Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Tschechische... (0.831.109.743.1)
CH - Schweizer Bundesrecht

Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Tschechischen Republik über Soziale Sicherheit

Abgeschlossen am 10. Juni 1996 Von der Bundesversammlung genehmigt am 4. Juni 1997¹ Ratifikationsurkunden ausgetauscht am 18. September 1997 In Kraft getreten am 1. November 1997 (Stand am 29. September 1998) ¹ AS 1998 2201
Der Schweizerische Bundesrat und der Präsident der Tschechischen Republik,
vom Wunsche geleitet, die Beziehungen zwischen den beiden Staaten auf dem Gebiet der Sozialversicherung zu regeln,
haben folgendes vereinbart:

Abschnitt I Allgemeine Bestimmungen

Art. 1
(1)  In diesem Abkommen bedeuten die Ausdrücke:
a) «zuständige Behörde»
in bezug auf die Schweiz das Bundesamt für Sozialversicherung und in bezug auf die Tschechische Republik das Ministerium für Arbeit und Soziale Angele­genheiten;
b) «Versicherungsträger»
die Einrichtung, welcher die Durchführung der in Artikel 2 bezeichneten Rechtsvorschriften obliegt;
c) «wohnen»
sich gewöhnlich aufhalten;
d) «Wohnsitz»
den Ort, an dem eine Person sich mit der Absicht des dauernden Verbleibens aufhält;
e) «Versicherungszeiten»
die Beitragszeiten, Zeiten einer Erwerbstätigkeit oder Wohnzeiten sowie ihnen gleichgestellte Zeiten, die gemäss den Rechtsvorschriften, nach denen sie zu­rückgelegt wurden, als Versicherungszeiten bestimmt oder anerkannt werden;
f) «Geldleistung», «Rente»
eine Geldleistung, eine Rente einschliesslich aller Zuschläge, Zuschüsse und Erhöhungen;
g) «Flüchtlinge»
Flüchtlinge im Sinne des Übereinkommens vom 28. Juli 1951² über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und des Protokolls vom 31. Januar 1967³ zu diesem Übereinkommen;
h) «Staatenlose»
staatenlose Personen im Sinne des Übereinkommens vom 28. September 1954⁴ über die Rechtsstellung der Staatenlosen;
i) «Familienangehörige und Hinterlassene»
Familienangehörige und Hinterlassene, soweit diese ihre Rechte von den Ver­tragsstaatsangehörigen, Flüchtlingen oder Staatenlosen ableiten.
(2)  Andere Abkommensausdrücke haben die Bedeutung, die ihnen nach den Rechts­vorschriften des jeweiligen Vertragsstaates zukommt.
² SR 0.142.30
³ SR 0.142.301
⁴ SR 0.142.40
Art. 2
(1)  Dieses Abkommen bezieht sich:
A.  in der Schweiz
a) auf das Bundesgesetz über die Krankenversicherung;
b) auf das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung;
c) auf das Bundesgesetz über die Invalidenversicherung;
B.  in der Tschechischen Republik
a) auf die Rechtsvorschriften über die Krankenversicherung;
b) auf die Rechtsvorschriften über die Rentenversicherung.
(2)  Dieses Abkommen bezieht sich auf alle Rechtsvorschriften, welche die in Absatz 1 aufgeführten Rechtsvorschriften kodifizieren, ändern oder ergänzen.
(3)  Dieses Abkommen bezieht sich hingegen:
a) auf Rechtsvorschriften über einen neuen Zweig der Sozialen Sicherheit nur, sofern dies zwischen den Vertragsstaaten so vereinbart wird;
