Gesetz über die Anstalten von Bellechasse (341.1.1)
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Gesetz über die Anstalten von Bellechasse

Gesetz vom 2. Oktober 1996 über die Anstalten von Bellechasse Der Grosse Rat des Kantons Freiburg nach Einsicht in die Botschaft des Staatsrates vom 29. Mai 1996; auf Antrag dieser Behörde, beschliesst:
1. KAPITEL Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Rechtliche Stellung

1 Die Anstalten von Bellechasse (die Anstalten) sind eine juristische Person des öffentlichen Rechts.
2 Sie unterstehen der Aufsicht des Staatsrates und sind der Direktion, der sie angehören
1) , administrativ zugewiesen.
3 Sie umfassen die Strafanstalt und das Heim «Tannenhof».
1) Heute: Sicherheits- und Justizdirektion.

Art. 2 Zweck

a) Strafanstalt
1 Die Strafanstalt dient der Vollstreckung der freiheitsentziehenden Strafen und Massnahmen gemäss den Bestimmungen der Bundesgesetzgebung und des Konkordats vom 10. April 2006 über den Vollzug der Freiheitsstrafen und Massnahmen an Erwachsenen und jungen Erwachsenen in den Kantonen der lateinischen Schweiz (Konkordat über den strafrechtlichen Freiheitsentzug an Erwachsenen).
2 Sie umfasst die Strafvollzugsabteilungen und die Tätigkeitsbereiche, die für die Gewährleistung eines stufenweisen Strafvollzugs erforderlich sind. Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben achtet sie darauf, die soziale und berufliche Wiedereingliederung der Gefangenen und Verwahrten zu gewährleisten.

Art. 3 b) Heim «Tannenhof»

1 Das Heim «Tannenhof» dient der Aufnahme von Personen, gegen die eine fürsorgerische Freiheitsentziehung angeordnet wurde, sowie von Personen, die in Anwendung der Artikel 59, 60 und 64 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs eingewiesen werden.
2 Der Staatsrat kann das Heim «Tannenhof» auch für weitere Zwecke nutzbar machen.
2. KAPITEL Organe

Art. 4 Allgemeines

Die Organe der Anstalten sind: a) die Verwaltungskommission; b) die Direktion.

Art. 5 Verwaltungskommission

a) Zusammensetzung und Organisation
1 Die Verwaltungskommission (die Kommission) setzt sich aus neun Mitgliedern, d.h. aus dem Direktionsvorsteher und acht vom Staatsrat ernannten Mitgliedern, zu sammen. Das Personal ist in der Kommission vertreten.
2 Der Direktionsvorsteher führt den Vorsitz der Kommission. Diese bezeichnet ihren Vizepräsidenten und ihren Sekretär.
3 Die Kommission legt ihre Arbeitsweise fest. Sie kann Subkommissionen bilden.
4 Der Direktor der Anstalten (der Direktor) nimmt mit beratender Stimme an den Sitzungen teil.

Art. 6 b) Befugnisse

1 Die Kommission ist das übergeordnete Organ der Anstalten.
2 Sie hat insbesondere folgende Befugnisse: a) Sie nimmt Stellung zu den Vollzugsbestimmungen dieses Gesetzes, zur Anstellung des Direktors und des stellvertretenden Direktors, zu den Grundstückgeschäften und allen übrigen Entscheiden, die der Staatsrat in bezug auf die Anstalten zu treffen hat. b) Sie genehmigt das Organisationsreglement und die übrigen internen Reglemente der Anstalten.
c) Sie legt regelmässig die Ziele fest, die bei der Erfüllung der Aufgaben und der Führung der Anstalten verfolgt werden sollen. d) Sie erstellt den Voranschlagsentw urf und die Rechnung und genehmigt den jährlichen Tätigkeitsbericht. e) Sie wacht über einen den Gesetzes- und Konkordatsbestimmungen entsprechenden Vollzug der Strafen und sichernden Massnahmen.

Art. 7 c) Sitzungen

Die Kommission tritt mindestens dreimal pro Jahr zusammen. Sie tritt ausserdem auf Einberufung durch den Präsidenten oder auf Ersuchen von drei Mitgliedern zusammen.

