Zivilprozessordnung
1 Zivilprozessordnung Vom 11. September 1966 (Stand 1. Oktober 2007) Der Kantonsrat von Solothurn gestützt auf Artikel 17 Ziffer 1 und Artikel 40 ff. der Kantonsverfassung vom 23. Oktober 1887 beschliesst: Erster Teil Gerichte und Parteien Erster Titel Gerichte Erster Abschnitt Sachliche Zuständigkeit
§ 1. A. Im Allgemeinen
1 Die Zivilrechtspflege wird durch die Friedensrichter, die Amtsgerichtspr ä- sidenten, die Amtsgerichte, das Obergericht und die Schiedsgerichte aus- geübt.
2 Für die Arbeitsgerichte gilt die Spezialgesetzgebung
1 ).
§ 2. B. Hinweis auf die Gerichtsorganisation
Die sachliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Gesetz über die Ge- richtsorganisation.
2 )
§ 3. C. Streitwert
1. Wertangabe des Klägers
1 Geht die Klage auf Bezahlung einer bestimmten Geldsumme, so wird der Streitwert durch die Rechtsbegehren der Klage bestimmt. ________________
1 ) BGS 125.711.
2 ) BGS 125.12.
2
2 Geht die Klage nicht auf Bezahlung einer bestimmten Geldsumme, so hat der Kläger den Streitwert nach seiner Schätzung in Geld anzugeben oder zu erklären, welches Gericht er in letzter Instanz als zuständig erachte.
§ 4. 2. Berechnungsgrundsatz
a) Im Allgemeinen
1 Als Streitwert gilt: a) bei wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen der Kapitalwert, bei ungewisser Dauer höchstens der zwanzigfache jährliche Betrag und bei Leibrenten der Barwert des der Rente entsprechenden Kapitals; b) bei einer Grunddienstbarkeit oder Eigentumsbeschränkung der Wert, den sie für das herrschende Grundstück hat, oder der Minderwert des dienenden Grundstückes, sofern dieser grösser ist; c) bei einem Pfandrecht der Betrag der sichergestellten Forderung oder der Wert des Pfandes, wenn dieser geringer ist.
2 Für die Berechnung des Streitwertes fallen Zinsen, Früchte und Kosten, wenn sie als Nebenrechte geltend gemacht werden, nicht in Betracht.
§ 5. b) bei unbestimmbarem Wert
Kann eine eingeklagte Leistung nach der Natur der Sache nicht in Geld bewertet werden, so wird ein Streitwert angenommen, der die Spruch- kompetenz des Amtsgerichtes begründet.
§ 6. c) bei Klagenhäufung
Enthält die Klage mehrere Ansprüche oder liegt eine Streitgenossenschaft vor, so werden die verschiedenen Rechtsbegehren zusammengerechnet, sofern sie sich nicht gegenseitig ausschliessen.
§ 7.
1 ) d) bei Widerklage
1 Der Betrag der Widerklage wird mit jenem der Hauptklage zusammenge- rechnet, wenn sich die beiden Klagebegehren gegenseitig nicht ausschlie- ssen.
2 Schliessen sie einander aus, so gilt der höhere Streitwert.
3 Durch die Widerklage darf die Kompetenz des für die Hauptklage zu- ständigen Richters nicht überschritten werden.
§ 8. e) bei Teilverzicht und Teilanerkennung
Hat der Kläger vor Eröffnung der Hauptverhandlung auf seinen Anspruch zum Teil verzichtet oder hat der Beklagte einen Teil anerkannt, so wird der Streitwert durch die übrigbleibende Summe bestimmt.
§ 9. 3. Berichtigung durch den Richter
1 Offensichtlich unrichtige Wertbezeichnungen hat der In struktionsrichter von Amtes wegen zu berichtigen, sofern dadurch die sachliche Zuständig- keit geändert wird. Er entscheidet nach freiem Ermessen, wenn nötig unter Zuziehung von Sachverständigen.
2 Gegen seinen Entscheid ist der Rekurs zulässig. ________________
1 ) § 7 Fassung vom 7. Dezember 1986; GS 90, 646.
3 Zweiter Abschnitt Örtliche Zuständigkeit
§ 10. A. Im Allgemeinen
Dieses Gesetz regelt die örtliche Zuständigkeit, soweit Verfassung, Gesetze oder Staatsverträge nicht etwas anderes festsetzen.
§ 11. B. Ordentlicher Gerichtsstand
Klagen sind beim Richter am Wohnsitz des Beklagten oder am Sitz der beklagten juristischen Person anzubringen, wenn nichts anderes vorge- schrieben ist.
§ 12. C. Wählbarer Gerichtsstand
1. des Kantons und der staatlichen Anstalten
Klagen gegen den Kanton oder gegen die staatlichen Anstalten mit eige- ner Rechtspersönlichkeit können beim Richter des Kantonshauptortes oder des solothurnischen Wohnsitzes des Klägers angebracht werden.
§ 13. 2. des Geschäftsbetriebes
1 Wer einen selbständigen Geschäftssitz oder eine Zweigniederlassung besitzt, kann für die damit zusammenhängenden Verbindlichkeiten auch am Orte des Geschäftsbetriebes belangt werden.
2 Das gleiche gilt für Verbindlichkeiten, die mit dem selbständigen Ge- schäftsbetrieb einer Ehefrau oder eines Bevormundeten zusammenhän- gen.
§ 14. 3. der Streitgenossen
Wird die Klage aus gleichartigem Klagegrund gegen mehrere Beklagte erhoben, die in verschiedenen Gerichtskreisen des Kantons wohnen, so ist sie dort anzubringen, wo die Mehrzahl der Beklagten wohnt. Bei gleicher Anzahl steht die Wahl dem Kläger zu.
§ 15. 4. bei fehlendem Wohnsitz
Personen, die keinen Wohnsitz in der Schweiz haben, können wahlweise belangt werden: a) an ihrem Aufenthaltsort; b) beim Richter, in dessen Kreis der eingeklagte Anspruch entstanden ist oder erfüllt werden soll; c) wo sie Vermögen besitzen.
§ 16. 5. des Ortes der Begehung oder des Erfolges
Klagen aus unerlaubter Handlung können gegen Personen, die keinen Wohnsitz in der Schweiz haben, auch dort eingereicht werden, wo die Tat begangen wurde oder der Erfolg eingetreten ist.
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§ 17. 6. der Heimat
Klagen auf Feststellung des Personenstandes können auch beim Richter des Heimatortes der Personen, auf die sich die Feststellung beziehen soll, angebracht werden.
§ 17
bis
.
1 ) 7. des Arrestortes Klagen auf Schadenersatz aus ungerechtfertigtem Arrest (Art. 273 SchKG) können auch beim Gericht des Arrestortes erhoben werden.
§ 18. D. Ausschliesslicher Gerichtsstand
1. der Erbschaft
Alle Klagen aus Erbrecht sind am letzten Wohnsitz des Erblassers anzu- bringen, ebenso die Klagen der Erbschaftsgläubiger gegen die Erben, solange die Teilung nicht vollzogen ist.
§ 19. 2. der gelegenen Sache
Alle Klagen über dingliche Rechte und Besitz an Grundstücken sind, auch wenn sie mit einer Forderungsklage verbunden sind, beim Richter zu er- heben, in dessen Gerichtskreis das Grundstück ganz oder zum grössten Teil gelegen ist.
§ 20. 3. des Betreibungsortes
Am Ort der Betreibung sind ausser den im Bundesgesetz über Schuldbe- treibung und Konkurs (SchKG) besonders genannten Klagen einzureichen: a) Widerspruchs- und Aussonderungsklagen (Art. 107, 109, 155, 242 und
275 SchKG); b) Klagen bei Bestreitung des Pfändungsanschlusses (Art. 111 SchKG und Art. 529 OR); c) Klagen über die Zulässigkeit einer neuen Betreibung aufgrund eines Verlustscheines (Art. 265 SchKG); d) Klagen auf Rückschaffung von Retentionsgegenständen (Art. 284 SchKG).
§ 21.
2 ) 4. des Arrestortes Einsprachen gegen Arrestbefehle (Art. 278 SchKG) sind beim Gericht des Arrestortes zu erheben, ebenso Klagen auf Anerkennung der Arrestforde- rung (Art. 279 SchKG), die sich gegen einen Schuldner mit Wohnsitz im Kanton richten.
§ 22. 5. der Widerklage
Der Richter der Hauptklage ist auch zuständig für die Widerklage, sofern für sie kein ausschliesslicher Gerichtsstand vorgesehen ist. Seine Zustän- digkeit bleibt auch bestehen, wenn die Klage dahinfällt.
§ 23. E. Vereinbarter Gerichtsstand
1 Für eine bestimmte Streitsache oder für Streitigkeiten aus ei nem be- stimmten Vertrag können die Parteien durch schriftliche Vereinbarung ________________
1 ) § 17 bis eingefügt am 3. April 1996.
2 ) § 21 Fassung vom 3. Ap ril 1996.
5 den Gerichtsstand b ezeichnen, sofern nicht zwingende Gesetzesbestim- mungen entgegenstehen.
2 Der bezeichnete Richter kann jedoch seine Zuständigkeit ablehnen, wenn keine der Parteien im Zeitpunkt der Klageanhebung im Gerichtskreis Wohn- oder Geschäftssitz hatte
1 ).
§ 24. F. Gerichtsstand der Einlassung
Lässt sich der Beklagte in der Klageantwort vor einem örtlich unzuständi- gen Gericht vorbehaltlos auf die Klage ein, so ist die Zuständigkeit be- gründet, sofern nicht zwingende Gesetzesbestimmungen entgegenstehen. Dritter Abschnitt Rechtshilfe
§ 25. A. Nachsuchen der Rechtshilfe
Muss eine Prozesshandlung ausserhalb des Gerichtskreises vorgenommen werden, so ist der örtlich zuständige Richter um Rechtshilfe anzugehen. Er kann dem ersuchenden Richter bewilligen, die Prozesshandlung selbst vorzunehmen.
§ 26. B. Rechtshilfepflicht
1. Umfang
1 Die Gerichte des Kantons sind zu gegenseitiger Rechtshilfe verpflichtet.
2 Die Rechtshilfepflicht besteht auch gegenüber den Behörden des Bundes und anderer Kantone, gegenüber Behörden des Auslandes jedoch nur nach Massgabe der Staatsverträge.
3 Weitergehende Rechtshilfeleistung steht im Ermessen des angegangenen Gerichtes.
§ 27. 2. anwendbares Recht
Bei der im Kanton Solothurn ausgeübten Rechtshilfe hat der Richter das solothurnische Zivilprozessrecht anzuwenden.
§ 28. 3. Editions- und Zeugnispflicht
1 Kein Einwohner des Kantons Solothurn ist gehalten, auf Verlangen einer ausserkantonalen oder ausländischen Gerichtsbehörde Urkunden oder andere Gegenstände herauszugeben oder vor ihr als Zeuge zu erscheinen.
2 Dagegen kann der um Rechtshilfe angegangene Richter, soweit nach dem solothurnischen Recht eine Zeugnis- und Editionspflicht besteht, jede in seinem Gerichtskreis wohnhafte Person verpflichten, vor ihm oder vor dem ersuchenden Richter dort Zeugnis abzulegen oder die herausverlang- ten Urkunden oder Gegenstände während einer bestimmten Zeit bei ihm zu hinterlegen. Der ersuchte Richter entscheidet über die Herausgabe. ________________
1 ) § 23 Absatz 2 Fassung vom 12. Juni 1994; GS 93, 113.
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§ 29. C. Verkehr mit auswärtigen Behörden
1 Der Verkehr mit auswärtigen Behörden findet unter Vorbehalt der Bun- desgesetzgebung, interkantonaler Konkordate oder der Staatsverträge direkt statt.
2 Der Verkehr mit dem Bundesrat, mit Regierungen anderer Kantone oder fremder Staaten wird, vorbehältlich besonderer Staatsverträge, durch den Regierungsrat vermittelt. Vierter Abschnitt Gerichtsdisziplin
§ 30. A. Im Allgemeinen
1 Die Parteien, ihre Anwälte und Dritte haben in ihren Eingaben und wäh- rend der Verhandlungen die dem Gericht schuldige Achtung zu bezeugen und dem Gegner und Dritten gegenüber den durch die gute Sitte gebote- nen Anstand zu wahren.
2 Jede böswillige oder mutwillige Prozessführung ist disziplinarisch zu ahnden.
§ 31. B. Rückweisung von Eingaben
1 Eingaben mit unnötig verletzendem Inhalt sind vom Richter zur Abände- rung zurückzuweisen mit der Androhung, dass bei Nichtbefolgung auf die Eingabe nicht eingetreten wird. Bei Nichteinhaltung gilt die Frist als ver- wirkt. Überschreibung und Streichung gelten nicht als Abänderung.
2 Die strafrechtliche Verfolgung bleibt vorbehalten.
§ 32. C. Disziplinarmassnahmen
1 Verletzungen der Gerichtsdisziplin werden geahndet: a) vom Friedensrichter mit Verweis oder Busse bis zu 100 Franken; b) vom Amtsgerichtspräsidenten mit Verweis oder Busse bis zu 250 Fran- ken, im Wiederholungsfall bis zu 500 Franken; c) vom Amtsgericht und vom Obergericht und seinem Instruktionsrichter mit Verweis oder Busse bis zu 500 Franken, im Wiederholungsfall bis zu
1‘000 Franken.
1 )
2
Artikel 106 des Schweizerischen Strafgesetzbuches ist anwendbar.
2 )
3 Gegen Disziplinarmassnahmen ist der Rekurs zulässig. ________________
1 ) § 32 Absatz 1 Fassung vom 16. Mai 2006.
2 ) § 32 Absatz 2 Fassung vom 16. Mai 2006.
7 Zweiter Titel Parteien Erster Abschnitt Prozessfähigkeit und Parteiwechsel
§ 33. A. Prozessfähigkeit
1 Jede Person kann, soweit sie handlungsfähig ist, ihre Rechte vor Gericht selbst vertreten.
2 Ist eine Partei offensichtlich unfähig, ihren Prozess gehörig zu führen, so kann sie durch das Gericht zur Bestellung eines Rechtsbeistandes verpflich- tet werden. Leistet sie keine Folge, so macht das Gericht Anzeige an die Vormundschaftsbehörde.
§ 34. B. Parteiwechsel
1. durch Erbgang
Stirbt eine Partei während des Prozesses, so treten die Erben an ihre Stelle. Der Prozess bleibt solange sistiert, als die Erben die Erbschaft ausschlagen können.
§ 35. 2. bei Gesamtnachfolge anderer Art
Die Rechtsnachfolge im Prozess ist auch in den andern Fällen rechtlicher Gesamtnachfolge zulässig.
§ 36. 3. bei Rechtsgeschäft unter Lebenden
1 Bei Einzelnachfolge durch Rechtsgeschäft unter Lebenden muss die Ge- genpartei den Parteiwechsel nur annehmen, wenn Sicherheit für den Voll- zug des Urteils geleistet wird.
2 Für die bisher entstandenen Kosten haften die austretende und die ein- tretende Partei solidarisch. Zweiter Abschnitt Streitgenossenschaft
§ 37. A. Im Allgemeinen
Mehrere Personen können gleichzeitig als Streitgenossen klagen oder belangt werden, soweit ihnen die streitigen Rechte oder die streitigen Verbindlichkeiten gemeinsam zukommen.
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§ 38. B. Notwendige Streitgenossenschaft
Soweit nach dem materiellen Recht die streitigen Rechte vom Kläger nur gemeinsam geltend gemacht oder die Beklagten für streitige Verbindlich- keiten nur gemeinsam belangt werden können, ist die Streitgenossen- schaft eine notwendige.
§ 39. C. Einfache Streitgenossenschaft
1 Streitgenossenschaft ist auch zulässig, wenn mehrere, auf einem gleich- artigen tatsächlichen Grunde beruhende Ansprüche den Streitgegenstand bilden, für alle Ansprüche das gleiche Gericht sachlich zuständig ist und sie ohne Schwierigkeit gemeinsam verhandelt und beurteilt werden können.
2 Der Instruktionsrichter und das urteilende Gericht sind befugt, eine Trennung der einzelnen Klagen eintreten zu lassen, wenn sich aus der gemeinschaftlichen Durchführung des Prozesses Schwierigkeiten ergeben. Gegen diesen Entscheid ist der Rekurs zulässig.
§ 40. D. Prozessführung
Die Streitgenossen führen den Prozess gemeinschaftlich. Es kann aber jeder Streitgenosse, soweit nicht notwendige Streitgenossenschaft nach §
38 besteht, den Prozess unabhängig von den andern führen. Auch in die- sem Falle wird über den Streitgegenstand in einem einzigen Urteil ent- schieden. Dritter Abschnitt Beteiligung Dritter am Prozess
§ 41. A. Nebenintervention
1. Voraussetzung
Wer ein rechtliches Interesse daran hat, dass der zwischen zwei Parteien hängige Prozess zugunsten der einen Partei entschieden werde, kann sich ihr bis zum rechtskräftigen Urteil jederzeit anschliessen.
§ 42. 2. Erklärung
1 Die Intervention erfolgt durch eine schriftliche Erklärung an den Richter unter Angabe des Grundes und der Bezeichnung der Partei, welcher sich der Intervenient anschliessen will.
2 Der Richter sorgt für die Zustellung der Erklärung an die Parteien und entscheidet nach deren Anhörung über die Zulässigkeit der Intervention. Gegen diesen Entscheid können die Parteien und der Intervenient Rekurs erheben.
§ 43. 3. Rechte des Intervenienten
1 Der Intervenient ist berechtigt, die Prozessführung der unterstützten Partei zu ergänzen. Soweit diese Ergänzungen nicht mit den Prozess- handlungen der Hauptpartei im Widerspruch stehen, gelten sie als von ihr selbst vorgebracht.
2 Wird jedoch das Urteil kraft materiellen Rechts unmittelbar auch für die Rechtsbeziehungen des Intervenienten zur gegnerischen Partei wirksam
9 sein, so ist er in seinen Prozesshandlungen von der unterstützten Partei unabhängig.
3 Mit Einwilligung der Prozessparteien kann der Intervenient anstelle der- jenigen Partei, der er sich angeschlossen hat, den Prozess als Partei auf- nehmen.
4 Dem Intervenienten sind vom Zeitpunkt seines Beitrittes an alle richterli- chen Verfügungen mitzuteilen.
§ 44. B. Streitverkündung
1. Voraussetzungen
Wer für den Fall des Unterliegens in einem Prozess auf einen Dritten Rückgriff nehmen will oder einen Anspruch eines Dritten befürchtet, kann ihm den Streit verkünden. Der Dritte ist zu weiterer Streitverkündung berechtigt.
§ 45. 2. Verfahren
1 Die Streitverkündung kann bis zum rechtskräftigen Urteil jederzeit erfol- gen.
2 Sie wird dem Dritten auf Ansuchen des Streitverkünders durch den Rich- ter mitgeteilt. Die Gründe der Streitverkündung und der Stand des Verfah- rens sind anzugeben.
§ 46. 3. Beteiligung des Dritten
1 Durch die Streitverkündung erhält der Dritte das Recht, am Prozess teil- zunehmen, indem er: a) dem Streitverkünder Angriffs- und Verteidigungsmittel in die Hand gibt; b) sich dem Streitverkünder als Intervenient anschliesst; c) mit Einwilligung des Streitverkünders als sein Stellvertreter die Prozess- führung übernimmt.
