Bevölkerungsschutzgesetz
1 Bevölkerungsschutzgesetz (BSG)
520 Bevölkerungsschutzgesetz (BSG) (vom 4. Februar 2008)
1 Der Kantonsrat, nach Einsichtnahme in die Anträge des Regierungsrates vom 2. Mai
2007
2 und der Kommission für Justiz und öffentliche Sicherheit vom
20. September 2007, beschliesst: A. Allgemeines
Zweck
§ 1.
Das Gesetz bezweckt, in ausserordentlichen Lagen a. die Grundversorgung der Bevölk erung sowie den Schutz, die Ret tung und Betreuung von Menschen und Tieren zu gewährleisten, b. die natürlichen Lebensgrundlag en, Kulturgüter und Sachwerte zu schützen, c. die Handlungsfähigkeit der Behörden und der öffentlichen Verwal tung sicherzustellen.
Ausserordent
-
liche Lage
§ 2.
Eine ausserordentliche Lage liegt vor, wenn aufgrund einer Notlage oder Katastrophe die orde ntlichen Abläufe und Mittel zur Be wältigung der anstehenden Aufgab en der betroffenen Gemeinschaft nicht genügen und a. Menschen oder Tiere stark gefährdet sind, b. die Grundversorgung der Bevölkerung nicht mehr ge währleistet ist oder c. natürliche Lebensgrundlagen, Kult urgüter oder Sachwerte stark ge fährdet sind.
Partnerorgani
-
sationen
§ 3.
Partnerorganisationen im Si nne dieses Gesetzes sind: a.
5 Polizeibehörden: die Kantonspoliz ei und die kommunalen Polizeien sowie das Forensische Institut Zürich, b. Feuerwehr: die Orts-, Stützpunkt-, Betriebs- und Berufsfeuerwehren sowie die Gebäudeversicherungsan stalt (Kantonale Feuerwehr), c. Gesundheitswesen: die Spitäler, die Polikliniken der öffentlichen Hand, die ambulanten ärztlichen Inst itutionen, die frei praktizieren den Angehörigen von Berufen de s Gesundheitswesens (Ärztinnen und Ärzte, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, Zahnärz
2
520 Bevölkerungsschutzgesetz (BSG) tinnen und Zahnärzte, Apothekeri nnen und Apotheker), die priva
- ten und öffentlichen Sanitätsrettung sdienste, die Spitexdienste, die frei praktizierenden Tierärztinnen und Tierärzte, das Tierspital der Universität Zürich und die privaten Tierkliniken, d. technische Betriebe: die Betreiber von Einr ichtungen der Energie- und Wasserversorgung, der Entsorgung, der Telematik und von Ver
- kehrsverbindungen, e. Zivilschutz: die kantonale Zivils chutzorganisation sowie die regiona
- len und gemeindeeigenen Zi vilschutzorganisationen. Unterstützungs pflicht
§ 4.
Die Partnerorganisationen, die Gemeinden und der Kanton sind verpflichtet, sich bei der Bewält igung von ausserordentlichen Lagen mit Material, Führungs- und Einsatzkrä ften gegenseitig zu unterstützen. B. Vorsorge für ausserordentliche Lagen Kantonale Führungs organisation
§ 5.
1 Die Kantonale Führungsorganisation (KFO) unterstützt den Regierungsrat bei der Bewältigung von ausserordentlichen Lagen.
2 Sie besteht aus: a. der Kantonspolizei, b. dem Fachstab, c. der Führungsunterstützung. Fachstab
§ 6.
1 Der Regierungsrat bezeichnet die Mitglieder des Fachstabes aus: a. Vertreterinnen und Vertretern der Partnero rganisationen, b. Fachleuten der kantonalen Verwaltung.
2 Er kann in ausserordentlichen Lagen private Fachleute verpflich
- ten, im Fachstab mitzuwirken. Aufgebot
§ 7.
