Grossratsbeschluss betreffend den Beitritt des Kantons Bern zum Konkordat über die Rechtshilfe und die interkantonale Zusammenarbeit in Strafsachen
359.20
6. September 1994 Grossratsbeschluss betreffend den Beitritt des Kantons Bern zum Konkordat über die Rechtshilfe und die interkantonale Zusammenarbeit in Strafsachen Der Grosse Rat des Kantons Bern, gestützt auf Artikel 2a, 6 Ziffer 2 und 26 Ziffer 1 der Staatsverfassung des Kantons Bern vom 4. Juni 1893 [Aufgehoben durch Verfassung des Kantons Bern vom 6. 6. 1993; BSG 101.1] , auf Antrag des Regierungsrates, beschliesst:
1. Der Kanton Bern tritt dem von der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren am 5. November 1992 angenommenen und vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement am
4. Januar 1993 genehmigten Konkordat über die Rechtshilfe und die interkantonale Zusammenarbeit in Strafsachen, wie es im Anhang wiedergegeben ist, bei.
2. Der Beitritt des Kantons Bern wird wirksam mit der Veröffentlichung dieses Beschlusses in der Sammlung der Eidgenössischen Gesetze (Artikel 26 des Konkordates).
3. Die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Beschlusses an den Kanton Bern gestellten und noch nicht erledigten Rechtshilfeersuchen werden gemäss den Bestimmungen des Konkordates behandelt.
4. Dieser Beschluss unterliegt dem fakultativen Referendum. Er ist in die Gesetzessammlung aufzunehmen. Bern, 6. September 1994 Marthaler Krähenbühl Anhang Konkordat über die Rechtshilfe und die interkantonale Zusammenarbeit in Strafsachen Angenommen von der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren am 5. November 1992 Vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement genehmigt am 4. Januar 1993
1. Kapitel:
Art. 1
Zweck Das Konkordat bezweckt die effiziente Bekämpfung der Kriminalität durch Förderung der interkantonalen Zusammenarbeit, indem es insbesondere a den Untersuchungs- und Gerichtsbehörden die Kompetenz gibt, Verfahrenshandlungen in einem andern Kanton durchzuführen (2. Kapitel); b die Rechtshilfe in Strafsachen erleichtert (3. Kapitel).
Art. 2
Anwendungsbereich
1. Das Konkordat kommt nur zur Anwendung in Verfahren, in denen materielles Bundesstrafrecht (Strafgesetzbuch und andere Bundesgesetze) anwendbar ist, unter Ausschluss der kantonalen Strafgesetzgebung.
2. Es steht jedoch den Kantonen unter Vorbehalt des Grundsatzes des Gegenrechts frei, den Anwendungsbereich des Konkordates durch eine an das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement zuhanden des Bundesrates gerichtete Erklärung auf die kantonale Gesetzgebung auszudehnen.
2. Kapitel:
Art. 3
Grundsatz
1. Die mit einer Strafsache befasste Untersuchungs- oder Gerichtsbehörde kann Verfahrenshandlungen direkt in einem andern Kanton anordnen und durchführen.
2. Ausser in dringenden Fällen benachrichtigt sie vorgängig die zuständige Behörde dieses Kantons (Art. 24).
3. Die zuständige Behörde des Kantons, in dem die Verfahrenshandlung durchgeführt wird, wird in allen Fällen benachrichtigt.
Art. 4
Anwendbares Recht Die mit der Sache befasste Untersuchungs- oder Gerichtsbehörde wendet das Verfahrensrecht ihres Kantons an.
Art. 5
Amtssprache
1. Verfahrenshandlungen werden in der Sprache der mit der Sache befassten Behörde durchgeführt.
2. Verfügungen werden in der Sprache der mit der Sache befassten Behörde erlassen.
3. Wenn jedoch die Person, die Gegenstand eines Entscheides ist, die Sprache dieser Behörde nicht versteht, hat sie in der Regel Anspruch auf einen unentgeltlichen Übersetzer oder Dolmetscher.
