Bundesgesetz über das Schweizer Bürgerrecht (141.0)
CH - Schweizer Bundesrecht

Bundesgesetz über das Schweizer Bürgerrecht (Bürgerrechtsgesetz, BüG)

(Bürgerrechtsgesetz, BüG) vom 20. Juni 2014 (Stand am 1. September 2023)
Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,
gestützt auf Artikel 38 der Bundesverfassung¹, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 4. März 2011²,
beschliesst:
¹ SR 101 ² BBl 2011 2825

1. Titel: Erwerb und Verlust von Gesetzes wegen

1. Kapitel: Erwerb von Gesetzes wegen

Art. 1 Erwerb durch Abstammung
¹ Schweizer Bürgerin oder Bürger ist von Geburt an:
a. das Kind, dessen Eltern miteinander verheiratet sind und dessen Vater oder Mutter Schweizer Bürgerin oder Bürger ist;
b. das Kind einer Schweizer Bürgerin, die mit dem Vater nicht verheiratet ist.
² Das minderjährige ausländische Kind eines schweizerischen Vaters, der mit der Mutter nicht verheiratet ist, erwirbt durch die Begründung des Kindesverhältnisses zum Vater das Schweizer Bürgerrecht, wie wenn der Erwerb mit der Geburt erfolgt wäre.
³ Hat das minderjährige Kind, das nach Absatz 2 das Schweizer Bürgerrecht erwirbt, eigene Kinder, so erwerben diese ebenfalls das Schweizer Bürgerrecht.
Art. 2 Kantons- und Gemeindebürgerrecht
¹ Mit dem Schweizer Bürgerrecht erwirbt das Kind das Kantons- und Gemeinde­bürgerrecht des schweizerischen Elternteils.
² Haben beide Eltern das Schweizer Bürgerrecht, so erwirbt das Kind das Kantons- und Gemeindebürgerrecht des Elternteils, dessen Namen es trägt.
Art. 3 Findelkind
¹ Das in der Schweiz gefundene minderjährige Kind unbekannter Abstammung erhält das Bürgerrecht des Kantons, in welchem es aufgefunden wurde, und damit das Schweizer Bürgerrecht.
² Der Kanton bestimmt, welches Gemeindebürgerrecht es erhält.
³ Die so erworbenen Bürgerrechte erlöschen, wenn die Abstammung des Kindes festgestellt wird, sofern es noch minderjährig ist und nicht staatenlos wird.
Art. 4 Adoption
Wird ein minderjähriges ausländisches Kind von einer Person mit Schweizer Bür­gerrecht adoptiert, so erwirbt es das Kantons- und Gemeindebürgerrecht der adoptie­renden Person und damit das Schweizer Bürgerrecht.

2. Kapitel: Verlust von Gesetzes wegen

Art. 5 Verlust durch Aufhebung des Kindesverhältnisses
Wird das Kindesverhältnis zum Elternteil, der dem Kind das Schweizer Bürgerrecht vermittelt hat, aufgehoben, so verliert das Kind das Schweizer Bürgerrecht, sofern es dadurch nicht staatenlos wird.
Art. 6 Verlust durch Adoption
¹ Wird ein minderjähriges Kind mit Schweizer Bürgerrecht von einer Ausländerin oder einem Ausländer adoptiert, so verliert es mit der Adoption das Schweizer Bürgerrecht, wenn es damit die Staatsangehörigkeit des Adoptierenden erwirbt oder diese bereits besitzt.
² Der Verlust des Schweizer Bürgerrechts tritt nicht ein, wenn mit der Adoption auch ein Kindesverhältnis zu einem schweizerischen Elternteil begründet wird oder nach der Adoption ein solches bestehen bleibt.
³ Wird die Adoption aufgehoben, so gilt der Verlust des Schweizer Bürgerrechts als nicht eingetreten.
Art. 7 Verlust bei Geburt im Ausland
¹ Das im Ausland geborene Kind eines schweizerischen Elternteils, das noch eine andere Staatsangehörigkeit besitzt, verwirkt das Schweizer Bürgerrecht mit der Vollendung des 25. Lebensjahres, wenn es nicht bis dahin einer schweizerischen Behörde im Ausland oder Inland gemeldet worden ist oder sich selber gemeldet hat oder schriftlich erklärt, das Schweizer Bürgerrecht beibehalten zu wollen.
² Verwirkt das Kind das Schweizer Bürgerrecht nach Absatz 1, so verwirken es auch seine Kinder.
³ Als Meldung im Sinne von Absatz 1 genügt namentlich jede Mitteilung von Eltern, Verwandten oder Bekannten im Hinblick auf die Eintragung in die heimatlichen Register, auf die Immatrikulation oder die Ausstellung von Ausweisschriften.
⁴ Wer gegen seinen Willen die Meldung oder Erklärung nach Absatz 1 nicht recht­zeitig abgeben konnte, kann sie gültig noch innerhalb eines Jahres nach Wegfall des Hinderungsgrundes abgeben.
Art. 8 Kantons- und Gemeindebürgerrecht
Wer das Schweizer Bürgerrecht von Gesetzes wegen verliert, verliert damit das Kantons- und Gemeindebürgerrecht.

