Instruktion für die Vermittlerämter des Kantons Glarus
1. 7. 2 0 0 2 – 2 7 III C/2 Instruktion für die Vermittlerämter des Kantons Glarus (Erlassen von der Zivilabteilung des Kantonsgerichts gemäss Art. 12 Abs. 2 Bst. a Gerichtsorganisationsgesetz [GOG] 1) am 14. Dezember 2001)
Art. 1 Anhandnahme des Verfahrens
1 Wird das Vermittleramt angerufen, prüft es, ob: 1. ein Vermittlungsverfahren durchzuführen ist (Art. 17 Zivilprozessordnung [ZPO]) 2) ; 2. das Begehren vollständig ist (Art. 20 und Art. 74 ZPO); 3. ein Ausstandsgrund besteht (Art. 5 Abs. 1 GOG und Art. 12 ff. ZPO).
2 Die örtliche Zuständigkeit prüft das Vermittleramt nicht. Es ist jedoch berechtigt, die klagende Partei auf eine mögliche Unzuständigkeit hinzu- weisen.
Art. 2 Streitige Ausstandsbegehren Kommt die Vermittlerin oder der Vermittler einem Ausstandsbegehren gemäss Artikel 14 ZPO nicht nach, so leitet das Vermittleramt das Aus- standsbegehren zusammen mit den Akten und einer Stellungnahme zum Ausstandsbegehren an das Kantonsgerichtspräsidium weiter.
Art. 3 Rechtsbegehren
1 Ein mündliches Rechtsbegehren nimmt das Vermittleramt zu Protokoll und unterbreitet es der klagenden Partei zur Unterschrift.
2 Bei komplizierten Rechtsbegehren kann das Vermittleramt die Formulie- rung ablehnen und die klagende Partei an einen Rechtsanwalt weisen.
3 Die Verantwortung für die richtige Formulierung des Rechtsbegehrens trägt stets die Partei.
Art. 4 Vermittlungskosten
1 Das Vermittleramt kann die Sicherstellung der Gebühren gemäss der Ver- ordnung über die amtlichen Kosten im Zivil- und Strafprozess 3) verlangen (Art. 133 Abs. 1 ZPO und 141 Abs. 2 ZPO). 1 Kanton Glarus
2002 1) GS III A/2 2) GS III C/1 3) GS III A/5
Vermittlerämter – Instruktion III C/2
2 Das Vermittleramt bezieht seine Gebühren von der klagenden Partei (Art. 134 ZPO).
Art. 5 Vorladung
1 Binnen 20 Tagen nach Eingang des Vermittlungsbegehrens bzw. nach Sicherstellung der Vermittlungskosten setzt das Vermittleramt den Termin der Vermittlungsverhandlung fest. Die Vorladungen mit Formular Nr. 1 wer- den vom Vermittleramt wenigstens 14 Tage vor der Vermittlungsverhandlung versandt.
2 Die Vorladungen an die Parteien erfolgen gemäss den Artikeln 110, 111 und 113 ZPO sowie Artikel 37 GOG.
3 Den Vertretern der Parteien wird mit A-Post ebenfalls eine Vorladung zuge- stellt.
Art. 6 Oeffentlichkeit
1 Das Vermittlungsverfahren ist nicht öffentlich.
2 Das Vermittleramt schliesst Zeugen oder am Verfahren nicht beteiligte Per- sonen von der Vermittlungsverhandlung aus.
Art. 7 Sonn- und Feiertage, Gerichtsferien
1 An öffentlichen Ruhetagen gemäss Ruhetagsgesetz finden keine Vermitt- lungsverhandlungen statt.
2 Während der Gerichtsferien (Art. 122 ZPO) dürfen Vermittlungen stattfinden bezüglich Baueinsprachen (Art. 281 Abs. 2 ZPO), im Uebrigen aber nur, wenn vorgängig alle Parteien und das Vermittleramt das Einverständnis geben.
Art. 8 Persönliches Erscheinen und Vertretung Die Pflicht zum persönlichen Erscheinen sowie die Möglichkeit der Vertre- tung durch einen Rechtsanwalt richten sich nach den Artikeln 22 ZPO und 65 GOG.
Art. 9 Entschuldigungsgründe
1 Als genügende Entschuldigung im Sinne der Artikel 22 Absatz 1 und 23 ZPO gelten für das Vermittleramt namentlich: 1. Krankheit einer Partei oder deren Vertretung; 2. Krankheit eines Familienmitgliedes;
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1. 7. 2 0 0 2 – 2 7 Vermittlerämter – Instruktion III C/2 3. beruflicher Aufenthalt ausserhalb des Kantons Glarus; 4. Trauerfälle; 5. Fälle höherer Gewalt; 6. Militärdienst oder Zivilschutzdienst; 7. unaufschiebbare amtliche oder berufliche Verrichtungen.
2 Soweit ein Entschuldigungsgrund dem Vermittleramt nicht bekannt ist, ver- langt es einen Beleg, bei Krankheit in der Regel ein Arztzeugnis.
