Richtlinien über die Vorarchivierung von Gerichtsakten und deren Ablieferung an das Staatsarchiv
1 Richtlinien vom 25. September 2000 über die Vorarchivierung von Gerichtsakten und deren Ablieferung an das Staatsarchiv Das Kantonsgericht des Staates Freiburg gestützt auf Artikel 95 des Gesetzes vom 22. November 1949 über die Gerichtsorganisation (GOG); gestützt auf Artikel 16 des Reglements des Staatsarchivs vom 2. März
1993 (StAR); beschliesst:
1. ABSCHNITT Allgemeine Bestimmungen
Art. 1 Definitionen
1 Die Vorarchivierungsdossiers bestehen aus Dokumenten, die keinen unmittelbaren Nutzen mehr haben und von den Organen, Dienststellen und Anstalten an einem geeigneten Or t aufbewahrt werden müssen.
2 Die Archivierungsdossiers bestehen aus vorarchivierten Dokumenten, die offensichtlich keinen praktischen Nutz en mehr haben, deren allfällige (in diesen Richtlinien festgesetzten) Aufb ewahrungsfristen verstrichen sind und die vom Staatsarchiv aufbewahrt werden.
Art. 2 Gegenstand
1 Diese Richtlinien richten sich an die Organe der Justiz, die der Aufsicht des Kantonsgerichts unterstellt sind.
2 Sie finden auf die Vorarchivierung von Dokumenten Anwendung, die gerichtliche Aktenhefte im Sinne der Artikel 14 ZPO und 52 StPO darstellen, nachdem den Parteien die von ihnen eingereichten Beweisurkunden zurückerstattet worden sind.
2
3 Sie finden keine Anwendung auf Sammlu ngen von Urteilen, Entscheiden, Protokollen, Karteien und Register, die von der Behörde, von der sie herrühren, für unbeschränkte Zeit ge bunden oder anderweitig fixiert aufbewahrt werden (abweichende gesetzliche Bestimmungen vorbehalten).
4 Besondere Bestimmungen des Bundes oder des Kantons, insbesondere jene des Reglements über die Sicherheit der Personendaten (DSR; SGF
17.15), bleiben vorbehalten.
2. ABSCHNITT Modalitäten der Vorarchivierung
Art. 3 Zuständigkeit
1 Jedes Organ der Justiz archiv iert die aus seiner Tätigkeit hervorgegangenen Akten vor; es gewährleistet deren Aufbewahrung und schützt deren Sicherheit mit alle n zur Verfügung stehenden Mitteln.
2 Das Kantonsgericht überprüft in Zu sammenarbeit mit dem Staatsarchiv die Vorarchivierung durch die Organe der Justiz, die der Aufsicht des Kantonsgerichts unterstellt sind.
Art. 4 Klassierung
Nach endgültiger Erledigung einer Angelegenheit werden die Aktenhefte unter Angabe des Datums ihrer Einschreibung im Gerichtsrodel, des Erledigungsdatums, der Parteien und des Gegenstandes in einem Vorarchivierungsregister eingetragen.
Art. 5 Aufbewahrung und Zugang
1 Die Aktenhefte werden in einem geeigneten, abgeschlossenen und ausreichend gegen Feuer und Feuchtigkeit geschützten Raum sorgfältig aufbewahrt. Die Sicherheit der Personendaten in den Vorarchivierungsdossiers muss sicher gestellt werden (Art. 13 Abs. 1 DSR).
2 Die vorarchivierten Akten sind der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Zum Zweck der wissenschaftlichen Forschun g kann die betroffene Behörde mit Einwilligung des Kantonsgerichts Ausnahmen gewähren.
Art. 6 Dauer der Vorarchivierung
1 Strafakten werd en aufbewahrt: – 30 Jahre in Fällen von Verbrechen und Vergehen;
3 – 15 Jahre in Fällen von Übertretungen. Ausnahmen: – Alle Akten der Jugendstrafrechtspf lege werden während 15 Jahren aufbewahrt. – In Übertretungsstrafsachen und in Fällen, die durch Versöhnung erledigt wurden, werden die Akte n der Oberamtmänner während zehn Jahren aufbewahrt.
2 Zivilakten werden während 30 Jahren aufbewahrt. Davon abweichend beträgt die Aufbewahrungsdauer: – 15 Jahre für gewerbegerichtliche und mietrechtliche Angelegenheiten; – 5 Jahre für Angelegenheiten, die im summarischen Verfahren, durch Versöhnung, Klagerückzug oder Vergleich erledigt wurden.
3 Gesetzliche Vorschriften, die andere Fristen vorsehen, bleiben vorbehalten.
3. ABSCHNITT Ablieferung an das Staatsarchiv und Vernichtung
Art. 7 Ende der Vorarchivierung
1 Alle zehn Jahre wendet sich die vorarchivierende Behörde an das Kantonsgericht, das über die Abtretung derjenigen Akten entscheidet, deren Vorarchivierungsdauer verstrichen ist.
2 Für die Jugendstrafrechtspflege un d die Oberamtmänner beträgt diese Frist fünf Jahre.
3 Das Kantonsgericht gelangt an das Staatsarchiv, das unter Mitwirkung der vorarchivierenden Behörde über die Archivierung oder die Vernichtung der Akten entscheidet.
Art. 8 Ablieferung an das Staatsarchiv
1 Dem Staatsarchiv werden Akten von dauerhaftem oder historischem Interesse abgeliefert, insbes ondere die Akten, die sich: a) auf rechtlich besonders charakteristische Angelegenheiten beziehen; b) auf Persönlichkeiten oder Orte von besonderem Interesse beziehen; c) auf Angelegenheiten beziehen, die wertvolle kulturelle Hinweise enthalten (soziale Bedingungen, Epochen, Entwicklungsfaktoren).
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2 Die Stellungnahme der Kantonalen Aufsichtsbehörde für Datenschutz wird vorgängig eingeholt.
Art. 9 Vernichtung
1 Akten, deren Archivierung gemäss Artikel 8 nicht vorgeschrieben ist, werden mit Einwilligung des Kantonsgerichts und mit Zustimmung des Staatsarchivs vernichtet.
2 Die Vernichtung muss auf geeignete Weise durchgeführt werden, um jede Möglichkeit einer Wiederherstellung auszuschliessen (Art. 13 Abs. 2 DSR).
4. ABSCHNITT Schlussbestimmungen
Art. 10
1 Diese Richtlinien treten am 1. Januar 2001 in Kraft.
2 Sie werden im Amtsblatt veröffentlicht und in die Amtliche Gesetzessammlung aufgenommen.
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