2. Titel: Erwerb und Verlust durch behördlichen Beschluss

1. Kapitel: Erwerb durch behördlichen Beschluss

1. Abschnitt: Ordentliche Einbürgerung

Art. 9 Formelle Voraussetzungen
¹ Der Bund erteilt die Einbürgerungsbewilligung nur, wenn die Bewerberin oder der Bewerber:
a. bei der Gesuchstellung eine Niederlassungsbewilligung besitzt; und
b. bei der Gesuchstellung einen Aufenthalt von insgesamt zehn Jahren in der Schweiz nachweist, wovon drei in den letzten fünf Jahren vor Einreichung des Gesuchs.
² Für die Berechnung der Aufenthaltsdauer nach Absatz 1 Buchstabe b wird die Zeit, während welcher die Bewerberin oder der Bewerber zwischen dem vollendeten 8. und 18. Lebensjahr in der Schweiz gelebt hat, doppelt gerechnet. Der tatsächliche Aufenthalt hat jedoch mindestens sechs Jahre zu betragen.
Art. 10 Voraussetzungen bei eingetragener Partnerschaft
¹ Ist die Bewerberin oder der Bewerber eine eingetragene Partnerschaft mit einer Schweizer Bürgerin oder einem Schweizer Bürger eingegangen, so muss sie oder er bei der Gesuchstellung nachweisen, dass sie oder er:
a. sich insgesamt während fünf Jahren in der Schweiz aufgehalten hat, wovon ein Jahr unmittelbar vor der Gesuchstellung; und
b. seit drei Jahren mit dieser Person in einer eingetragenen Partnerschaft lebt.
² Die kürzere Aufenthaltsdauer nach Absatz 1 Buchstabe a gilt auch für den Fall, dass eine der beiden Partnerinnen oder einer der beiden Partner das Schweizer Bür­gerrecht nach der Eintragung der Partnerschaft erwirbt durch:
a. eine Wiedereinbürgerung; oder
b. durch eine erleichterte Einbürgerung aufgrund der Abstammung von einem schweizerischen Elternteil.
Art. 11 Materielle Voraussetzungen
Die Erteilung der Einbürgerungsbewilligung des Bundes erfordert, dass die Bewer­berin oder der Bewerber:
a. erfolgreich integriert ist;
b. mit den schweizerischen Lebensverhältnissen vertraut ist; und
c. keine Gefährdung der inneren oder äusseren Sicherheit der Schweiz dar­stellt.
Art. 12 Integrationskriterien
¹ Eine erfolgreiche Integration zeigt sich insbesondere:
a. im Beachten der öffentlichen Sicherheit und Ordnung;
b. in der Respektierung der Werte der Bundesverfassung;
c. in der Fähigkeit, sich im Alltag in Wort und Schrift in einer Landessprache zu verständigen;
d. in der Teilnahme am Wirtschaftsleben oder am Erwerb von Bildung; und
e. in der Förderung und Unterstützung der Integration der Ehefrau oder des Ehemannes, der eingetragenen Partnerin oder des eingetragenen Partners oder der minderjährigen Kinder, über welche die elterliche Sorge ausgeübt wird.
² Der Situation von Personen, welche die Integrationskriterien von Absatz 1 Buch­staben c und d aufgrund einer Behinderung oder Krankheit oder anderen gewichti­gen persönlichen Umständen nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen erfüllen können, ist angemessen Rechnung zu tragen.
³ Die Kantone können weitere Integrationskriterien vorsehen.
Art. 13 Einbürgerungsverfahren
