Verordnung über das Informationssystem für Strafsachen des Bundesamts für Zoll und G... (313.041)
CH - Schweizer Bundesrecht

Verordnung über das Informationssystem für Strafsachen des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit (IStrV-BAZG 1)

(IStrV-BAZG) ¹ vom 20. September 2013 (Stand am 1. Januar 2022) ¹ Die Bezeichnung der Verwaltungseinheit wurde in Anwendung von Art. 20 Abs. 2 der Publikationsverordnung vom 7. Okt. 2015 ( SR 170.512.1 ) auf den 1. Jan. 2022 angepasst ( AS 2021 589 ). Diese Anpassung wurde im ganzen Text vorgenommen.
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf die Artikel 110 Absatz 3, 112 Absatz 5 und 130 des Zollgesetzes vom 18. März 2005², auf Artikel 107 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974³ über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR), und auf Artikel 111 des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981⁴,
verordnet:
² SR 631.0 ³ SR 313.0 ⁴ SR 351.1

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Gegenstand
Diese Verordnung regelt das Informationssystem für Strafsachen des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit (Informationssystem):
a. die verantwortliche Behörde und die Organisation;
b. den Zweck und den Inhalt;
c. die Datenbearbeitung;
d. die Zugriffsberechtigten;
e. den Datenschutz und die Datensicherheit.
Art. 2 Verantwortliche Behörde
¹ Das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) trägt die Verantwortung für das Infor­mationssystem.
² Für die technische Umsetzung und den Betrieb ist im Auftrag des BAZG das Bun­desamt für Informatik und Telekommunikation (BIT) verantwortlich.
Art. 3 Bearbeitungsreglement
Das BAZG erstellt ein Bearbeitungsreglement nach Artikel 21 der Verordnung vom 14. Juni 1993⁵ zum Bundesgesetz über den Datenschutz (VDSG).
⁵ SR 235.11

2. Abschnitt: Zweck und Inhalt des Informationssystems

Art. 4 Zweck des Informationssystems
Mit dem Informationssystem sollen die folgenden Aufgaben im Zuständigkeits­bereich des BAZG unterstützt werden:
a. die Feststellung und Verfolgung von Straftaten;
b. die Gewährung von nationaler und internationaler Rechts- und Amtshilfe;
c. der Vollzug der Strafen und Massnahmen sowie der Nachbezug von Abga­ben;
d. die zielgerichtete Ausgestaltung von Zollüberwachungen und Zollprüfungen;
e. die Zusammenfassung, Visualisierung und statistische Auswertung von Informationen im Zusammenhang mit Strafverfahren und Rechts- und Amtshilfeverfahren.
Art. 5 Inhalt des Informationssystems
Das Informationssystem enthält Angaben über:
a. natürliche Personen (Name, Vornamen, Adresse, Wohnort, Staatsangehö­rig­keit, Ledigname, Aliasnamen, Geburtsdatum, Geburtsort, Heimatort, Geschlecht, Zivilstand, Beruf, Sprache, Signalement, Konfession, Name und Vornamen der Mutter und des Vaters, Name und Vornamen der Ehegattin oder des Ehegatten, Name und Vornamen der eingetragenen Partnerin oder des eingetragenen Partners, Telefon-, Mobiltelefon- und Telefax-Nummern, E-Mail-Adressen, Bankverbindungen, Internet-Adressen, Ausweise);
b. juristische Personen und Personenvereinigungen (Name, Firma, Rechtsform, Adresse, Sitz, Staat, Vertreter oder Organe, Telefon-, Mobiltelefon- und Telefax-Nummern, E-Mail-Adressen, Bankverbindungen, Internet-Adressen, Unternehmensidentifikationsnummer);
c. Verteidigerinnen und Verteidiger (Name, Vornamen, Adresse oder Zustelldo­mizil in der Schweiz);
d. Verdächtigungen, Beschuldigungen und Bestrafungen;
e. Straftaten (Ort, Datum und Zeit der Straftat, Art der Straftat, anwendbare Straftatbestände, Verfahrensart, Verkehrsart, Warenarten, verwendete Ver­kehrsmittel und Kontrollschilder, Verstecke, Bezeichnung und Tarifnum­mern der Waren, Herkunfts-, Versendungs-, Ursprungs- und Bestimmungs­land, Bestimmungsort);
f. beschlagnahmte Gegenstände und Beweismittel;
g. Amts- und Rechtshilfeersuchen (ersuchende Behörde, Datum, Gegenstand des Ersuchens, Art der Massnahmen);
h. den Verlauf von Strafverfahren (Vorermittlungs- und Untersuchungsverfah­ren, Vollzug) und von Rechts- und Amtshilfeverfahren;
i. Entscheide (Datum und Art des Entscheids, Eintritt der Rechtskraft);
j. die Erhebung und Entrichtung von Abgaben, die Auferlegung und Entrich­tung von Kosten, Bussen, Geldstrafen und Sicherheitsleistungen sowie die Auferlegung und den Vollzug von Umwandlungs- und Freiheitsstrafen;
k. die beteiligten Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter;
l. Geschäfts-, Fristen- und Terminkontrollen;
m. Dossiers (Dossiernummern, Stand der Bearbeitung, Hinweise auf weitere Dossiers).

