Übereinkommen Nr. 136 über den Schutz vor den durch Benzol verursachten Vergiftung... (0.832.326)
CH - Schweizer Bundesrecht

Übereinkommen Nr. 136 über den Schutz vor den durch Benzol verursachten Vergiftungsgefahren

Abgeschlossen in Genf am 23. Juni 1971 Von der Bundesversammlung genehmigt am 26. November 1974² Schweizerische Ratifikationsurkunde hinterlegt am 25. März 1975 In Kraft getreten für die Schweiz am 25. März 1976 (Stand am 2. September 2010) ¹ Der französische Originaltext findet sich unter der gleichen Nummer in der ent­sprechen­den Ausgabe dieser Sammlung. ² Art. 1 Abs. 1 Bst. b des BB vom 26. Nov. 1974 ( AS 1976 687 )
Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation,
die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 2. Juni 1971 zu ihrer sechsundfünfzigsten Tagung zusammengetreten ist,
hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend den Schutz vor Gefährdung durch Benzol, eine Frage, die den sechsten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und
dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen.
Die Konferenz nimmt heute, am 23. Juni 1971, das folgende Übereinkommen an, das als Übereinkommen über Benzol, 1971, bezeichnet wird.
Art. 1
Dieses Übereinkommen gilt für alle Tätigkeiten, bei denen Arbeitnehmer
a) dem aromatischen Kohlenwasserstoff Benzol (C 6 H 6 ), im folgenden als «Benzol» bezeichnet,
b) Produkten, deren Benzolgehalt 1 Volumprozent überschreitet, im folgenden als «benzolhaltige Produkte» bezeichnet,
ausgesetzt sind.
Art. 2
1.  In allen Fällen, in denen unschädliche oder weniger gesundheitsschädliche Austauschprodukte zur Verfügung stehen, sind sie anstelle von Benzol oder benzolhal­tigen Produkten zu verwenden.
2.  Absatz 1 dieses Artikels gilt nicht für
a) die Herstellung von Benzol;
b) die Verwendung von Benzol für chemische Synthesen;
c) die Verwendung von Benzol in Motortreibstoffen;
d) Analysen oder Forschungsarbeiten in Laboratorien.
Art. 3
1.  Die zuständige Stelle in jedem Land kann unter den Bedingungen und innerhalb der Zeitgrenzen, die nach Anhörung der massgebenden beteiligten Arbeitgeber‑ und Arbeitnehmerverbände, soweit solche bestehen, zu bestimmen sind, zeitweilige Abweichungen von dem in Artikel 1 Buchstabe b) festgelegten Prozentsatz und von den Bestimmungen von Artikel 2 Absatz 1 dieses Übereinkommens zulassen.
2.  In diesem Fall hat das betreffende Mitglied in seinen nach Artikel 22 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation³ vorzulegenden Berichten über die Durchführung des Übereinkommens den Stand seiner Gesetzgebung und Praxis betreffend diese Ausnahmen und die im Hinblick auf die vollständige Durchführung der Bestimmungen des Übereinkommens verwirklichten Fortschritte anzugeben.
3.  Nach Ablauf von drei Jahren nach dem erstmaligen Inkrafttreten dieses Übereinkommens hat der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes der Konferenz einen besonderen Bericht über die Durchführung der Absätze 1 und 2 dieses Artikels vorzulegen und darin die Vorschläge zu unterbreiten, die er im Hinblick auf entsprechende Massnahmen für angebracht erachtet.
³ SR 0.820.1
Art. 4
1.  Die Verwendung von Benzol und benzolhaltigen Produkten bei bestimmten von der innerstaatlichen Gesetzgebung festgelegten Arbeiten ist zu verbieten.
2.  Dieses Verbot hat sich mindestens auf die Verwendung von Benzol und benzolhaltigen Produkten als Löse‑ oder Verdünnungsmittel zu erstrecken, ausser wenn der betreffende Arbeitsvorgang in einem geschlossenen Apparat ausgeführt wird oder andere ebenso sichere Arbeitsmethoden angewendet werden.
Art. 5
Arbeitshygienische und technische Vorbeugungsmassnahmen sind zu treffen, um einen wirksamen Schutz der Arbeitnehmer sicherzustellen, die Benzol oder benzolhaltigen Produkten ausgesetzt sind.
Art. 6
1.  In Räumen, in denen Benzol oder benzolhaltige Produkte hergestellt, gehandhabt oder verwendet werden, sind alle notwendigen Massnahmen zu treffen, um das Entweichen von Benzoldämpfen in die Raumluft der Arbeitsstätten zu verhüten.
