Vertrag über die Mitwirkung der Kantonsparlamente bei der Ausarbeitung, der Ratifizier... (121.4)
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Vertrag über die Mitwirkung der Kantonsparlamente bei der Ausarbeitung, der Ratifizierung, dem Vollzug und der Änderung von interkantonalen Verträgen und von Verträgen der Kantone mit dem Ausland

Vertrag über die Mitwirkung der Kantonsparlamente bei der Ausarbeitung, der Ratifizierung, dem Vollzug und der Änderung von interkantonalen Verträgen und von Verträgen der Kantone mit dem Ausland (Vertrag über die Mitwirkung der Parlamente, ParlVer) vom 05.03.2010 (Fassung in Kraft getreten am 01.01.2011) Der Kanton Freiburg, der Kanton Waadt, der Kanton Wallis, der Kanton Neuenburg, der Kanton Genf und der Kanton Jura (die Vertragskantone) gestützt auf die Artikel 48 der Bundesverfassung, 100 der Verfass ung des Kantons Freiburg, 103 der Verfassung des Kantons Waadt, 38 der Verfassung des Kantons Wallis, 56 der Verfassung des Kantons Neuenburg, 99 der Verfassung des Kantons Genf und 84 der Verfassung des Kantons Jura, im Bestreben, die Parlamente ihrer Kan tone beim Verfahren zur Ausarbeitung und beim Vollzug von interkantonalen Verträgen und von Verträgen mit dem Ausland mitwirken zu lassen und gemeinsame Regeln über die Ausarbeitung, die Ratifizierung, den Vollzug und die Änderung dieser Verträge zu erlass en; haben Folgendes vereinbart:
1. KAPITEL Gegenstand und institutioneller Rahmen

Art. 1 Gegenstand des Vertrags

Dieser Vertrag regelt die Mitwirkung der Parlamente der Vertragskantone bei der Ausarbeitung, der Ratifizierung, dem Vollzug und der Änderung von interkantonalen Verträgen und von Verträgen der Kantone mit dem Ausland (interkantonale Verträge).

Art. 2 Kommission für auswärtige Angelegenheiten

Das Parlament jedes Vertragskantons bezeichnet nach seinen eigenen Regeln eine Kommission, die mit der Behandlung der auswärtigen
Angelegenheiten beauftragt ist (Kommission für auswärtige Angelegenheiten).

Art. 3 Beziehungen zwischen Parlament und Regierung

1 Die Regierung jedes Vertragskantons erstattet dem Parlament regelmässig, jedoch mindestens einmal im Jahr Bericht über ihre Tätigkeit im Bereich der Aussenpolitik.
2 Der Bericht der Regierung wird der Kommission für auswärtige Angelegenheiten zur Prüfung unterbreitet. Sobald die Kommission die Regierung angehört und die nötigen Informationen gesammelt hat, unterbreitet sie den Bericht dem Parlament zur Kenntnisnahme.
3 Das Parlament stellt der Regierung allfällige Anträge nach seinen eigenen Regeln.

Art. 4 Interparlamentarische Koordinationsstelle

1. Zusammensetzung und Organisation
1 Der Interparlamentarischen Koordinationsstelle gehören aus jedem Vertragskanton ein Parlamentarier oder eine Parl amentarierin und ein Stellvertreter oder eine Stellvertreterin an; diese werden nach der jedem Kanton eigenen Gesetzgebung ernannt.
2 Die Koordinationsstelle bezeichnet ihren Präsidenten oder ihre Präsidentin turnusgemäss unter den Mitgliedern und für eine Dauer von zwei Jahren.
3 Die Koordinationsstelle kann ein ständiges Sekretariat einrichten; die Kosten dafür werden unter den Vertragskantonen nach der Einwohnerzahl aufgeteilt.
4 Im Übrigen organisiert sie sich selbst und gibt sich eine Geschäftsordnung.

Art. 5 2. Aufgaben und Zuständigkeiten

1 Die Interparlamentarische Koordinationsstelle stellt bei interkantonalen und internationalen Angelegenheiten, die die Vertragskantone betreffen, den Inf ormationsaustausch und die parlamentarische Koordination sicher.
2 Sie erstellt und aktualisiert die Dokumentation über die interkantonale Zusammenarbeit und die interkantonalen Verträge, zu denen sich die Vertragskantone verpflichten.
3 Sie ist interparlamentarischer Ansprechpartner für die Westschweizer Regierungskonferenz (WRK) und für die regionalen Fachkonferenzen der Departementsvorsteherinnen und - vorsteher.
4 Das Protokoll der Sitzungen der Koordinationsstelle wird den Mitgliedern der Kommissionen für auswärtige Angelegenheiten der Vertragskantone zugestellt.