¹ Der Kanton bezeichnet die Behörde, bei welcher das Einbürgerungsgesuch einzureichen ist.
² Können der Kanton und, falls das kantonale Recht dies vorsieht, die Gemeinde die Einbürgerung zusichern, leiten sie das Einbürgerungsgesuch nach Abschluss der kantonalen Prüfung an das Staatssekretariat für Migration (SEM) weiter.
³ Sind alle formellen und materiellen Voraussetzungen erfüllt, so erteilt das SEM die Einbürgerungsbewilligung des Bundes und stellt diese der kantonalen Einbürge­rungsbehörde zum Entscheid über die Einbürgerung zu.
⁴ Die Einbürgerungsbewilligung des Bundes kann hinsichtlich des Einbezuges von Kindern nachträglich geändert werden.
Art. 14 Kantonaler Einbürgerungsentscheid
¹ Die zuständige kantonale Behörde trifft den Einbürgerungsentscheid innert einem Jahr nach Erteilung der Einbürgerungsbewilligung des Bundes. Nach Ablauf dieser Frist verliert die Einbürgerungsbewilligung des Bundes ihre Gültigkeit.
² Sie lehnt die Einbürgerung ab, wenn ihr nach Erteilung der Einbürgerungsbewil­ligung des Bundes Tatsachen bekannt werden, aufgrund welcher die Einbürgerung nicht zuge­sichert worden wäre.
³ Mit Eintritt der Rechtskraft des kantonalen Einbürgerungsentscheids wird das Gemeinde- und Kantonsbürgerrecht sowie das Schweizer Bürgerrecht erworben.
Art. 15 Verfahren im Kanton
¹ Das Verfahren im Kanton und in der Gemeinde wird durch das kantonale Recht geregelt.
² Das kantonale Recht kann vorsehen, dass ein Einbürgerungsgesuch den Stimmbe­rechtigten an einer Gemeindeversammlung zum Entscheid vorgelegt wird.
Art. 16 Begründungspflicht
¹ Die Ablehnung eines Einbürgerungsgesuches ist zu begründen.
² Die Stimmberechtigten können ein Einbürgerungsgesuch nur ablehnen, wenn ein entsprechender Antrag gestellt und begründet wurde.
Art. 17 Schutz der Privatsphäre
¹ Die Kantone sorgen dafür, dass bei der Einbürgerung im Kanton und in der Gemeinde die Privatsphäre beachtet wird.
² Den Stimmberechtigten sind die folgenden Daten bekannt zu geben:
a. Staatsangehörigkeit;
b. Aufenthaltsdauer;
c. Angaben, die erforderlich sind zur Beurteilung der Einbürgerungsvoraus­setzungen, insbesondere der erfolgreichen Integration.
³ Die Kantone berücksichtigen bei der Auswahl der Daten nach Absatz 2 den Adressatenkreis.
Art. 18 Kantonale und kommunale Aufenthaltsdauer
¹ Die kantonale Gesetzgebung sieht eine Mindestaufenthaltsdauer von zwei bis fünf Jahren vor.
² Der Kanton und die Gemeinde, in denen ein Einbürgerungsgesuch gestellt worden ist, bleiben bei einem Wegzug in eine andere Gemeinde oder einen anderen Kanton zuständig, wenn sie die Einbürgerungsvoraussetzungen gemäss den Artikeln 11 und 12 abschliessend geprüft haben.³
³ Berichtigt von der Redaktionskommission der BVers (Art. 58 Abs. 1 ParlG; SR 171.10 ).
Art. 19 Ehrenbürgerrecht
Die Verleihung des Ehrenbürgerrechts an eine Ausländerin oder an einen Ausländer durch einen Kanton oder eine Gemeinde ohne Einbürgerungsbewilligung des Bundes hat nicht die Wirkungen einer Einbürgerung.