3. Abschnitt: Datenbearbeitung

Art. 6 Grundsatz
¹ Die im Informationssystem gespeicherten Daten dürfen nur im Rahmen des Zwecks (Art. 4) abgefragt und bearbeitet werden.
² Das Informationssystem wird ausschliesslich durch das BAZG benutzt. Die Polizeiverbindungsleute des Bundesamtes für Polizei (fedpol) haben, wenn sie im Ausland Aufgaben von Verbindungsleuten des BAZG wahrnehmen, Zugriff auf das Informa­tionssystem und dürfen die entsprechenden Daten bearbeiten, soweit dies für die Erfüllung der Aufgaben nach Artikel 4 Buchstaben a und b erforderlich ist.⁶
³ Eine Vernetzung mit Informationssystemen ausserhalb des BAZG ist nicht zulässig.
⁶ Fassung gemäss Ziff. I 1 der V vom 23. Nov. 2016 über die gegenseitige Wahrnehmung von Aufgaben durch Polizeiverbindungsleute und Verbindungsleute der Eidgenössischen Zollverwaltung, in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2016 4525 ).
Art. 7 Datenbearbeitung in einem externen Analysesystem
¹ Daten aus dem Informationssystem dürfen in ein externes Analysesystem übergeführt und dort zur Durchführung eines Analyseauftrags bearbeitet werden. Ein solcher Auftrag darf nur von dafür eigens ermächtigten Spezialistinnen und Spezialisten der Hauptabteilung Zollfahndung, des Kommandos Grenzwachtkorps oder der Sektion Risikoanalyse ausgeführt werden.⁷
² Für Datenüberführungen, die über den blossen Zweck der Visualisierung hinaus­gehen, ist die Zustimmung der Datenschutzberaterin oder des Datenschutzberaters des BAZG einzuholen.
³ Die in ein externes Analysesystem übergeführten Daten sind nach Massgabe von Artikel 16 und 17 aufzubewahren und zu vernichten.
⁴ Das BAZG regelt die Einzelheiten im Bearbeitungsreglement.
⁷ Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 der V vom 21. Nov. 2018, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 4671 ).
Art. 8 Datenaustausch mit anderen Informationssystemen
Der automatisierte Austausch von Daten mit den Informationssystemen Finanzen und Rechnungswesen nach Anhang A 2 der Datenbearbeitungsverordnung für die Eidgenössische Zollverwaltung vom 4. April 2007⁸ ist zulässig.
⁸ [ AS  2007  1715 ;  2008  583 Ziff. III 2;  2009  709 Art. 10, 5577 Art. 44 Ziff. 1, 6233 Ziff. III;  2012  3477 Anhang Ziff. 3;  2013  3111 Anhang Ziff. II 2, 3835 ;  2015  4917 Anhang Ziff. 1;  2016  2667 Anhang Ziff. 2, 4525 Ziff. I 4. AS 2017 4891 Art. 15]. Siehe heute: die Datenverarbeitungsverordnung BAZG vom 23. Aug. 2017 ( SR 631.061 ).
Art. 9 Statistik
Aus den Daten des Informationssystems dürfen Statistiken erstellt werden, nament­lich auch für interne Geschäftskontrollen und die Geschäftsplanung und für Analy­sen der Schmuggeltätigkeit. Falls die Statistiken veröffentlich werden, sind die Daten zu anonymisieren.