2 In allen Fällen bleibt der Streitverkünder Partei, es sei denn, dass mit Zustimmung beider Prozessparteien der Dritte anstelle des Streitverkün- ders in den Prozess eintritt.
§ 47. 4. Wirkungen
Die Wirkungen der Streitverkündung und ihrer Unterlassung sowie der Weigerung, ihr Folge zu geben, richten sich nach dem zwischen Streitver- künder und Dritten anwendbaren Recht. Vierter Abschnitt Parteivertreter
§ 48. A. Grundsatz
Jede prozessfähige Partei kann sich durch einen Bevollmächtigten vertre- ten lassen, sofern dieses Gesetz nicht das persönliche Erscheinen vor- schreibt. Auch in diesem Falle darf ein Parteivertreter beigezogen werden.
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§ 49. B. Persönliche Voraussetzungen
1 Als Parteivertreter wird nur zugelassen, wer im Genusse der bürgerlichen Ehren und Rechte steht.
2 Vorbehalten bleibt die Spezialgesetzgebung.
§ 50. C. Vollmacht
1 Der Parteivertreter hat sich durch eine schriftliche Vollmacht oder durch eine von der Partei zu Protokoll zu gebende Erklärung auszuweisen.
2 Ohne Ausweis können für andere handeln: a) der zur Parteivertretung berechtigte Rechtsanwalt; der Richter kann eine schriftliche Vollmacht verlangen;
1 ) b) der gesetzliche Vertreter.
§ 51. D. Umfang der Vollmacht
1 Die Vollmacht erstreckt sich, sofern sie keine Einschränkung enthält, auf alles, was auf Anhebung und Durchführung eines Prozesses, auf Abschluss eines Vergleichs, auf die Vollstreckung des Urteils und auf Annahme von Zahlungen Bezug hat.
2 Der Entzug der Vollmacht oder die Niederlegung des Mandates ist dem Richter und der Gegenpartei sofort anzuzeigen. ________________
1 ) § 50 Absatz 2 litera a Fass ung vom 10. Mai 2000 Anwa ltsgesetz.
11 Zweiter Teil Verfahren Erster Titel Allgemeine Bestimmungen Erster Abschnitt Öffentlichkeit
§ 52. A. Verhandlungen
1 Die Gerichtsverh andlungen sind öffentlich, ausgenommen: a) in Vaterschafts-, Verlöbnis-, Ehe- und Vormundschaftsprozessen; a bis ) in Prozessen nach dem Partnerschaftsgesetz vom 18. Juni 2004 (PartG)
1 );
2 ) b) in Prozessen, deren öffentliche Verhandlung das Sittlichkeitsgefühl verletzten könnte; c) wenn ein berechtigtes Interesse einer Partei oder eines Zeugen es gebietet.
2 In den Fällen nach literae b und c entscheidet der Richter von sich aus oder auf Antrag.
§ 53. B. Urteilsberatung
Die Urteilsberatungen und Abstimmungen sind in den Fällen von § 52 literae a und b geheim.
§ 54. C. Akteneinsicht durch Dritte
Das Gericht darf Dritten nur dann Einsicht in die Gerichtsakten gewähren, wenn ein schutzwürdiges Interesse nachgewiesen wird. ________________
1 ) SR 211.231.
2 ) § 52 Absatz 1 Buchstabe a bis eingefügt am 28. Juni 2006 Eingetragene Partner- schaft.
12 Zweiter Abschnitt Prozessvoraussetzungen, Klageanhebung und Rechtshängigkeit
§ 55. A. Prozessvoraussetzung
1 Ein Prozess darf nur zu einem Sachurteil führen, wenn die Prozessvoraus- setzungen gegeben sind.
2 Zu den Prozessvoraussetzungen gehören insbesondere: a) die Zuständigkeit des Gerichtes; b) die Zulässigkeit des Prozessverfahrens; c) die Partei- und Prozessfähigkeit; d) die Vollmacht des Vertreters; e) das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses, wie das Fehlen der Rechts- hängigkeit oder der rechtskräftigen Beurteilung des gleichen Streitge- genstandes.
§ 56. B. Klageanhebung
1 Die Anhebung der Klage erfolgt durch Einreichung der Klageschrift (§ 129) beim Gericht oder mit der Aufgabe bei einer schweizerischen Post- stelle.
2 Als Klageanhebung gilt auch ein schriftliches Vorladungsbegehren, worin neben der Bezeichnung der Parteien das Klagebegehren schriftlich formu- liert wird oder wenigstens der Klagegrund und die Kompetenz des Gerich- tes bezeichnet werden. Das Vorladungsbegehren kann auch beim Richter zu Protokoll gegeben werden.
§ 57. C. Rechtshängigkeit
Die Rechtshängigkeit hat namentlich folgende Wirkungen: a) sie unterbricht jede Ersitzung und Verjährung; b) sie begründet den Gerichtsstand der Widerklage; c) die Veränderung oder Veräusserung des Streitgegenstandes während der Rechtshängigkeit bleibt ohne Einfluss auf die Legitimation zur Sa- che; d) wird der Prozess anderweitig anhängig gemacht, so steht dem Beklag- ten die Einrede der Rechtshängigkeit zu.
§ 57
bis
.
1 ) D. Gemeinsames Scheidungsbegehren
1 Das gemeinsame Scheidungsbegehren muss enthalten: a) die genaue Bezeichnung der Ehegatten und ihrer Ve rtreter; b) im Fall der umfassenden Einigung (Art. 111 ZGB): die vollständige Vereinbarung über die Scheidungsfolgen mit den nötigen Belegen und die gemeinsamen Anträge hinsichtlich der Kinder; c) im Fall der Teileinigung (Art. 112 ZGB): das gemeinsame Scheidungs- begehren, die Vereinbarung, soweit vorhanden, und die Erklärung, ________________
1 ) § 57 bis eingefügt am 7. September 1999.
13 dass das Gericht die Scheidungsfolgen beurteilen soll, über die sich die Ehegatten nicht einig sind; d) das Datum und die Unterschrift beider Ehegatten.
2 Das gemeinsame Scheidungsbegehren wird rechtshängig mit Einreichung des schriftlichen Begehrens beim Gericht oder mit dessen Aufgabe bei einer schweizerischen Poststelle. Es kann auch beim Richter zu Protokoll gegeben werden. Dritter Abschnitt Rechte und Pflichten des Richters
§ 58. A. Prozessleitung
1 Der Richter prüft von Amtes wegen die Prozessvoraussetzungen und leitet das Prozessverfahren.
2 Er hat dafür zu sorgen, dass den gesetzlichen Vorschriften und den rich- terlichen Anordnungen Folge geleistet und der Prozess möglichst rasch zu Ende geführt wird.
3 Der Richter ist bei der Feststellung des Sachverhaltes an die Behauptun- gen und Beweisanträge der Parteien gebunden; er darf sie nicht von Am- tes wegen ergänzen. Vorbehalten bleiben die besonderen Bestimmungen des Untersuchungsverfahrens.
4 Der Richter soll jedoch die Parteien auf unzulängliche Rechtsbegehren oder unvollständige Behauptungen und Beweisanträge oder auf weitere Fehler, Lücken oder Unklarheiten aufmerksam machen und ihnen Gele- genheit geben, ihre Anträge zu ergänzen. Dies kann jederzeit geschehen.
§ 59. B. Sistierung
1 Der Richter sistiert das Verfahren: a) in den vom Gesetz besonders bestimmten Fällen; b) aus Gründen der Zweckmässigkeit, insbesondere wenn das Urteil von der Entscheidung in einem anderen hängigen Verfahren beeinflusst werden kann; c) im Einverständnis der Parteien.
2 Bei Sistierung auf unbestimmte Zeit hebt der Richter die Sistierung nach Ablauf 1 Jahres auf, sofern nicht erhebliche Gründe für ihre Fortsetzung vorliegen.
3 Gegen solche Verfügungen ist der Rekurs zulässig.
§ 60. C. Rechtsanwendung
1 Der Richter wendet das Recht von Amtes wegen an.
2 Kommt ausländisches Recht zur Anwendung, so kann der Richter von den Parteien dessen Nachweis verlangen.
§ 61. D. Gütliche Beilegung
chen.
14 Vierter Abschnitt Gerichtsakten und Protokolle
§ 62. A. Gerichtsakten
1. Aktenheft
Der Gerichtsschreiber führt für jeden Prozess ein Aktenheft.
§ 63. 2. Herausgabe
1 Gerichtliche Akten und Belege dürfen in der Regel nur an patentierte Anwälte herausgegeben werden.
2 Für die Rückgabe ist eine angemessene Frist anzusetzen. Wird sie nicht eingehalten, so kann inskünftig die Herausgabe von Akten verweigert werden.
3 Die Parteien werden über den Eingang von Akten und Belegen orien- tiert.
1 )
§ 64. 3. Rückgabe der Beweisurkunden
Die von den Parteien oder Dritten eingelegten Beweisurkunden sind in der Regel erst nach rechtskräftiger Erledigung des Prozesses zurückzugeben.
§ 65. B. Protokoll
1. Inhalt
Der Gerichtsschreiber führt über jede Verhandlung ein Protokoll. Dieses enthält: a) Zeit und Ort der Verhandlung; b) die Namen der zur Verhandlung erschienenen Personen; c) die Anträge und Prozesserklärungen der Parteien; d) dem wesentlichen Inhalt nach die Zeugenaussagen, die Parteibefra- gung, die Ausführungen der Sachverständigen und die Feststellungen am Augenschein; e) die richterlichen Entscheidungen; f) gegebenenfalls die Erwägungen.
§ 66. 2. Abfassung
1 Im Verfahren vor dem Instruktionsrichter erstellt der Gerichtsschreiber das Protokoll. In einfachen Fällen kann der Instruktionsrichter die Proto- kollierung qualifizierten Angestellten der Gerichtskanzlei übertragen. In der Regel ist das Protokoll am Schluss der Verhandlung von den anwesen- den Parteien zu unterzeichnen.
2 )
2 Über die Hauptverhandlung vor dem Gerichtspräsidenten und über alle Verhandlungen vor Amtsgericht und Obergericht erstellt der Gerichts- schreiber das Protokoll nach der Verhandlung aufgrund seiner Aufzeich- nungen. Die Entscheidungen sind zu begründen. ________________
1 ) § 63 Absatz 3 eingefügt am 7. Dezember 1986; GS 90, 646.
2 ) § 66 Absatz 1 Fassung vom 12. Juni 1994; GS 93, 114.
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3 Das Oberger icht erlässt eine Weisung über die schriftliche Begründung der Entscheidungen. Es kann durch Verordnung bestimmen, dass für be- stimmte Verfahren die schriftliche Begründung wegfällt.
1 )
4 Verzichten die Parteien auf ein Rechtsmittel (§ 209 Abs. 2 bis ), so ist der Entscheid nur zu begründen, wenn eine Partei es verlangt.
2 )
§ 67. 3. Sitzungsprotokoll
Die Protokolle nach § 66 Absatz 2 werden in ein zusammenhängendes Sitzungsprotokoll eingetragen. Eine Kopie ist dem Aktenheft beizugeben.
§ 68. 4. Genehmigung und Unterzeichnung
1 Die Erwägungen bedürfen der Genehmigung des Vorsitzenden. Geneh- migt er sie nicht, so entscheidet das Gericht.
2 Die Protokolle sind vom Vorsitzenden und vom Gerichtsschreiber zu un- terzeichnen, Abschriften und Auszüge vom Gerichtsschreiber allein.
§ 69. C. Auszüge und Abschriften
1 Den Parteien ist auf Verlangen gegen Entrichtung der Gebühren eine Protokollabschrift auszufertigen.
2 Sie sind auch berechtigt, von allen Akten und Schriftstücken auf ihre Kosten Abschriften oder Fotokopien erstellen zu lassen.
3 Unter der Voraussetzung von § 54 kann auch Dritten gegen Entrichtung einer Gebühr eine Protokollabschrift oder ein Protokollauszug ausgehän- digt werden. Fünfter Abschnitt Eingaben an die Gerichte
§ 70. Anzahl
Alle Eingaben an die Gerichte sind in je einer Ausfertigung für das Gericht und jede Gegenpartei einzureichen. Haben mehrere Kläger oder Beklagte den gleichen Vertreter bestellt, so genügt für sie eine Ausfertigung. Sechster Abschnitt Vorladungen und Zustellungen
§ 71. A. Vorladungen
1 Jede Vorladung wird vom Richter erlassen. Sie hat zu enthalten: a) Namen, Wohnort und genaue Bezeichnung der Parteien und ihrer Vertreter; ________________
1 ) § 66 Absatz 3 Fassung nach § 56 litera H Kantonsratsgesetz vom 24. September
1989; GS 91, 464.
2 ) § 66 Absatz 4 eingefügt am 7. Dezember 1986; GS 90, 646.
16 b) die Angabe der Prozesshandlung, zu der vorgeladen wird; c) die Festsetzung von Ort und Zeit des Erscheinens vor Gericht; d) die Aufforderung zum Erscheinen und die Bezeichnung der Folgen des zu späten Erscheinens oder Ausbleibens; e) das Datum und die Unterschrift der Amtsstelle.
2 Faksimileunterschrift ist zulässig.
§ 72.
1 ) B. Zustellungen
1. im Allgemeinen
Zustellungen sind soweit als möglich durch die Post, allenfalls durch die Weibel oder auf dem Weg der amtlichen Publikation vorzunehmen.
§ 73. 2. durch den Weibel
a) an Private
1 Der Weibel hat die Akten jener Person zuzustellen, an die sie adressiert sind.
2 Wenn der Adressat nicht erreichbar ist, wird das Schriftstück einer er- wachsenen Person seines Haushaltes mit der Verpflichtung zur Abgabe ausgehändigt.
§ 74. b) an Behörden, Korporationen und Gesellschaften
Akten für Behörden, Korporationen oder Gesellschaften sind dem Präsi- denten, einem Organ oder Vertreter am Rechtsdomizil zuzustellen.
§ 75. c) Bescheinigung
1 Der Weibel hat die Zustellung zu bescheinigen. Es ist anzugeben, wann, wo und an wen sie erfolgte.
2 War eine Zustellung nicht möglich, so sind die Akten mit dem entspre- chenden Vermerk zurückzusenden.
§ 76. 3. ins Ausland
1 Für Zustellungen nach dem Ausland gelten allfällige Staatsverträge. Wenn der direkte Verkehr mit ausländischen Amtsstellen nicht vorgesehen ist, besorgt das Kantonale Bau- und Justizdepartement
2 ) die Weiterleitung.
2 Die im Ausland wohnende Partei hat in der Schweiz ein Zustellungsdomi- zil zu bezeichnen.
§ 77. 4. öffentliche Vorladung
a) Zulässigkeit Eine öffentliche Vorladung erfolgt bei unbekanntem Wohnort oder Auf- enthalt des Adressaten oder wenn die zuständige Behörde die Zustellung nicht bewilligt.
§ 78. b) Form
Die öffentliche Vorladung ergeht im Amtsblatt und nach Ermessen des Richters in geeigneten Zeitungen. ________________
1 ) § 72 Fassung nach § 4 des G über den Weibeldienst vom 5. Dezember 1976; GS 87, 153.
2 ) neue Departementsbezeichnung ab 1. August 2000.
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§ 79. 5. Annahmeverweigerung
Verweigert der Adressat die Annahme, so gilt die Zustellung als rechtmäs- sig erfolgt. Siebenter Abschnitt Zeitbestimmungen und Säumnis
§ 80. A. Zeitbestimmungen
1. Im Allgemeinen
a) durch den Richter Soweit Termine und Fristen nicht gesetzlich festgelegt sind, werden sie vom Richter bestimmt.
§ 81. b) Verschiebung und Erstreckung
1 Der Richter verschiebt den Termin oder erstreckt die Frist, wenn wichtige Gründe vorliegen.
2 Nur ausnahmsweise und nach Anhörung der Gegenpartei darf die gleiche Frist mehr als zweimal verlängert werden.
3 Verweigert der Richter eine Fristerstreckung, so kann der Gesuchsteller innert einer zusätzlichen Frist von 8 Tagen, nachdem er von der Verweige- rung Kenntnis erhalten hat, die Prozesshandlung noch vornehmen.
§ 82. c) Fristenlauf
1 Die Frist beginnt zu laufen: a) mit der Zustellung des Aktes, worin sie mitgeteilt wird; b) mit ihrer mündlichen Eröffnung; c) kraft besonderer gesetzlicher oder richterlicher Bestimmung.
2 Bei Berechnung der Frist wird der Tag, an dem sie zu laufen beginnt, nicht mitgezählt. Die Frist läuft um 24 Uhr des letzten Tages ab.
3 Ist der letzte Tag einer Frist ein Samstag oder Sonntag oder ein staatlich anerkannter Feiertag, so endigt sie am nachfolgenden Werktag. Diesen Tagen sind gleichgestellt der 2. Januar (Berchtoldstag), der Ostermontag und der Pfingstmontag.
4 Eine Frist gilt nur dann als eingehalten, wenn die Handlung innerhalb derselben vorgenommen wird. Schriftliche Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist eingelangt oder der schweizerischen Post übergeben sein.
5 Erfolgt eine Eingabe innert Frist bei einem unzuständigen solothurni- schen Gericht, so gilt die Frist als eingehalten.
§ 83. 2. Termine
a) Vorladungsfrist Die Parteien sind in der Regel zu Hauptverhandlungen wenigstens
14 Tage, zu andern Terminen wenigstens 8 Tage vor dem angesetzten Zeitpunkt vorzuladen. Für Vorladungen an andere Personen kann der Richter die Frist ausnahmsweise verkürzen.
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§ 84. b) versäumter Termin
Ein nicht eingehaltener Termin gilt eine halbe Stunde nach der in der Vorladung angesetzten Zeit als verwirkt.
§ 85. 3. im beschleunigten Verfahren
Streitigkeiten des beschleunigten Verfahrens (wie Art. 85 a, 106-109, 111,
140 Abs. 2, 148, 157, 250, 265 a Abs. 4, 275 und 284 SchKG, Art. 202 OR) und Rechtssachen, die im wachsenden Schaden liegen, sollen möglichst rasch zur Beurteilung kommen.
1 ) Die Fristen des ordentlichen Verfahrens werden herabgesetzt und dürfen nur ausnahmsweise erstreckt werden.
§ 86. 4. Gerichtsferien
1 Gerichtsferien finden statt: a) vom Vorabend der Weihnacht bis und mit dem 6. Januar; b) vom Vorabend des Palmsonntags bis und mit dem Ostermontag; c) vom 15. Juli bis und mit dem 31. August.
2 Während der Gerichtsferien ruhen sämtliche gesetzlichen und richterli- chen Fristen; Gerichtsverhandlungen finden nur im Einverständnis der Parteien statt. Ausgenommen sind die Fristen und Gerichtsverhandlungen in den Fällen von § 85.
2 )
3 Die Zustellung von Prozessschriften, Vorladungen und Mitteilungen ist stets zulässig.
§ 87. B. Säumnis
1. nur einer Partei
Bleibt eine Partei aus, nimmt sie eine Prozesshandlung nicht vor oder lehnt sie es ab zu verhandeln, so treten die im Gesetz oder die in der richterli- chen Ver fügung angedrohten Folgen ein.