2. Abschnitt: Erleichterte Einbürgerung

Art. 20 Materielle Voraussetzungen
¹ Bei der erleichterten Einbürgerung müssen die Integrationskriterien nach Artikel 12 Absätze 1 und 2 erfüllt sein.
² Die erleichterte Einbürgerung setzt zusätzlich voraus, dass die Bewerberin oder der Bewerber die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz nicht gefährdet.
³ Für Bewerberinnen und Bewerber, die keinen Aufenthalt in der Schweiz haben, gelten die Voraussetzungen von Absatz 1 und 2 sinngemäss.
Art. 21 Ehefrau eines Schweizers oder Ehemann einer Schweizerin
¹ Wer eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzt, kann nach der Eheschliessung mit einer Schweizerin oder einem Schweizer ein Gesuch um erleichterte Einbürge­rung stellen, wenn sie oder er:
a. seit drei Jahren in ehelicher Gemeinschaft mit dem Ehemann oder der Ehe­frau lebt; und
b. sich insgesamt fünf Jahre in der Schweiz aufgehalten hat, wovon ein Jahr unmittelbar vor Einreichung des Gesuchs.
² Wer im Ausland lebt oder gelebt hat, kann das Gesuch auch stellen, wenn sie oder er:
a. seit sechs Jahren in ehelicher Gemeinschaft mit dem Ehemann oder der Ehefrau lebt; und
b. mit der Schweiz eng verbunden ist.
³ Ein Gesuch um eine erleichterte Einbürgerung nach den Absätzen 1 und 2 kann eine Person mit ausländischer Staatsangehörigkeit auch dann stellen, wenn die Ehefrau oder der Ehemann das Schweizer Bürgerrecht nach der Heirat erwirbt durch:
a. eine Wiedereinbürgerung; oder
b. durch eine erleichterte Einbürgerung aufgrund der Abstammung von einem schweizerischen Elternteil.
⁴ Die eingebürgerte Person erwirbt das Kantons- und Gemeindebürgerrecht des schweizerischen Ehegatten. Besitzt dieser mehrere Kantons- und Gemeindebürger­rechte, so kann sie sich dafür entscheiden, nur ein Kantons- und Gemeindebürger­recht zu erwerben.
Art. 22 Irrtümlich angenommenes Schweizer Bürgerrecht
¹ Wer während fünf Jahren im guten Glauben gelebt hat, das Schweizer Bürgerrecht zu besitzen, und während dieser Zeit von kantonalen oder Gemeindebehörden tat­sächlich als Schweizerin oder als Schweizer behandelt worden ist, kann ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung stellen.
² Die eingebürgerte Person erhält das Kantonsbürgerrecht des für den Irrtum verantwortlichen Kantons. Dieser bestimmt, welches Gemeindebürgerrecht gleich­zeitig erworben wird.
Art. 23 Staatenloses Kind
¹ Ein minderjähriges staatenloses Kind kann ein Gesuch um erleichterte Einbürge­rung stellen, wenn es einen Aufenthalt von insgesamt fünf Jahren in der Schweiz nachweist, wovon ein Jahr unmittelbar vor der Gesuchstellung.
² Jeder Aufenthalt in der Schweiz in Übereinstimmung mit den ausländerrechtlichen Vorschriften wird angerechnet.
³ Das eingebürgerte Kind erwirbt das Bürgerrecht der Wohngemeinde und des Wohnkantons.
Art. 24 Kind eines eingebürgerten Elternteils
¹ Ein ausländisches Kind, das im Zeitpunkt der Einreichung des Einbürgerungs­gesuches eines Elternteils minderjährig war und nicht in die Einbürgerung einbe­zogen wurde, kann vor Vollendung des 22. Altersjahres ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung stellen, wenn es einen Aufenthalt von insgesamt fünf Jahren in der Schweiz nachweist, wovon drei Jahre unmittelbar vor der Gesuchstellung.
² Das eingebürgerte Kind erwirbt das Bürgerrecht des schweizerischen Elternteils.
Art. 24 a ⁴ Personen der dritten Ausländergeneration
¹ Das Kind ausländischer Eltern kann auf Gesuch hin erleichtert eingebürgert werden, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
a. Mindestens ein Grosselternteil ist in der Schweiz geboren worden oder es wird glaubhaft gemacht, dass er ein Aufenthaltsrecht erworben hat.
b. Mindestens ein Elternteil hat eine Niederlassungsbewilligung erworben, hat sich mindestens zehn Jahre in der Schweiz aufgehalten und hat mindestens fünf Jahre die obligatorische Schule in der Schweiz besucht.
c. Das Kind wurde in der Schweiz geboren.
d. Das Kind besitzt eine Niederlassungsbewilligung und hat mindestens fünf Jahre die obligatorische Schule in der Schweiz besucht.
² Das Gesuch ist bis zum vollendeten 25. Altersjahr einzureichen.
³ Das eingebürgerte Kind erwirbt das Bürgerrecht der Wohngemeinde und des Wohnkantons zum Zeitpunkt des Bürgerrechtserwerbs.
⁴ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 30. Sept. 2016 (Erleichterte Einbürgerung von Personen der dritten Ausländergeneration), in Kraft seit 15. Febr. 2018 ( AS 2018 531 ; BBl 2015 769 1327 ).
Art. 25 Zuständigkeit und Verfahren
¹ Das SEM entscheidet über die erleichterte Einbürgerung; vor der Gutheissung eines Gesuches hört es den Kanton an.
² Der Bundesrat regelt das Verfahren.