2.  Sind Arbeitnehmer Benzol oder benzolhaltigen Produkten ausgesetzt, so hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass die Benzolkonzentration in der Raumluft der Arbeitsstätten ein Maximum nicht überschreitet, das von der zuständigen Stelle so festzusetzen ist, dass der Höchstwert von 25 Teilen pro Million (80 mg/m³) nicht überschritten wird.
3.  Die zuständige Stelle hat Richtlinien darüber zu erlassen, wie bei der Messung der Benzolkonzentration in der Raumluft der Arbeitsstätten vorzugehen ist.
Art. 7
1.  Arbeiten, bei denen Benzol oder benzolhaltige Produkte verwendet werden, sind, soweit durchführbar, in geschlossenen Apparaten auszuführen.
2.  Ist die Verwendung geschlossener Apparate nicht möglich, so sind die Arbeitsstätten, in denen Benzol oder benzolhaltige Produkte verwendet werden, mit wirksamen Vorrichtungen auszustatten, durch die die Beseitigung der Benzoldämpfe in dem für den Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer erforderlichen Masse sichergestellt wird.
Art. 8
1.  Arbeitnehmern, deren Haut mit flüssigem Benzol oder mit flüssigen benzolhaltigen Produkten in Berührung kommen könnte, sind zweckentsprechende persönliche Schutzmittel gegen die Gefahr der Resorption von Benzol durch die Haut zur Ver­fügung zu stellen.
2.  Arbeitnehmern, die aus besonderen Gründen Benzolkonzentrationen in der Raumluft der Arbeitsstätten ausgesetzt sein könnten, die das in Artikel 6 Absatz 2 dieses Übereinkommens angegebene Maximum überschreiten, sind zweckentsprechende persönliche Schutzmittel gegen die Gefahr des Einatmens von Benzoldämpfen zur Verfügung zu stellen. Die Einwirkungsdauer ist so weit als möglich zu begrenzen.
Art. 9
1.  Arbeitnehmer, die bei Arbeiten beschäftigt werden sollen, bei denen sie Benzol oder benzolhaltigen Produkten ausgesetzt sind, haben sich den folgenden Unter­suchungen zu unterziehen:
a) vor Aufnahme der Beschäftigung einer gründlichen ärztlichen Eignungs­untersuchung einschliesslich einer Blutuntersuchung;
b) regelmässigen Wiederholungsuntersuchungen einschliesslich biologischer Untersuchungen mit einer Blutuntersuchung in von der innerstaatlichen Gesetzgebung festgesetzten Zeitabständen.
2.  Die zuständige Stelle in jedem Land kann nach Anhörung der massgebenden beteiligten Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, soweit solche bestehen, Ausnahmen von der in Absatz 1 dieses Artikels vorgesehenen Verpflichtung für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern zulassen.
Art. 10
1.  Die in Artikel 9 Absatz 1 dieses Übereinkommens vorgesehenen ärztlichen Untersuchungen sind
a) unter der Verantwortung eines sachkundigen, von der zuständigen Stelle anerkannten Arztes durchzuführen, gegebenenfalls mit Hilfe eines fachlich geeigneten Laboratoriums;
b) in geeigneter Weise zu bescheinigen.
2.  Diese ärztlichen Untersuchungen dürfen den Arbeitnehmern keine Kosten verursachen.
Art. 11
1.  Frauen, deren Schwangerschaft ärztlich bescheinigt ist, und stillende Mütter dürfen nicht bei Arbeiten beschäftigt werden, bei denen sie Benzol oder benzolhaltigen Produkten ausgesetzt sind.
2.  Jugendliche unter 18 Jahren dürfen nicht bei Arbeiten beschäftigt werden, bei denen sie Benzol oder benzolhaltigen Produkten ausgesetzt sind. Dieses Verbot braucht sich jedoch nicht auf Jugendliche zu erstrecken, die einen Unterricht oder eine Ausbildung erhalten und unter angemessener fachlicher und ärztlicher Aufsicht stehen.
Art. 12
Die Aufschrift «Benzol» und die erforderlichen Gefahrensymbole müssen auf jedem Behälter, der Benzol oder benzolhaltige Produkte enthält, deutlich sichtbar sein.
Art. 13
Jedes Mitglied hat durch zweckentsprechende Massnahmen dafür zu sorgen, dass jeder Arbeitnehmer, der Benzol oder benzolhaltigen Produkten ausgesetzt ist, geeignete Anweisungen über die Massnahmen erhält, die zum Schutz der Gesundheit und zur Verhütung von Unfällen oder dann zu treffen sind, wenn Anzeichen einer Vergiftung auftreten.
Art. 14
Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert:
a) hat im Wege der Gesetzgebung oder mittels anderer, den innerstaatlichen Gepflogenheiten und Verhältnissen entsprechender Methoden die zur Durch­führung der Bestimmungen dieses Übereinkommens erforderlichen Massnahmen zu treffen;
b) hat entsprechend seinen innerstaatlichen Gepflogenheiten die Person oder die Personen zu bezeichnen, die für die Einhaltung der Bestimmungen dieses Übereinkommens zu sorgen haben;
c) verpflichtet sich, geeignete Aufsichtsdienste mit der Überwachung der Durchführung der Bestimmungen dieses Übereinkommens zu beauftragen oder sich zu vergewissern, dass eine angemessene Aufsicht ausgeübt wird.
Art. 15
Die förmlichen Ratifikationen dieses Übereinkommens sind dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes zur Eintragung mitzuteilen.
Art. 16
1.  Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Ratifikation durch den Generaldirektor eingetragen ist.
2.  Es tritt in Kraft zwölf Monate nachdem die Ratifikationen zweier Mitglieder durch den Generaldirektor eingetragen worden sind.
3.  In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes Mitglied zwölf Monate nach der Eintragung seiner Ratifikation in Kraft.
Art. 17
1.  Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren, gerechnet von dem Tag, an dem es zum ersten Mal in Kraft getreten ist, durch Anzeige an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes kündigen, die Kündigung wird von diesem eingetragen. Ihre Wirkung tritt erst ein Jahr nach der Eintragung ein.
2.  Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und innerhalb eines Jahres nach Ablauf des im vorigen Absatz genannten Zeitraumes von zehn Jahren von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht, bleibt für einen weiteren Zeitraum von zehn Jahren gebunden. In der Folge kann es dieses Übereinkommen jeweils nach Ablauf eines Zeitraumes von zehn Jahren nach Massgabe dieses Artikels kündigen.
Art. 18
1.  Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes gibt allen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung aller Ratifikationen und Kündigungen, die ihm von den Mitgliedern der Organisation mitgeteilt werden.
2.  Der Generaldirektor wird die Mitglieder der Organisation, wenn er ihnen von der Eintragung der zweiten Ratifikation, die ihm mitgeteilt wird, Kenntnis gibt, auf den Zeitpunkt aufmerksam machen, in dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt.
Art. 19
Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes übermittelt dem General­sekretär der Vereinten Nationen zwecks Eintragung nach Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen⁴ vollständige Auskünfte über alle von ihm nach Massgabe der vorausgehenden Artikel eingetragenen Ratifikationen und Kündigungen.
⁴ SR 0.120
Art. 20
Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes hat, sooft er es für nötig erachtet, der Allgemeinen Konferenz einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens zu erstatten und zu prüfen, ob die Frage seiner gänzlichen oder teilweisen Abänderung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.
Art. 21
1.  Nimmt die Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das vorliegende Übereinkommen ganz oder teilweise abändert, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gelten folgende Bestimmungen:
a) Die Ratifikation des neugefassten Übereinkommens durch ein Mitglied schliesst ohne weiteres die sofortige Kündigung des vorliegenden Übereinkommens in sich ohne Rücksicht auf Artikel 17, vorausgesetzt, dass das neugefasste Übereinkommen in Kraft getreten ist.
b) Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des neugefassten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert werden.
2.  Indessen bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt jedenfalls in Kraft für die Mitglieder, die dieses, aber nicht das neugefasste Übereinkommen ratifiziert haben.
Art. 22
Der französische und der englische Wortlaut dieses Übereinkommens sind in gleicher Weise massgebend.