Die Kantonspolizei, die Geme inden und die Gebäudeversiche
- rungsanstalt sowie die Städte Zürich und Winterthur stellen sicher, dass a. Anrufe auf den ihnen zugewiesen en Notrufnummern jederzeit ent
- gegengenommen werden, b. die Führungs- und Einsatzkräfte so wie die Mitglied er des Fachsta
- bes rechtzeitig aufgeboten werden. Ausbildung, Material und Führung
§ 8.
1 Die Partnerorganisationen, Gemeinden und die kantonale Verwaltung bereiten sich in angemessener Weise auf ausserordentliche Lagen vor. a. Allgemeines
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2 Sie bilden ihr Personal entsprechend aus, beschaffen und unter halten das Material.
3 Die Gemeinden bestellen ihre Führungsorgane.
b. Mindest
-
standards und
Koordination
§ 9.
1 Der Regierungsrat legt für die Ausbildung und für die Mate rialbeschaffung Mindeststandards fe st. Er hört die Partnerorganisatio nen und die Gemeinden dazu an.
2 Die Kantonspolizei koordiniert di e Ausbildung und die Material beschaffung. Die übrigen Partneror ganisationen unterstützen sie dabei. C. Bewältigung von ausserordentlichen Lagen
Führung
§ 10.
1 Der Regierungsrat entscheidet, wann eine ausserordentliche Lage vorliegt und wann sie als beendet gilt.
2 Er ist zuständig für: a. die strategische Führung, b. die Informationsführung, c. Unterstützungsbegehren bei ausserkantonalen Behörden.
b. Kantons
-
polizei
§ 11.
1 Die Kantonspolizei koordiniert und leitet den Einsatz der KFO. Sie informiert die Bevölk erung und die zuständigen Stellen.
2 Sie kann a. den Fachstab einberufen, b. Führungsorgane von Gemeinden und Partnerorganisationen, die Führungsunterstützung des Zivilschutzes sowie private Fachleute bei ziehen.
Aufgaben der
Partnerorgani
-
sationen
§ 12.
Bis zum Eintreffen der zuständi gen Partnerorganisation trifft die Polizei die ersten Massnahmen.
b. Kantons
-
polizei
§ 13.
1 Die Kantonspolizei betreibt die Einsatzzentrale und hält Interventions- und Unters tützungskräfte bereit.
2 Sie trifft die erforder lichen Massnahmen und koordiniert und lei tet die eingesetzten Kräfte, wenn a. sofort Schutz- oder Rettungsm assnahmen erforderlich sind, b. die Mittel der örtlich zuständigen öffentlichen Dienste für eine recht zeitige Bewältigung vorau ssichtlich nicht ausreichen.
3 Sie berücksichtigt dabei di e Bedürfnisse der Gemeinden.
a. Regierungsrat
a. Polizei im
Allgemeinen
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520 Bevölkerungsschutzgesetz (BSG) c. Polizeien der Städte Zürich und Winterthur
§ 14.
Die Polizeien der Städte Zürich und Winterthur leiten in der Regel die Einsätze in ihren Städten. d. Feuerwehr und Forensi sches Institut Zürich
§ 15.
1 Die Feuerwehr ist zuständig für die Rettung von Menschen und Tieren und leistet Hilfe bei A-, B- und C-Ereignissen.
2 Das Forensische Institut Zürich unterstützt die Einsatzkräfte bei Bedarf, insbesondere bei A-Ereignissen im Rahmen seiner Aufgaben im Bereich der nuklearen Fore nsik und bei C-Ereignissen.
4 e. Gesundheits wesen
§ 16.
1 Im Gesundheitswesen sind zuständig: a. die Spitäler für die medizinische Versorgung im stationären Bereich und auf Notfallstationen, b. die Sanitätsrettungsdienste für di e medizinische Erstversorgung und den Transport von Verletzten und Erkrankten, c. die frei praktizierenden Angehör igen von Berufen des Gesundheits
- wesens, die Polikliniken der öffent lichen Hand, die ambulanten ärzt
- lichen Institutionen sowie die Apotheken für den Notfalldienst.
2 Bei der Vorbereitung der Bewältigung eines bewaffneten Konflikts (Aufwuchs) stellt die für das Gesundheitswesen zuständige Direktion den Betrieb der geschützten Spitäler und geschützten Sanitätsstellen sicher. f. Technische Betriebe
§ 17.