§ 88. 2. beider Parteien
1 Bleiben beide Parteien am Termin unentschuldigt aus, so fällt er dahin, soweit das Gesetz nicht andere Folgen bestimmt.
2 Der Richter kann den Kläger zur Verantwortung auffordern und ihm die Kosten auferlegen, sofern das Ausbleiben nicht innert 10 Tagen hinrei- chend entschuldigt wird.
3 Bleibt der Kläger am neuen Termin wiederum unentschuldigt aus, so wird der Prozess abgeschrieben.
§ 89. 3. Wiedereinsetzung
a) Gründe Gegen einen Rechtsnachteil, der durch die Versäumnis einer gesetzlichen oder richterlichen Frist entstanden ist, kann sich die säumige Partei wieder in den vorigen Stand einsetzen lassen: a) wenn weder sie noch ihr Vertreter von der Zeitbestimmung Kenntnis erhielten oder die Kenntnisgabe so spät erfolgte, dass die Einhaltung unmöglich war; ________________
1 ) § 85 Satz 1 Fassung vom 3. Ap ril 1996.
2 ) § 86 Absatz 2 Fassung vom 7. Dezember 1986; GS 90, 646.
19 b) wenn sie oder ihren Vertreter an der Versäumnis kein Verschulden trifft.
§ 90. b) Fristen
1 Das Wiedereinsetzungsgesuch ist samt Begründung innert 10 Tagen seit Empfang der Mitteilung beim Richter einzureichen.
2 Erfolgt die Mitteilung durch das Amtsblatt, so kann die Wiedereinset- zung innert Monatsfrist seit der Veröffentlichung verlangt werden.
3 Kann die Partei aus wichtigen Gründen diese Fristen nicht einhalten, so beginnt der Fristenlauf erst mit dem Wegfall des Hindernisses.
§ 91. c) Behandlung des Gesuches
1 Das Wiedereinsetzungsgesuch wird vom Richter, bei dem die Säumnis stattgefunden hat, nach Anhörung der Gegenpartei beurteilt.
2 Gegen diesen Entscheid ist der Rekurs zulässig.
§ 92. a) Nachholen des Versäumten
1 Wird dem Gesuch entsprochen, so kann die Partei die versäumte Prozess- handlung auf richterliche Anordnung hin nachholen.
2 Versäumt sie dies, so gilt die Wiedereinsetzung als nicht geschehen. Achter Abschnitt Prozesskosten Erster Unterabschnitt Gerichtskosten
§ 93. A. Im Allgemeinen
1 Die Gerichtskosten (Gerichtsgebühren und Auslagen) werden nach den kantonalen oder eidgenössischen Gebührenvorschriften erhoben. Aus- nahmsweise kann das Gericht von der Kostenauflage ganz oder teilweise absehen.
2 Zu den Gerichtskosten gehören auch die Kosten für die Vertretung des Kindes durch einen Beistand nach Artikel 146 f. ZGB; die Entschädigung des Beistandes wird vom Gericht festgesetzt.
1 )
§ 94. B. Vorschusspflicht
1 Jede Partei ist verpflichtet, für die gesamten von ihr beantragten Pro- zesshandlungen die Gerichtskosten vorzuschiessen.
2 nicht, so unterbleibt die Prozesshandlung, sofern diese Folge ausdrücklich ________________
1 ) § 93 Absatz 2 eingefügt am 7. September 1999.
20 angedroht worden ist. Vorbehalten bleibt die richterliche Abklärung im Untersuchungsverfahren (§ 228).
3 Wird der beim Einreichen einer Klage oder eines Rechtsmittels verlangte Vorschuss innert der Frist nicht geleistet, so ist die Streitsache abzuschrei- ben, sofern diese Folge ausdrücklich angedroht worden ist.
4 Gegen Entscheide nach den Absätzen 2 oder 3 ist der Rekurs zulässig.
5 Soweit eine Partei nicht kostenpflichtig wird, sind ihr die Vorschüsse nach Rechtskraft des Urteils zurückzuerstatten. Zweiter Unterabschnitt Parteikosten
§ 95. Berechnung
Wird eine ganz oder teilweise unterlegene Partei dazu verurteilt, Parteiko- sten der Gegenpartei zu entschädigen, so berechnen sich diese nach dem kantonalen Gebührentarif oder den eidgenössischen Gebührenvorschrif- ten. Dritter Unterabschnitt Sicherheitsleistung
§ 96. A. Voraussetzungen für den Kläger
Der Kläger hat für sämtliche Gerichtskosten und auf Antrag des Gegners für die Parteikosten Sicherheit zu leisten: a) wenn er keinen Wohnsitz in der Schweiz oder in einem Staat hat, der Gegenrecht hält; b) wenn gegen ihn der Konkurs eröffnet ist, ein Verlustschein besteht oder wenn er um eine Stundung nachgesucht hat.
§ 97. B. Ausnahmen
Sicherheit kann nicht verlangt werden: a) in Ehe-, Vaterschafts- und Vormundschaftssachen; b) für Gerichtskosten, wenn dem Kläger die unentgeltliche Rechtspflege, für die Parteikosten, wenn ihm der unentgeltliche Rechtsbeistand be- willigt ist
1 ); c) soweit Bundesgesetzgebung, Konkordate, Staatsverträge oder Gegen- rechtserklärungen entgegenstehen. ________________
1 ) § 97 litera b Fass ung vom 12. Juni 1994; GS 93, 114.
21
§ 98. C. Richterlicher Entscheid über
1. Leistungspflicht
1 Der Richter entscheidet über die Pflicht zur Sicherheitsleistung. Gegen seinen Entscheid ist der Rekurs zulässig.
2 Antwortet der Beklagte auf die Klage, ohne Sicherheit zu verlangen, so gilt dies als Verzicht auf die Sicherheitsleistung für Parteikosten, wenn nicht die Tatsache, welche die Sicherheitsleistung begründet, erst im Ver- laufe des Prozesses eintritt oder bekannt wird.
§ 99. 2. Art und Höhe der Sicherheit
1 Die Sicherheit ist durch Hinterlegung von Barschaft, Wertschriften oder Bankgarantie zu leisten.
2 Der Richter bestimmt Art und Höhe der zu leistenden Sicherheit; diese kann während des Prozesses erhöht werden. Gegen seinen Entscheid ist der Rekurs zulässig.
§ 100. D. Folgen der Nichtleistung
Leistet der Kläger die Sicherheit nicht, so wird die Klage abgeschrieben. Vierter Unterabschnitt Kostenentscheid
§ 101. A. Im Allgemeinen
1 Die unterlegen e Partei trägt sämtliche Gerichtskosten und die Parteiko- sten der Gegenpartei.
2 Von dieser Regel kann der Richter je nach den Umständen abweichen, insbesondere: a) wenn die obsiegende Partei zuviel gefordert oder die Prozesskosten durch unnötige Weitschweifigkeit vermehrt hat; b) wenn in der Hauptsache teilweise auch zugunsten der andern Partei entschieden worden ist; c) in Streitigkeiten zwischen Verwandten sowie in personen-, familien- und erbrechtlichen Prozessen.
§ 102. B. In besonderen Fällen
1. bei abgelehntem Vergleichsvorschlag
Erhält eine Partei durch das Urteil nicht wesentlich mehr, als ihr von der Gegenpartei für den Fall der gütlichen Beilegung des Prozesses im Aus- söhnungsverfahren angeboten wurde, kann sie zu allen Prozesskosten verurteilt werden. Die Gegenpartei hat ihren Vergleichsvorschlag an der Aussöhnungsverhandlung zu Protokoll zu geben.
§ 103. 2. bei Vergleich und Gegenstandslosigkeit
1 Wird der Prozess verglichen oder gegenstandslos, so entscheidet der Richter nach seinem Ermessen über die Tragung der Kosten.
2 Vereinbarungen über die Verteilung der Kosten zum Nachteil des Staates sind für den Richter unverbindlich.
22
§ 104. 3. für Streitgenossen und Intervenienten
1 Die Streitgenossen haften in der Regel für die Prozesskosten solidarisch; der Richter kann jedoch nach seinem Ermessen den in der Hauptsache nicht solidarisch haftenden Streitgenossen die Prozesskosten nach Kopf- teilen gleichmässig oder im Verhältnis ihrer Beteiligung am Prozess aufer- legen.
2 Der Intervenient kann nach Ermessen des Richters ebenfalls zu Prozessko- sten verurteilt werden.
§ 105. C. Rekurs
Gegen Kostenentscheide ist der Rekurs zulässig, wenn in der gleichen Sache kein anderes Rechtsmittel ergriffen wird. Das Obergericht ist an den Entscheid in der Hauptsache gebunden. Neunter Abschnitt Unentgeltliche Rechtspflege und unentgeltlicher Rechtsbeistand
1 )
§ 106.
2 ) A. Voraussetzungen
1 Wer durch ein von Gemeindeammann und Gemeindeschreiber seines Wohnortes ausgestelltes Zeugnis oder durch ein Zeugnis der ausserhalb des Kantons hierfür zuständigen Behörde nachweist, dass er vermögenslos ist und sein Einkommen nicht hinreicht, neben dem notwendigen Lebens- unterhalt für sich und seine Familie die Kosten der Prozessführung aufzu- bringen, kann die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege verlangen.
2 Dem Begehren ist zu entsprechen, wenn der Prozess nicht als aussichtslos oder mutwillig erscheint.
3 Einer juristischen Person kann die unentgeltliche Rechtspflege nicht be- willigt werden.
4 Für das Verfahren vor dem Friedensrichter wird die unentgeltliche Rechtspflege nicht gewährt.
§ 107. B. Zuständigkeit
1 Über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entscheidet das zustän- dige Gericht, während der Prozesseinleitung der Instruktionsrichter.
2 Der Richter hat das Gesuch von Amtes wegen und ohne Verzug zu prüfen und nötigenfalls weitere Erhebungen über die Vermögens- und Einkom- mensverhältnisse des Gesuchstellers anzustellen.
3 Die Bewilligung ist zu entziehen, wenn die Voraussetzungen dahinfallen. Vor zweiter Instanz ist das Gesuch nach Eingang des Rechtsmittels erneut zu überprüfen.
4 Gegen die Nichtbewilligung oder den Entzug der unentgeltlichen Rechtspflege ist der Rekurs zulässig.
5 Für die Entscheide sind in der Regel keine Gebühren zu erheben. ________________
1 ) Titel Fassung vom 12. Juni 1994; GS 93, 114.
2 ) § 106 Absatz 1 Fassung vom 7. Dezember 1986; GS 90, 646.
23
§ 108. C. Verfahren
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist schriftlich einzureichen und kann jederzeit angebracht werden. Der Bewilligung kommt in der Regel rückwirkende Kraft auf den Zeitpunkt der Einreichung des Gesuches zu.
§ 109.
1 ) D. Umfang der Bewilligung Die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege umfasst die Befreiung von sämtlichen Gerichtskosten, von der Kostenvorschusspflicht sowie von der Sicherheitsleistung.
2 Je nach den Vermögens- und Einkommensverhältnissen kann die unent- geltliche Rechtspflege auch nur teilweise oder befristet oder nur für be- stimmte Prozesshandlungen gewährt werden; sie kann sich auf die Befrei- ung von der Sicherheitsleistung beschränken.
§ 110.
2 ) E. Unentgeltlicher Rechtsbeistand
1 Auf besonderes Gesuch wird, auch ohne Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege, unter den Voraussetzungen von § 106 und im Verfahren nach §§ 107 und 108, ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bestellt, falls die Partei für die gehörige Führung des Prozesses eines solchen bedarf; § 109 Absatz 2 ist anwendbar.
2 Nur Anwälte, die zur Parteivertretung berechtigt sind, können den un- entgeltlichen Rechtsbeistand ausüben, solche, die im Anwaltsregister eines andern Kantons eingetragen sind, nur dann, wenn sie sich darüber auswei- sen, dass der Kanton Gegenrecht hält. Hat die Partei nicht selber einen solchen Anwalt bezeichnet, so wird ihr ein Rechtsbeistand aus den Reihen der im kantonalen Anwaltsregister eingetragenen Anwälte zugeteilt.
3 )
3 Die im kantonalen Anwaltsregister eingetragenen Anwälte sind ver- pflichtet, die unentgeltliche Prozessführung zu übernehmen.
4 )
4 Die Anwälte, die den unentgeltlichen Rechtsbeistand ausüben, müssen sich mit der vom Gericht zugesprochenen Entschädigung begnügen und dürfen keine Kostenvorschüsse von ihrer Partei entgegennehmen, es sei denn, dass die Bewilligung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes sich nicht auf das ganze Verfahren erstreckt.
§ 111. F. Abrechnung
1. Gerichtskosten
1 Die Gerichtskosten sind bei Obsiegen der Partei mit unentgeltlicher Rechtspflege so zu berechnen, wie wenn keiner Partei die unentgeltliche Rechtspflege be willigt worden wäre.
2 kostenfällig, so trägt der Staat ihren Anteil, und es sind die von der Ge- genpartei zuviel bezahlten Kostenvorschüsse zurückzue rstatten. ________________
1 ) § 109 Fassung vom 12. Juni 1994; GS 93, 114.
2 ) § 110 Fassung vom 12. Juni 1994.
3 ) § 110 Absatz 2 Fassung vom 10. Mai 2000 Anwa ltsgesetz.
4 ) § 110 Absatz 3 Fassung vom 10. Mai 2000 Anwa ltsgesetz.
24
§ 112. 2. Parteientschädigung
1 Die Parteientschädigung ist dem Anwalt der Partei mit unentgeltlichem Rechtsbeistand bei deren Obsiegen direkt zuzusprechen. Für diesen An- spruch gegenüber der Gegenpartei und für die Betreibungskosten haftet der Staat 2 Jahre lang als Garant.
2 Unterliegt die Partei mit unentgeltlichem Rechtsbeistand, so ist die Ko- stenforderung ihres Anwaltes vom Gericht festzusetzen. Die Bezahlung erfolgt durch die Staatskasse. ...
1 )
3 Wurde beiden Parteien der unentgeltliche Rechtsbeistand bewilligt, so werden ihre Anwälte direkt vom Staat entschädigt.
§ 113. 3. bei Vergleich
1 Wird ein Prozess, in dem eine Partei die unentgeltliche Rechtspflege geniesst, durch Vergleich erledigt, so entscheidet der Richter über die Kostenauflage. Die §§ 111 und 112 sind sinngemäss anzuwenden.
2 Für diesen Kostenentscheid sind keine Gebühren zu erheben.
§ 114. G. Rückforderungsanspruch des Staates
1 Kommt eine Partei durch den Ausgang des Prozesses oder auf eine ande- re Weise nachträglich zu hinreichendem Vermögen oder Einkommen, so muss sie dem Staat die für sie entrichteten Kosten und die erlassenen Gebühren vergüten.
2 )
2 Dieser Rückforderungsanspruch erlischt nach Ablauf von 10 Jahren seit der Rechtskraft des Urteils.
3 Im Urteil wird die Partei mit unentgeltlicher Rechtspflege beziehungs- weise mit unentgeltlichem Rechtsbeistand unter der Voraussetzung von Absatz 1 zur Bezahlung der Kosten und Gebühren verurteilt. Das Gericht stellt dem zuständigen Departement den entsprechenden Teil des Urteils- dispositivs zu. Das zuständige Departement macht die Forderung mittels Verfügung geltend.
3 )
§ 115. H. Gebührentarif
Der kantonale Gebührentarif gilt als ergänzendes Recht. ________________
1 ) § 112 Absatz 2 Satz 3 aufgehoben am 12. Juni 1994. GS 93, 114.
2 ) § 114 Absatz 1 Fassung vom 12. Juni 1994; GS 93, 115.
3 ) § 114 Absatz 3 eingefügt am 12. Juni 1994.
25 Zweiter Titel Ordentliches Verfahren Erster Abschnitt Aussöhnungsverfahren
§ 116. A. Aussöhnungsverhandlung vor dem Friedensrichter
1. Im Allgemeinen
Jeder Vorladung vor den Gerichtspräsidenten hat im ordentlichen Verfah- ren eine Aussöhnungsverhandlung vor dem Friedensrichter vorauszuge- hen, sofern beide Parteien in der gleichen Gemeinde wohnen.
§ 117. 2. Ausnahmen
Eine Aussöhnungsverhandlung vor dem Friedensrichter findet nicht statt: a) bei einer Streitgenossenschaft; b) wenn der Staat oder eine Gemeinde Partei ist; c) für die Widerklage; d) in Prozessen, die erstinstanzlich durch das Obergericht beurteilt wer- den; e) im beschleunigten Verfahren nach SchKG, in allen Prozessen mit einer zehntägigen oder einer kürzeren Klagefrist sowie bei Klagen nach Ar- tikel 286-288 SchKG; f) bei Klagen nach Artikel 961 und 975 des Schweizerischen Zivilgesetz- buches (ZGB); g) wenn der Beklagte unbekannt abwesend ist und keinen Vertreter hat.
§ 118. 3. Verfahren
a) Vorladung
1 Der Friedensrichter soll auf Gesuch des Klägers die Parteien längstens auf
8 Tage vorladen.
2 In der Vorladung ist der Streitgegenstand zu bezeichnen.
§ 119. b) persönliches Erscheinen
1 Zur Aussöhnungsverhandlung haben die Parteien persönlich zu erschei- nen.
2 Die Parteien können sich vertreten lassen: a) durch den gesetzlichen Vertreter; b) durch den Ehegatten oder den eingetragenen Partner;
1 ) c) ausserdem durch einen Bevollmächtigten, wenn sie wegen Krankheit oder anderer erheblicher Gründe am Erscheinen verhindert sind. ________________
1 ) § 119 Absatz 2 Buchstabe b Fassung vom 28. Juni 2006 Eingetragene Partner- schaft.
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3 Für juristische Personen hat der Vertretungsberechtigte zu erscheinen.
§ 120. c) Aussöhnungsversuch
1 Der Friedensrichter hat dahin zu wirken, dass die Streitsache friedlich beigelegt wird.
2 Beweisaufnahmen hat er in der Regel zu unterlassen.
§ 121. 4. Erledigung
a) Vergleich
1 Kommt ein Vergleich zustande, so trägt ihn der Friedensrichter in sein Protokoll ein und lässt ihn durch die Parteien unterzeichnen.
2 Dieser Vergleich gilt als gerichtlicher Vergleich.
§ 122. b) Friedensrichterschein
1 Kommt kein Vergleich zustande, so vermerkt dies der Friedensrichter im Protokoll. Er stellt dem Kläger und auf Verlangen auch dem Beklagten den Friedensrichterschein aus.
2 Der Friedensrichterschein berechtigt den Kläger, innert 6 Monaten seit Ausstellung beim Gerichtspräsidenten vorladen zu lassen. Bei kürzeren Klagefristen entspricht die Gültigkeitsdauer des Friedensrichterscheines diesen Klagefristen.
3 Der Friedensrichterschein ist der Klage oder einem folgenden Vorla- dungsbegehren beizulegen.
§ 123. 5. Ausbleiben
a) des Beklagten
1 Erscheint nur der Kläger, so ist im Friedensrichterschein das Ausbleiben des Beklagten zu vermerken.
2 Bei Fortsetzung des Verfahrens vor dem Gerichtspräsidenten auferlegt dieser dem beim Friedensrichter ausgebliebenen Beklagten die Friedens- richterkosten und eine Parteientschädigung, sofern eine solche verlangt wird. Diese Kostenauflage erfolgt unbekümmert um den Ausgang des Prozesses.