b) auf Rechtsvorschriften, welche die bestehenden Systeme auf neue Kategorien von Personen ausdehnen, nur, sofern der Vertragsstaat, der seine Rechtsvor­schriften geändert hat, nicht innert sechs Monaten nach der amt­lichen Veröf­fentlichung der genannten Erlasse dem anderen Vertragsstaat eine gegenteilige Mitteilung zukommen lässt.
Art. 3
Dieses Abkommen gilt:
a) für die Staatsangehörigen der Vertragsstaaten sowie für ihre Familienangehöri­gen und Hinterlassenen;
b) bei Wohnort im Gebiet eines der Vertragsstaaten für Flüchtlinge und Staaten­lose sowie für deren Familienangehörige und Hinterlassene; falls günstigere in­nerstaatliche Rechtsvorschriften bestehen, so werden diese angewandt;
c) in bezug auf Artikel 7 Absätze 1–3, Artikel 8 Absätze 3 und 4, Artikel 9 Absatz 2 und die Artikel 10–13 sowie die Abschnitte IV und V auch für alle ande­ren als die in den Buchstaben a und b genannten Personen;
d) in bezug auf Artikel 16 Buchstabe c auch für die Staatsangehörigen der Slowa­kischen Republik.
Art. 4
(1)  Unter Vorbehalt abweichender Bestimmungen dieses Abkommens sind die Staatsangehörigen des einen Vertragsstaates sowie deren Familienangehörige und Hinterlassene in ihren Rechten und Pflichten aus den Rechtsvorschriften des ande­ren Vertragsstaates den Staatsangehörigen dieses Vertragsstaates beziehungsweise deren Familienangehörigen und Hinterlassenen gleichgestellt.
(2)  Absatz 1 gilt nicht in bezug auf die schweizerischen Rechtsvorschriften über:
a) die freiwillige Alters- und Hinterlassenenversicherung der im Ausland nieder­gelassenen schweizerischen Staatsangehörigen sowie die Fürsorgeleistungen für schweizerische Staatsangehörige im Ausland;
b) die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung von schweizerischen Staatsangehörigen, die im Ausland im Dienste der Eidgenossenschaft oder vom Bundesrat bezeichneter Institutionen tätig sind.
Art. 5
(1)  Soweit dieses Abkommen nichts anderes bestimmt, erhalten die in Artikel 3 Buchstaben a und b genannten Personen, welche Geldleistungen nach den in Arti­kel 2 Absatz 1 Buchstabe A Unterbuchstaben b und c sowie Buchstabe B aufge­führten Rechtsvorschriften beanspruchen können, diese Leistungen, solange sie im Gebiet eines Vertragsstaates wohnen.
(2)  Ordentliche Renten der schweizerischen Invalidenversicherung für Versicherte, die weniger als zur Hälfte invalid sind, sowie die ausserordentlichen Renten und die Hilflosenentschädigungen der schweizerischen Alters‑, Hinterlassenen- und Invali­denversicherung werden nur bei Wohnsitz in der Schweiz gewährt.
(3)  Geldleistungen nach den in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe A Unterbuchstaben b und c sowie Buchstabe B aufgeführten Rechtsvorschriften des einen Vertragsstaates werden den in einem Drittstaat wohnenden Staatsangehörigen des anderen Vertrags­staates sowie deren Familienangehörigen und Hinterlassenen unter denselben Vor­aussetzungen und im gleichen Umfang gewährt wie den eigenen Staatsangehörigen beziehungsweise deren Familienangehörigen und Hinterlassenen, die in diesem Dritt­staat wohnen.