Art. 6
Inanspruchnahme der Polizei Ist für die Durchführung einer Verfahrenshandlung ein polizeiliches Einschreiten notwendig, wird die zuständige Polizei mit dem Einverständnis der örtlich zuständigen Untersuchungs- oder Gerichtsbehörde (Art. 24) beigezogen.
Art. 7
Postzustellungen Gerichtsurkunden können Empfängern, die sich in einem andern Kanton aufhalten, direkt durch die Post nach den Vorschriften des Bundesgesetzes betreffend den Postverkehr und seiner Vollzugsverordnung zugestellt werden.
Art. 8
Vorladungen
1. Personen, die in einen Konkordatskanton vorgeladen werden, sind verpflichtet, dort zu erscheinen. Sie werden in der Amtssprache ihres Aufenthaltsortes vorgeladen.
2. Zeugen wie auch Sachverständige, die ihren Auftrag akzeptiert haben, können einen angemessenen Reisespesenvorschuss verlangen.
3. Die Vorladung enthält gegebenenfalls den Hinweis, dass bei unentschuldigtem Nichterscheinen ein Vorführbefehl erlassen werden kann.
Art. 9
Verhandlungen, Augenscheine Die mit der Sache befasste Untersuchungs- oder Gerichtsbehörde kann in einem andern Kanton Sitzungen abhalten, dort Augenscheine und Verhandlungen durchführen oder durchführen lassen.
Art. 10
Durchsuchungen, Beschlagnahme
1. Durchsuchungen und Beschlagnahmen müssen durch einen schriftlichen und kurz begründeten Entscheid angeordnet werden.
2. In dringenden Fällen kann die Begründung nachgereicht werden.
Art. 11
Mitteilungspflicht Die Untersuchungs- oder Gerichtsbehörde, die in ihrer amtlichen Stellung Kenntnis von einem in einem andern Kanton begangenen, von Amtes wegen zu verfolgenden Verbrechen oder Vergehen erhält, ist verpflichtet, die zuständige Behörde dieses Kantons (Art. 24) zu benachrichtigen.
Art. 12
Rechtsmittelbelehrung Wenn das kantonale Verfahrensrecht des mit der Sache befassten Kantons ein Rechtsmittel gegen einen Entscheid vorsieht, muss dieser die Rechtsmittelbelehrung, die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist angeben.
Art. 13
Rechtsmittel. Sprache Das Rechtsmittel muss in der Sprache der mit der Sache befassten Behörde oder in derjenigen des Ortes, wo der Entscheid vollstreckt wird, abgefasst werden.
Art. 14
Kosten Die Verfahrenskosten, insbesondere für Übersetzer, Dolmetscher, Zeugen, Gutachten, wissenschaftliche Arbeiten, gehen zulasten des mit der Sache befassten Kantons.
3. Kapitel:
Art. 15
Direkter Geschäftsverkehr
1. Die Behörden der Konkordatskantone verkehren direkt miteinander. Das Ersuchungsschreiben kann in der Sprache der ersuchenden oder der ersuchten Behörde gehalten werden.
2. Falls über die Zuständigkeit einer Behörde Ungewissheit besteht, werden die Gerichtsurkunden und die Rechtshilfegesuche rechtsgültig einer einzigen Behörde zugestellt (Art. 24).
3. Wenn die ersuchte Behörde feststellt, dass die Gerichtsurkunde oder das Rechtshilfegesuch in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Behörde fällt, stellt sie dieses von Amtes wegen der zuständigen Behörde zu.
Art. 16
Anwendbares Recht Die ersuchte Behörde wendet ihr kantonales Recht an.