§ 124. b) des Klägers
Bleibt der Kläger aus, so vermerkt dies der Friedensrichter nach Ablauf einer halben Stunde in seinem Protokoll und spricht dem Beklagten auf sein Begehren eine Parteientschädigung zu. Einem weiteren Vorladungs- begehren des Klägers wird erst entsprochen, wenn er sich über die Be- zahlung der Kosten und der allfälligen Parteientschädigung für sein frühe- res Ausbleiben ausweist.
§ 125. B. Aussöhnungsverhandlung vor dem Gerichtspräsidenten
1. Im Allgemeinen
1 verlaufen oder ist eine solche überhaupt nicht vorgesehen, so kann der Kläger, solange die Streitsache nicht rechtshängig (§ 57) ist, die Gegenpar- tei zu einer Aussöhnungsverhandlung vor den Gerichtspräsidenten vorla- den lassen. Eine solche Aussöhnungsverhandlung kann ohne Einverständ- nis der Gegenpartei nur einmal verlangt werden.
27
2 Bleibt der Beklagte der Verhandlung fern, so gilt der Aussöhnungsver- such als gescheitert; bleibt der Kläger aus, so kann ihm auf Begehren des erschienenen Beklagten eine Parteientschädigung auferlegt werden.
§ 126. 2. in Präsidialsachen
Liegt der Prozess, worüber ergebnislos verhandelt worden ist, in der Spruchkompetenz des Gerichtspräsidenten, so kann der Kläger mit Zu- stimmung des Beklagten sofort seine Klagebegehren zu Protokoll geben, und das Verfahren nimmt nach §§ 221 ff. seinen Fortgang.
§ 127. C. Aussöhnungsverhandlung vor dem In struktionsrichter des
Obergerichtes In den erstinstanzlich durch das Obergericht zu beurteilenden Prozessen kann eine Aussöhnungsverhandlung ohne Klageanhebung verlangt wer- den. Der Instruktionsrichter des Obergerichtes leitet die Verhandlung. Dabei ist § 125 Absatz 2 anzuwenden. Zweiter Abschnitt Verfahren vor Amtsgericht Erster Unterabschnitt Prozesseinleitung
§ 128. A. Schriftlichkeit
Die Prozesseinleitung erfolgt im schriftlichen Verfahren.
§ 129. B. Klageschrift
1. Inhalt und Form Im Allgemeinen
1 In der schriftlich begründeten Klage haben sämtliche Darstellungen knapp und übersichtlich zu erfolgen. Die Klage hat zu enthalten: a) die genaue Bezeichnung der Parteien und ihrer Ve rtreter; b) die Rechtsbegehren (Anträge) des Klägers, die derart klar und be- stimmt abgefasst werden sollen, dass bei Gutheissung das Urteil auf Zuspruch der Klagebegehren lauten kann; c) die Angabe des Streitwertes, soweit er zur Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit dient ( §§ 3 ff.); d) in fortlaufend numerierten Beweissätzen die klar gefasste Darstellung der Tatsachen, die die Klage begründen, wobei im gleichen Beweissatz nicht mehrere Tatsachen behauptet werden sollen, wenn sich diese leicht in mehrere Beweissätze aufteilen lassen; e) für jede Tatsache die genaue Angabe der Beweismittel, insbesondere unter Bezeichnung der Adresse der Zeugen und der Drittpersonen, die im Besitze der angerufenen Urkunden sind; f) das Datum und die Unterschrift des Klägers oder seines Vertreters.
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2 Die Urkunden, die sich im Besitze des Klägers befinden, sind numeriert, mit einem Verzeichnis versehen, der Klage beizufügen.
3 Kurze Rechtserörterungen sind zulässig.
§ 130. 2. insbesondere
a) Klage auf Geldzahlung
1 Geht die Klage auf eine Geldzahlung, so ist die Höhe des Forderungsbe- trages zu beziffern.
2 Kann die Höhe der Forderung bei Beginn des Prozesses nicht zahlenmä- ssig angegeben werden, so braucht der Kläger die Forderung erst nach der Beweisführung zu beziffern oder er kann auf Zuspruch einer Summe nach Ermessen des Richters klagen.
§ 131. b) Klage auf Tun, Unterlassen oder Dulden
Geht die Klage auf ein Tun, Unterlassen oder Dulden, so sind die einzel- nen, einer Vollstreckung dienlichen Massnahmen anzugeben.
§ 132. c) Fe ststellungsklage
Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhält- nisses kann geklagt werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse an der sofortigen Feststellung hat.
§ 133. 3. Prüfung der Klage
a) Behebung von verbesserlichen Mängeln
1 Der Eingang der schriftlich begründeten Klage ist unter Angabe des Datums zu bescheinigen.
2 Der Instruktionsrichter prüft, ob die Klage den Anforderungen von § 129 entspricht und die Prozessvoraussetzungen (§ 55) gegeben sind. Zur Behe- bung von verbesserlichen Mängeln, zu denen auch das Fehlen des Frie- densrichtervorstandes gehört, setzt er eine Frist von 10 Tagen.
3 Bei Wiedereinreichung der verbesserten Klage innert Frist gilt für den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Eingang der ersten Klage. Die Verbes- serung der Klage hat sich auf die beanstandeten Mängel zu beschränken.
4 Ist dem Instruktionsrichter ein verbesserlicher Mangel entgangen und lässt sich der Beklagte auf die Klage ein, so gilt der Mangel als geheilt.
§ 134. b) Be streitung von Mängeln durch den Kläger
Weist der Instruktionsrichter die Klage wegen Fehlens einer Prozessvoraus- setzung zurück oder setzt er dem Kläger zur Behebung von verbesserli- chen Mängeln Frist, so kann der Kläger innert 10 Tagen unter Angabe seiner Beweismittel die Bemängelung bestreiten und auf die Zustellung der Klage an den Beklagten beharren.
§ 135. 4. Zustellung der Klage und Vorladung zur
Aussöhnungsverhandlung
1 Die schriftlich begründete Klage wird dem Beklagten zugestellt. Liegt eine Klage ohne schriftliche Begründung vor (§ 56 Abs. 2), so werden dem Beklagten das Klagebegehren oder wenigstens der Klagegrund nebst Kompetenzbezeichnung mitgeteilt.
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2 Die Parteien sind zu einer A ussöhnungsverhandlung vorzuladen, wenn eine solche noch nicht oder nur vor dem Friedensrichter stattgefunden hat und die Art der Streitsache eine gütliche Beilegung erwarten lässt.
3 Im übrigen ist § 125 Absatz 2 anwendbar.
§ 136. 5. Fristansetzung
1 Ist die Aussöhnungsverhandlung nicht anberaumt worden oder fruchtlos verlaufen, so wird dem Kläger, der eine Klage ohne schriftliche Begrün- dung erhoben hat, Frist zur Einreichung der schriftlich begründeten Klage angesetzt. Ist der Beklagte bereits im Besitze der schriftlich begründeten Klage, so erhält er Frist zur schriftlichen Klageantwort.
2 Diese Fristen werden neu angesetzt, wenn der Beklagte ein Begehren um Sicherheitsleistung (§ 96) gestellt hat und das Begehren abgewiesen oder die Sicherheit geleistet worden ist.
§ 137. C. Klageantwort
1. Inhalt
1 Die Klageantwort hat zu enthalten: a) alle Einwendungen gegen die prozessuale Zulässigkeit der Klage, so- fern diese nicht in einer Prozesseinrede gesondert geltend gemacht werden; b) die Anträge in der Hauptsache; c) die Entgegnung auf die Anbringen der Klage, wobei die einzelnen Beweissätze im Anschluss an jene der Klage fortlaufend zu numerieren sind; d) gegebenenfalls die Widerklage.
2
§ 129 gilt sinngemäss.
§ 138. 2. Einwendungen
1 Hat der Kläger auf der Zustellung der Klage an den Beklagten beharrt, weil er die Bemängelung der Klage bestreitet (§ 134), so kann der In struk- tionsrichter verfügen, dass die Klageantwort sich auf solche Einwendun- gen beschränkt.
2 Ebenso kann der Beklagte innert der Antwortfrist anstatt einer einlässli- chen Antwort eine Prozesseinrede wegen Fehlens einer Prozessvorausset- zung einreichen, worin er bloss seine Einlassungsweigerung zu begründen hat.
3 Der Beklagte kann mit Zustimmung des Instruktionsrichters die Klagean- wort vorderhand auf materiellrechtliche Einwendungen von entscheiden- der Bedeutung beschränken.
4 Gegen diese Verfügungen ist der Rekurs zulässig.
§ 139. 3. Behandlung
Bei Verfügungen über die Beschränkung der Klageantwort hat der In- struktionsrichter zu berücksichtigen, dass weder durch getrennte Be- handlung die Erledigung des Prozesses ungebührlich verzögert noch durch gemeinsame Behandlung das Verfahren unnötig erweitert wird.
30
§ 140. D. Widerklage
1 Der Widerklageanspruch muss in der gleichen Verfahrensart einklagbar und entweder verrechenbar sein oder mit dem Gegenstand der Klage in rechtlichem Zusammenhang stehen.
2 Die Begründung der Widerklage kann mit der Antwort verbunden oder gesondert angeschlossen werden.
3 Gegen die Widerklage ist keine Widerklage gestattet.
§ 141. E. Antwort auf Einwendungen oder Widerklage
1 Wenn die Klageantwort den Anforderungen nach § 137 entspricht, wird sie dem Kläger zugestellt. Andernfalls ist § 133 anzuwenden.
2 Hat der Beklagte Einwendungen nach § 138 oder Widerklage erhoben, so ist dem Kläger Frist zur Antwortabgabe auf diese einzuräumen.
§ 142. F. Schluss des Schriftenwechsels
1 Mit der Antwort auf Klage, Einwendungen oder Widerklage ist der Rechtsschriftenwechsel in der Regel abgeschlossen.
2 Hat der Instruktionsrichter getrennte Behandlung der Einwendungen verfügt und werden die Einwendungen abgewiesen, so ist dem Beklagten eine neue Frist zur Abgabe der Antwort zu setzen.
§ 143. G. Nachträgliche Anbringungen
1 Jede Partei kann bis zu den Parteivorträgen an der Hauptverhandlung neue Behauptungen und Beweismittel vorbringen.
2 Die Partei hat die wegen der nachträglichen Anbringen entstandenen Mehrkosten zu tragen, sofern sie ein Verschulden trifft.
3 Der Gegenpartei ist in allen Fällen Gelegenheit einzuräumen, zu nach- träglich vorgebrachten Behauptungen oder Beweismitteln Stellung zu nehmen.
§ 144. H. Klageänderung
1 Eine Änderung des Klage- und Widerklagebegehrens, womit mehr oder anderes verlangt wird, ist nach Eintritt der Rechtshängigkeit nur bis zum Schluss des Beweisverfahrens und gestützt auf den gleichen Klagegrund zulässig.
2 Bewirkt die Klageänderung, dass ein anderer Richter zur Beurteilung zuständig ist, so wird ihm der Prozess überwiesen.
3 Für die durch die Klageänderung entstandenen Mehrkosten gilt § 143 Absatz 2 sinngemäss.
§ 145. 1. Klagerückzug
Der Kläger kann bis zur Einreichung der Klageantwort die Klage ohne Verlust seines Anspruches zurückziehen, später nur noch mit Zustimmung des Beklagten. Ohne diese Zustimmung wird Abstand angenommen.
31 Zweiter Unterabschnitt Beweisverfügung
§ 146.
1 ) A. Erlass und Inhalt
1 Nach Schluss der Prozesseinleitung erlässt der Instruktionsrichter die Beweisverfügung.
2 Er ordnet darin an, über welche Tatsachen, durch welche Partei und mit welchen Beweismitteln der Beweis zu führen ist.
3 Die Beweisverfügung kann weitere prozessleitende Anordnungen enthal- ten.
§ 147.
2 ) B. Verhandlung
1 Der Instruktionsrichter kann die Parteien für den Erlass der Beweisverfü- gung zu einer Verhandlung vorladen.
2 An der Verhandlung ist abzuklären, welche Tatsachen erheblich und bestritten sind.
3 Die wesentlichen Erklärungen der Parteien sind zu protokollieren.
§ 148.
3 ) C. Persönliches Erscheinen
1 Die Parteien haben zur Verhandlung persönlich zu erscheinen. § 119 ist anwendbar.
2 Beim Ausbleiben einer Partei kann der Instruktionsrichter zu einer zwei- ten Verhandlung vorladen. In diesem Fall hat die ausgebliebene Partei die Kosten der ersten Verhandlung zu tragen.
§ 149. D. Abänderung
Der Instruktionsrichter und das urteilende Gericht können die Beweisver- fügung jederzeit von sich aus oder auf Antrag abändern. Dritter Unterabschnitt Beweisrecht a) Vom Beweis im Allgemeinen
§ 150. A. Beweisgegenstand
1 Ein Beweis ist nur abzunehmen über erhebliche bestrittene Tatsachen und über Übungen oder Gebräuche. Hat der Richter davon sichere Kennt- nis, so ist der Beweis nicht abzunehmen.
2 Offenkundige Tatsachen bedürfen keines Beweises. ________________
1 ) § 146 Fassung vom 7. Dezember 1986; GS 90, 646.
2 ) § 147 Fassung vom 7. Dezember 1986.
3 ) § 148 Fassung vom 7. Dezember 1986.
32
3 Eine Tatsache ist beweisbedürftig, wenn aus dem ganzen Verhalten der Gegenpartei anzunehmen ist, dass sie diese Tatsache bestreiten wollte.
§ 151. B. Beweisbedü rftigkeit bei Säumnis
Bleiben Tatsachen unbestritten, weil die Gegenpartei säumig war, so be- dürfen sie des Beweises, wenn der Richter an ihrer Richtigkeit zweifelt.
§ 152. C. Gemeinsamkeit der Beweismittel
Alle Beweismittel können von beiden Parteien gleichmässig benutzt wer- den. Auf ein beantragtes Beweismittel kann nur mit Zustimmung der Gegenpartei verzichtet werden.
§ 153. D. Freie Beweiswürdigung
Der Richter würdigt den Beweis nach freier Überzeugung. Er wägt mit das Verhalten der Parteien im Prozess, wie das Nichtbefolgen einer persönli- chen Vorladung, das Verweigern der Beantwortung der richterlichen Fra- gen und das Vorenthalten möglicher Beweismittel.
§ 154. E. Beweismittel
Der Beweis wird erbracht durch: a) die Parteibefragung (§§ 155–161); b) die Urkunden (§§ 162–169); c) die Zeugenaussagen (§§ 170–183); d) den Augenschein (§§ 184–188); e) die Sachverständigen (§§ 189–195); f) die schriftlichen Auskünfte (§§ 196–198). b) Parteibefragung
§ 155. A. Im Allgemeinen
Der Richter kann die Parteien über den Sachverhalt befragen.
§ 156. B. Verfahren
1. Ermahnung zur Wahrheit
Der Richter ermahnt die Partei vor der Befragung zur Wahrheit.
§ 157. 2. Verweigerung der Aussagen
1 Der Partei steht das Recht zu, über Tatsachen, die ihre Ehre oder diejeni- ge ihrer Angehörigen (Art. 110 Ziff. 2 StGB) berühren, die Antwort zu verweigern.
2 Verweigert die Partei die Aussage ohne Berufung auf Absatz 1, so wür- digt der Richter diesen Umstand nach § 153.
§ 158. 3. Befragung
1 Ist die Partei nicht urteilsfähig, so wird der gesetzliche Vertreter befragt.
2 Ist die Partei eine juristische Person, so bestimmt der Richter, wer als Organ befragt werden soll, oder bei Kollektiv- oder Kommanditgesell- schaften, wer als Gesellschafter einvernommen werden soll.
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3 Ist eine Konkursmasse Partei, so kann der Richter sowohl den Konkursiten als auch den Konkursverwalter befragen.
§ 159. 4. Verhinderung am Erscheinen
Ist die zu befragende Partei infolge Alters, Krankheit oder aus andern ernsthaften Gründen am Erscheinen verhindert, so wird sie durch den Instruktionsrichter an ihrem Wohnort einvernommen.
§ 160. 5. Ausschluss der Gegenpartei
1 Der Richter kann aus wichtigen Gründen die Anwesenheit der Gegenpar- tei bei der Befragung ausschliessen. In diesem Falle nimmt auch der Ver- treter der einzuvernehmenden Partei an der Einvernahme nicht teil.
2 Die Parteien können ihre Fragen schriftlich formulieren.
§ 161. 6. Ausbleiben
Bleibt eine zur Parteibefragung vorgeladene Partei ohne rechtzeitige und genügende Entschuldigung aus, so wird sie der Gegenpartei zum Ersatz der dadurch verursachten Kosten verpflichtet. c) Urkunden
§ 162. A. Beweisführung
1. Im Allgemeinen
1 Der Urkundenbeweis wird geführt durch Vorlegung des Originals, von Abschriften, Auszügen oder Fotokopien.
2 Der Richter oder die Parteien können jederzeit die Vorlegung der Origi- nalurkunden verlangen.
§ 163. 2. Teilweise Einsichtnahme
1 Die Einsichtnahme in die Originalurkunde erstreckt sich nur auf Tatsa- chen des Prozesses.
2 Zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen oder anderer berechtigter Interessen soll der Richter Teile der Urkunde, die nicht dem Beweis dienen, in angemessener Weise der weiteren Einsicht entziehen.
3 Gegen seine Verfügung ist der Rekurs zulässig.
§ 164. 3. Einsichtnahme an Ort und Stelle
dem Gericht nicht vorgelegt werden, so sind sie an Ort und Stelle einzuse- hen.
§ 165. B. Editionspflicht
1. der Parteien
1 Die Parteien sind verpflichtet, die in ihrem Besitze befindlichen Urkunden vorzulegen.
2 Weigert sich eine Partei, die in ihrem Besitze befindliche Urkunde vorzu- legen oder über deren Verbleib Auskunft zu geben, oder hat sie diese absichtlich beseitigt oder untauglich gemacht, so würdigt der Richter dieses Verhalten nach § 153.
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§ 166. 2. von Drittpersonen
1 Dritte können zur Edition einer Urkunde oder einer amtlich beglaubigten Abschrift verhalten werden, wenn eine Partei sich darauf beruft.
2 Bezieht sich jedoch der Inhalt der Urkunde auf Tatsachen, worüber sie als Zeugen die Auskunft verweigern könnten, so sind sie von der Editi- onspflicht befreit. Ist die Weigerung nur in bezug auf einzelne Teile der Urkunde begründet, die der Einsicht entzogen werden können, so besteht die Verpflichtung zur Edition unter dieser Sicherung.
3 Bestreitet der Dritte den Besitz der Urkunde, so kann er über ihren Ver- bleib als Zeuge einvernommen werden.
4 Gegenüber Dritten, die sich weigern, die Urkunde vorzulegen, ist § 175 anwendbar.
§ 167. 3. von öffentlichen Verwaltungen
Die Edition von Urkunden öffentlicher Verwaltungen richtet sich nach der Spezialgesetzgebung.