Art. 6 3. Information der Koordinationsstelle

1 Die WRK und die regionalen Fachkonferenzen der Departementsvorsteherinnen und - vorsteher informieren die Interparlamentarische Koordinationsstelle über die interkantonalen Verträge, die unter ihrer Leitung ausgearbeitet werden.
2 Die Regierungen der Vertragskantone informieren die Koordinationsstelle über die weiteren V erträge, die in Bearbeitung sind.
2. KAPITEL Erlass - und Beitrittsverfahren bei interkantonalen Verträgen

Art. 7 Geltungsbereich

1 Die Bestimmungen dieses Kapitels werden angewendet, wenn in mindestens zwei Vertragskantonen der Abschluss oder die Ratifizierung eines interkantonalen Vertrags dem jeweiligen Parlament zur Genehmigung unterbreitet werden muss.
2 Diese Bestimmungen gelten nur für die Vertragskantone, in denen der Abschluss oder die Ratifizierung des interkantonalen Vertrags dem Parlament zur Genehmigung unterbreitet werden muss (die betreffenden Kantone), selbst wenn andere Vertragskantone am interkantonalen Vertrag mitwir ken.
3 Jeder Vertragskanton, der am interkantonalen Vertrag mitwirkt, bestimmt in Anwendung seiner Gesetzgebung, ob der Abschluss oder die Ratifizierung des fraglichen interkantonalen Vertrags dem Parlament zur Genehmigung unterbreitet werden muss.

Art. 8 Überweisung an die Parlamente

1 Sind die Verhandlungen abgeschlossen, so überweist die Regierung jedes betreffenden Kantons dem Parlament den Entwurf für einen interkantonalen Vertrag in Anwendu ng der eigenen Gesetzgebung.
2 Die Regierungen der betreffenden Kantone können vereinbaren, dass eine regionale Fachkonferenz der Departementsvorsteherinnen und - vorsteher oder die WRK den Entwurf überweist.

Art. 9 Interparlamentarische Kommission

1. Einsetzung und Befugnisse
1 Die Parlamente der betreffenden Kantone setzen eine Interparlamentarische Kommission ein; dieser gehören aus jedem betreffenden Kanton 7 Vertreterinnen und Vertreter an; d iese werden von jedem Parlament gemäss dem geltenden Verfahren für die Bestellung der Kommission bezeichnet. Die Interparlamentarische Koordinationsstelle informiert die Regierungen der betreffenden Kantone oder die Konferenz.
2 Die Koordinationsstelle läd t die Parlamentsbüros der Kantone, die am Vertrag nicht mitwirken, in denen aber der Abschluss und die Ratifizierung eines bestimmten interkantonalen Vertrags dem Parlament zur Genehmigung unterbreitet werden müssen, ein, je 7 Vertreterinnen und Vertreter in die Interparlamentarische Kommission zu entsenden. Diese Vertreterinnen und Vertreter haben beratende Stimme.
3 Die Interparlamentarische Kommission kann zu den Entwürfen der interkantonalen Verträge Stellung nehmen; die Regierungen der betreffenden Kan tone setzen ihr eine angemessene Frist.

Art. 10 2. Arbeitsweise

1 Die Interparlamentarische Kommission wird vom Sekretariat der Interparlamentarischen Koordinationsstelle einberufen.
2 Die Kommissionssitzungen sind nicht öffentlich. Ihre Mitglieder sind an das Amtsgeheimnis gebunden.
3 An der konstituierenden Sitzung wählt die Interparlamentarische Kommission eine Präsidentin oder einen Präsidenten und eine Vizepräsidentin oder einen Vi zepräsidenten; diese müssen aus den Vertretungen von zwei verschiedenen Kantonen stammen. Bei der Wahl entscheidet im ersten Wahlgang das absolute Mehr und im zweiten Wahlgang das relative Mehr.
4 Die Sekretariatsarbeiten der Interparlamentarischen Kommiss ion und die Aufbewahrung der Akten werden vom Sekretariat der Interparlamentarischen Koordinationsstelle wahrgenommen.
5 Die Interparlamentarische Kommission trifft ihre Entscheidungen mit der Mehrheit der anwesenden Parlamentsmitglieder aus den betreffend en Kantonen.
6 Die Stellungnahme der Interparlamentarischen Kommission wird den Regierungen der betreffenden Kantone oder der von ihnen bezeichneten Konferenz mitgeteilt. Das Ergebnis der Abstimmung in jeder kantonalen Vertretung wird darin erwähnt.
7 Die Vertreterinnen und Vertreter der betreffenden Kantonsregierungen oder der Konferenz nehmen mit beratender Stimme an den Sitzungen der Interparlamentarischen Kommission teil. Das Sekretariat der Interparlamentarischen Koordinationsstelle informiert die Orga ne über die Sitzungen der Interparlamentarischen Kommission und stellt ihnen mindestens einen Monat vorher die Änderungsanträge zu.
8 Die Interparlamentarische Kommission kann ein eigenes Reglement erlassen.