Art. 8 Direktion

a) Allgemeines
1 Die Direktion besteht aus einem Direktor, einem stellvertretenden Direktor und Abteilungsleitern.
2 Der Direktor zieht bei allen wichtigen Geschäften den stellvertretenden Direktor und die Abteilungsleiter zu Rate.

Art. 9 b) Befugnisse des Direktors

1 Der Direktor leitet und verwaltet die Anstalten.
2 Er hat insbesondere folgende Befugnisse: a) Er regelt die interne Organisation und den Betrieb der Anstalten und erlässt die zu diesem Zweck erforderlichen Reglemente und Weisungen. b) Er vertritt die Anstalten. c) Er ist für die Personalfragen zuständig. d) Er führt den Haushalt und die Buchhaltung, erstellt den Voranschlagsentwurf und bereitet die Rechnung vor. e) Er erstellt den jährlichen Tätigkeits- und Verwaltungsbericht. f) Er sorgt für die Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit sowie für die korrekte Behandlung der Gefangenen und Verwahrten.
3. KAPITEL Personal

Art. 10 Dienstverhältnis

Das Dienstverhältnis des Personals der Anstalten richtet sich unter Vorbehalt der folgenden Bestimmungen nach der Gesetzgebung über das Staatspersonal.

Art. 11 Personalkategorien

1 Das Personal der Anstalten umfasst: a) die Mitglieder der Direktion; b) das Aufsichtspersonal; c) das mit sozialen oder medizinischen Aufgaben oder mit der Ausbildung betraute Personal; d) das Verwaltungspersonal.
2 Die Anstalten können gewisse Aufgaben Dritten übertragen, insbesondere im Bereich der medizinischen Versorgung, der Seelsorge und der kulturellen und sportlichen Tätigkeiten.

Art. 12 Besondere Aufgaben des Aufsichtspersonals

1 Das Aufsichtspersonal hat den besonderen Auftrag, auf dem Gebiet der Anstalten für die Aufrechterhaltung von Ordnung, Sicherheit und Disziplin zu sorgen. Es hat zu diesem Zweck die Eigenschaft von mit Polizeigewalt ausgestatteten Beamten.
2 Es ist mit der Betreuung der Gefangenen und Verwahrten beauftragt und gewährleistet den Betrieb der verschiedenen Tätigkeitsbereiche der Anstalten.

Art. 13 Anstellungsbedingungen und Ausbildung

1 Wer als Mitarbeite r der Anstalten angestellt werden will, muss in der Regel das Schweizer Bürgerrecht besitzen.
2 Das Aufsichtspersonal muss während der Anstellung die für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderliche Ausbildung absolvieren.

Art. 14 Vereidigung

1 Das Personal der Anstalten wird vereidigt.
2 Der Direktor leistet seinen Eid vor dem Staatsrat.

Art. 15 Dienstpflichten

Das Personal der Anstalten erfüllt seine Aufgaben mit Mut, Unparteilichkeit und Disziplin. Es tritt bestimmt, aber menschlich und höflich auf.

Art. 16 Verfügbarkeit ausserhalb des Dienstes

Falls erforderlich kann das Personal der Anstalten während eines Urlaubs oder ausnahmsweise während der Ferien zum Dienst aufgeboten werden.

Art. 17 Bekleidung, Ausrüstung und Bewaffnung

1 Das Aufsichtspersonal trägt eine Uniform oder Dienstkleidung. Es kann bewaffnet werden, wenn es der Dienst erfordert.
2 Der Staatsrat erlässt die notwendigen Bestimmungen über die Bekleidung, die Ausrüstung und die Bewaffnung.

Art. 18 Ausweis

Die Angestellten der Anstalten haben einen Ausweis, den sie Dritten auf Verlangen vorweisen.

Art. 19 Pensionsalter

Der Staatsrat setzt das Pensionsalte r des Personals der Anstalten fest.

Art. 20 Disziplinarbefugnis des Direktors

1 Der Direktor ist befugt, gegenüber dem Personal der Anstalten die Disziplinarstrafen des Verweises und der Busse auszusprechen.
2 Das Verfahren vor dem Direktor ist mündlich; der Disziplinarentscheid wird unter Angabe der Gründe und der Rechtsmittel schriftlich bestätigt. Es gibt weder eine Rechtfertigungsschrift noch eine zusätzliche Untersuchung.
3 Der Entscheid des Direktors kann innert dreissig Tagen mit Beschwerde bei der Direktion, der die Anstalten angehören, angefochten werden.