4. Abschnitt: Zugriffsberechtigte

Art. 10 Zollstellen
¹ Die Zollstellen (zivile Zollstellen, Dienststellen des Grenzwachtkorps) dürfen die Daten eines Dossiers, welches sie selber eröffnet haben, bearbeiten, solange sie dafür zuständig sind.
² Ist die Zuständigkeit zur Bearbeitung des Dossiers auf eine übergeordnete Stelle übergegangen, dürfen sie zur Feststellung und Verfolgung von Straftaten im Zuständigkeitsbereich des BAZG (Art. 4 Bst. a) die Daten nach Artikel 5 Buch­sta­ben a, b, d–f, j und m anhand der Personalien (Name, Name und Vorname, Name und Geburtsdatum, oder Name und Vorname und Geburtsdatum), anhand des Kon­trollschilds oder anhand der Dossiernummer abfragen.
³ In Dossiers, die sie nicht selber eröffnet haben, dürfen die Zollstellen zur Feststel­lung und Verfolgung von Straftaten im Zuständigkeitsbereich des BAZG (Art. 4 Bst. a) die Daten nach Artikel 5 Buchstaben a, b, d–f und m anhand der Personalien (Name, Name und Vorname, Name und Geburtsdatum, oder Name und Vorname und Geburtsdatum) oder anhand des Kontrollschilds abfragen.
⁴ Abfragen durch Zollstellen sind längstens möglich:
a. bei Strafverfahren mit Verfahrenseinstellung oder Freispruch: bis zwei Jahre nach Verfahrensabschluss;
b. bei Strafverfahren mit einer Verurteilung zu einer Busse von bis zu 500 Fran­ken: bis zwei Jahre nach Verfahrensabschluss;
c. bei Strafverfahren mit einer Verurteilung zu einer Busse von mehr als 500 Franken oder zu einer Freiheitsstrafe: bis fünf Jahre nach Verfahrensab­schluss.
Art. 11 ⁹ Hauptabteilung Zollfahndung
Die Hauptabteilung Zollfahndung darf alle Daten abfragen und bearbeiten.
⁹ Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 der V vom 21. Nov. 2018, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 4671 ).
Art. 12 Unterstützungs-, Kontroll- und Wartungsdienste
¹ Das BAZG bestimmt einen Unterstützungs- und Kontrolldienst für das Informations­system.
² Der Unterstützungs- und Kontrolldienst und die verwaltungsinternen Dienste oder Personen, denen die Überprüfung der Einhaltung der Datenschutzvorschriften obliegt, dürfen alle Daten im Informationssystem bearbeiten, soweit dies zur Erfül­lung ihrer Unterstützungs- oder Kontrollaufgaben erforderlich ist.
³ Die mit Wartungsaufgaben betrauten Personen des BIT dürfen Daten im Informa­tionssystem nur bearbeiten, soweit:
a. dies zur Erfüllung ihrer Wartungsarbeiten unbedingt erforderlich ist; und
b. die Datensicherheit gewährleistet ist.
Art. 13 Übrige Dienste des BAZG
¹ Die übrigen Dienste des BAZG dürfen die Daten nach Artikel 5 Buchstaben a, b, d–g und m anhand der Personalien (Name, Name und Vorname, Name und Geburts­datum, oder Name und Vorname und Geburtsdatum) oder anhand des Kontroll­schilds abfragen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Rahmen von Artikel 4 Buchstaben a und b erforderlich ist.
² Absatz 1 gilt auch für die Polizeiverbindungsleute von fedpol, wenn sie im Ausland Aufgaben von Verbindungsleuten des BAZG wahrnehmen.¹⁰
¹⁰ Eingefügt durch Ziff. I 1 der V vom 23. Nov. 2016 über die gegenseitige Wahrnehmung von Aufgaben durch Polizeiverbindungsleute und Verbindungsleute der Eidgenössischen Zollverwaltung, in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2016 4525 ).