Abschnitt II Anwendbare Rechtsvorschriften

Art. 6
Unter Vorbehalt der Artikel 7–10 richtet sich die Versicherungspflicht der in Arti­kel 3 genannten Personen nach den Rechtsvorschriften des Vertragsstaates, in des­sen Gebiet die Erwerbstätigkeit ausgeübt wird.
Art. 7
(1)  Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eines Unternehmens mit Sitz im Gebiet des einen Vertragsstaates, die vorübergehend zur Arbeitsleistung in das Gebiet des anderen Vertragsstaates entsandt werden, bleiben während der ersten 24 Monate den Rechtsvorschriften des Vertragsstaates unterstellt, in dessen Gebiet das Unterneh­men seinen Sitz hat. Übersteigt die Entsendungsdauer diese Frist, so kann die Unter­stellung unter die Rechtsvorschriften des ersten Vertragsstaates für eine von den zuständigen Behörden der beiden Vertragsstaaten im gegenseitigen Einvernehmen zu vereinbarende weitere Dauer aufrechterhalten werden.
(2)  Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eines Transportunternehmens mit Sitz im Gebiet des einen Vertragsstaates, die im Gebiet beider Vertragsstaaten beschäftigt werden, unterstehen den Rechtsvorschriften des Vertragsstaates, in dessen Gebiet das Unternehmen seinen Sitz hat, als wären sie nur dort beschäftigt. Haben solche Personen jedoch Wohnsitz im Gebiet des anderen Vertragsstaates oder sind sie dort bei einer Zweigniederlassung oder ständigen Vertretung des erwähnten Unterneh­mens auf Dauer beschäftigt, so unterstehen sie den Rechtsvorschriften dieses Ver­tragsstaates.
(3)  Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eines öffentlichen Dienstes, die von einem Vertragsstaat in das Gebiet des anderen entsandt werden, unterstehen den Rechts­vorschriften des entsendenden Vertragsstaates.
(4)  Staatsangehörige der Vertragsstaaten, die zur Besatzung eines Seeschiffes gehö­ren, das die Flagge eines Vertragsstaates führt, sind nach den Rechtsvorschriften dieses Vertragsstaates versichert.
Art. 8
(1)  Staatsangehörige des einen Vertragsstaates, die als Mitglieder einer diplomati­schen oder konsularischen Vertretung dieses Vertragsstaates im Gebiet des anderen Vertragsstaates tätig sind, unterstehen den Rechtsvorschriften des ersten Vertrags­staates.
(2)  Staatsangehörige des einen Vertragsstaates, die im Gebiet des anderen Vertrags­staates zur Dienstleistung bei einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung des ersten Vertragsstaates eingestellt werden, sind versichert gemäss den Rechtsvor­schriften des zweiten Vertragsstaates. Sie können innert drei Monaten nach Beginn ihrer Beschäftigung oder nach Inkrafttreten dieses Abkommens die Anwendung der Rechtsvorschriften des ersten Vertragsstaates wählen.
(3)  Absatz 2 gilt entsprechend für:
a) Staatsangehörige von Drittstaaten, die im Dienst einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung des einen Vertragsstaates im Gebiet des anderen Vertragsstaates beschäftigt werden;
b) Staatsangehörige des einen Vertragsstaates und Staatsangehörige von Dritt­staaten, die im Gebiet des anderen Vertragsstaates in persönlichen Diensten von in den Absätzen 1 und 2 genannten Staatsangehörigen des ersten Vertragsstaa­tes beschäftigt werden.
(4)  Beschäftigt eine diplomatische oder konsularische Vertretung des einen Ver­tragsstaates im Gebiet des anderen Vertragsstaates Personen, die nach den Rechts­vorschriften dieses Vertragsstaates versichert sind, so muss sie die Pflichten erfüllen, die die Rechtsvorschriften dieses Vertragsstaates den Arbeitgebern im allgemeinen auferlegt. Dieselbe Pflicht gilt auch für in Absatz 1 oder 2 genannte Staatsangehö­rige, die Personen im Sinne des vorhergehenden Satzes beschäftigen.
(5)  Die Absätze 1–4 gelten nicht für Honorarmitglieder konsularischer Posten und ihre Angestellten.
Art. 9
(1)  Staatsangehörige des einen Vertragsstaates, die im Gebiet des anderen Vertrags­staates im Dienst einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung eines Drittstaates beschäftigt werden und weder in diesem noch in ihrem Heimatstaat ver­sichert sind, werden nach den Rechtsvorschriften des zweiten Vertragsstaates ver­sichert.
(2)  Absatz 1 gilt in bezug auf die schweizerische Alters‑, Hinterlassenen- und Inva­lidenversicherung entsprechend für die Ehegatten und die Kinder der im Absatz 1 erwähnten Personen, die sich mit ihnen in der Schweiz aufhalten, soweit sie nicht bereits nach deren innerstaatlichem Recht versichert sind.
Art. 10
Im Interesse der versicherten Personen können die zuständigen Behörden der beiden Vertragsstaaten im gegenseitigen Einvernehmen Ausnahmen von den Artikeln 6–8 vereinbaren.
Art. 11
(1)  Bleibt eine Person nach den Artikeln 7, 8 oder 10 während der Ausübung einer Erwerbstätigkeit im einen Vertragsstaat weiterhin den Rechtsvorschriften des ande­ren Vertragsstaates unterstellt, so gilt dies auch für ihren Ehegatten und ihre Kinder, welche sich mit der genannten Person im Gebiet des ersten Vertragsstaates aufhal­ten, sofern sie dort nicht selbst eine versicherungspflichtige Erwerbstätigkeit aus­üben.
(2)  Gelten nach Absatz 1 für den Ehegatten und die Kinder die schweizerischen Rechtsvorschriften, so sind sie in der Alters‑, Hinterlassenen- und Invalidenver­sicherung versichert.