Art. 21 Personalkommission

1 Die Mitarbeiter der An stalten wählen eine Personalkommission, die beauftragt ist, sie gegenüber der Direktion und der Verwaltungskommission zu vertreten.
2 Das Reglement der Personalkommission wird nach Anhören des Personals der Anstalten von der Verwaltungskommission erlassen.

Art. 22 Information des Personals

Der Direktor sorgt dafür, dass das Personal der Anstalten regelmässig über den Betrieb der Anstalten, insbesondere über die Fragen im Zusammenhang mit der Organisation der Arbeit und de m Dienstverhältnis der Mitarbeiter, informiert wird.

Art. 23 Rechtsschutz

...
4. KAPITEL Zwangsmassnahmen

Art. 24 Grundsätze

1 Das Personal der Anstalten kann gegenüber den Gefangenen, den Verwahrten oder Dritten Zwangsmassnahmen ergreifen, sofern diese aufgrund der Umstände erforderlich sind.
2 Der Direktor muss so schnell wie möglich über jede Massnahme, die gegenüber Dritten getroffen wurde, informiert werden. Dies gilt ebenfalls für die Ausübung von körperlichem Zwang und für den Gebrauch von Waffen gegenüber den Gefangenen und Verwahrten.

Art. 25 Einschränkungen

1 Die Zwangsmassnahmen müssen dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit entsprechen und ohne unnötige Härte angewendet werden.
2 Sie dürfen lediglich auf dem Gebiet der Anstalten getroffen werden, ausser im Fall einer Flucht oder bei der Begleitung von Gefangenen oder Verwahrten.

Art. 26 Ergänzendes Recht

1 Der Staatsrat regelt die Zwangsmassnahmen, die gegenüber den Gefangenen, den Verwahrten und den Besuchern getroffen werden können, sowie das diesbezügliche Beschwerderecht.
2 Die gegenüber anderen Personen getroffenen Zwangsmassnahmen unterstehen den Bestimmungen des Gesetzes über die Kantonspolizei, die sinngemäss gelten.
3 Die Zuständigkeit für Aufsichtsbeschwerden und das anwendbare Verfahren richten sich nach den Artikeln 33 und 34.
5. KAPITEL Gefangene und Verwahrte

Art. 27 Allgemeine Rechte und Pflichten

a) Grundsätze
1 Die Gefangenen und Verwahrten haben Anspruch auf Achtung und Schutz ihrer Menschenwürde und ihrer Persönlichkeit.
2 Sie unterstehen der Anstaltsdisziplin und müssen den Gesetzesbestimmungen, den Reglementen und Weisungen sowie den Anordnungen des Personals der Anstalten Folge leisten.
3 Sie müssen sich an den im Rahmen des Straf- und Massnahmenvollzugs organisierten Aktivitäten beteiligen und auf diese Weise dazu beitragen, dass die mit dem Freiheitsentzug angest rebten Ziele erreicht werden. Sie erhalten eine angemessene Unterstütz ung, um ihre Rückkehr ins freie Leben zu begünstigen.

Art. 28 b) Ausübung

1 Die Gefangenen und Verwahrten müssen ihre Rechte und Pflichten gemäss dem Grundsatz von Treu und Glauben ausüben.
2 Die Ausübung ihrer Rechte kann nur so weit eingeschränkt werden, als dies aufgrund der Ziele des Freiheitsentzugs, des Zusammenlebens, der Ordnung oder der Sicherheit erforderlich ist.

Art. 29 Disziplinarrecht

a) Widerhandlung
1 Jeder Gefangene oder Verwahrte, der gegen die Gesetzesbestimmungen, die Reglemente oder die Weisungen verstösst, die Anordnungen des Personals der Anstalten nicht befolgt od er den Anstaltsbetrieb stört, macht sich disziplinarisch strafbar.
2 Gehilfenschaft und Anstiftung sind ebenfalls strafbar.

Art. 30 b) Strafen

1 Folgende Strafen können verhängt werden: a) der Verweis; b) die Auferlegung von Beschränkungen, die im Reglement für die Gefangenen und Verwahrten aufgeführt sind; c) die Busse; d) Zellenhaft mit oder ohne Arbeit; e) scharfer Zellenarrest bis zu dreissig Tagen.
2 Schwere Vergehen, insbesondere die Einführung von Waffen und Drogen in die Anstalten und der Besitz von Waffen und Drogen, sowie der Versuch solcher Vergehen werden mit scharfem Zellenarrest bestraft.
3 Die Disziplinarstrafen können kumuliert werden.