3. Abschnitt: Wiedereinbürgerung

Art. 26 Voraussetzungen
¹ Die Wiedereinbürgerung erfordert, dass die Bewerberin oder der Bewerber:
a. erfolgreich integriert ist, wenn sie oder er sich in der Schweiz aufhält;
b. eng mit der Schweiz verbunden ist, wenn sie oder er im Ausland lebt;
c. die öffentliche Sicherheit und Ordnung beachtet;
d. die Werte der Bundesverfassung respektiert; und
e. keine Gefährdung der inneren oder äusseren Sicherheit der Schweiz darstellt.
² Für Bewerberinnen und Bewerber, die sich nicht in der Schweiz aufhalten, gelten die Voraussetzungen von Absatz 1 Buchstaben c–e sinngemäss.
Art. 27 Wiedereinbürgerung nach Verwirkung, Entlassung und Verlust des Bürgerrechts
¹ Wer das Schweizer Bürgerrecht verloren hat, kann innert zehn Jahren ein Gesuch um Wiedereinbürgerung stellen.
² Nach Ablauf der in Absatz 1 erwähnten Frist kann die Wiedereinbürgerung bean­tragen, wer seit drei Jahren Aufenthalt in der Schweiz hat.
Art. 28 Wirkung
Durch die Wiedereinbürgerung wird das Kantons- und Gemeindebürgerrecht, das die Bewerberin oder der Bewerber zuletzt besessen hat, erworben.
Art. 29 Zuständigkeit und Verfahren
¹ Das SEM entscheidet über die Wiedereinbürgerung; vor der Gutheissung eines Gesuches hört es den Kanton an.
² Der Bundesrat regelt das Verfahren.