Abschnitt III Besondere Bestimmungen

Erstes Kapitel: Krankheit und Mutterschaft

Art. 12

(1)  Versichert sich eine Person, die ihren Wohnort oder ihre Erwerbstätigkeit von der Tschechischen Republik in die Schweiz verlegt, innerhalb von drei Monaten nach dem Ausscheiden aus der tschechischen Krankenversicherung bei einem schweizerischen Versicherer für Taggeld, so werden die von ihr in der tschechischen Krankenversicherung zurückgelegten Versicherungszeiten für den Erwerb des Lei­s­tungsanspruchs berücksichtigt.
(2)  Bezüglich des Taggelds im Falle von Mutterschaft werden Versicherungszeiten gemäss Absatz 1 nur berücksichtigt, wenn die Versicherte seit drei Monaten bei einem schweizerischen Versicherer versichert war.

Art. 13

Für den Erwerb von Leistungsansprüchen in der tschechischen Krankenversicherung werden die in der schweizerischen Krankenversicherung zurückgelegten Versiche­rungszeiten berücksichtigt.

Zweites Kapitel: Alter, Tod und Invalidität

A. Anwendung der schweizerischen Rechtsvorschriften

Art. 14

(1)  Staatsangehörige der Tschechischen Republik und ihre Hinterlassenen haben unter den gleichen Voraussetzungen wie schweizerische Staatsangehörige und deren Hinterlassene Anspruch auf die ordentlichen Renten und die Hilflosenentschädigun­gen der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung; die Absätze 2–4 bleiben vorbehalten.
(2)  Haben Staatsangehörige der Tschechischen Republik oder deren Hinterlassene, die nicht in der Schweiz wohnen, Anspruch auf eine ordentliche Teilrente der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung, die höchstens 10 Prozent der entsprechenden ordentlichen Vollrente beträgt, so wird ihnen an Stelle der Teil­rente eine einmalige Abfindung in der Höhe des Barwertes der geschuldeten Rente gewährt. Verlassen Staatsangehörige der Tschechischen Republik oder deren Hin­terlassene, die eine solche Teilrente bezogen haben, die Schweiz endgültig, so wird ihnen ebenfalls eine entsprechende Abfindung gewährt, die dem Barwert der Rente im Zeitpunkt der Ausreise entspricht.
(3)  Beträgt die ordentliche Teilrente mehr als 10 Prozent, aber höchstens 20 Prozent der entsprechenden ordentlichen Vollrente, so können die Staatsangehörigen der Tschechischen Republik oder deren Hinterlassene, die nicht in der Schweiz wohnen oder diese endgültig verlassen, zwischen der Ausrichtung der Rente oder einer Abfindung wählen. Diese Wahl ist im Verlauf des Rentenfestsetzungsverfahrens zu treffen, falls sich die berechtigten Personen bei Eintritt des Versicherungsfalles aus­serhalb der Schweiz aufhalten, oder bei Verlassen des Landes, falls sie in der Schweiz bereits eine Rente bezogen haben.
(4)  Nach Auszahlung der einmaligen Abfindung durch die schweizerische Versiche­rung können gegenüber dieser Versicherung keine Ansprüche aus den bis dahin ent­richteten Beiträgen mehr geltend gemacht werden.
Art. 15
(1)  Staatsangehörige der Tschechischen Republik, die bei Eintritt der Invalidität der Beitragspflicht in der schweizerischen Alters‑, Hinterlassenen- und Invalidenversi­cherung unterliegen, erhalten Eingliederungsmassnahmen, solange sie sich in der Schweiz aufhalten. Artikel 16 Buchstabe a gilt sinngemäss.
(2)  Staatsangehörige der Tschechischen Republik, die bei Eintritt der Invalidität nicht der Beitragspflicht in der schweizerischen Alters‑, Hinterlassenen- und Invali­denversicherung unterliegen, aber dort versichert sind, erhalten Eingliederungs­massnahmen, solange sie in der Schweiz Wohnsitz haben, wenn sie unmittelbar vor Eintritt der Invalidität ununterbrochen während mindestens eines Jahres in der Schweiz gewohnt haben. Minderjährigen Kindern steht der Anspruch auf solche Massnahmen ausserdem zu, wenn sie in der Schweiz wohnen und dort entweder in­valid geboren sind oder seit der Geburt ununterbrochen gewohnt haben.
(3)  In der Schweiz wohnhafte Staatsangehörige der Tschechischen Republik, die die Schweiz nicht mehr als drei Monate lang verlassen, unterbrechen ihre Wohndauer in der Schweiz im Sinne von Absatz 2 nicht.