Die technischen Betriebe stellen die Funktionsfähigkeit ihrer Einrichtungen und Anlagen wieder her. g. Zivilschutz
§ 18.
1 Der Zivilschutz a. betreut schutzsuchende und obdachlose Personen, b. leistet Instands tellungsarbeiten, c. leistet Einsätze zu Gunsten der Gemeinschaft, d. verstärkt die Führungsunter stützung und die Logistik, e. schützt Kulturgüter, f. stellt die Infrastruktur und die Mittel zur Alarmierung der Bevölke
- rung bereit.
2 Er rekrutiert im Falle eines Au fwuchses die für den Unterhalt und den Betrieb der Führungsinfrastrukt uren, der geschützten Spitäler und geschützten Sanitätsstellen erford erlichen Angehörigen des Zivilschut
- zes und bildet diese aus. Requisitions- und Anord nungsrecht
§ 19.
1 Der Regierungsrat ist bei ausserordentlichen Lagen befugt, a. die Requisition erforder licher Mittel anzuordnen, b. die Betreiber von medizinischen Institutionen und medizinisches Personal im Sinne von §
21 zu Einsätzen zu verpflichten, a. Allgemeines
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520 c. die Betreiber von Energie- und Wasserversorgung sanlagen sowie von Abfall- und Abwass erentsorgungsanlagen zu Leistungen zu ver pflichten, d. Ersatzmassnahmen zu ergreifen, wenn die verpflichtete Person oder Organisation keine sofortigen Anstalten zum Handeln trifft oder dazu nicht in der Lage ist.
2 Die entsprechenden Verfügungen si nd sofort volls treckbar. Allfäl ligen Rechtsmitteln kommt kein e aufschiebende Wirkung zu.
3 Requisitionen und Anordnungen v on zuständigen Behörden in Fäl len des polizeilichen Notsta ndes bleiben vorbehalten.
b. Requisition
§ 20.
1 Reichen die öffentlichen Mittel nicht mehr aus und können private Mittel nicht auf andere Ar t zu annehmbaren Bedingungen be schafft werden, können durch Requisi tion bei natürlichen und juristi schen Personen des Privatrechts sowi e bei öffentlichrechtlichen Körper schaften und Anstalten alle für die Bewältigung der ausserordentlichen Lage erforderlichen Mi ttel beschafft werden.
2 Das Verfügungsrecht geht für die Dauer der Requisition an den Kanton über.
3 Der Kanton übernimmt für die Dauer der Beanspruchung die Haf tung der Eigentümerin oder des Eige ntümers bzw. der Halterin oder des Halters.
c. Anordnungen
im Gesundheits-
wesen
§ 21.
1 Die Betreiber von Spitälern, von Polikliniken der öffent lichen Hand und von ambulanten ärztlichen Institutionen können zu medizinischen Diensten oder weiter en Einsätzen verpflichtet werden.
2 Die Angehörigen sämtlicher Be rufe des Gesundheitswesens und die Mitarbeitenden von Institut ionen des Gesundheitswesens können zum Einsatz in Spitälern, für Rettung sdienste oder zu weiteren Einsät zen verpflichtet werden.
3 Die Angehörigen sämtlicher Beru fe des Veterinärwesens können zum Einsatz für die Bekämpfung von Tierseuchen, für Betreuungs dienste oder zu weiteren Einsätzen verpflichtet werden.
d. Anordnungen
betreffend
Versorgungs-
und Entsor
-
gungsanlagen
§ 22.
1 Die Betreiber von Energie- und Wasserversorgungsanlagen können ungeachtet ihrer Rechts form verpflichtet werden, a. Elektrizität, Gas, Wärme und Wa sser zu einem angemessenen Preis an bestimmte Orte zu leiten, b. bestimmte Anlagen zu erst ellen oder zu reparieren.