4. Abschnitt: Gemeinsame Bestimmungen

Art. 30 Einbezug der Kinder
In die Einbürgerung werden in der Regel die minderjährigen Kinder der Bewerberin oder des Bewerbers einbezogen, wenn sie mit dieser oder diesem zusammenleben. Bei Kindern ab dem 12. Altersjahr sind die Voraussetzungen nach den Artikeln 11 und 12 eigenständig und altersgerecht zu prüfen.
Art. 31 Minderjährige Kinder
¹ Minderjährige Kinder können das Gesuch um Einbürgerung nur durch ihren gesetzlichen Vertreter einreichen.
² Ab dem Alter von 16 Jahren haben minderjährige Kinder zudem ihren eigenen Willen auf Erwerb des Schweizer Bürgerrechts schriftlich zu erklären.
Art. 32 Volljährigkeit
Volljährigkeit und Minderjährigkeit im Sinne dieses Gesetzes richten sich nach Artikel 14 des Zivilgesetzbuches⁵.
⁵ SR 210
Art. 33 Aufenthalt
¹ An die Aufenthaltsdauer angerechnet wird der Aufenthalt in der Schweiz mit Aufenthaltstitel in Form:
a. einer Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung;
b. einer vorläufigen Aufnahme; die Aufenthaltsdauer wird zur Hälfte ange­rechnet; oder
c. einer vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten ausgestellten Legitimationskarte oder eines vergleichbaren Aufenthaltstitels.
² Kurzfristiges Verlassen der Schweiz mit der Absicht auf Rückkehr unterbricht den Aufenthalt nicht.
³ Der Aufenthalt in der Schweiz gilt als bei der Abreise ins Ausland aufgegeben, wenn die Ausländerin oder der Ausländer sich bei der zuständigen Behörde abmel­det oder während mehr als sechs Monaten tatsächlich im Ausland lebt.
Art. 34 Kantonale Erhebungen
¹ Wird ein Gesuch um ordentliche Einbürgerung gestellt, so prüft die zuständige kantonale Behörde nach Vorliegen der Voraussetzungen nach Artikel 9, ob die Voraussetzungen von Artikel 11 Buchstaben a und b erfüllt sind.
² Das SEM beauftragt die kantonale Einbürgerungsbehörde mit den Erhebungen, die für die Beurteilung der Voraussetzungen einer erleichterten Einbürgerung, einer Wiedereinbürgerung oder für die Nichtigerklärung einer Einbürgerung oder den Entzug des Schweizer Bürgerrechts nötig sind.
³ Der Bundesrat regelt das Verfahren. Er kann einheitliche Richtlinien für die Erstellung von Erhebungsberichten erlassen und Ordnungsfristen für die Durchfüh­rung der in Absatz 2 erwähnten Erhebungen vorsehen.
Art. 35 Gebühren
¹ Die Bundesbehörden sowie die kantonalen und kommunalen Behörden können im Zusammenhang mit Einbürgerungsverfahren oder Verfahren betreffend Nichtig­erklärungen von Einbürgerungen Gebühren erheben.
² Die Gebühren dürfen höchstens kostendeckend sein.
³ Für die Verfahren in seiner Zuständigkeit kann der Bund eine Vorauszahlung der Gebühren verlangen.
Art. 36 Nichtigerklärung
¹ Die Einbürgerung kann vom SEM nichtig erklärt werden, wenn sie durch falsche Angaben oder Verheimlichung erheblicher Tatsachen erschlichen worden ist.
² Die Einbürgerung kann innert zwei Jahren, nachdem das SEM vom rechtserheb­lichen Sachverhalt Kenntnis erhalten hat, spätestens aber innert acht Jahren nach dem Erwerb des Schweizer Bürgerrechts nichtig erklärt werden. Nach jeder Unter­suchungshandlung, die der eingebürgerten Person mitgeteilt wird, beginnt eine neue zweijährige Verjährungsfrist zu laufen. Die Fristen stehen während eines Beschwer­deverfahrens still.
³ Unter den gleichen Voraussetzungen kann die Einbürgerung nach den Arti­keln 9–19 auch von der kantonalen Behörde nichtig erklärt werden.
⁴ Die Nichtigkeit erstreckt sich auf alle Kinder, deren Schweizer Bürgerrecht auf der nichtig erklärten Einbürgerung beruht. Ausgenommen sind Kinder, die:
a. im Zeitpunkt des Entscheides über die Nichtigerklärung das 16. Altersjahr vollendet haben sowie die Wohnsitzerfordernisse nach Artikel 9 und die Eignungsvoraussetzungen nach Artikel 11 erfüllen; oder
b. durch die Nichtigerklärung staatenlos würden.
⁵ Nach der rechtskräftigen Nichtigerklärung einer Einbürgerung kann ein neues Ein­bürgerungsgesuch erst nach Ablauf von zwei Jahren gestellt werden.
⁶ Die Wartefrist von Absatz 5 gilt nicht für die in die Nichtigerklärung einbezogenen Kinder.
⁷ Zusammen mit der Nichtigerklärung wird der Entzug der Ausweise verfügt.