§ 168. 4. vorzeitige Editionspflicht
1 Bedarf eine Partei zur Ausarbeitung einer Rechtsschrift oder zur Vor- nahme einer andern Rechtsvorkehr vor Erlass der Beweisverfügung einer Urkunde, die sich im Besitze der Gegenpartei oder eines Dritten befindet, so kann sie ihre Edition verlangen.
2 Der Instruktionsrichter entscheidet über das Begehren nach Anhörung der Gegenpartei unter vorläufiger Prüfung der Erheblichkeit des Beweis- mittels.
§ 169. C. Beweis der Echtheit
Bei öffentlichen Urkunden obliegt der Beweis der Unechtheit dem Gegner des Beweisführers, bei Privaturkunden der Beweis der Echtheit im Falle der Bestreitung dem Beweisführer. d) Zeugen
§ 170. A. Zeugnispflicht
Jeder am Prozess nicht beteiligte Dritte ist verpflichtet, Zeugnis abzulegen.
§ 171. B. Ausnahmen
1. Unzulässigkeit
Als Zeugen dürfen nicht einvernommen werden: a) Kinder unter 16 Jahren, wenn sie über ihre Eltern aussagen müssten oder die Befragung sie seelisch schädigen könnte; b) Geistliche oder Seelsorger über Tatsachen, die ihnen in der Beichte oder sonst unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut worden sind.
§ 172. 2. Zeugnisverweigerungsrecht
1 Das Zeugnis kann verweigert werden: a) über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen, seinem Verlobten, Ehegatten, eingetragenen Partner, der mit ihm eine faktische Lebens-
35 gemeinschaft führenden Person, seinem Blutsverwandten und Ver- schwägerten in gerader Linie, Bruder oder Schwester, Schwager oder Schwägerin, Mündel, den Adoptiveltern oder dem Adoptivkind die Ge- fahr strafrechtlicher Verfolgung oder einer schweren Beeinträchtigung der Ehre zuziehen kann, oder einen unmittelbaren vermögensrechtli- chen Schaden verursachen würde;
1 ) b) von Ärzten, Anwälten und freierwerbenden Notaren sowie ihren Hilfspersonen in Sachen, die ihnen ihrer Berufsstellung wegen anver- traut worden sind, selbst dann, wenn sie vom Berufsgeheimnis ent- bunden werden.
2 Die Berufung auf das Bankgeheimnis ist kein Zeugnisverweigerungs- grund.
3 Für die Zeugnispflicht von Beamten über Wahrnehmungen in Ausübung ihres Amtes sind die Vorschriften des Bundes oder der Kantone massge- bend.
§ 173. C. Entscheid über die Zeugnispflicht
1 Über das Recht zur Zeugnisverweigerung und über die Strafe des Unge- horsams (§§ 175, 176) entscheidet der In struktionsrichter und an der Hauptverhandlung das Gericht.
2 Gegen den Entscheid kann der Zeuge Rekurs erheben.
§ 174. D. Mitteilung des Beweisthemas
Wenn der Zeuge Nachschlagungen vorzunehmen hat, ist ihm mit der Vor- ladung vom Beweisthema Kenntnis zu geben.
§ 175. E. Folgen der Zeugnisverweigerung
1 Wer als Zeuge unbefugt die Aussage verweigert, ist mit Busse bis zu 500 Franken zu bestrafen.
2 )
2 Gegen den Entscheid kann der Zeuge Rekurs erheben.
3 Der ungehorsame Zeuge haftet den Parteien für allen durch seine Weige- rung entstehenden Schaden.
§ 176. F. Folgen des Ausbleibens
1 Zeugen, die trotz gehöriger Vorladung ohne Entschuldigung ausbleiben oder zu spät erscheinen, werden mit Busse bis 50 Franken bestraft.
2 Der Richter kann einen ohne rechtzeitige und genügende Entschuldigung ausgebliebenen Zeugen zu den Kosten der Verhandlung verurteilen, wenn durch sein Ausbleiben ein neuer Termin nötig wird.
3 Er kann überdies bei nochmaligem Ausbleiben gegen den Zeugen einen Vorführungsbefehl erlassen. Diese Massnahme ist in der Vorladung aus- drücklich anzukündigen.
4 Gegen diese Entscheide ist der Rekurs zulässig.
5 Der Zeuge haftet den Parteien für allen durch sein Ausbleiben verschul- deten Schaden. ________________
1 ) § §72 Absatz 1 Buchstabe a Fassung vom 28. Juni 2006 Eingetragene Partner- schaft.
2 ) § 175 Absatz 1 Fassung vom 16. Mai 2006.
36
§ 177. G. Einvernahme
1. Durchführung
1 Die Einvernahme beginnt mit der Feststellung der Personalien und mit dem Hinweis auf allfällige Zeugnisverweigerungsgründe.
2 Hierauf macht der Richter den Zeugen auf die Zeugnispflicht sowie auf die strafrechtlichen Folgen einer falschen Aussage (Art. 307 StGB) auf- merksam und ermahnt ihn zur Wahrheit.
3 Zeugen dürfen vor ihrer Einvernahme den Verhandlungen nicht beiwoh- nen.
§ 178. 2. Ergänzung sfragen
1 Sind die Aussagen des Zeugen unvollständig oder widersprechend, so soll ihn der Richter zur Ergänzung oder Erläuterung auffordern.
2 Den Parteien steht das Recht zu, anschliessend weitere Fragen zu bean- tragen, über deren Zulässigkeit der Richter entscheidet.
§ 179. 3. nochmalige Einvernahme
Der Richter kann jederzeit eine nochmalige Einvernahme des Zeugen an- ordnen.
§ 180. 4. Konfrontation
Bei widersprechenden Aussagen können Zeugen mit Zeugen und Parteien konfrontiert und erneut einvernommen werden.
§ 181. 5. schriftliche Fragestellung
Die Parteien können ihre Fragen an die Zeugen vor der Einvernahme schriftlich einreichen. Diese schriftliche Fragestellung kann vom Richter angeordnet werden, wenn die Zeugeneinvernahme durch einen auswärti- gen Richter erfolgt.
§ 182. 6. Protoko llierung des Zeugnisses
1 Die Zeugenaussagen sind vom Gerichtsschreiber in Reinschrift zu proto- kollieren. Das Protokoll ist dem Zeugen vorzulesen und von ihm zu unter- schreiben.
2 Zeugeneinvernahmen vor dem erkennenden Gericht können stenogra- phisch protokolliert werden. Das Stenogramm wird nicht vorgelesen und vom Zeugen nicht unterschrieben. Bei Weiterzug des Urteils oder wenn es die Parteien verlangen, wird das Stenogramm in Reinschrift in die Akten übertragen.
3 Das Obergericht kann durch Weisung andere Arten der Protokollierung anordnen.
4 Erhebt sich der Verdacht, dass das Zeugnis falsch sein könnte, hat die Protokollierung nach Absatz 1 zu erfolgen.
§ 183. 7. Vergütungen
1 Der Zeuge hat Anspruch auf ein Zeugengeld und auf Entschädigung nach den Bestimmungen des kantonalen Gebührentarifs.
2 Erfüllt der Zeuge seine Zeugenpflicht mangelhaft, so kann der Richter die Auszahlung von Vergütungen ganz oder teilweise verweigern. Gegen seinen Entscheid ist der Rekurs zulässig.
37 e) Augenschein
§ 184. A. Begriff
Der Augenschein dient der Abklärung eines Sachverhaltes durch unmittel- bare Wahrnehmung.
§ 185. B. Verpflichtung zur Duldung
1. Parteien
1 Die Partei ist verpflichtet, an ihrer Person und an den in ihrem Gewahr- sam befindlichen Sachen den Augenschein zu dulden.
2 Der Richter würdigt die Weigerung einer Partei nach § 153.
§ 186. 2. Dritte
1 Dritte sind verpflichtet, an sich und an den in ihrem Gewahrsam befindli- chen Sachen den Augenschein zu dulden, soweit sie nicht in sinngemässer Anwendung von § 172 zur Weigerung berechtigt sind.
2 Eine unberechtigte Weigerung hat die für den ungehorsamen Zeugen vorgesehenen Folgen.
3 Gegen den Entscheid kann der Dritte Rekurs erheben.
§ 187. C. Durchführung
1. Im Allgemeinen
1 Der Richter ordnet den Augenschein an.
2 Der Augenschein wird in der Regel durch das Gesamtgericht oder eine Delegation, ausnahmsweise durch den Instruktionsrichter vorgenommen. Sachverständige und Zeugen können beigezogen werden. Den Parteien ist Gelegenheit zu geben, dem Augenschein beizuwohnen.
3 Ist die eigene Wahrnehmung des Richters nicht tunlich, so kann er an- ordnen, dass ein Sachverständiger den Augenschein ohne seine Anwesen- heit vornehme.
§ 188. 2. Vorlegung einer Sache
Kann die zu besichtigende Sache ohne Nachteil vor Gericht gebracht wer- den, so ist sie wie eine Urkunde vorzulegen. f) Sachverständige
§ 189. A. Voraussetzung
Erfordert die Beurteilung des Streitfalles Fachkenntnisse, die dem Richter fehlen, so soll ein Gutachten von einem oder mehreren Sachverständigen eingeholt werden.
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§ 190. B. Ablehnung
1 Wer als Richter abgelehnt werden könnte, kann nicht Sachverständiger sein.
2 Den Parteien ist Gelegenheit zu geben, vor der Bezeichnung des Sachver- ständigen Einwendungen vorzubringen.
§ 191. C. Pflichten
Der Sachverständige hat seinen Auftrag gewissenhaft und unparteiisch auszuführen. Er wird bei der Ernennung auf diese Pflicht unter Hinweis auf Artikel 307 des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB) aufmerksam gemacht.
§ 192. D. Gutachten
1 Der Sachverständige erstattet sein Gutachten nach Anweisung des Rich- ters entweder schriftlich innert der ihm vom Richter gesetzten Frist oder mündlich an der Verhandlung. Den Parteien ist Gelegenheit zu geben, Fragen an den Sachverständigen zu beantragen. Sie können nach Erstat- tung des Gutachtens Ergänzungsfragen beantragen.
2 Mehrere Sachverständige verfassen das schriftliche Gutachten gemein- sam, wenn ihre Ansichten übereinstimmen, sonst gesondert.
3 Der Richter kann ein Obergutachten einholen, wenn er das Gutachten für ungenügend erachtet. Gegen diesen Entscheid ist der Rekurs zulässig.
§ 193. E. Mitwirkungspflicht
Für die Begutachtung haben Parteien und Dritte nach §§ 185 und 186 dem Sachverständigen zur Verfügung zu stehen.
§ 194. F. Abschrift
Den Parteien ist auf Verlangen eine Abschrift des Gutachtens auszuhändi- gen.
§ 195. G. Entschädigung
Der Sachverständige hat Anspruch auf Vergütung seiner Auslagen sowie auf ein Honorar nach Ermessen des Richters. g) Schriftliche Auskünfte
§ 196. A. Zulässigkeit
Der Richter kann im Einvernehmen mit den Parteien bei Behörden oder ausnahmsweise bei Privaten schriftliche Berichte einholen, anstatt sie als Zeugen einzuvernehmen oder von ihren Urkunden einzuverlangen.
§ 197. B. Mitteilung an Parteien
Der Richter hat die Berichte den Parteien zur Kenntnis zu bringen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
39
§ 198. C. Würdigung
Der Richter entscheidet frei über den Beweiswert der Auskünfte. Er kann anordnen, dass sie durch gerichtliches Zeugnis der Urkundenedition be- kräftigt werden müssen. Vierter Unterabschnitt Hauptverhandlung
§ 199. A. Vorbereitung
Der Gerichtspräsident trifft die für die Hauptverhandlung erforderlichen Vorbereitungen.
§ 200. B. Verhandlung
1. Eröffnung
1 Der Vorsitzende eröffnet die Verhandlung und stellt fest, ob die Parteien erschienen sind.
2 Er verliest die Akten, soweit sie nicht vorher bei den Richtern zirkuliert haben.
§ 201. 2. Beweisabnahme
1 Sofern Beweiserhebungen nicht schon vor der Hauptverhandlung durch- geführt worden sind, nimmt sie das urteilende Gericht vor.
2 Beweiserhebungen des Instruktionsrichters können wiederholt werden, insbesondere wenn dem Gericht unmittelbare Wahrnehmung geboten erscheint.
3 Die Parteien haben Anträge auf Wiederholung rechtzeitig vor der Haupt- verhandlung zu stellen, ansonst sie die Kosten der Verzögerung zu tragen haben.
§ 202. 3. Parteivo rträge
1 Nach Abschluss des Beweisverfa hrens hört das Gericht die Parteivorträge an.
2 Jede Partei kann das Wort zweimal ergreifen. Für den Vortrag kann der Vorsitzende die Redefrist beschränken.
3 Die Parteien können auf ihre Vorträge verzichten.
§ 203. C. Urteil
1. Inhalt
1 Das Urteil erg eht über die von den Parteien gestellten Anträge.
2 Der Richter darf einer Partei weder mehr noch anderes zusprechen, als sie selbst verlangt, aber auch nicht weniger, als die Gegenpartei anerkannt hat.
3 Dem Urteil ist der Tatbestand zugrunde zu legen, wie er zur Zeit der Ausfällung vorliegt.
40
§ 204. 2. Beratung
1 Beratung und Abstimmung finden in der Regel anschliessend an die Parteivorträge statt.
2 Bei der Beratung erhalten zuerst die einzelnen Richter das Wort. Der Vorsitzende äussert sich nach ihnen.
3 Der Gerichtsschreiber hat beratende Stimme.
§ 205. 3. Abstimmung
a) Verfahren
1 Der Vorsitzende lässt über jeden Klagepunkt gesondert abstimmen. Bei Stimmengleichheit gibt er den Stichentscheid.
2 Jeder Richter ist zur Abgabe seiner Stimme verpflichtet.
§ 206. b) Reihenfolge
1 Zuerst wird über das Rechtsbegehren des Klägers, und wenn es keine Mehrheit erhält, immer zuerst über die am wenigsten abweichenden An- träge, und wenn keiner das Mehr erhält, über das Rechtsbegehren des Beklagten abgestimmt.
2 Diejenigen Richter, deren Anträge bei der Abstimmung keine Mehrheit erhalten, haben sich in den folgenden Abstimmungen einem der gestell- ten Anträge anzuschliessen.
§ 207. c) Urteilserwägungen
Ist das Gericht über die Urteilserwägungen nicht einig, ist auch über sie abzustimmen.
§ 208. 4. Eröffnung
1 Das Urteil ist vom Vorsitzenden im Anschluss an die Beratung und Ab- stimmung mündlich zu eröffnen und nachher den Parteien im Dispositiv schriftlich mitzuteilen.
2 Die Urteilseröffnung muss die nötigen Angaben über die Rechtsmittel enthalten.
3 Das Urteil mit den Erwägungen des Gerichtes ist den Parteien auf Ver- langen schriftlich zuzustellen.
§ 209. 5. Rechtskraft
1 Urteile, gegen die kein Rechtsmittel mit aufschiebender Wirkung gege- ben ist, treten bei Anwesenheit der Parteien mit der mündlichen Eröff- nung, bei Abwesenheit einer Partei mit der schriftlichen Eröffnung in Rechtskraft.
2 Für Urteile, die durch Appellation weitergezogen werden können, wird die Rechtskraft bis zum unbenützten Ablauf der Rechtsmittelfrist aufge- schoben.
2bis Erklären die Parteien nach der mündlichen oder schriftlichen Eröffnung den Verzicht auf das Rechtsmittel, so wird das Urteil am Tage des Verzich- tes rechtskräftig.
1 )
3 Kann das Obergericht auf die Appellation nicht eintreten, so beginnt die Rechtskraft mit dem Nichteintretensentscheid des Obergerichtes. ________________
1 ) § 209 Absatz 2 bis eingefügt am 7. Dezember 1986; GS 90, 646.
41
4 Bleibt der Appellant aus, so tritt die Rechtskraft mit dem Verwirkungs- entscheid des Obergerichtes (§ 298 Abs. 1) ein.
5 Bei Rückzug der Appellation beginnt die Rechtskraft am Tag des Appella- tionsrückzuges.
6 Fällt die Appellation mangels Zahlung eines Kostenvorschusses dahin, so tritt die Rechtskraft mit Ablauf der Zahlungsfrist ein.
7 Der Gerichtsschreiber stellt die Bescheinigung über die Rechtskraft eines Urteils aus. Fünfter Unterabschnitt Säumnisurteil
§ 210. A. Voraussetzungen
1 Bleibt eine oder bleiben beide Parteien der Hauptverhandlung unent- schuldigt fern, so urteilt das Gericht aufgrund der bisherigen Anbringen und Beweisergebnisse.
2 Lässt sich die erschienene Partei auf die Verhandlung nicht ein, so gilt sie als ausgeblieben, kann aber nicht Wiedereinsetzung verlangen.
§ 211. B. Beschränkung auf Einreden und Einwendungen
Ist ausschliesslich für die Verhandlung über bestimmte Einreden und Ein- wendungen vorgeladen worden, so ist nur darüber zu erkennen.
§ 212. C. Eröffnung
1 Das Säumnisurteil ist den Parteien im Dispositiv zuzustellen.
2 Kann das Dispositiv nicht zugestellt werden, so ist es im Amtsblatt zu veröffentlichen.
§ 213. D. Wiedereinsetzungsverfahren
Für die Wiedereinsetzung gelten die §§ 89 ff.
§ 214. E. Rechtsmittel
1 Gegen ein Säumnisurteil sind die gleichen Rechtsmittel zulässig wie ge- gen die übrigen Urteile.
2 Die Einrichtung eines Wiedereinsetzungsbegehrens hat auf die ordentli- chen Rechtsmittelfristen keinen Einfluss.
1 ) ________________
1 ) § 214 Absatz 2 Fassung vom 7. Dezember 1986; GS 90, 646.
42 Sechster Unterabschnitt Prozesserledigung ohne Urteil
§ 215. A. Abschreibung
1 Wird eine Klage zurückgezogen, vom Beklagten anerkannt, durch Ver- gleich erledigt oder gegenstandslos, so verfügt der Instruktionsrichter die Abschreibung des Prozesses und entscheidet über die Kostenauferlegung, wozu die Parteien anzuhören sind.
1 )
2 Gegen diese Verfügung ist der Rekurs zulässig.
§ 216. B. Voll streckbarkeit
1 Ein Abschreibungsbeschluss ist gleich einem rechtskräftigen Urteil voll- streckbar.
2 Ein vor Gericht abgeschlossener oder ihm zur Verurkundung im Protokoll eingereichter Vergleich ist in den Abschreibungsbeschluss aufzunehmen. Dritter Abschnitt Verfahren vor Obergericht als erster Instanz
§ 217. Anwendbares Verfahren
Für das Verfahren vor Obergericht als erster Instanz gelten sinngemäss die Vorschriften des amtsgerichtlichen Verfahrens. Vierter Abschnitt Verfahren vor dem Einzelrichter
§ 218. A. Im Allgemeinen
1 In Prozessen, die der Beurteilung durch den Einzelrichter (Friedensrichter, Gerichtspräsident) unterliegen, ist das mündliche Verfahren anwendbar.
2 Der Gerichtspräsident kann von sich aus oder auf Antrag das schriftliche Verfahren nach §§ 128 ff. anordnen, wenn der Prozess es gebietet.