(4)  Kinder, die in der Tschechischen Republik invalid geboren sind und deren Mut­ter sich vor der Geburt während höchstens zwei Monaten in der Tschechischen Republik aufgehalten hat, sind in der Schweiz invalid geborenen Kindern gleichge­stellt. Die schweizerische Invalidenversicherung übernimmt im Falle eines Geburts­gebrechens des Kindes die während der ersten drei Monate nach der Geburt entste­henden Kosten bis zu dem Umfang, in dem sie solche Leistungen in der Schweiz hätte gewähren müssen.
(5)  Absatz 4 ist sinngemäss auf Kinder anwendbar, die ausserhalb der Vertragsstaa­ten geboren wurden; die schweizerische Invalidenversicherung übernimmt in diesem Fall die Kosten für Leistungen in einem Drittstaat jedoch nur dann, wenn sie dort infolge des Gesundheitszustandes des Kindes dringend gewährt werden müssen.
Art. 16
Für den Erwerb der ordentlichen Renten nach der schweizerischen Gesetzgebung über die Invalidenversicherung gelten als versicherte Personen im Sinne dieser Rechtsvorschriften auch:
a) Staatsangehörige der Tschechischen Republik, die ihre Erwerbstätigkeit in der Schweiz infolge Unfall oder Krankheit aufgeben müssen, deren Invalidität aber in diesem Land festgestellt wird, für die Dauer eines Jahres, vom Zeitpunkt der Arbeitsunterbrechung mit nachfolgender Invalidität an; sie haben weiterhin Beiträge an die Alters-, Hinterlassenen- und Invaliden­versicherung zu entrich­ten, als hätten sie Wohnsitz in der Schweiz;
b) Staatsangehörige der Tschechischen Republik, die nach Aufgabe ihrer Erwerbstätigkeit Eingliederungsmassnahmen der schweizerischen Invaliden­versi­cherung erhalten; sie unterliegen der Beitragspflicht in der schweizeri­schen Alters‑, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung;
c) Staatsangehörige der Tschechischen Republik, auf welche die Buchstaben a und b nicht anwendbar sind, und die im Zeitpunkt des Versicherungsfalles: aa) in der tschechischen Rentenversicherung versichert sind, oder
bb) in der tschechischen Krankenpflegeversicherung versichert sind, oder
cc) eine Rente wegen Invalidität oder Alter nach den tschechischen Rechts­vorschriften beziehen oder Anspruch auf eine solche haben.
Art. 17
Artikel 14 Absätze 2–4 gilt sinngemäss für die ordentlichen Renten der schweizeri­schen Invalidenversicherung, soweit die rentenberechtigte Person das 55. Altersjahr zurückgelegt hat und in ihrem Fall keine Überprüfung der invaliditätsmässigen Vor­aussetzungen mehr vorgesehen ist.
Art. 18
(1)  Staatsangehörige der Tschechischen Republik haben unter den gleichen Voraus­setzungen wie schweizerische Staatsangehörige Anspruch auf die ausserordentlichen Renten der schweizerischen Alters‑, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung, sofern sie unmittelbar vor dem Zeitpunkt, von welchem an die Rente verlangt wird, ununterbrochen in der Schweiz gewohnt haben:
a) im Falle einer Altersrente mindestens zehn Jahre;
b) im Falle einer Invalidenrente, einer Hinterlassenenrente oder einer diese Leis­tungen ablösenden Altersrente mindestens fünf Jahre.
(2)  Die Wohndauer im Sinne von Absatz 1 gilt als ununterbrochen, wenn die Schweiz im Kalenderjahr für nicht mehr als drei Monate verlassen wird. In Aus­nahmefällen kann die Dreimonatsfrist erstreckt werden. Auf die Wohndauer nicht angerechnet werden Wohnzeiten von Staatsangehörigen der Tschechischen Republik in der Schweiz, während deren sie von der Versicherungspflicht in der schweizeri­schen Alters‑, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung befreit waren.
(3)  Rückvergütungen der an die schweizerische Alters- und Hinterlassenenversiche­rung entrichteten Beiträge, die vor Inkrafttreten des Abkommens erfolgt sind, sowie einmalige Abfindungen nach Artikel 14 Absätze 2–4 und nach Artikel 17 stehen der Gewährung von ausserordentlichen Renten nach Absatz 1 nicht entgegen; in diesen Fällen werden jedoch die rückvergüteten Beiträge beziehungsweise die ausbezahlten Abfindungen mit den zu gewährenden Renten verrechnet.