Art. 10 Verschiebung
1 Weist eine Partei oder deren Vertretung bis spätestens eine halbe Stunde nach dem angesetzten Termin einen Entschuldigungsgrund nach, setzt das Vermittleramt einen neuen Termin für die Vermittlungsverhandlung fest. Andernfalls verfährt es nach Artikel 23 Absätze 1 oder 2 ZPO.
2 Aus dem gleichen Entschuldigungsgrund wird die Vermittlungsverhand- lung ohne Zustimmung der Gegenpartei nur ein Mal verschoben. Dauert der Entschuldigungsgrund mehr als 20 Tage an, hält das Vermittleramt die Par- tei an, für eine bzw. eine andere Vertretung besorgt zu sein, und lädt erneut zur Vermittlungsverhandlung vor.
Art. 11 Beizug eines Rechtsanwaltes
1 Geht die Mitteilung, dass ein Rechtsanwalt zur Vermittlung erscheint (Art. 22 Abs. 4 ZPO), später als am zweiten Tag vor der Vermittlungsverhand- lung beim Vermittleramt ein, setzt das Vermittleramt auf Begehren einer Partei einen neuen Verhandlungstermin an.
2 Das Vermittleramt macht den neuen Verhandlungstermin von der Sicher- stellung der zusätzlich anfallenden Kosten abhängig. Die Kosten sind von jener Partei zu bevorschussen, welche die Frist gemäss Absatz 1 nicht ein- gehalten hat.
3 Werden die Kosten innert der angesetzten Frist nicht sichergestellt, ver- fährt das Vermittleramt nach Artikel 23 Absätze 1 oder 2 ZPO.
Art. 12 Wiederherstellung eines Verhandlungstermins
1 Weist eine Partei innert zehn Tagen nach Wegfall des Hindernisses einen Wiederherstellungsgrund im Sinne von Artikel 123 ZPO nach, setzt das Ver- mittleramt gegen Sicherstellung der Kosten eine Verhandlung neu an.
2 Weist das Vermittleramt das Wiederherstellungsbegehren ab, erlässt es eine schriftliche Verfügung. 3
Vermittlerämter – Instruktion III C/2
Art. 13 Sitzungspolizei Die Befugnisse des Vermittleramtes im Rahmen der Sitzungspolizei richten sich nach Artikel 40 GOG.
Art. 14 Verfahren Das Vermittlungsverfahren richtet sich nach den Artikeln 19 ff. ZPO.
Art. 15 Widerklage
1 Erhebt die beklagte Partei bis spätestens an der Vermittlungsverhandlung eine Widerklage, so vermerkt das Vermittleramt eine solche im Protokoll und auf dem Klageschein (Art. 25 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO).
2 Ohne Einverständnis der Parteien wird über eine Widerklage nur dann zusammen mit der Hauptklage vermittelt, wenn vorgängig auf den gleichen Termin wie für die Hauptklage auch für die Widerklage zur Vermittlungsver- handlung vorgeladen worden ist.
3 Betreffend eine Widerklage stellt das Vermittleramt nur auf ausdrückliches Begehren einen Klageschein aus. Hat keine Vermittlungsverhandlung über die Widerklage stattgefunden, wird kein Klageschein ausgestellt.
Art. 16 Verrechnungseinrede
1 Wird eine Verrechnungseinrede erhoben, so ist zur Behandlung der Ver- rechnungsforderung nicht gesondert vorzuladen.
2 Das Vermittleramt vermerkt eine Verrechnungseinrede im Protokoll und auf dem Klageschein.
Art. 17 Augenschein
1 Das Vermittleramt nimmt in der Regel bei dinglichen Klagen oder auf Begehren einer Partei zuerst einen Augenschein vor.
2 Der nachfolgende Vermittlungsversuch wird nach Ermessen des Vermittler- amtes an Ort und Stelle oder im Amtslokal durchgeführt.
Art. 18 Einigung
1 Ein Vergleich ist schriftlich im Format A4 abzufassen. Dasselbe gilt für Klagerückzug und Klageanerkennung (Art. 24 Abs. 1 ZPO).
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2 Ein Vergleich soll enthalten: 1. die Verfahrensnummer; 2. das Vergleichsdatum; 3. die Benennung der Parteien, Vertreter und Uebersetzer; 4. das Rechtsbegehren; 5. den Hinweis auf eine allfällige Widerklage oder Verrechnungseinrede; 6. die Rechte und Verbindlichkeiten der Parteien, insbesondere Art, Um- fang, Zeitpunkt der Dauer der Leistungspflicht; 7. bei dinglichen Streitigkeiten die Angabe der Parzellennummern und Grenzen; 8. die Bezifferung der zu leistenden Beträge; 9. die Regelung der Vermittlungskosten und der Parteientschädigungen; 10. die Unterschrift der Parteien, ihrer Vertreter, des Vermittlers oder der Vermittlerin sowie des Uebersetzers.