2. Kapitel: Verlust durch behördlichen Beschluss

1. Abschnitt: Entlassung

Art. 37 Entlassungsgesuch und -beschluss
¹ Schweizer Bürgerinnen und Bürger werden auf Begehren aus dem Bürgerrecht entlassen, wenn sie keinen Aufenthalt in der Schweiz haben und eine andere Staats­angehörigkeit besitzen oder ihnen eine solche zugesichert ist. Artikel 31 gilt sinnge­mäss.
² Die Entlassung wird von der Behörde des Heimatkantons ausgesprochen.
³ Der Verlust des Kantons- und Gemeindebürgerrechts und damit des Schweizer Bürgerrechts tritt mit der Zustellung der Entlassungsurkunde ein.
Art. 38 Einbezug von Kindern
¹ In die Entlassung werden minderjährige Kinder einbezogen, die:
a. unter der elterlichen Sorge der Entlassenen stehen;
b. in der Schweiz keinen Aufenthalt haben; und
c. eine andere Staatsangehörigkeit besitzen oder zugesichert bekommen haben.
² Minderjährige Kinder über 16 Jahren werden nur in die Entlassung einbezogen, wenn sie dieser schriftlich zustimmen.
Art. 39 Entlassungsurkunde
¹ Der Heimatkanton stellt eine Entlassungsurkunde aus, in der alle Personen, auf die sich die Entlassung erstreckt, aufgeführt sind.
² Das SEM veranlasst die Zustellung der Entlassungsurkunde und unterrichtet den Kanton von der erfolgten Zustellung.
³ Es schiebt die Zustellung auf, solange nicht damit gerechnet werden kann, dass die entlassene Person die ihr zugesicherte ausländische Staatsangehörigkeit erhalten wird.
⁴ Ist der Aufenthaltsort der oder des Entlassenen unbekannt, so kann die Entlassung im Bundesblatt veröffentlicht werden. Diese Veröffentlichung hat die gleichen Wir­kungen wie die Zustellung der Entlassungsurkunde.
Art. 40 Gebühren
Die Kantone können für die Behandlung eines Entlassungsgesuches kostendeckende Gebühren erheben.
Art. 41 Mehrfaches kantonales Bürgerrecht
¹ Bei Schweizerinnen und Schweizern mit Bürgerrecht mehrerer Kantone kann das Gesuch bei einem der Heimatkantone eingereicht werden.
² Entscheidet ein Heimatkanton über die Entlassung, so bewirkt die Zustellung des Entscheides den Verlust des Schweizer Bürgerrechts sowie aller Kantons- und Gemeindebürgerrechte.
³ Der Kanton, welcher über die Entlassung entschieden hat, informiert von Amtes wegen die übrigen Heimatkantone.

2. Abschnitt: Entzug

Art. 42
Das SEM kann mit Zustimmung der Behörde des Heimatkantons einer Doppel­bürgerin oder einem Doppelbürger das Schweizer, Kantons- und Gemeindebürger­recht entziehen, wenn ihr oder sein Verhalten den Interessen oder dem Ansehen der Schweiz erheblich nachteilig ist.

3. Titel: Feststellungsverfahren

Art. 43
¹ Wenn fraglich ist, ob eine Person das Schweizer Bürgerrecht besitzt, so entschei­det, auf Antrag oder von Amtes wegen, die Behörde des Kantons, dessen Bürger­recht mit in Frage steht.
² Antragsberechtigt ist auch das SEM.

4. Titel: Bearbeitung von Personendaten und Amtshilfe

Art. 44 ⁶ Datenbearbeitung
Das SEM kann zur Erfüllung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz Personendaten bearbeiten, einschliesslich der Daten, welche die Beurteilung der Eignungsvoraussetzungen der Bewerberin oder des Bewerbers erlauben, und der besonders schützenswerten Daten über die religiösen Ansichten, die politischen Tätigkeiten, die Ge­sund­heit, über Massnahmen der sozia­len Hilfe und über verwaltungs- oder straf­rechtliche Verfolgungen und Sanktionen. Dazu betreibt es ein elektronisches Informationssystem gestützt auf das Bundesgesetz vom 20. Juni 2003⁷ über das Informationssystem für den Ausländer- und den Asylbereich.
⁶ Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 3 des Datenschutzgesetzes vom 25. Sept. 2020, in Kraft seit 1. Sept. 2023 ( AS 2022 491 ; BBl 2017 6941 ).
⁷ SR 142.51
Art. 45 Amtshilfe
¹ In Einzelfällen geben die mit dem Vollzug dieses Gesetzes betrauten Behörden untereinander auf schriftliches und begründetes Gesuch die Daten bekannt, die sie benötigen, um:
a. über ein Gesuch um ordentliche Einbürgerung, erleichterte Einbürgerung oder Wiedereinbürgerung zu befinden;
b. die Nichtigerklärung einer Einbürgerung auszusprechen;
c. über ein Gesuch um Entlassung aus dem Schweizer Bürgerrecht zu befinden;
d. den Entzug des Schweizer Bürgerrechts auszusprechen;
e. einen Feststellungsentscheid über das Schweizer Bürgerrecht einer Person zu fällen.
² Andere Behörden des Bundes, der Kantone und der Gemeinden sind in Einzel­fällen auf begründetes und schriftliches Gesuch hin verpflichtet, den mit dem Voll­zug dieses Gesetzes betrauten Behörden die Daten bekanntzugeben, die für die Auf­gaben nach Absatz 1 notwendig sind.