B. Anwendung der tschechischen Rechtsvorschriften

Art. 19
Sind nach den Rechtsvorschriften der Tschechischen Republik die Bedingungen für den Leistungsanspruch auch ohne Berücksichtigung der schweizerischen Versiche­rungszeiten erfüllt, hat der tschechische Versicherungsträger die Leistung ausschliesslich aufgrund der nach den tschechischen Rechtsvorschriften zurückge­legten Versicherungszeiten festzulegen.
Art. 20
Kann der Leistungsanspruch nach den tschechischen Rechtsvorschriften lediglich unter Berücksichtigung der schweizerischen Versicherungszeiten entstehen, sind diese Zeiten nur im unerlässlichen Umfang zu berücksichtigen, als ob es nach tsche­chischen Rechtsvorschriften zurückgelegte Versicherungszeiten wären; dabei gilt folgendes:
a) Leistungen, deren Höhe von der Versicherungsdauer abhängig ist, werden aus­schliesslich in dem Umfang festgelegt, der den nach den tschechischen Rechts­vorschriften zurückgelegten Versicherungszeiten entspricht;
b) Leistungen oder Leistungsteile, deren Höhe von der Versicherungsdauer un­ab­hängig ist, werden aufgrund des Verhältnisses der ausschliesslich nach den tschechischen Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungszeiten zu 30 Ver­­sicherungsjahren, höchstens jedoch in Höhe der vollen Leistung festge­legt; dies gilt nicht für Leistungen oder Leistungsteile, die zwecks Sicherstel­lung des Mindesteinkommens gewährt werden;
c) die zu den Versicherungszeiten nach Entstehung der Invalidität hinzugerech­neten Zeiten zwecks Festlegung der durch einen langfristig ungünstigen Gesundheitszustand bedingten Leistungen und der Hinterbliebenenleistungen werden aufgrund des Verhältnisses der ausschliesslich nach den tschechischen Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungszeiten zu zwei Dritteln der Zeiten, die zwischen dem 16. Altersjahr der betroffenen Person und der Entste­hung der Invalidität oder dem Eintritt des Todes verstrichen sind, höchstens aber in Höhe der vollen Zurechnung bewertet.
Art. 21
(1)  Falls die nach den tschechischen Rechtsvorschriften zurückgelegten Versiche­rungszeiten nicht 12 Monate betragen und falls auf deren Grundlage kein Leistungs­anspruch entsteht, wird die Leistung nicht zuerkannt.
(2)  Im Falle einer Valorisierung der unter Berücksichtigung der schweizerischen Versicherungszeiten zuerkannten Renten um einen einheitlichen und festen Betrag wird die Erhöhung in dem in Artikel 20 Buchstabe b angeführten Verhältnis abge­ändert.
(3)  Zwecks Festlegung der Bemessungsgrundlage für die Berechnung von Leistun­gen nach den tschechischen Rechtsvorschriften werden die nach den schweizeri­schen Rechtsvorschriften im massgebenden Zeitraum zurückgelegten Versicherungszeiten ausgeschlossen.
(4)  Für den Erwerb des Anspruchs auf volle Invalidenrente wird bei Personen, die aufgrund eines vor dem 18. Altersjahr entstandenen, langfristig ungünstigen Gesundheitszustandes an der Versicherung nicht teilnehmen konnten, Wohnsitz im Gebiet der Tschechischen Republik vorausgesetzt.