5. Abschnitt: Datenschutz und Datensicherheit

Art. 14 Rechte der betroffenen Personen
¹ Die Rechte der betroffenen Personen, insbesondere das Recht auf Auskunft, auf Berichtigung und auf Vernichtung der Daten, richten sich bei nicht hängigen Straf­verfahren nach dem Bundesgesetz vom 19. Juni 1992¹¹ über den Datenschutz und nach dem VStrR.
² Bei hängigen Strafverfahren richten sich diese Rechte nach Artikel 36 VStrR betreffend das Akteneinsichtsrecht.
³ Bei Amtshilfeersuchen richten sich diese Rechte nach den Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968¹², bei Rechtshilfeersuchen nach denjenigen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981.
¹¹ SR 235.1
¹² SR 172.021
Art. 15 Berichtigung der Daten
¹ Unrichtige Daten und Daten, die nicht den Bestimmungen dieser Verordnung ent­sprechen, sind von Amtes wegen zu berichtigen oder zu vernichten.
² Der Unterstützungs- und Kontrolldienst nach Artikel 12 überprüft regelmässig die Richtigkeit der Daten.
Art. 16 Aufbewahrung der Daten
¹ Die Daten werden für die folgenden Dauern aufbewahrt:
a. bei Strafverfahren mit Verfahrenseinstellung oder Freispruch: während fünf Jahren nach Verfahrensabschluss;
b. bei Strafverfahren mit einer Verurteilung zu einer Busse von bis zu 500 Fran­ken: während fünf Jahren nach Verfahrensabschluss;
c. bei Strafverfahren mit einer Verurteilung zu einer Busse von mehr als 500 Franken oder zu einer Freiheitsstrafe: während zehn Jahren nach Verfah­rensabschluss;
d. bei Strafverfahren, die mit einem Verlustschein enden: während der Gültig­keit des Verlustscheins;
e. bei Amts- und Rechtshilfeverfahren: während fünf Jahren nach Übermittlung der Daten.
² Falls beim Abschluss des Strafverfahrens die geschuldeten Abgaben noch nicht vollständig entrichtet sind, beginnen die in Absatz 1 genannten Fristen erst nach Abschluss des Nachforderungsverfahrens.
³ Aus besonderen Gründen, insbesondere bei Wiederholungsgefahr, kann die Auf­bewahrungsfrist durch die Abteilung Strafsachen des BAZG um die jeweils gleiche Dauer verlängert werden.
Art. 17 Archivierung und Vernichtung der Daten
¹ Die Ablieferung von Daten aus dem Informationssystem ans Bundesarchiv richtet sich nach den Bestimmungen des Archivierungsgesetzes vom 26. Juni 1998¹³.
² Die Daten werden nach Ablieferung ans Bundesarchiv vernichtet. Daten, die nicht ans Bundesarchiv übergeben werden, werden nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist vernichtet.
³ Die Datenübergabe ans Bundesarchiv kann in elektronischer Form erfolgen.
¹³ SR 152.1
Art. 18 Datensicherheit
¹ Für die Gewährleistung der Datensicherheit gelten die Artikel 20 und 21 VDSG¹⁴ und die Bestimmungen der Cyberrisikenverordnung vom 27. Mai 2020¹⁵.¹⁶
² Die Daten, Programme und dazugehörige Dokumentationen sind gegen unbefugtes Bearbeiten sowie gegen Zerstörung und Entwendung zu schützen. Sie müssen wie­der hergestellt werden können.
³ Die Übertragung der Daten muss während des gesamten Übertragungsvorganges in chiffrierter Form erfolgen.
⁴ Der Zugriff auf das Informationssystem ist für jede Benutzerin und jeden Benutzer mit individuellen Benutzerprofilen so festzulegen, dass eine Person das Informa­tionssystem nur im Umfang ihrer Zuständigkeit benützen kann.
⁵ Die Datenbearbeitung ist automatisch zu protokollieren.
¹⁴ SR 235.11
¹⁵ SR 120.73
¹⁶ Fassung gemäss Anhang Ziff. 10 der V vom 25. Nov. 2020 über die digitale Trans­formation und die Informatik, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 5871 ).

6. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 19 Aufhebung eines anderen Erlasses
Die Verordnung vom 6. März 2000¹⁷ über das Informationssystem der Eidgenös­sischen Zollverwaltung für Strafsachen wird aufgehoben.
¹⁷ [ AS 2000 1127 ; 2004 4559 ; 2007 1469 Anhang 4 Ziff. 5]
Art. 20 Übergangsbestimmung
¹ Bereits bestehende Datensammlungen, die der Verfolgung und Beurteilung von Straffällen durch das BAZG gedient haben, werden in das neue Informationssystem des BAZG übergeführt.
² Zum Zweck der Datensicherung dürfen bestehende Datensammlungen fünf Jahre nach der Überführung aufbewahrt werden. Danach sind die Daten zu vernichten.
³ Diese Verordnung gilt nach der Überführung in das Informationssystem auch für Daten, welche im Rahmen der alten Bestimmungen erhoben wurden.
Art. 21 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. November 2013 in Kraft.
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