§ 219. B. Verfahren vor dem Friedensrichter
1 Bei einem Prozess in der Spruchkompetenz des Friedensrichters nimmt dieser nach erfolglosem Vergleichsversuch sofort die Begehren der Partei- en entgegen und fällt sein Urteil, indem er sinngemäss nach § 222 ver- fährt. ________________
1 ) § 215 Absatz 1 Fassung vom 7. Dezember 1986.
43
2 Der Friedensrichter führt ein Protokoll, das Datum, Namen der Parteien, Streitgegenstand, allfällige Beweismittel, das Urteil über die Hauptsache und die Kosten sowie eine kurze Begründung zu enthalten hat.
1 )
§ 220. C. Präsidialverfahren
1. Vorladung zum ersten Rechtstag
1 Im Präsidialverfahren ladet der Gerichtspräsident die Parteien zum ersten Rechtstag vor, sofern die Rechtshängigkeit nach §§ 56 und 57 begründet worden ist.
2 Der Beklagte erhält mit der Vorladung ein Doppel der schriftlichen Klage oder die Mitteilung des Klagebegehrens oder des Klagegrundes (§ 56 Abs. 2).
3 In der Vorladung droht der Gerichtspräsident dem Kläger für den Fall des Ausbleibens an, dass der Prozess abgeschrieben werde, dem Beklagten, dass das Verfahren ohne ihn seinen Fortgang nehme.
§ 221. 2. e rster Rechtstag
1 Am ersten Rechtstag versucht der Gerichtspräsident den Streit gütlich beizulegen.
2 Nach fruchtlosem Vergleichsversuch nimmt der Gerichtspräsident die Klagebegehren und Beweisanträge zu Protokoll. Ist der Beklagte nicht in der Lage, zur Klage sofort Stellung zu nehmen, so wird die Verhandlung verschoben; andernfalls werden auch seine Begehren und Beweisanträge
§ 222. 3. Beweisverfügung und Urteil
1 Der Gerichtspräsident hört die Parteien an, sorgt dafür, dass keine Partei durch Unkenntnis des Rechtsganges in ihrem Recht gefährdet wird, und erlässt dann die Beweisverfügung.
2 Ist die Streitsache durch die Parteieinvernahme und die vorgelegten Urkunden in tatsächlicher Hinsicht bereits am ersten Rechtstag genügend abgeklärt, so erhalten die Parteien das Wort zum Parteivortrag. Hierauf fällt der Gerichtspräsident in der Regel sofort das Urteil.
3 Kann die Streitsache am ersten Rechtstag nicht erschöpfend abgeklärt werden, so wird zu einer weiteren Verhandlung vorgeladen.
§ 223. 4. Hinweis auf das amtsgerichtliche Verfahren
Im übrigen gelten für das Verfahren vor dem Gerichtspräsidenten sinnge- mäss die Bestimmungen des amtsgerichtlichen Verfahrens. ________________
1 ) § 219 Absatz 2 Fassung vom 7. Dezember 1986; GS 90, 646.
44 Dritter Titel Besondere Verfahren Erster Abschnitt Untersuchungsverfahren Erster Unterabschnitt Im Allgemeinen
§ 224. A. Anwendungsfälle
Das Untersuchungsverfahren findet auf folgende Fälle Anwendung: I. im Personenrecht: a) Verschollenerklärung (Art. 35 ZGB); b) Auflösung eines Vereins (Art. 78 ZGB); c) Aufhebung einer Stiftung (Art. 88 Abs. 2 ZGB) II. im Familienrecht: a) Beitragspflicht nach Auflösung des Verlöbnisses (Art. 92 ZGB);
1 ) b) ...
2 ) c) Ungültigerklärung der Ehe (Art. 106 ZGB) und der eingetragenen Partnerschaft (Art. 9 ff. PartG);
3 ) d) ...
4 ) e) Ehescheidung (Art. 111 ff. ZGB) und gerichtliche Auflösung der eingetragenen Partnerschaft (Art. 29 ff. PartG)
5 ) f) Ehetrennung (Art. 117 f. ZGB)
6 ); g) Abänderung des Scheidungs- oder Trennungsurteils (Art. 129 und
134 ZGB)
7 ); h) Entschädigung für ausserordentliche Beiträge eines Ehegatten (Art.
165 ZGB);
8 ) i) güterrechtliche Auseinandersetzung, ausser jene bei Auflösung des Güterstandes durch Tod (Art. 194 Ziff. 2 und 3 ZGB);
9 ) ________________
1 ) § 224 Ziff. II litera a Fass ung vom 7. September 1999.
2 ) § 224 litera b aufge hoben am 7. Dezember 1986; GS 90, 646.
3 ) § 224 Ziffer II litera c Fass ung vom 28. Juni 2006 Eingetragene Partnerschaft.
4 ) § 224 Ziff. II litera d aufge hoben am 7. September 1999.
5 ) § 224 Ziffer II litera e Fass ung vom 28. Juni 2006 Eingetragene Partnerschaft.
6
§ 224 Ziff. II litera f Fass ung vom 7. September 1999.
7 ) § 224 Ziff. II litera g Fass ung vom 7. September 1999.
8 ) § 224 litera g-i Fass ung nach Z iff. II/2 des G über die Änderung des EG ZGB vom
6. Dezember 1987; GS 90, 1069.
9 ) § 224 litera g-i Fass ung nach Z iff. II/2 des G über die Änderung des EG ZGB vom
6. Dezember 1987; GS 90, 1069.
45 k) Feststellung und Anfechtung des Kindesverhältnisses (Art. 253 ff. ZGB);
1 ) l) Unterhalts- und Unterstützungsklagen (Art. 279, 286 und 329 ZGB);
2 ) m) Entmündigungsklage (Art. 369 ff. ZGB);
3 ) n) Beiratschaft (Art. 395 ZGB);
4 ) o) Aufhebung der Vormundschaft (Art. 436ff. ZGB).
5 ) III. im Obligationenrecht:
6 ) a) Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis, soweit nicht das Arbeits- gericht zuständig ist (Art. 343 OR); b) Streitigkeiten aus Miete und nicht-landwirtschaftlicher Pacht (Art.
274 ff. OR). IV. im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht:
7 ) Nachlassvertragsverfahren (Art. 293 ff. SchKG) und das No tstundungs- verfahren (Art. 317 a ff. SchKG).
§ 225.
8 ) B. Verfahren
1. Im Allgemeinen
1 Für die Beurteilung der Prozesse nach dem Untersuchungsverfahren ist erstinstanzlich das Amtsgericht zuständig; der Amtsgerichtspräsident ist zuständig in Mietsachen nach § 224 Ziffer III litera b), im Schuldbetrei- bungs- und Konkursrecht (§ 224 Ziff. IV) sowie im Falle von § 227.
2 Soweit nicht in diesem Gesetz oder in der Bundesgesetzgebung Abwei- chungen vorgesehen sind, gelten sinngemäss die für das ordentliche Ver- fahren aufgestellten Bestimmungen.
§ 226. 2. Ausschluss des Friedensrichtervo rstandes
Ein Aussöhnungsverfahren vor dem Friedensrichter findet nicht statt.
§ 227.
9 ) 3. Mündliches Verfahren In einfachen Fällen kann der Instruktionsrichter das mündliche Verfahren anordnen. In diesem Fall finden die §§ 221 Absatz 2 und 222 Absatz 1 sinngemäss Anwendung, und für die Beurteilung im Personenrecht und im Familienrecht (§ 224 Ziff. I und II) ist der Amtsgerichtspräsident zuständig.
§ 228. 4. Abklärung von Amtes wegen
Der Richter ist an die Anbringen und Beweisanträge nicht gebunden. Er hat die Tatsachen, die für die Streitsache von Bedeutung sind, von Amtes wegen abzuklären. Doch darf der Richter auch im Untersuchungsverfah- ________________
1 ) § 224 litera k-n Fass ung vom 4. Dezember 1977; GS 87, 370.
2 ) § 224 litera k-n Fass ung vom 4. Dezember 1977; GS 87, 370.
3 ) § 224 litera k-n Fass ung vom 4. Dezember 1977; GS 87, 370.
4 ) § 224 litera k-n Fass ung vom 4. Dezember 1977; GS 87, 370.
5 ) § 224 litera o Fass ung nach § 36 litera c EG füF vom 2. Dezember 1984; GS 89,
631;
6 ) § 224 Ziff. III Fass ung vom 4. Mai 1997.
7 ) § 224 Ziffer IV. Fass ung vom 7. Dezember 1986.
8 ) § 225 Fassung vom 12. Juni 1994; GS 93, 115.
9 ) § 227 Fassung vom 12. Juni 1994.
46 ren, soweit nicht besondere Gesetzesbestimmungen es erlauben, einer Partei nicht mehr und nicht etwas anderes zusprechen, als sie verlangt hat. Zweiter Unterabschnitt Ehesachen
1 )
§ 229.
2 ) A. Scheidung auf gemeinsames Begehren
1 Im Verfahren auf Scheidung auf gemeinsames Begehren gelten die Arti- kel 111 und 112 ZGB.
2 Gegen den Entscheid, dass die Voraussetzungen für eine Scheidung auf gemeinsames Begehren nicht erfüllt sind, (Art. 113 ZGB) ist der Rekurs gegeben.
§ 229
bis
.
3 )A bis
. Scheidung auf Klage
1 In Ehestreitsachen ladet der Instruktionsrichter die Parteien zu einer Aussöhnungsverhandlung ein.
2 Die Parteien haben persönlich zu erscheinen, wenn sie nicht aus wichti- gen Gründen verhindert oder unbekannt abwesend sind.
3 Der Instruktionsrichter kann die Parteien jederzeit zum persönlichen Erscheinen vorladen, um sie auszusöhnen.
§ 230. B. Vorsorgliche Ma ssregeln
1 Der Instruktionsrichter verfügt die für die Dauer des. Prozesses notwen- digen Massregeln.
2 Ist der Prozess vor Obergericht hängig, so entscheidet der Oberge- richtspräsident oder ein von ihm bezeichneter Richter über neue vorsorgli- che Massregeln.
3 Gegen solche Verfügungen ist die Nichtigkeitsbeschwerde zulässig.
4 )
§ 230
bis
.
5 )B bis Kindesanhörung bei Ehescheidung
1 Der Gerichtspräsident, der Instruktionsrichter oder die mit der Anhörung des Kindes beauftragte Drittperson hält das Ergebnis der Anhörung schriftlich fest. Die Ehegatten und ein allfälliger Beistand des Kindes wer- den vom Ergebnis der Anhörung in Kenntnis gesetzt.
2 Die Bedenkzeit von zwei Monaten (Art. 111 Abs. 2 ZGB) wird den Ehegat- ten in der Regel erst angesetzt, wenn die Anhörung der Kinder abge- schlossen ist.
3 Gegen die Verfügung, dass von der Anhörung des Kindes abgesehen wird, steht dem Kind der Rekurs zu, wenn es urteilsfähig ist. ________________
1 ) Titel vor § 229 Fassung vom 7. September 1999.
2 ) § 229 Fassung vom 7. September 1999.
3 ) § 229 bis eingefügt am 7. September 1999.
4 ) § 230 Absatz 3 Fassung vom 4. Mai 1997.
5 ) § 230 bis eingefügt am 7. September 1999.
47
§ 231. C. Güterrechtliche Auseinandersetzung
Die güterrechtliche Auseinandersetzung der Parteien soll auf Begehren einer Partei im Urteil geregelt werden, sofern damit keine erhebliche Weiterung des Verfahrens verbunden ist. Dritter Unterabschnitt Vaterschaftssachen
§ 232. ...
1 )
§ 233.
2 ) B. Aussöhnungsverhandlung
1 Der Gerichtspräsident lädt nach Einreichung der Feststellungs- oder Un- terhaltsklage die Parteien zu einer Aussöhnungsverhandlung vor.
2 Für den Erlass vorsorglicher Massregeln gelten die Bestimmungen des
§ 230.
§ 234.
3 ) C. Parteibefragung und Beweisaussage
1 Die Mutter kann den Beweis dafür, dass ihr der Beklagte vom dreihun- dertsten bis zum hundertachtzigsten Tage vor der Geburt beigewohnt hat, durch Parteibefragung erbringen.
2 Wenn andere Beweismittel fehlen oder unzureichend sind, kann die Mutter ihre Aussage unter Hinweis auf die Straffolgen von Artikel 306 Absatz 1 StGB wiederholen.
§ 235. D. Blutprobe
1 Die Parteien und Dritte sind verpflichtet, sich zum Zweck des Vater- schaftsnachweises einer Blutprobe oder andern geeigneten Beweismass- nahmen zu unterziehen.
2 Der Richter würdigt die Weigerung der Parteien nach § 153. Für Dritte finden die §§ 175 und 176 sinngemässe Anwendung.
3
...
4 )
§ 236. E. Klage des Kindes
1 Getrennt angehobene Vaterschaftsprozesse der Mutter und des Kindes sind vom Richter zu vereinigen.
2 Im Vaterschaftsprozess des Kindes kann die Mutter Zeugin sein, wenn sie selber nicht klagt. ________________
1 ) Aufgehoben durch G über die Änderung des EG ZGB vom 4. Dezember 1977. GS 87, 370;
2 ) § 233 Fassung vom 4. Dezember 1977.
3 ) § 234 Fassung vom 4. Dezember 1977.
4 ) § 235 Absatz 3 aufgehoben am 4. Dezember 1977.
48 Zweiter Abschnitt Summarisches Verfahren Erster Unterabschnitt Im Allgemeinen
§ 237. A. Anwendungsfälle
1 Das summarische Verfahren vor dem Gerichtspräsidenten findet Anwen- dung auf Verfügungen und Entscheide, die nach dem Gesetz über die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches der Gerichtspräsident zu treffen hat.
2 Ferner ist das summarische Verfahren auf folgende Fälle anwendbar: a) Verfügungen und Entscheide nach SchKG (§§ 244, 245); b) die gerichtliche Hinterlegung (§§ 250–254); c) einstweilige Verfügungen (§§ 255–267); d) die vorsorgliche Beweisführung (§§ 268–274); e) das Verbotsverfahren (§§ 275, 276); f) ausserkantonale und ausländische Urteile im Vollstreckungsverfahren (§ 323);
1 g) gerichtliche Durchsetzung des Gegendarstellungsrechtes (Art. 28 l ZGB;
2 ) h) Schutz der Persönlichkeit gegen Gewalt, Drohungen oder Nachstellun- gen (Art. 28b ZGB);
3 ) i) Sicherungsmassnahmen nach Artikel 598 Absatz 2 ZGB bei Erbscha fts- klage;
4 k) Verfügungen nach Artikel 712 c Absatz 3, Artikel 712 q und Artikel
712 r Absatz 2 ZGB bei Stockwerkeigentum;
5 ) l) Stundung nach Artikel 226 k OR bei Abzahlungsve rtrag;
6 ) m) vorsorgliche Massnahmen nach Artikel 574 Absatz 3 OR bei Klage auf Auflösung der Kollektivgesellschaft;
7 ) n) Verfügungen nach Artikel 9 Absatz 3, 22 Absatz 3, 28 Absatz 1 litera a und 54 Absatz 4 des Bundesgesetzes über die Anlagefonds (SR
931.51);
8 ) ________________
1 ) § 237 Absatz 2 litera f und g Fassung vom 7. Dezember 1986; GS 90, 646.
2 ) § 237 Absatz 2 litera f und g Fassung vom 7. Dezember 1986; GS 90, 646.
3 ) § 237 Absatz 2 Buchstabe h Fassung vom 15. Mai 2007.
4 ) § 237 Absatz 2 litera i-m eingefügt am 7. Dezember 1986.
5 ) § 237 Absatz 2 litera i-m eingefügt am 7. Dezember 1986.
6 ) § 237 Absatz 2 litera i-m eingefügt am 7. Dezember 1986.
7 ) § 237 Absatz 2 litera i-m eingefügt am 7. Dezember 1986.
8 ) § 237 Absatz 2 litera n eingefügt am 7. Dezember 1986.
49 o) Erstreckung der landwirtschaftlichen Pacht (Art. 26-28 des Bundesge- setzes über die landwirtschaftliche Pacht;
1 ) p) ...
2 )
3
...
3 )
§ 238. B. Anstände
Ergeben sich Anstände über die Anwendung des summarischen Verfah- rens, so entscheidet darüber das Obergericht.
§ 239. C. Allgemeine Verfahrensvorschriften
1. Begehren und Antwort
1 Die Begehren sind schriftlich oder mündlich anzubringen; mündliche Begehren sind zu protokollieren.
2 Der Gerichtspräsident gibt der Gegenpartei Gelegenheit zu mündlicher oder schriftlicher Stellungnahme.
3 Die Parteien sind gehalten, in ihren Eingaben Einwände und Beweismittel anzugeben und die in ihrem Besitze befindlichen Urkunden beizulegen.
§ 240. 2. Erhebungen und Verfügungen
1 Der Gerichtspräsident führt die erforderlichen, in der Regel aber keine zeitraubenden Erhebungen durch.
2 In Eheschutz- und anderen familienrechtlichen Sachen findet § 228 An- wendung.
4 )
3 Wenn Gefahr im Verzuge liegt, kann der Gerichtspräsident sofort nach Eingang des Begehrens und vor Anhörung der Gegenpartei die für die Dauer des summarischen Verfahrens erforderlichen Verfügungen treffen. Er hat die Parteien ohne Verzug anzuhören und danach über die Bestäti- gung oder Änderung der Verfügungen zu entscheiden.
5 )
§ 241. 3. Verhandlungen
1 Der Gerichtspräsident kann eine mündliche Verhandlung ansetzen.
2 In familienrechtlichen Sachen haben die Parteien in der Regel persönlich zu erscheinen.
3 Beim Ausbleiben einer oder beider Parteien entscheidet der Gerichtsprä- sident aufgrund der Akten.
§ 242. 4. Entscheid
1 Der Gerichtspräsident trifft seinen Entscheid ohne Verzug.
2 Verfügungen und Entscheide sind in einem Protokoll niederzulegen. Den Parteien ist das Dispositiv schriftlich mitzuteilen. ________________
1 ) § 237 Absatz 2 litera o Fass ung nach Z iff. II/2 des G über die Änderung des EG ZGB vom 6. Dezember 1987; GS 90, 1069.
2 ) § 237 Absatz 2 litera p aufge hoben am 4. Mai 1997.
3 ) § 237 Absatz 3 aufgehoben durch § 56 litera H Kantonsratsgesetz vom 24. September 1989; GS 91, 464.
4 ) § 240 Absatz 2 Fassung nach Z iff. II/2 des G über die Änderung des EG ZGB vom
6. Dezember 1987.
5 ) § 240 Absatz 3 Fassung vom 7. Dezember 1986.
50
§ 243. 5. Rekurs
1 Gegen alle Verfügungen und Entscheide im summarischen Verfahren, mit Ausnahme der Beweisverfügungen, ist der Rekurs zulässig (§§ 300-304).
2 Im Rechtsöffnungsverfahren ist der Rekurs nur zulässig, wenn die im Streite liegende Summe 1000 Franken übe rsteigt. Er ist innert 5 Tagen einzureichen.