5. Titel: Rechtsschutz

Art. 46 Beschwerde vor einem kantonalen Gericht
Die Kantone setzen Gerichtsbehörden ein, die als letzte kantonale Instanzen Beschwerden gegen ablehnende Entscheide über die ordentliche Einbürgerung beurteilen.
Art. 47 Beschwerde auf Bundesebene
¹ Beschwerden gegen letztinstanzliche Verfügungen der Kantone und gegen Ent­scheide der Verwaltungsbehörden des Bundes richten sich nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege.
² Zur Beschwerde berechtigt sind auch die betroffenen Kantone und Gemeinden.

6. Titel: Schlussbestimmungen

1. Kapitel: Vollzug sowie Aufhebung und Änderung anderer Erlasse

Art. 48 Vollzug
Der Bundesrat wird mit dem Vollzug dieses Gesetzes beauftragt.
Art. 49 Aufhebung und Änderung anderer Erlasse
Die Aufhebung und Änderung anderer Erlasse werden im Anhang geregelt.

2. Kapitel: Übergangsbestimmungen

Art. 50 Nichtrückwirkung
¹ Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts richten sich nach dem Recht, das bei Eintritt des massgebenden Tatbestandes in Kraft steht.
² Vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingereichte Gesuche werden bis zum Ent­scheid über das Gesuch nach den Bestimmungen des bisherigen Rechts behandelt.
Art. 51 Erwerb des Schweizer Bürgerrechts gemäss Übergangsrecht
¹ Das ausländische Kind, das aus der Ehe einer Schweizerin mit einem Ausländer stammt und dessen Mutter vor oder bei der Geburt des Kindes das Schweizer Bürgerrecht besass, kann ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung stellen, wenn es mit der Schweiz eng verbunden ist.
² Das vor dem 1. Januar 2006 geborene ausländische Kind eines schweizerischen Vaters kann ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung stellen, wenn es die Voraus­setzungen von Artikel 1 Absatz 2 erfüllt und mit der Schweiz eng verbunden ist.
³ Das vor dem 1. Januar 2006 geborene ausländische Kind eines schweizerischen Vaters, dessen Eltern einander heiraten, erwirbt das Schweizer Bürgerrecht, wie wenn der Erwerb mit der Geburt erfolgt wäre, wenn es die Voraussetzungen von Artikel 1 Absatz 2 erfüllt.
⁴ Das Kind erwirbt das Kantons- und Gemeindebürgerrecht, das der schweizerische Elternteil besitzt oder zuletzt besass, und somit das Schweizer Bürgerrecht.
⁵ Die Voraussetzungen von Artikel 20 gelten sinngemäss.
Art. 51 a ⁸ Übergangsbestimmung zur Änderung vom 30. September 2016
Personen der dritten Ausländergeneration, die bei Inkrafttreten der Änderung vom 30. September 2016 dieses Gesetzes das 26. Altersjahr erreicht und das 35. Altersjahr noch nicht vollendet haben sowie die Voraussetzungen von Artikel 24 a Absatz 1 erfüllen, können nach dem Inkrafttreten während fünf Jahren ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung stellen.⁹
⁸ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 30. Sept. 2016 (Erleichterte Einbürgerung von Personen der dritten Ausländergeneration), in Kraft seit 15. Febr. 2018 ( AS 2018 531 ; BBl 2015 769 1327 ).
⁹ Berichtigung der Redaktionskommission der BVers vom 21. Juni 2019, veröffentlicht am 9. Juli 2019, betrifft nur den französischen und italienischen Text ( AS 2019 2103 ).

3. Kapitel: Referendum und Inkrafttreten

Art. 52
¹ Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.
² Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.
Inkrafttreten: 1. Januar 2018¹⁰
¹⁰ BRB vom 17. Juni 2016

Anhang

(Art. 49)

Aufhebung und Änderung anderer Erlasse

I
Das Bürgerrechtsgesetz vom 29. September 1952¹¹ wird aufgehoben.
II
Die nachstehenden Bundesgesetze werden wie folgt geändert:
…¹²
¹¹ [ AS 1952 1087 ; 1972 2819 Ziff. II 2; 1977 237 Ziff. II 2; 1985 420 ; 1991 1034 ; 2000 1891 Ziff. IV 1; 2003 187 Anhang Ziff. II 1; 2005 5233 , 5685 Anhang Ziff. 1; 2006 2197 Anhang Ziff. 2; 2008 3437 Ziff. II 2, 5911 ; 2011 347 , 725 Anhang Ziff. 1; 2012 2569 Ziff. II 1]
¹² Die Änderungen können unter AS 2016 2561 konsultiert werden.
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