3 Das Vermittleramt nimmt den Vergleich im Original zu seinen Akten. Den Parteien stellt es auf Verlangen Kopien oder Abschriften aus, welche mit dem Stempel des Vermittleramtes und der Unterschrift der Vermittlerin oder des Vermittlers versehen werden.
Art. 19 Klageschein
1 Wird keine Einigung erzielt oder bleibt die beklagte Partei ohne genügende Entschuldigung aus, stellt das Vermittleramt spätestens innert sieben Tagen nach der Vermittlungsverhandlung auf Formular Nr. 2 unaufgefordert den Klageschein aus (Art. 23 Abs. 2 und 25 ZPO). Ausser bei Baueinsprachen kann das Vermittleramt das Protokoll im Einverständnis beider Parteien bis einen Monat nach der Vermittlungsverhandlung offen halten.
2 Nur wenn die klagende Partei schriftlich darauf verzichtet, wird kein Kla- geschein ausgestellt.
3 Auf ausdrückliches Verlangen der klagenden Partei stellt das Vermittleramt auch bei Gegenstandslosigkeit des Rechtsbegehrens einen Klageschein aus.
Art. 20 Unvermittelter Streitfall Wird innert eines Monates nach der Vermittlungsverhandlung keine Einigung erzielt, gilt der Streitfall als unvermittelt, auch wenn sich die Parteien später ohne Mitwirkung des Vermittleramtes einigen.
Art. 21 Verfall der Gebühren Wird die Vermittlung nicht bis spätestens 12.00 Uhr mittags vor dem fest- gesetzten Tag abbestellt, so verrechnet das Vermittleramt die Gebühr für die Abhaltung der Vermittlung. 5
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Art. 22 Protokollführung
1 Als Protokoll über den Ablauf des Vermittlungsverfahrens gilt das Original des Vermittleramtes über die Vorladung zur Vermittlungsverhandlung. Dar- auf werden von Hand vermerkt: 1. das Datum des Versandes der Vorladungen; 2. die anwesenden Parteien, Vertreter und Uebersetzer; 3. allfällige Widerklagen und Verrechnungseinreden; 4. Angaben über das Ergebnis der Vermittlungsverhandlung wie Vergleich, Klageanerkennung, Klagerückzug oder Nichteinigung; 5. das Datum des Versandes des Klagescheines, des Vergleiches oder des Erledigungsentscheides; 6. die in Rechnung gestellten Kosten.
2 Das Protokoll wird mit der Unterschrift der Vermittlerin oder des Vermittlers versehen. Weitere Angaben dürfen nicht in das Protokoll aufgenommen werden.
Art. 23
1 Das Vermittleramt versieht die eingehenden Begehren mit dem Datum des Poststempels – bei überbrachten Begehren mit dem Eingangsdatum – sowie mit einer fortlaufenden Nummer, zu Beginn eines jeden Kalenderjah- res neu beginnend (z. B. 2002/1, 2002/2 usw.). Auf jedem ausgehenden Aktenstück gibt das Vermittleramt die Verfahrensnummer an.
2 Auch Verfahren, welche zuständigkeitshalber einer anderen Behörde weitergeleitet werden, erhalten eine Verfahrensnummer und werden in das Register gemäss Artikel 25 aufgenommen.
Art. 24 Aktenablage
1 Das Vermittleramt ordnet alle Akten im Original chronologisch und heftet diese nach Erledigung des Verfahrens zusammen, zuvorderst entweder den Klageschein, den Vergleich, die Vorladung oder einen allfälligen Erledi- gungsentscheid. Die derart gehefteten Akten bewahrt das Vermittleramt nach Kalenderjahr geordnet auf, innerhalb des Kalenderjahres nach Verfah- rensnummern.
2 In Ausstandsfällen obliegt die Protokollführung gemäss Artikel 22 der Stell- vertretung, die Vergabe der Verfahrensnummer, die Aktenablage und die Registrierung gemäss den Artikeln 23 – 25 obliegen dagegen dem angerufe- nen Vermittleramt.
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Art. 25 Register
1 Das Vermittleramt führt auf Formular Nr. 3 ein Register nach Parteien (kla- gende und beklagte Partei), unter Angabe der Verfahrensnummer.
2 Ein elektronisch geführtes Register ist jeweils am Ende des Jahres auszu- drucken.
Art. 26 Archivierung Das Vermittleramt liefert die älter als zehnjährigen Akten periodisch gegen Empfangsschein dem Archiv der Wahlkreisbehörde bzw. der Gemeinde ab.
Art. 27 Uebergangsbestimmung
1 Bestehende gebundene Register können weitergeführt werden, sofern daraus die Angaben gemäss Artikel 25 ersichtlich sind.
2 Die bestehenden separaten Register für Ehrverletzungsfälle gemäss Arti- kel 22 Abs. 1 der Instruktion vom 20. Dezember 1965 für die Vermittlerämter können weitergeführt werden.
Art. 28 Inkrafttreten Diese Instruktion ersetzt diejenige vom 20. Dezember 1965 und tritt am 1. Januar 2002 in Kraft. 7
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