2 Die Betreiber von Wasserversorg ungsanlagen können verpflichtet werden, Wasserlieferungen zeitweise zu unterbrechen.
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520 Bevölkerungsschutzgesetz (BSG)
3 Die Betreiber von Abfall- und Abwasserentsorgungsanlagen kön
- nen ungeachtet ihrer Rechtsform verpflichtet werden, a. Abfälle und Abwasser zu einem an gemessenen Preis zu entsorgen, b. bestimmte Anlagen zu erst ellen oder zu reparieren.
4 Der angemessene Preis gemäss Abs.
1 lit. a und Abs.
3 lit.
a be
- stimmt sich nach den Ansätzen de r technischen Betr iebe vor dem Ein
- tritt der ausserordentlichen Lage. D. Andere Lagen Einsatzleitung
§ 23.
Bei Lagen unterhalb der Schwelle von §
2 leitet die betroffene Gemeinde den Einsatz. Sie kann beim Kanton Unterstützung anfordern. Sinngemässe Anwendung von Bestimmungen
§ 24.
In diesen Lagen gelten folgende Bestimmungen sinngemäss:
§§
3–9, 11 Abs. 1 Satz 2, 12–18, 25 Abs. 1–3, 26 und 27. E. Kosten und Entschädigungen Kosten des Gemeinwesens und der Gebäude versicherungs anstalt
§ 25.
1 Kanton und Gemeinden tragen die Kosten, die ihnen bei der Bewältigung der ausserorden tlichen Lage anfallen.
2 Unterstützt eine Geme inde eine andere Ge meinde bei der Bewäl
- tigung einer ausserordentlichen La ge, hat sie Anspruch auf eine ange
- messene Abgeltung ihrer Leistungen.
3 Kann eine Gemeinde die Kosten längerfristig nicht tragen, kann der Kanton die Kosten ganz oder teilweise übernehmen.
4 Der Kanton entschädigt die Gebäude versicherungsanstalt für die Aufwendungen zur Bewältigung von ausserordentlichen Lagen bei Ele
- mentar-, Erdbeben- sowie bei A-, B- und C-Ereignissen, wenn die Kos
- ten nicht von den Verursacherinnen und Verursachern getragen werden. Entschädigung von Privaten
§ 26.
1 Wurden bei der Bewältigung einer ausserordentlichen Lage Leistungen, Eigentum ode r andere Rechte von natürlichen und juristi
- schen Personen des Privatrechts bean sprucht, richtet ihnen der Kanton eine angemessene Entschädigung aus.
2 Für den Gebrauch, die Wertverminderung oder den Verlust von requirierten Mitteln richtet sich di e Höhe der Entschädigung nach den Vorschriften des Bundes über die Requisition.
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3 Besteht keine Versicherungsdeckung, haftet der Kanton gemäss
§§
8–10 des Haftungsgesetzes vom 14. September 1969
3 für Schäden, die einer Person während der Tätigkeit fü r eine Partnerorganisation anläss lich einer ausserordentlich en Lage entstanden sind.
4 Das Verfahren richtet sich nach dem Ha ftungsgesetz
3 .
Haftung der
Verursacher
§ 27.
1 Die Kosten für die Bewältigung einer ausserordentlichen Lage werden den Verursacherinne n und Verursachern auferlegt.
2 Der Regierungsrat beschliesst eine entsprechende Verteilung der Kosten. F. Schlussbestimmung
Ausführungs
-
recht
§ 28.
Der Regierungsrat erlässt die zur Ausführung dieses Geset zes erforderlichen Bestim mungen, insbesondere für: a. Information und Kommunikation, b. KFO, c. Ausbildung und Vorbereitung de r Bewältigung von ausserordent lichen Lagen, d. Alarmierung, e. ABC-Schutz, f. Telematik, g. geschützte Spitäler und geschützte Sanitätsstellen.
1 OS 63, 297 . Inkrafttreten: 1. Juli 2008.
2 ABl 2007, 766 .
3 LS 170.1 .
4 Eingefügt durch G vom 12. April 2021 ( OS 76, 387 ; ABl 2020-05-15 ). In Kraft seit 1. Januar 2022.
5 Fassung gemäss G vom 12. April 2021 ( OS 76, 387 ; ABl 2020-05-15 ). In Kraft seit 1. Januar 2022.
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