Abschnitt IV Verschiedene Bestimmungen

Art. 22
Die zuständigen Behörden:
a) vereinbaren die für die Anwendung dieses Abkommens notwendigen Durch­führungsbestimmungen;
b) unterrichten einander über Änderungen ihrer Rechtsvorschriften;
c) bezeichnen Verbindungsstellen zur Erleichterung des Verkehrs zwischen den Versicherungsträgern der beiden Vertragsstaaten;
d) unterrichten sich gegenseitig über alle Massnahmen, die zur Durchführung die­ses Abkommens getroffen werden.
Art. 23
(1)  Die Behörden, Versicherungsträger und Gerichte der Vertragsstaaten leisten ein­ander bei der Durchführung dieses Abkommens Hilfe, wie wenn es sich um die Anwendung ihrer eigenen Rechtsvorschriften handelte. Die Hilfe ist mit Ausnahme von ärztlichen Untersuchungen kostenlos.
(2)  Zur Bemessung des Invaliditätsgrades oder Gesundheitszustandes können die Versicherungsträger jedes Vertragsstaates die von den Versicherungsträgern des anderen Vertragsstaates gelieferten Auskünfte und ärztlichen Feststellungen berück­sichtigen. Sie haben das Recht, die versicherte Person durch eine Ärztin oder einen Arzt ihrer Wahl untersuchen zu lassen.
Art. 24
(1)  Die durch die Rechtsvorschriften eines Vertragsstaates vorgesehene Befreiung oder Ermässigung von Verwaltungsgebühren für Urkunden und andere Schrift­stücke, die nach diesen Rechtsvorschriften beizubringen sind, gelten auch für ent­sprechende Urkunden und andere Schriftstücke, die nach den Rechtsvorschriften des anderen Vertragsstaates beizubringen sind.
(2)  Die Behörden und Versicherungsträger der beiden Vertragsstaaten verzichten bei Urkunden und anderen Schriftstücken, die in Anwendung dieses Abkommens vor­zulegen sind, auf die Beglaubigung durch diplomatische oder konsularische Behör­den.
Art. 25
(1)  Die Behörden, Versicherungsträger und Gerichte eines Vertragsstaates dürfen Eingaben oder sonstige Schriftstücke nicht aus Gründen der Sprache zurückweisen, wenn sie in einer Amtssprache des anderen Vertragsstaates oder in englischer Spra­che abgefasst sind.
(2)  Bei der Anwendung dieses Abkommens können die Behörden, Versicherungs­träger und Gerichte der Vertragsstaaten miteinander und mit den beteiligten Perso­nen oder deren Vertreterinnen oder Vertretern unmittelbar in ihren Amtssprachen oder in englischer Sprache verkehren.
Art. 26
Gesuche, Erklärungen und Rechtsmittel, die nach den Rechtsvorschriften eines Ver­tragsstaates innerhalb einer bestimmten Frist bei einer Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder Versicherungsträger dieses Vertragsstaates einzureichen sind, gelten als fristgerecht eingereicht, wenn sie innert der gleichen Frist bei einer entsprechenden Behörde, einem entsprechenden Gericht oder einem entsprechenden Träger des anderen Vertragsstaates eingereicht werden. In solchen Fällen vermerkt die betreffende Stelle das Eingangsdatum auf dem eingereichten Schriftstück und leitet es an die zu­ständige Stelle des ersten Vertragsstaates weiter.
Art. 27
(1)  Die Versicherungsträger, die nach diesem Abkommen Leistungen zu erbringen haben, werden durch Zahlung in ihrer Landeswährung von ihrer Verpflichtung befreit.
(2)  Hat ein Versicherungsträger des einen Vertragsstaates an einen Versicherungs­träger des anderen Vertragsstaates Zahlungen vorzunehmen, so sind diese in der Währung des zweiten Vertragsstaates zu leisten.
(3)  Falls ein Vertragsstaat den Devisenverkehr einschränkt, so treffen die Vertrags­staaten unverzüglich Massnahmen, um die Überweisung der nach diesem Abkom­men beiderseits geschuldeten Beträge sicherzustellen.
(4)  Die Staatsangehörigen des einen Vertragsstaates, die sich im Gebiet des andern Vertragsstaates aufhalten, haben die uneingeschränkte Möglichkeit der freiwilligen Versicherung nach den Rechtsvorschriften über die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung ihres Heimatstaates, insbesondere auch in bezug auf die Zah­lung der Beiträge an diese Versicherung sowie den Bezug der daraus erworbenen Renten.
Art. 28
(1)  Hat eine Person, der nach den Rechtsvorschriften des einen Vertragsstaates Leistungen für einen Schaden zustehen, der im Gebiet des anderen Vertragsstaates ein­getreten ist, nach dessen Rechtsvorschriften gegen eine Dritte oder einen Dritten Anspruch auf Schadenersatz, so gilt folgendes:
a) der Ersatzanspruch geht auf den leistungspflichtigen Versicherungsträger des ersten Vertragsstaates nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften über;
b) der zweite Vertragsstaat erkennt diesen Übergang an.
(2)  Haben Versicherungsträger beider Vertragsstaaten in Anwendung von Absatz 1 wegen Leistungen aufgrund desselben Schadensfalles Ersatzanspruch, so sind sie Gesamtgläubiger. Im Innenverhältnis sind sie anteilig im Verhältnis der von ihnen zu erbringenden Leistungen ausgleichspflichtig.
Art. 29
(1)  Streitigkeiten, die sich aus der Durchführung dieses Abkommens ergeben, wer­den von den zuständigen Behörden der Vertragsstaaten in gegenseitigem Einver­nehmen geregelt.
(2)  Kann auf diesem Weg keine Lösung gefunden werden, so wird der Streitfall einer Schiedskommission unterbreitet, die ihn im Sinn und Geist dieses Abkommens zu entscheiden hat. Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten regeln im gegen­seitigen Einvernehmen die Zusammensetzung und das Verfahren dieser Kommis­­sion.