Art. 11 3. Rückmeldung und neue Anträge

1 Die Regierungen der betreffenden Kantone oder die von ihnen bezeichnete Konferenz teilen der Interparlamentarischen Kommission vor der Unterzeichnung des interkantonalen Vertrags mit, welche Folge ih rer Stellungnahme gegeben wurde.
2 Die Interparlamentarische Kommission kann allenfalls neue Anträge zu den Änderungsanträgen, die im Rahmen ihrer Stellungnahme eingereicht wurden, stellen.

Art. 12 Weitere Arten der Mitwirkung

1 Die Parlamentsbüros der betreffenden Kantone können nach Stellungnahme ihrer Kommissionen für auswärtige Angelegenheiten darauf verzichten, eine Interparlamentarische Kommission einzusetzen, wenn in gegenseitiger Absp rache festgestellt wird, dass Einstimmigkeit herrscht. Die Regierungen der betreffenden Kantone oder die von ihnen bezeichnete Konferenz werden darüber informiert.
2 In diesem Fall können die Parlamente und die zuständigen Kommissionen zum Entwurf des betr effenden interkantonalen Vertrags Stellung nehmen; die Regierungen setzen ihnen eine angemessene Frist.
3 Die Regierungen der betreffenden Kantone oder die von ihnen bezeichnete Konferenz teilen den Parlamentsmitgliedern oder der zuständigen Kommission vor der Unterzeichnung des interkantonalen Vertrags mit, welche Folge ihrer Stellungnahme gegeben wurde.

Art. 13 Genehmigung

1 Nach der Unterzeichnung durch die Regierungen der betreffenden Kantone werden die interkantonalen Verträge dem Parlament nach der jedem Kanton eigenen Gesetzgebung zur Genehmigung unterbreitet.
2 Der Botschaft an die Parlamente werden die Stellungnahme der Interparlamentarischen Kommission oder der Parlamente bzw. der zuständigen Kommissionen sowie die Information der Regierungen über die Folge, die sie dieser Stellungnahme gegeben haben, beigeleg t.
3. KAPITEL Von einer schweizerischen Konferenz ausgearbeitete interkantonale Verträge mit landesweiter Geltung

Art. 14

Wenn die Konferenz der Kantonsregierungen oder eine schweizerische Konferenz kantonaler Departementsvorsteherinnen und - vorsteher einen Entwurf für einen interkantonalen Vertrag von landesweit er Geltung in die Vernehmlassung gibt, gilt das Verfahren nach Kapitel 2 dieses Vertrags sinngemäss.
4. KAPITEL Interparlamentarische Geschäftsprüfung

Art. 15 Grundsätze

1 Wird mit einem Vertrag eine interkantonale Institution oder eine gemeinsame Organisation geschaffen, so vereinbaren die betreffenden Vertragskantone, im Rahmen der parlamentarischen Oberaufsicht eine interparlamen tarische Geschäftsprüfung für diese interkantonale Institution oder diese gemeinsame Organisation einzusetzen.
2 Die interparlamentarische Geschäftsprüfung wird von einer interparlamentarischen Aufsichtskommission ausgeübt, die sich aus Parlamentarierinnen und Parlamentariern aus jedem betreffenden Kanton zusammensetzt.
3 Die Zusammensetzung und die besonderen Befugnisse der interparlamentarischen Aufsichtskommission werden im Vertrag, mit dem die interkantonale Institution oder die gemeinsame Organisation geschaffen wird, festgelegt.
4 Die interparlamentarische Geschäftsprüfung umfasst in jedem Fall die folgenden Punkte: a) die strategischen Ziele der interkantonalen Institution oder der gemeinsamen Organisation und ihre Umsetzung; b) die mehrjährige Finanz planung; c) das Budget und die Jahresrechnungen der interkantonalen Institution oder der gemeinsamen Organisation; d) die Bewertung der Ergebnisse der interkantonalen Institution oder der gemeinsamen Organisation.
5 Die interparlamentarische Aufsichtskommission erstellt mindestens einmal im Jahr einen schriftlichen Bericht zuhanden der Parlamente der betreffenden Kantone.
6 Die Zuständigkeiten der Parlamente in Zusammenhang mit dem Budget und der Aufsicht bleiben vor behalten.
7 Die Sekretariatsarbeiten der interparlamentarischen Aufsichtskommission und die Aufbewahrung der Akten werden vom Parlamentssekretariat des Kantons, in dem die Kommission tagt, wahrgenommen.
8 Die interparlamentarische Aufsichtskommission kann über ihre Arbeitsweise ein eigenes Reglement erlassen.