1 ) Zweiter Unterabschnitt Schuldbetreibungs- und Konkurssachen
§ 244. A. Anwendungsfälle
Der Gerichtspräsident beurteilt im summarischen Verfahren folgende Schuldbetreibungs- und Konkurssachen: a) Bewilligung des nachträglichen Rechtsvorschlages bei Gläubigerwech- sel (Art. 77 Abs. 1-3 SchKG);
2 ) b) Rechtsöffnungsbegehren (Art. 80ff. SchKG); c) Aufnahme des Güterverzeichnisses oder Anordnung vorsorglicher Massnahmen (Art. 83, 162, 170 und 183 SchKG); d) Aufhebung oder Einstellung der Betreibung im Falle der Tilgung oder Stundung der Schuld (Art. 85 SchKG); e) Erlass des Konkursdekretes in der ordentlichen Konkursbetreibung (Art. 166, 168 und 171 SchKG);
3 ) f) Bewilligung des Rechtsvorschlages in der Wechselbetreibung (Art. 181 SchKG); g) Erlass des Konkursdekretes in der Wechselbetreibung (Art. 188 und 189 SchKG); h) Anordnung der Liquidation einer Verlassenschaft (Art. 193 SchKG) oder Einstellung dieser Liquidation (Art. 196 SchKG); i) Widerruf des Konkurses (Art. 195 und 332 SchKG);
4 ) k) Einstellung des Konkursverfahrens (Art. 230 SchKG); l) Anordnung des summarischen Konkursverfahrens (Art. 231 SchKG); m) Entscheid über neues Vermögen des Konkursiten (Art. 265 a Abs. 1–3 SchKG);
5 ) n) Feststellung des Schlusses des Konkursverfahrens (Art. 268 SchKG); o) Bewilligung von Arresten und Einsprachen gegen Arrestbefehle (Art.
272 und 278 SchKG);
6 ) ________________
1 ) § 243 Absatz 2 Fassung vom 3. Ap ril 1996.
2 ) § 244 litera a Fass ung vom 3. Ap ril 1996.
3 ) § 244 litera e Fass ung vom 3. Ap ril 1996.
4 ) § 244 litera i Fass ung vom 3. Ap ril 1996.
5 ) § 244 litera m Fass ung vom 3. Ap ril 1996.
6 ) § 244 litera o Fass ung vom 3. Ap ril 1996.
51 p) Entscheide betreffend die einvernehmliche private Schuldenbereini- gung (Art. 333 ff. SchKG).
1 ) q) ...
2 )
§ 245.
3 ) B. Vorbehalt des Bundesrechtes Die Verfahrensvorschriften des Bundesrechtes bleiben vorbehalten.
§ 246–249 ...
4 ) Dritter Unterabschnitt Gerichtliche Hinterlegung
§ 250. A. Zuständigkeit
Die gerichtliche Hinterlegung von Geld, Wertschriften und anderen be- weglichen Sachen untersteht der Bewilligung des Gerichtspräsidenten. Diese wird erteilt, wenn hinreichende Gründe vorgebracht werden. Örtlich zuständig ist der Gerichtspräsident am Erfüllungsort, vorbehältlich ander- weitiger Regelung.
§ 251. B. Mitteilung an Gläubiger
Ist der Aufenthaltsort des Gläubigers bekannt, so ist ihm die Hinterlegung mitzuteilen.
§ 252. C. Art und Ort der Hinterlegung
Art und Ort der Hinterlegung bestimmt der Gerichtspräsident. Grössere Geldbeträge, die voraussichtlich länger als 1 Monat hinterlegt bleiben, sollen zinstragend angelegt werden.
§ 253. D. Herausgabe
Zur Herausgabe einer gerichtlich hinterlegten Sache bedarf es einer Ver- fügung des Gerichtspräsidenten.
§ 254. E. Richterliche Verfügung
Von Zeit zu Zeit hat der Gerichtspräsident das Verzeichnis der Hinterlagen durchzusehen und die für die Herausgabe erforderlichen Verfügungen unter angemessener Fristansetzung für die Beteiligten zu erlassen. ________________
1 ) § 244 litera p Fass ung vom 3. Ap ril 1996.
2 ) § 244 litera q aufge hoben am 3. Ap ril 1996.
3 ) § 245 Fassung vom 7. Dezember 1986; GS 90, 646.
4 ) §§ 246 249 aufgehoben am 7. Dezember 1986.
52 Vierter Unterabschnitt Einstweilige Verfügungen
§ 255. A. Anwendungsfälle
Der Gerichtspräsident trifft auf Verlangen einer Partei, sofern sie die Be- rechtigung dazu glaubhaft gemacht hat, einstweilige Verfügungen: a) zur raschen Durchsetzung klaren Rechtes bei nichtstreitigen oder so- fort feststellbaren tatsächlichen Verhältnissen (Befehlsverfahren); b) gegen wesentliche Veränderung oder Veräusserung des Streitgegen- standes nach Einreichung der Klage; c) zum Schutz des Besitzes gegen verbotene Eigenmacht und widerrecht- liche Vorenthaltung; d) zum Schutz von anderen als auf Geld- oder Sicherheitsleistung gerich- teten fälligen Rechtsansprüchen, wenn bei nicht sofortiger Erfüllung dem Berechtigten ein erheblicher, nicht leicht zu ersetzender Schaden droht.
§ 256. B. Zuständigkeit
1. Im Allgemeinen
1 Ist der Prozess hängig, so ist zur Behandlung des Begehrens der Instrukti- onsrichter zuständig.
2 Ist kein Prozess hängig, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach den allgemeinen Bestimmungen über den Gerichtsstand.
§ 257. 2. Obergericht als einzige Instanz
1 Wo das Obergericht einzige Instanz ist, ist der Obergerichtspräsident oder ein von ihm bezeichneter Richter für die Verfügung zuständig.
2 Gegen solche Verfügungen ist der Rekurs zulässig.
§ 258. C. Inhalt
Die einstweiligen Verfügungen können in Befehlen zu einem Tun oder Unterlassen, in Anordnungen unparteiischer Verwahrung, in der Auferle- gung von Sicherstellung, in der Veranlassung der anbefohlenen Massnah- men oder Handlungen und in ähnlichen Zwangsmassnahmen bestehen. §§ 259 und 260 ...
1 )
§ 261. D. Sicherheitsleistung
Ist für die Gegenpartei aus der einstweiligen Verfügung ein Schaden zu befürchten, so hält der Gerichtspräsident den Gesuchsteller auf Begehren der Gegenpartei zur Sicherheitsleistung an. ________________
1 ) §§ 259 und 260 aufgehoben am 7 Dezember 1986; GS 90, 646.
53
§ 262. E. Fristansetzung zur Klage
1 Beim Erlass einstweiliger Verfügungen nach § 255 literae c und d ist dem Gesuchsteller, wenn ihm die Klägerrolle zugemutet werden kann, eine angemessene Frist zur Klage anzusetzen mit der Androhung, dass sonst die Verfügung dahinfalle.
2 Wird die Verfügung weitergezogen, so setzt das Obergericht eine neue Frist an.
§ 263. F. Abänderung
Der Gerichtspräsident kann auf Antrag die einstweilige Verfügung nach §
255 literae b-d abändern, einschränken oder durch eine neue ersetzen, wenn sich die Umstände geändert haben.
§ 264. G. Geltungsdauer
1 Mit dem vollstreckbaren Urteil im Prozess fällt die einstweilige Verfü- gung dahin.
2 Einer Verfügung im Befehlsverfahren (§ 255 lit. a) ist solange nachzule- ben, als der ordentliche Richter nicht anders erkennt.
§ 265. ...
1 )
§ 266. H. Schadenersatzklage
1 Die von der einstweiligen Verfügung betroffene Partei kann auf dem ordentlichen Prozessweg vom Gesuchsteller Schadenersatz verlangen, wenn der Anspruch, für den die Verfügung erlassen wurde, nicht zu Recht bestand oder nicht fällig war.
2 Bestellte Sicherheiten sind erst dann freizugeben, wenn feststeht, dass eine Schadenersatzklage nicht angehoben wird. Bei Ungewissheit setzt der Gerichtspräsident eine Frist zur Klage.
§ 267. 1. Vorbehalt der Spezialgesetzgebung
Die in der Spezialgesetzgebung des Bundes und des Kantons vorgesehe- nen vorsorglichen Massnahmen werden vom Präsidenten des zuständigen Gerichtes oder von einem von ihm bezeichneten Richter getroffen. Die §§
255-266 sind sinngemäss anwendbar. Fünfter Unterabschnitt Vorsorgliche Beweisführung
§ 268. A. Zulässigkeit
Eine Partei kann jederzeit über Tatsachen, die sie in einem hängigen oder zukünftigen Prozess geltend machen will, einen vorsorglichen Beweis führen, wenn der Verlust eines Beweismittels oder erhebliche Schwierig- keiten in der Beweisführung zu befürchten sind. ________________
1 ) § 265 aufgehoben am 7. Dezember 1986; GS 90, 646.
54
§ 269. B. Zuständigkeit
1. Im Allgemeinen
Ist der Prozess hängig, so muss das Gesuch bei dem betreffenden Gericht, sonst aber bei demjenigen Gerichtspräsidenten angebracht werden, in dessen Gerichtskreis die zu vernehmende Person sich aufhält oder der in Augenschein zu nehmende Gegenstand sich befindet.
§ 270. 2. Obergericht als einzige Instanz
1 Wo das Obergericht einzige Instanz ist, ist der Obergerichtspräsident oder ein von ihm bezeichneter Richter für die Anordnung der vorsorgli- chen Beweisführung zuständig.
2 Gegen solche Verfügungen ist der Rekurs zulässig.
§ 271. C. Verfahren
1. Gesuch
Das Gesuch hat zu enthalten: a) die Bezeichnung der Partei, gegen welche der Beweis geführt werden soll; b) die zu beweisenden Tatsachen; c) die Angabe der Beweismittel; d) die Gründe, welche die vorsorgliche Beweisführung rechtfertigen sol- len.
§ 272. 2. Einwände der Gegenpartei
1 Nach vorläufiger Prüfung der Zuständigkeit setzt der Gerichtspräsident den Termin für die vorsorgliche Beweisführung an. In dringlichen Fällen kann er die Vorkehr ohne Anwesenheit der Parteien vornehmen.
2 Die Gegenpartei kann vor oder an der Verhandlung einwenden, dass die Voraussetzungen zur vorsorglichen Beweisführung fehlen.
3 Einwände gegen die Zuständigkeit des Richters oder die Zulässigkeit des Beweismittels bleiben den Parteien auf jenen Zeitpunkt vorbehalten, in welchem die Beweismittel im Prozess jenen Prozess geltend gemacht wer- den.
§ 273. 3. Kostenvorschuss
1 Der Beweisführer hat bei Beginn der Verhandlung der anwesenden Ge- genpartei die Parteikosten auf richterliche Verhandlung Bestimmung hin vorzuschiessen, ansonst die vorsorgliche Beweisführung nicht erfolgt.
2 Über die endgültige Tragung der Kosten wird im Hauptverfahren ent- schieden.
§ 274. D. Verhältnis zur ordentlichen Beweisführung
Die vorsorgliche Beweisführung schliesst die Wiederholung der Beweis- aufnahme im Prozess nicht aus.
55 Sechster Unterabschnitt Verbote
§ 275. A. Zulässigkeit
1 Der Grundeigentümer und weitere Berechtigte können gegen Störung oder Gefährdung im Besitz oder Gebrauch des Eigentums oder einer Dienstbarkeit durch Unberechtigte beim Gerichtspräsidenten ein allge- meines Verbot verlangen.
2 Wird der Rechtsgrund glaubwürdig dargetan, so ist das Verbot zu bewil- ligen und dem Übertreter eine Busse anzudrohen, die 100 Franken, im Wiederholungsfalle 500 Franken nicht übe rsteigen darf. Artikel 106 des Schweizerischen Strafgesetzbuches ist anwendbar.
1 )
§ 276. B. Auskündigung und Rechtskraft
1 Das Verbot ist durch den Verbotnehmer öffentlich bekanntzumachen.
2 Es bleibt solange in Kraft, bis es durch ausdrückliche Einwilligung des Verbotnehmers oder durch Richterspruch aufgehoben wird.
3 Die Aufhebung des Verbotes kann von jedem, der ein Interesse nach- weist, im ordentlichen Prozessverfahren verlangt werden. Dritter Abschnitt Schiedsgerichtsverfahren
§ 277.
2 ) Anwendbares Recht
1 Für das schiedsgerichtliche Verfahren gelten die Bestimmungen des Kon- kordats über die Schiedsgerichtsbarkeit vom 27. März 1969.
2 Für die Entscheidungen über Nichtigkeitsbeschwerden nach Artikel 9 und
36 des Konkordats, über Revisionsgesuche nach Artikel 41 des Konkordats sowie über Beschwerden nach Artikel 17 des Konkordats ist das Oberge- richt zuständig.
3 Für die Entscheidungen und Aufgaben nach Artikel 3 literae a-e und g des Konkordats ist der für den Sitz des Schiedsgerichts zuständige Ge- richtspräsident kompetent. Die Vorschriften über das summarische Verfah- ren (§§ 239-243 ZPO) sind sinngemäss anwendbar. §§ 278–290. ...
3 ) ________________
1 ) § 275 Absatz 2 Satz 2 angefügt am 16. Mai 2006.
2 ) § 277 Fassung nach Z iff. I1. 2 des G über den Beitritt zum Konkordat über die Schiedsgerichtsbarkeit vom 6. Juni 1971; GS 85, 581.
3 ) §§ 278-290 aufgehoben am 6. Juni 1971.
56 Vierter Titel Rechtsmittel Erster Abschnitt Appellation
§ 291. A. Zulässigkeit und Wirkung
1 Die Appel lation an das Obergericht ist zulässig gegen Urteile und Einre- deentscheide: a) des Amtsgerichtes; b) des Amtsgerichtspräsidenten im ordentlichen Verfahren, wenn der Streitwert wenigstens 8000 Franken beträgt
1 ); c) des Amtsgerichtspräsidenten im Untersuchungsverfahren (§§ 225,
227).
2 )
2 Die Appellation hat die Überprüfung des angefochtenen Urteils oder Entscheides in tatbeständlicher und rechtlicher Hinsicht zum Gegenstand.
3 Ist die Appellation zulässig, so sind andere Rechtsmittel nicht statthaft.
4 Die Appellation hemmt die Rechtskraft des angefochtenen Urteils oder Entscheides hinsichtlich der Appellationspunkte.
§ 292. B. Verfahren
1. Einreichung und Frist
1 Die Appellation ist innert 10 Tagen schriftlich oder mündlich bei der Amtsgerichtskanzlei zu erklären. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Urteilseröffnung.
2 In der Appellationserklärung ist auszuführen, welche Punkte des Urteils oder Einredeentscheides angefochten werden.
§ 293. 2. Behandlung
1 Die Amtsgerichtskanzlei gibt der Gegenpartei vom Eingang und Inhalt der Appellationserklärung Kenntnis.
2 Der Gerichtsschreiber sendet die Appellationserklärung mit den Prozess- akten ohne Verzug an das Obergericht.
3 Innert einer vom Obergericht zu setzenden Frist hat der Appellant die ihm bisher auferlegten Gerichtskosten und den Vorschuss für das Appella- tionsverfahren zu bezahlen.
§ 294. 3. Berichtigung
1 Ist die Appellationserklärung ungenügend oder unklar, so ist der Appel- lant vom Obergerichtspräsidenten oder dem von ihm bezeichneten Richter zur Ergänzung oder Verdeutlichung aufzufordern. ________________
1 ) § 291 Absatz 1 litera b Fass ung vom 12. Juni 1994; GS 93, 115.
2 ) § 291 Absatz 1 litera c eingefügt am 12. Juni 1994.
57
2 Von der berichtigten Appellation ist dem Appellaten Kenntnis zu geben.
§ 295. 4. Anschlussappellation
1 Der Appellat kann innert 10 Tagen seit Mitteilung der Appellation oder ihrer Berichtigung die Anschlussappellation erklären.
2 Auf die Anschlussappellation sind die §§ 292, 293 und 294 sinngemäss anwendbar.
1 )
3 Wird die Appellation zurückgezogen oder wird darauf nicht eingetreten, so fällt die Anschlussappellation dahin.
§ 296. 5. neue Anbringen
1 Die Parteien können neue Behauptungen sowie bisherige und neue Be- weismittel vorbringen. Der Obergerichtspräsident oder ein von ihm be- zeichneter Richter setzt hierfür Frist und verfügt über die Zulassung der Beweismittel.
2 Für nachträglich vorgebrachte Behauptungen und Beweismittel gilt §
143.
§ 297. 6. Verhandlung
Für die Appellationsverhandlung gelten sinngemäss die Verfahrensbe- stimmungen vor erster Instanz. Wenn keine Beweiserhebungen mehr erforderlich sind, kann das Obergericht auf die Durchführung der Appella- tionsverhandlung verzichten, wenn nicht eine Partei sie verlangt.
2 )
§ 298. 7. Ausbleiben der Parteien
1 Bleibt der Appellant aus, so ist die Appellation verwirkt. Ist die Gegen- partei erschienen, so ist der Appellant auf deren Antrag zu einer Partei- entschädigung zu verurteilen.
2 Bleibt der Appellat aus, so wird die Verhandlung durchgeführt, wobei das Gericht die bisherigen Anbringen würdigt.
§ 299. C. Folgen der Gutheissung
Wird die Appellation gutgeheissen, so entscheidet das Obergericht in der Regel ohne Rückweisung an die Vorinstanz. ________________
1 ) § 295 Absatz 2 Fassung vom 12. Juni 1994; GS 93, 116.
2 ) § 297 Satz 2 eingefügt am 12. Juni 1994.
58 Zweiter Abschnitt Rekurs
§ 300. A. Zulässigkeit und Wirkung
1 Der Rekurs ist in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen zulässig. Er hat unter Vorbehalt der Absätze 3 und 4 aufschiebende Wirkung.
1 )
2 Der Rekurs hat die Überprüfung der angefochtenen Verfügung oder des angefochtenen Entscheides in tatbeständlicher und rechtlicher Hinsicht zum Gegenstand.
3 Er hat keine aufschiebende Wirkung: a) bei Verfügungen im summarischen Verfahren (§ 243), mit Ausnahme der Erteilung der provisorischen Rechtsöffnung; b) bei vorsorglichen Massregeln nach § 230; c) bei Vorführungsbefehlen gegen Zeugen nach § 176 Absatz 3.
2 )
4 Der Obergerichtspräsident oder ein von ihm bezeichneter Richter kann auf Antrag die aufschiebende Wirkung entziehen beziehungsweise ge- währen.
3 )
§ 301. B. Verfahren
1. Einreichung und Frist
1 Der Rekurs ist, unter Vorbehalt bundesrechtlicher Fristen, innert 10 Tagen seit der Eröffnung der angefochtenen Verfügung oder des angefochtenen Entscheides schriftlich beim Obergericht einzureichen und zu begründen.
2 Fehlt die Begründung oder ist sie ungenügend, wird dem Rekurrenten eine kurze Frist zur Behebung des Mangels angesetzt.
4 )
§ 302. 2. Behandlung
1 Nach Übermittlung der Akten an das Obergericht geht der Rekurs an die Gegenpartei zur Stellungnahme.
2 Das Obergericht holt einen Bericht des Gerichtspräsidenten ein, wenn sich aus den Akten keine Begründung der angefochtenen Verfügung oder des angefochtenen Entscheides ergibt und wenn sich der Rekurs nicht zum vornherein als aussichtslos erweist.