Abschnitt V Übergangs- und Schlussbestimmungen

Art. 30
(1)  Dieses Abkommen gilt auch für die Versicherungsfälle, die vor seinem Inkraft­treten eingetreten sind.
(2)  Dieses Abkommen begründet keine Leistungsansprüche für Zeiten vor seinem Inkrafttreten.
(3)  Für die Feststellung eines Leistungsanspruches nach diesem Abkommen werden auch die Versicherungszeiten berücksichtigt, die vor Inkrafttreten dieses Abkom­mens zurückgelegt worden sind.
(4)  Dieses Abkommen gilt nicht für Ansprüche, die durch Abfindung oder Beitrags­rückvergütung abgegolten worden sind.
Art. 31
(1)  Frühere Entscheide stehen der Anwendung dieses Abkommens nicht entgegen.
(2)  Ansprüche von Personen, deren Leistung vor dem Inkrafttreten dieses Abkom­mens festgestellt worden ist, werden, auf Antrag, nach diesem Abkommen neu fest­gestellt. Die Neufeststellung kann auch von Amtes wegen erfolgen. Sie darf keines­falls zu einer Minderung der bisherigen Ansprüche der berechtigten Personen füh­ren.
(3)  Ansprüche auf Leistungen der schweizerischen Alters‑, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung, die von Staatsangehörigen der Tschechischen Republik oder deren Hinterlassenen als Flüchtlinge oder Staatenlose beziehungsweise als deren Hinterlassene erworben wurden, bleiben gewahrt; Artikel 5 gilt auch in diesen Fäl­len.
Art. 32
Für Ansprüche, die aufgrund früherer Versicherungsfälle nach Artikel 31 Absatz 2 geltend gemacht werden, beginnen die Fristen zur Geltendmachung sowie die Ver­jährungsfristen nach den Rechtsvorschriften der Vertragsstaaten frühestens mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Abkommens.
Art. 33
(1)  Dieses Abkommen bedarf der Ratifikation; die Ratifikationsurkunden werden so bald als möglich in Prag ausgetauscht.
(2)  Es tritt am ersten Tage des zweiten auf den Austausch der Ratifikationsurkunden folgenden Monats in Kraft.
Art. 34
(1)  Dieses Abkommen gilt für die Dauer eines Jahres ab seinem Inkrafttreten. Es erneuert sich stillschweigend von Jahr zu Jahr, wenn es nicht von einem Vertragsstaat spätestens drei Monate vor Ablauf der Geltungsdauer schriftlich gekündigt wird.
(2)  Wird das Abkommen gekündigt, so bleiben die bis dahin erworbenen Leistungs­ansprüche gewahrt. Die aufgrund seiner Vorschriften erworbenen Anwartschaften werden in gegenseitigem Einvernehmen geregelt.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten der Vertragsstaaten dieses Abkom­men unterzeichnet und mit Siegeln versehen.
So geschehen zu Genf, am 10. Juni 1996, in zwei Urschriften, die eine in deutscher, die andere in tschechischer Sprache; beide Fassungen sind in gleicher Weise ver­bindlich.

Für die
Schweizerische Eidgenossenschaft:

Für die
Tschechische Republik:

M. Verena Brombacher Steiner

Jindrich Vodicka

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