Geltungsbereich am 2. September 2010 ⁵

⁵ AS 1976 709 , 1982 1828 , 1985 1626 , 1992 726 , 2005 1859 und 2010 4943 . Eine aktualisierte Fassung des Geltungsbereiches findet sich auf der Internetseite des EDA (http://www.eda.admin.ch/vertraege).

Vertragsstaaten

Ratifikation
Nachfolge­erklärung (N)

Inkrafttreten

Bolivien

31. Januar

1977

31. Januar

1978

Bosnien und Herzegowina

  2. Juni

1993 N

  2. Juni

1993

Brasilien

24. März

1993

24. März

1994

Chile

14. Oktober

1994

14. Oktober

1995

Côte d’Ivoire

21. Februar

1973

21. Februar

1974

Deutsch­land

26. September

1973

26. September

1974

Ecuador

27. März

1975

27. März

1976

Finnland

13. Januar

1976

13. Januar

1977

Frankreich

30. Juni

1972

27. Juli

1973

Französisch Polynesien

27. November

1974

27. November

1974

Guadeloupe

27. November

1974

27. November

1974

Komoren

27. November

1974

27. November

1974

Martinique

27. November

1974

27. November

1974

Neukaledonien

27. November

1974

27. November

1974

Réunion

27. November

1974

27. November

1974

St-Pierre und Miquelon

27. November

1974

27. November

1974

Griechenland

24. Januar

1977

24. Januar

1978

Guinea

26. Mai

1977

26. Mai

1978

Guyana

10. Januar

1983 N

10. Januar

1983

Indien

11. Juni

1991

11. Juni

1992

Irak

27. Juli

1972

27. Juli

1973

Israel

21. Juni

1979

21. Juni

1980

Italien

23. Juni

1981

23. Juni

1982

Kolumbien

16. November

1976

16. November

1977

Kroatien

  8. Oktober

1991 N

  8. Oktober

1991

Kuba

17. November

1972

17. November

1973

Kuwait

29. März

1974

29. März

1975

Libanon

23. Februar

2000

23. Februar

2001

Luxemburg

  8. April

2008

  8. April

2009

Malta

18. Mai

1990

18. Mai

1991

Marokko

22. Juli

1974

22. Juli

1975

Mazedonien

17. November

1991 N

17. November

1991

Montenegro

  3. Juni

2006 N

  3. Juni

2006

Nicaragua

  1. Oktober

1981

  1. Oktober

1982

Rumänien

  6. November

1975

  6. November

1976

Sambia

24. Mai

1973

24. Mai

1974

Schweiz

25. März

1975

25. März

1976

Serbien

24. November

2000 N

24. Juni

1976

Slowakei

  1. Januar

1993 N

  1. Januar

1993

Slowenien

29. Mai

1992 N

29. Mai

1992

Spanien

  8. Mai

1973

  8. Mai

1974

Syrien

  7. Februar

1977

  7. Februar

1978

Tschechische Republik

  1. Januar

1993 N

  1. Januar

1993

Ungarn

11. September

1972

11. September

1973

Uruguay

  2. Juni

1977

  2. Juni

1978

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