3 Bei Rekursen im summarischen Verfahren und gegen Abschreibungsbe- schlüsse nach § 215 hat der Rekurrent den Vorschuss für das Rekursverfah- ren innert einer vom Obergericht zu setzenden Frist zu bezahlen.
5 )
4 Das Obergericht kann auf Antrag oder von Amtes wegen eine mündliche Verhandlung anordnen.
6 ) ________________
1 ) § 300 Absatz 1 Fassung vom 7. Dezember 1986; GS 90, 646.
2 ) § 300 Absatz 3 Fassung vom 7 Dezember 1986.
3 ) § 300 Absatz 4 eingefügt am 7 Dezember 1986.
4 ) § 301 Absatz 2 Fassung vom 7 Dezember 1986.
5 ) § 302 Absatz 3 Fassung vom 7. Dezember 1986; GS 90, 646.
6 ) § 302 Absatz 4 Fassung vom 4. Mai 1997.
59
§ 303.
1 ) 3. neue Anbringen Im Rekursverfahren können neue Behauptungen und Beweismittel vorge- bracht werden. § 143 findet Anwendung.
§ 304. C. Folgen der Gutheissung
1 Wird der Rekurs gutgeheissen, so entscheidet das Obergericht in der Regel ohne Rückweisung an die Vorinstanz.
2 Bei Gutheissung des Rekurses sind die Kosten der Partei aufzuerlegen, die die angefochtene Verfügung oder den angefochtenen Entscheid veranlasst hat.
3 Bei Entscheiden über prozessleitende Verfügungen kann von der Erhe- bung von Gebühren und Auslagen abgesehen werden. Dritter Abschnitt Nichtigkeitsbeschwerde
§ 305.
2 ) A. Zulässigkeit
1. bei Präsidial- und Obergerichtsurteilen
1 Gegen Urteile und Einredeentscheide des Gerichtspräsidenten im ordent- lichen Verfahren kann Nichtigkeitsbeschwerde an das Obergericht erho- ben werden, wenn a) ein wesentlicher Verfahrensgrundsatz verletzt, b) der Sachverhalt willkürlich festgestellt oder c) das Recht nicht richtig angewendet worden ist.
2 Gegen Urteile und Einredeentscheide des Obergerichts, welche dieses als einzige kantonale Instanz gefällt hat, kann Nichtigkeitsbeschwerde erho- ben werden, wenn ein wesentlicher Verfahrensgrundsatz verletzt worden ist.
3 ) Das Obergericht entscheidet darüber in neuer Besetzung.
§ 306. 2. bei Friedensrichterurteilen
Gegen das Urteil eines Friedensrichters ist die Nichtigkeitsbeschwerde nur zulässig, wenn er seine Kompetenz überschritten hat.
§ 307. B. Wirkung
1 Die Nichtigkeitsbeschwerde hemmt den Eintritt der Rechtskraft nicht.
2 Auf Begehren kann der Obergerichtspräsident oder ein von ihm bezeich- neter Richter den Vollzug des angefochtenen Entscheides aufschieben und dies von einer Sicherheitsleistung abhängig machen. ________________
1 ) § 303 Fassung vom 7 Dezember 1986.
2 ) § 305 Fassung vom 7. Dezember 1986.
3 ) § 305 Absatz 2 Satz 1 Fassung vom 4. Mai 1997.
60
§ 308. C. Verfahren
1. Einreichung und Frist
1 Die Nicht igkeitsbeschwerde ist innert 10 Tagen schriftlich und begründet unter Angabe der Nichtigkeitsgründe beim Obergericht einzureichen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Urteilseröffnung.
2 Fehlt die Begründung, ist sie ungenügend oder sind die Nichtigkeits- gründe nicht angegeben, wird dem Beschwerdeführer eine kurze Frist zur Behebung des Mangels angesetzt.
1 )
§ 309. 2. Behandlung
1 Nach Übermittlung der Akten an das Obergericht geht die Nichtigkeits- beschwerde an die Gegenpartei zur Stellungnahme.
2 Innert einer vom Obergericht zu setzenden Frist hat der Beschwerdefüh- rer die ihm bisher auferlegten Gerichtskosten und den Vorschuss für das Beschwerdeverfahren zu bezahlen.
3 Eine mündliche Verhandlung findet in der Regel nicht statt.
§ 310. D. Folgen der Gutheissung
Wird die Nichtigkeitsbeschwerde gutgeheissen, so hebt das Obergericht das angefochtene Urteil ganz oder teilweise auf und entscheidet in der Regel selbst, allenfalls nach Aktenergänzung. Vierter Abschnitt Revision
§ 311. A. Zulässigkeit
Ein rechtskräftiges Urteil wird durch die Revision aufgehoben: a) Wenn der Gesuchsteller seit der Beurteilung der Sache erhebliche Tat- sachen oder erhebliche Beweismittel entdeckt, die er im früheren Ver- fahren nicht geltend machen konnte. b) Wenn durch Strafurteil festgestellt wird, dass durch eine strafbare Handlung zum Nachteil des Gesuchstellers auf das Urteil eingewirkt worden ist. Ist die Strafverfolgung ausgeschlossen, so kann der Beweis auch auf andere Weise erbracht werden.
§ 312. B. Wirkung
Der Richter kann, nötigenfalls gegen Sicherheitsleistung, die Vollstreckung des Urteils einstellen.
§ 313. C. Verfahren
1. Einreichung und Frist
1 Das Revisionsgesuch ist innerhalb eines Jahres seit der Entdeckung des Revisionsgrundes beim Gericht einzureichen, das den angefochtenen Ent- scheid gefällt hat. ________________
1 ) § 308 Absatz 2 Fassung vom 7 Dezember 1986; GS 90, 646.
61
2 Nach 10 Jahren seit der Eröffnung des Urteils kann die Revision nicht mehr verlangt werden.
§ 314. 2. Behandlung
1 Der Präsident des angerufenen Gerichtes oder der Einzelrichter überweist das Doppel des Gesuches der Gegenpartei zur Vernehmlassung.
2 Das Gericht oder der Einzelrichter führt über die Frage der Zulässigkeit der Revision eine Parteiverhandlung durch. Die neuen Beweise werden abgenommen. Frühere Beweiserhebungen können wiederholt werden.
§ 315. D. Folgen der Gutheissung
Wird das Revisionsgesuch gutgeheissen, so hebt das Gericht das frühere Urteil auf und fällt ein neues Urteil in der Hauptsache und über die Ko- sten.
§ 316. E. Rechtsmittel
Gegen das Urteil über das Revisionsgesuch sind diejenigen Rechtsmittel zulässig, die gegenüber dem ursprünglichen Urteil gegeben waren. Fünfter Abschnitt Erläuterung
§ 317. A. Zulässigkeit
Ist das Dispositiv eines Urteils unklar, unvollständig oder in sich wider- spruchsvoll, so kann beim erkennenden Gericht um Erläuterung nachge- sucht werden.
§ 318. B. Verfahren
1 Das Gesuch um Erläuterung ist innert 30 Tagen seit der Zustellung des schriftlichen Urteils beim Gericht einzureichen. Die mangelhaften Stellen sind wörtlich anzuführen, und die verlangte Wortfassung ist genau zu beantragen.
2 Ein Doppel des Gesuches ist der Gegenpartei zur Beantwortung zuzu- stellen. Stillschweigen wird als Einverständnis angesehen.
3 Der Richter kann auf Antrag den Vollzug des Urteils aufschieben.
§ 319. C. Entscheid
Das Gericht entscheidet aufgrund der Akten, ausnahmsweise nach Partei- verhandlung. Erachtet es das Gesuch als. begründet, so erteilt es die nöti- gen Erläuterungen, darf jedoch nicht mehr auf die Rechtsfrage eintreten.
62 Dritter Teil Vollstreckung Erster Titel Allgemeine Bestimmungen
§ 320. A. Voll streckbarkeit im Allgemeinen
1 Das in Rechtskraft erwachsene Urteil ist vollstreckbar, sofern darin kein Aufschub vorgesehen ist.
2 Wird in einem Urteil die zugesprochene Leistung von einer Bedingung oder Gegenleistung abhängig gemacht, so tritt die Vollstreckbarkeit erst ein, wenn die Bedingung erfüllt oder die Gegenleistung erbracht ist.
§ 321. B. Urteile auf Geldzahlung oder Sicherheitsleistung
Urteile, die auf eine Geldzahlung oder Sicherheitsleistung lauten, sind nach SchKG vollstreckbar.
§ 322. C. Abgabe einer W illenserklärung
1 Ist der Beklagte zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, so wird die Erklärung durch das Urteil ersetzt.
2 Betrifft die Willenserklärung ein im Grundbuch einzutragendes Recht, so erteilt der Richter im Urteil die Ermächtigung zur Eintragung.
§ 323. D. Ausserkantonale und ausländische Urteile
1 Für die Vollstreckung von Urteilen ausserkantonaler und ausländischer Gerichte gelten die Bestimmungen der Bundesgesetzgebung, der inter- kantonalen Konkordate und der Staatsverträge.
2 Besteht mit einem ausländischen Staat kein Staatsvertrag über die Voll- streckung von Urteilen, so hat der Gerichtspräsident die Vollstreckung zu bewilligen: a) Wenn das Urteil rechtskräftig ist. b) Wenn das Urteil nach den Grundsätzen des schweizerischen Rechtes vom örtlich zuständigen Gericht erlassen wurde. c) Wenn nachgewiesen ist, dass der Verurteilte zur Urteilsverhandlung gesetzlich vorgeladen wurde. d) Wenn die Vollstreckung nicht gegen die Grundsätze öffentlicher Ord- nung und guter Sitte verstösst.
3 Gegen den Entscheid des Gerichtspräsidenten ist der Rekurs zulässig.
4 Wird die Vollstreckung bewilligt, so richtet sie sich nach dem solothurni- schen Prozessrecht.
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5 Der Regierungsrat kann anordnen, dass Urteile ausländischer Staaten, die nicht Gegenrecht halten, im Kanton Solothurn nicht vollstreckt werden dürfen. Zweiter Titel Vollstreckungsverfahren
§ 324. A. Zuständigkeit
1 Zuständig für die Urteilsvollstreckung ist der Oberamtmann
1 ), in dessen Amtei die Vollstreckungsmassnahmen zu ergreifen sind.
2 Er entscheidet über alle aus der Vollstreckung sich ergebenden Streitig- keiten, soweit die Entscheidung nicht dem Richter vorbehalten bleibt.
§ 325. B. Voll streckungsbefehl
1 Der Oberamtmann
1 ) erlässt auf Begehren den Vollstreckungsbefehl.
2 Im Vollstreckungsbefehl wird dem Verurteilten eine kurze, aber ange- messene Frist gesetzt, innert der er seinen Verpflichtungen aus dem Urteil nachzukommen hat, mit der Androhung von Vollstreckungsmassnahmen bei Nichterfüllung oder nicht richtiger Erfüllung.
§ 326. C. Voll streckungsmassnahmen
1. bei Urteilen auf Unterlassung oder Duldung
1 Lautet das Urteil auf Unterlassung oder Duldung einer Handlung, so wird im Vollstreckungsbefehl dem Verurteilten angedroht, dass er bei Wider- handlung zur Bestrafung nach Artikel 292 StGB an den Strafrichter über- wiesen, allenfalls unter Mithilfe der Polizei zur Duldung gezwungen und schadenersatzpflichtig werde.
2 Erfordert das Unterlassen oder Dulden einer Handlung die Beseitigung oder Wiederherstellung ausgeführter Werke, so sind die Massnahmen wie bei der Verurteilung zu einem Tun anzudrohen.
§ 327. 2. Verurteilung zu einem Tun
1 Bei Verurteilung zu einem Tun ist im Vollstreckungsbefehl die Überwei- sung an den Strafrichter nach Artikel 292 StGB nebst Schadenersatz anzu- drohen.
2 Kann die Handlung ihrer Natur nach durch einen Dritten vorgenommen werden, so ist im Vollstreckungsbefehl darauf hinzuweisen, dass der Be- rechtigte die Vornahme der Handlung durch eine Drittperson auf Kosten des Verurteilten verlangen kann, unbeschadet der in Absatz 1 erwähnten Massnahmen.
§ 328. 3. Herausgabe einer beweglichen Sache
Ist der Verurteilte verpflichtet, eine bewegliche Sache herauszugeben, so wird ihm angedroht, dass bei Weigerung Polizeigewalt angewendet wird, ________________
1 ) Heutige Bezeichnung Vo rsteher des Oberamtes, gemäss § 116 des Gemeindege- setzes vom 16. Februar 1992.
64 oder dass er schadenersatzpflichtig wird, wenn die Sache nicht mehr vor- handen ist.
§ 329. 4. Einräumung von Besitz an einem Grundstück
1 Weigert sich ein Verurteilter, den Besitz eines Grundstückes aufzugeben, so ist ihm die Ausweisung durch Polizeigewalt anzudrohen, unbeschadet des Anspruchs des Berechtigten auf Schadenersatz.
2 Sinngemäss erfolgt die Androhung bei Verurteilung zur Einräumung einer Dienstbarkeit.
§ 330. D. Einsprache gegen den Voll streckungsbefehl
1 Gegen den Vollstreckungsbefehl kann innert der darin gesetzten Frist Einsprache erhoben werden: a) Wenn die gesetzlichen Voraussetzungen der Vollstreckbarkeit fehlen; b) wenn seit dem Urteil Tatsachen eingetreten sind, die zivilrechtlich den Anspruch ganz oder teilweise ausschliessen oder aufschieben.
2 Ergibt die Prüfung der Einsprachegründe nach Anhörung der Gegenpar- tei, dass die Vollstreckung nicht oder noch nicht bewilligt werden kann, so weist der Oberamtmann
1 das Vollstreckungsgesuch ab und entscheidet über die Kosten.
§ 331. E. Bew illigung der Vollstreckung
Bewilligt der Oberamtmann
1 ) die Vollstreckung oder wurde gegen den Vollstreckungsbefehl keine Einsprache erhoben, so ordnet er nach unbe- nütztem Ablauf der im Vollstreckungsbefehl gesetzten Frist und auf Be- gehren des Vollstreckungsklägers die angedrohten Massnahmen an.
§ 332. F. Schadenersatzforderung
Wird vom Berechtigten Schadenersatz wegen Nichterfüllung oder nicht richtiger Erfüllung eines Urteils verlangt, so bestimmt der Oberamtmann
1 ) dessen Höhe. Gegen diesen Entscheid steht den Parteien kein Rechtsmittel zu; doch kann innert 10 Tagen von der Eröffnung an beim erkennenden Gericht auf definitive Festsetzung der Entschädigungssumme geklagt werden. Stillschweigen während dieser Frist gilt als Anerkennung des Entscheides des Oberamtmanns
1 ).
§ 333. G. Kosten
1 Wer um Vollstreck ung ersucht, hat die Kosten vorzuschiessen. Über die endgültige Tragung der Kosten entscheidet der Oberamtmann
1 ).
2 Gegen den Kostenentscheid ist die Beschwerde an das Verwaltungsge- richt zulässig.
§ 334. H. Rechtsmittel
1 Wenn gegen den Vollstreckungsbefehl Einsprache erhoben wurde, kann
1 Tagen an das Verwaltungsgericht Beschwerde erhoben werden. ________________
1 ) Heutige Bezeichnung Vo rsteher des Obe ramtes, gemäss § 116 des Gemeindege- setzes vom 16. Februar 1992.
65
2 Durch die Einreichung der Beschwerde wird die Wirkung des Vollstrek- kungsbefehls nicht aufgehoben.
3 Auf Begehren kann der Präsident des Verwaltungsgerichtes den Vollzug des Vollstreckungsbefehls aufschieben und dies von einer Sicherheitslei- stung abhängig machen. Schlusstitel
§ 335. A. Inkra fttreten
Das Gesetz tritt nach Annahme durch das Volk in dem vom Regierungsrat zu bestimmenden Zeitpunkt in Kraft.
§ 336.
1 ) B. Anwendbarkeit des neuen Rechtes
1 Auf Verfahren, die beim Inkrafttreten rechtshängig sind, findet dieses Gesetz unter Vorbehalt von Absatz 2 Anwendung.
2 Nach bisherigem Recht werden beurteilt: a) die Zuständigkeit der Instanz, bei der das Verfahren beim Inkrafttreten rechtshängig ist; b) die Zulässigkeit und die aufschiebende Wirkung eines Rechtsmittels sowie der Umfang der Überprüfung durch die Rechtsmittelinstanz, wenn der Entscheid vor dem Inkrafttreten gefällt worden ist.
§ 337. C. Ausserkra fttreten anderer Bestimmungen
1 Mit dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes treten alle damit in Wider- spruch stehenden früheren Erlasse ausser Kraft.
2 Insbesondere werden aufgehoben: a) Die Zivilprozessordnung vom 5. Juli 1891 mit sämtlichen seitherigen Abänderungen; b) die in § 373 Absatz 2 litera a des Gesetzes vom 4. April 1954 über die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches nicht aufgehobenen zivilprozessualen Bestimmungen; wo in diesem Einführungsgesetz das summarische Verfahren vor Amtsgericht angeordnet ist, findet in allen Fällen, die nicht in § 224 dem Untersuchungsverfahren zugewiesen sind, das ordentliche Verfahren vor Amtsgericht statt; c) Artikel 3-5 der Rechtsverordnung des Obergerichtes des Kantons Solo- thurn vom 18. Dezember 1961 über die Anpassung der Zivil- und Straf- prozessordnung an das Gesetz über die Gerichtsorganisation vom
5. März 1961.
§ 338.
2 ) D. Verfahren bei Arbeitsgerichten Soweit bei einem die arbeitsgerichtliche Kompetenz übersteigenden Streitwert das Amtsgericht zuständig ist, sind die Bestimmungen über das Untersuchungsverfahren (§§ 224ff.) unter Berücksichtigung der bundes- rechtlichen Vorschriften anwendbar. ________________
1 ) § 336 Fassung vom 7 Dezember 1986; GS 90, 646.
2 ) § 338 Fassung nach § 44 G über die Arbe itsgerichte vom 20. Mai 1973; GS 86, 152.
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§ 339. E. Weisungen des Obergerichtes
Das Obergericht ist ermächtigt, die zur Anwendung dieses Gesetzes erfor- derlichen Weisungen zu erlassen. Inkrafttreten am 1. Januar 1967
1 ) Vom Schweizerischen Bundesrat am 1. Dezember 1967 genehmigt.
2 ) (§§ 244–249 und 337) ________________
1 ) Inkrafttreten der Änderungen vom: - 7. Dezember 1986 am 5. Februar 1987; - 12. Juni 1994 am 1. August 1994; §§ 224, 225, 227 und 291 litera c finden auf alle Verfahren Anwendung, die bei ihrem Inkra fttreten rechtshängig sind, im übrigen gilt § 336; - 3. April 1996 am 1. Januar 1997; - 4. Mai 1997 am 1. Juli 1997; - 7. September 1999 am 1. Januar 2000; - 10. Mai 2000 (Anwa ltsgesetz) am 1. Januar 2001; - 16. Mai 2006 am 1. Januar 2007; - 28. Juni 2006 am 1. Januar 2007; - 15. Mai 2007 am 1. Oktober 2007.
2 ) Bundesgenehmigung der Änderungen vom: - 7. Dezember 1986 am 22. Januar 1987; - 7. September 1999 am 20.Oktober 1999.
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