Art. 16 Allgemeine Zuständigkeiten der interparlamentarischen

Aufsichtskommission
1 Di e interparlamentarische Aufsichtskommission kann über das Exekutivorgan der interkantonalen Institution oder der gemeinsamen Organisation Interpellationen, Resolutionen und Postulate an die betreffenden Regierungen oder an die Konferenz, die sie bezeichnet haben, richten.
2 Jedes Mitglied kann schriftlich beantragen, dass eine Interpellation, eine Resolution oder ein Postulat verabschiedet wird.
3 Jeder Antrag wird zur Diskussion auf die Tagesordnung gesetzt.
4 Der Antrag wird mit der Mehrheit der Stimmende n angenommen.

Art. 17 Interpellation

Die Interpellation ist ein Begehren um eine begründete Erklärung zu allen Geschäften, für die das Exekutivorgan zuständig ist.

Art. 18 Resolution

Die Resolution ist eine Erklärung oder eine Bitte an das Exekutivorgan oder, durch seine Vermittlung, an eine andere Instanz zu allen Geschäften, für die das Exekutivorgan zuständig ist.

Art. 19 Postulat

1 Das Postulat verpflichtet die betreffenden Regierungen oder die Konferenz, die sie bezeichnet haben, zu prüfen, ob zu einem Geschäft, für das das Exekutivorgan zuständig ist, ein Erlass verabschiedet oder eine Massnahme getroffen werden soll.
2 Das Exekut ivorgan erstattet der interparlamentarischen Aufsichtskommission innerhalb von sechs Monaten Bericht über die Folge, die die betreffenden Regierungen oder die Konferenz, die sie beauftragt
haben, dem Postulat gegeben haben, oder über die Gründe, weshalb si e nicht darauf eingetreten sind.
5. KAPITEL Schlussbestimmungen

Art. 20 Beitritt

1 Alle Kantone können diesem Vertrag beitreten.
2 Ein Beitritt zu diesem Vertrag hat die Kündigung der Vereinbarung vom
9. März 2001 über die Aushandlung, Ratifikation, Ausführung und Änderung der interkantonalen Verträge und der Vereinbarungen der Kantone mit dem Ausland zur Folge; die Kündigung wird b ei Inkrafttreten dieses Vertrags wirksam.

Art. 21 Inkrafttreten

1 Dieser Vertrag tritt am 1. Januar, der auf den Beitritt von fünf Vertragskantonen der oben genannten Vereinbarung vom 9. März 2001 folgt, in Kraft.
2 Für die Kantone, die dem Vertrag später beitreten, tritt er am ersten Tag des zweiten Monats, der auf ihre Beitrittserklärung folgt, in Kraft.
3 Dieser Vertrag wird beim Inkrafttreten dem Bundesrat zur Kenntnis gebracht. Dasselbe gil t für spätere Beitritte.

Art. 22 Dauer, Änderung

1 Dieser Vertrag wird für unbestimmte Zeit abgeschlossen.
2 Wenn einer oder mehrere Kantone Vertragsänderungen beantragen, werden diese einer interparlamentarischen Kommission nach Artikel 9 unterbreitet.
3 Die interparlamentarische Kommission berät gemäss Artikel 10 und nimmt zu den Änderungsanträgen Stellung.
4 Wenn sich die Vertragskantone über eine Änderung dieses Vertrags einigen, unterbreiten sie diese ihren Parlamenten zur Genehmigung.

Art. 23 Kündigung

1 Dieser Vertrag kann jederzeit mit einer K ündigungsfrist von zwölf Monaten gekündigt werden.
2 Der Kanton, der diesen Vertrag kündigt, informiert den Bundesrat darüber.
3 Der Vertrag bleibt zwischen den Kantonen, die ihn nicht gekündigt haben, so lange in Kraft, als mindestens zwei Kantone als Vertragsparteien weiter bestehen. Beitritt durch Gesetz vom 8.10.2010 Inkrafttreten für den Kanton Freiburg: 1.1.2011
Änderungsta belle – Nach Beschlussdatum Beschluss Berührtes Element Änderungstyp Inkrafttreten Quelle (ASF seit 2002)
05. 03.2010 Erlass Grunderlass 01.01.2011 2010_111 Änderungstabelle – Nach Artikel Berührtes Element Änderungstyp Beschluss Inkrafttreten Quelle (ASF seit 2002) Erlass Grunderlass 05.03.2010 01.01.2011 2010_111
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