Art. 31 c) Zuständigkeit und Verfahren

1 Zuständig für die Verhängung der Strafen ist der Direktor oder, in dessen Abwesenheit, sein Stellvertreter.
2 Für die Verhängung eines scharfen Zellenarrests von mehr als zehn Tagen ist jedoch einzig die Direktion, der die Anstalten angehören 1) , zuständig.
3 Die Verhängung eines scharfen Zellena rrests wird schriftlich mitgeteilt. Die andern Disziplinarstrafen werden mündlich verhängt; sie werden schriftlich bestätigt, wenn der Betroffene dies innert fünf Tagen verlangt.
1) Heute: Sicherheits- und Justizdirektion.

Art. 32 Rechtsschutz

a) Unterredungen Jeder Gefangene und Verwahrte hat das Recht auf Aussprache mit dem Direktor, seinem Stellvertreter oder einer Delegation der Kommission.

Art. 33 b) Aufsichtsbeschwerden

1 Jede Person hat das Recht, sich über das Verhalten eines Angestellten der Anstalten oder über Gefangene oder Verwahrte zu beschweren.
2 Die Beschwerden müssen innert zehn Tagen nach der Kenntnisnahme des beanstandeten Verhaltens an den Direktor gerichtet werden.
3 Beschwerden gegen den Direktor müssen innert derselben Frist direkt an die Direktion, der die Anstalten angehören, gerichtet werden, die die Kommission darüber informiert.

Art. 34 c) Beschwerde

1 Die Entscheide des Direktors können mit Beschwerde bei der Direktion, der die Anstalten angehören, angefochten werden.
2 Im Übrigen gilt das Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege. Die Beschwerde hat jedoch keine aufschiebende Wirkung, und die Rüge der Unangemessenheit kann nicht geltend gemacht werden.
3 Die Kommission wird über die Beschwerde und den von der Direktion, der die Anstalten angehören, erlassenen Entscheid informiert.

Art. 35 Ergänzendes Recht

1 Der Staatsrat regelt die ergänzenden Einzelheiten der rechtlichen Stellung der Gefangenen und Verwahrten.
2 Er hat insbesondere folgende Befugnisse: a) Er regelt die besonderen Rechte und Pflichten der Gefangenen und Verwahrten. b) Er präzisiert das Disziplinarrecht. c) Er regelt das auf die Unterredungen und die Aufsichtsbeschwerden anwendbare Verfahren.
6. KAPITEL Haushaltsführung

Art. 36 Allgemeines

1 In finanzieller Hinsicht sind die Anstalten den Bestimmungen des Gesetzes über den Finanzhaus halt des Staates unterstellt.
2 Der Staatsrat kann den Anstalten jedoch im Rahmen eines Leistungsauftrags eine gewisse Ve rwaltungsautonomie gewähren, die Abweichungen von diesen Bestimmungen gestattet.

Art. 37 Finanzielle Eigenmittel

1 Die finanziellen Eigenmittel der Anstalten sind: a) die gemäss den Gesetzes- und Reglementsbestimmungen eingezogenen Pensionsbeiträge; b) der Ertrag der Betriebe und der Werkstätten; c) der Ertrag der Leistungen, die für Dritte erbracht werden; d) der Ertrag der Verwertung von Vermögenswerten; e) die Bundesbeiträge; f) der Ertrag der Gebühren und der Disziplinarbussen; g) die Schenkungen und die Vermächtnisse,
2 Der Staatsrat setzt den Pensionspreis der Gefangenen und Verwahrten fest.
7. KAPITEL Schlussbestimmungen

Art. 38 Aufhebung bisherigen Rechts

Das Organisationsgesetz vom 10. Februar 1933 der Anstalten von Bellechasse (SGF 341.1.1) wird aufgehoben.

Art. 39 Inkrafttreten

1 Der Staatsrat wird mit dem Vollz ug dieses Gesetzes beauftragt.
2 Er bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens.
1)
1) Datum des Inkrafttretens: 1. März 1997 (StRB 28.1.1997).
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