Einigungsstelle auch als Schieds - stelle walten.
2 Der Staatsrat kann auf begründetes Gesuch der Parteien eine besondere Schiedsstelle ernennen.

Art. 10 Verfahren

1 Die Schiedsstelle entscheidet endgültig. Ihre Entscheide sind bindend und sind für ihren Vollzug gerichtlichen Entscheiden gleichgestellt.
2 Das Schiedsverfahren richtet sich im übrigen nach den Bestimmungen über das Einigungsverfahren (Art. 5) gemäss den für den Zivilprozess geltenden Regeln über die Schiedsgerichtsbarkeit.
4 Aufrechterhalten des Arbeitsfriedens

Art. 11 Verpflichtungen der Parteien

1 Während des Einigungs- oder Schiedsverfahrens sind die beteiligten Arbeit - geber und Arbeitnehmer sowie deren repräsentative Organisationen ver - pflichtet, den Arbeitsfrieden zu wahren und sich jeglicher Kampfmassnah - men zu enthalten.
2 Die Verpflichtung, den Arbeitsfrieden zu wahren, entsteht im Augenblick, wo die Einigungsstelle die Parteien benachrichtigt, dass sie sich mit einer Streitigkeit befasst, und erlischt am Tag, an dem die Einigungsstelle ihren Ei - nigungs- oder Schiedsentscheid fällt. Die Pflicht zur Wahrung des Arbeits - friedens besteht jedoch längstens für zwei Monate, es sei denn, die Mitglieder hätten einstimmig eine Verlängerung beschlossen.

Art. 12 Sanktionen

1 Bei Verletzung des Arbeitsfriedens kann die Einigungsstelle die Zuwider - handlungen bekanntmachen, wenn die schuldige Partei nicht auf ihr Verhal - ten verzichtet.
2 Die für den Fall des Bruches des Arbeitsfriedens vorgesehenen Konventio - nalstrafen bleiben vorbehalten.
5 Schlussbestimmungen

Art. 13 Zeitliche Geltung des Gesetzes

1 Dieses Gesetz gilt für sämtliche kollektiven Arbeitsstreitigkeiten, mit denen sich die Einigungsstelle nach Inkrafttreten dieses Gesetzes befasst.

Art. 14 Aufhebungen

1 Es werden aufgehoben:
1. das Gesetz vom 17. Mai 1918 zur Einführung des Bundesgesetzes über die Arbeit in den Fabriken;
2. das Gesetz vom 17. Februar 1923 über die kollektiven Arbeitsstreitig - keiten in den Staatsregien und in den konzessionierten Unternehmen.

Art. 15 Inkrafttreten

1 Der Staatsrat wird mit dem Vollzug dieses Gesetzes beauftragt; er setzt das Inkrafttreten fest. 1 )
1) Datum des Inkrafttretens: 1. Februar 1989 (StRB 24.01.1989).
Änderungstabelle – Nach Beschlussdatum Beschluss Berührtes Element Änderungstyp Inkrafttreten Quelle (ASF seit 2002)
30.09.1988 Erlass Grunderlass 01.02.1989 BL/AGS 1988 f 306 / d 311 Änderungstabelle – Nach Artikel Berührtes Element Änderungstyp Beschluss Inkrafttreten Quelle (ASF seit 2002) Erlass Grunderlass 30.09.1988 01.02.1989 BL/AGS 1988 f 306 / d 311
Markierungen
Leseansicht