Art. 17
Rechte der Parteien
1. Die Parteien, ihre Vertreter und die ersuchende Behörde können an den einzelnen Rechtshilfehandlungen teilnehmen, wenn dieses Recht durch den ersuchten Kanton vorgesehen ist oder wenn es die ersuchende Behörde ausdrücklich verlangt.
2. In diesem Fall gibt die ersuchte Behörde der ersuchenden Behörde und den Parteien Zeit und Ort bekannt, wo die Rechtshilfehandlung durchgeführt werden soll.
Art. 18
Rechtsmittelbelehrung Wenn das anwendbare Recht ein Rechtsmittel gegen einen Entscheid vorsieht, muss dieser die Rechtsmittelbelehrung, die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist angeben.
Art. 19
Rechtsmittel. Verfahren und Zuständigkeit
1. Die Rechtsmittelschrift muss in der Sprache der ersuchten oder in derjenigen der ersuchenden Behörde abgefasst werden.
2. Bei der Behörde des ersuchten Kantons können nur die Beschwerdegründe betreffend Gewährung und Ausführung der Rechtshilfe geltend gemacht werden. In allen anderen Fällen, namentlich bei Einwendungen materieller Art, muss das Rechtsmittel bei der zuständigen Behörde des ersuchenden Kantons eingereicht werden; Artikel 18 ist sinngemäss anwendbar.
Art. 20
Vollzug von Haftbefehlen Zuführungsbegehren und Haftbefehle werden nach den Vorschriften des Artikels 353 StGB [SR 311.0] vollstreckt.
Art. 21
Vernehmung von verhafteten Personen Die gestützt auf einen Vorführbefehl oder Haftbefehl in einem andern Konkordatskanton festgenommene Person muss innerhalb von 24 Stunden einvernommen werden. Die Behörde muss die betreffende Person summarisch über die Gründe ihrer Verhaftung und die ihr vorgeworfenen strafbaren Handlungen informieren.
Art. 22
Zustellung durch die Polizei Gerichtsurkunden, die nicht durch die Post zugestellt werden können, werden direkt durch die Polizei des Kantons, wo die Zustellung erfolgen soll, zugestellt.
Art. 23
Kosten
1. Die Rechtshilfe ist unentgeltlich. Die Kosten namentlich für Übersetzungen, Dolmetscher, Vorladungen, Expertisen, wissenschaftliche Arbeiten und Gefangenentransporte gehen jedoch zulasten des mit der Sache befassten Kantons.
2. Die interkantonalen Vereinbarungen bleiben vorbehalten.
4. Kapitel:
Art. 24
Zuständige Behörde Jeder Konkordatskanton bezeichnet eine einzige Behörde, die von einem anderen Kanton angeordnete oder verlangte Verfahrenshandlungen bewilligt und ausführt und die Mitteilungen erhalten soll (Art. 3, 6, 11 und 15).
Art. 25
Beitritt und Rücktritt
1. Jeder Kanton kann dem Konkordat beitreten. Die Beitrittserklärung sowie das im Anhang zum Konkordat erwähnte Verzeichnis ist dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement zuhanden des Bundesrates einzureichen.
2. Wenn ein Kanton vom Konkordat zurücktreten will, so hat er dies dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement zuhanden des Bundesrates mitzuteilen. Der Rücktritt wird mit dem Ablauf des der Erklärung folgenden Kalenderjahres rechtswirksam.
Art. 26
Inkrafttreten Das Konkordat tritt sobald ihm mindestens zwei Kantone beigetreten sind, mit seiner Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Bundesrechts in Kraft, für die später beitretenden Kantone mit der Veröffentlichung ihres Beitrittes in der Amtlichen Sammlung. Das gleiche gilt für die Erklärung betreffend die Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Konkordates und die Mitteilung des Verzeichnisses der kantonalen Behörden sowie die Nachträge und Änderungen, die darin vorgenommen werden. Änderungen
6. 9. 1994 GRB BAG 95-22, in Kraft am 6. 9. 1994
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