Kantonales Energiegesetz (773)
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Kantonales Energiegesetz

Nr. 773 Kantonales Energiegesetz (KEnG) vom 4. Dezember 2017 (Stand 1. Januar 2019) Der Kantonsrat des Kantons Luzern, nach Einsicht in die Botschaft des Regierungsrates vom 23. Mai 2017
1 , beschliesst:
1 Allgemeine Bestimmungen

§ 1

Ziele und Grundsätze
1 Das Gesetz trägt zu einer sicheren, ausreichenden, wirtschaftlichen und umweltverträg
- lichen Energieversorgung und -verteilung bei.
2 Es bezweckt eine sparsame, effiziente und nachhaltige Energienutzung namentlich durch a. eine verstärkte Nutzung von einheimischen und erneuerbaren Energien sowie von Abwärme, b. Erstellung, Betrieb, Sanierung und Unterhalt von Gebäuden und Anlagen mit möglichst geringem Energieeinsatz und möglichst geringen Energieverlusten, c. den Einsatz von Technologien, die dem Stand der Technik entsprechen und wirtschaftlich sind.
3 Der Kanton verfolgt das langfristige Ziel einer 2000-Watt-Gesellschaft und 1-t-CO2- Gesellschaft.
4 Kanton und Gemeinden setzen sich nach dem Grundsatz der Vorbildfunktion der öf
- fentlichen Hand konkrete Ziele und erlassen Minimalanforderungen an die Energienut
- zung, insbesondere bei eigenen Bauten, Anlagen und Geräten sowie bei deren Erwerb, Bau und Betrieb.
1 B 87-2017 * Siehe Tabellen mit Änderungsinformationen am Schluss des Erlasses. K 2017 3477 | G 2018-055
2 Nr. 773

§ 2

Koordination
1 Der Kanton koordiniert seine Energiepolitik mit dem Bund, anderen Kantonen und den Gemeinden. Anzustreben ist insbesondere eine Harmonisierung der energetischen Vor
- schriften und Massnahmen.
2 Der Kanton arbeitet mit den Gemeinden, den regionalen Entwicklungsträgern und pri
- vaten Organisationen zusammen.

§ 3

Energieeinkauf, -verteilung und -produktion
1 Kanton und Gemeinden können, gegebenenfalls zusammen mit Dritten, zum Zweck des Energieeinkaufs, der Energieverteilung, der Energiespeicherung oder der Energie
- produktion eine öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Organisation bilden oder sich an einer solchen beteiligen.
2 Energieplanung

§ 4

Kantonale Energieplanung
1 Der Regierungsrat erstellt zur Umsetzung der Ziele und Grundsätze dieses Gesetzes so
- wie der energiepolitischen Vorgaben des Bundes ein Energiekonzept, das die kurz-, die mittel- und die langfristige Strategie in der Energiepolitik, die Massnahmen und Kosten sowie die Erfolgskontrolle aufzeigt.
2 Das Energiekonzept enthält eine Beurteilung des künftigen Bedarfs und Angebots an Energie im Kanton und legt die anzustrebende Entwicklung der Energieversorgung undnutzung fest. Es zeigt insbesondere auf, wie der Kanton Luzern in Koordination mit und in Abhängigkeit von den Massnahmen des Bundes den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch auf dem Kantonsgebiet bis zum Jahr 2030 auf insgesamt 30 Prozent erhöht und welche Massnahmen in seinem Einflussbereich dafür erforderlich sind.
3 Der Regierungsrat erstattet dem Kantonsrat alle fünf Jahre, erstmals im Jahre 2021, Be
- richt über den Stand des Vollzugs des Energiegesetzes und passt das Energiekonzept re
- gelmässig an.

§ 5

1 Die Gemeinden haben eine kommunale Energieplanung zu führen.
2 Der Regierungsrat kann Gemeinden verpflichten, für ihr Gebiet oder Teile davon einen kommunalen Richtplan über die Energieversorgung und -nutzung zu erlassen. Er kann dabei nach deren Anhörung Vorgaben zu Ziel, Art und Umfang der Planung machen.
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3
3 Ist eine Koordination notwendig, kann der Regierungsrat Gemeinden zu einer über
- kommunalen Energieplanung verpflichten.
3 Energieversorgung

§ 6

Thermische Netze
1 Die Gemeinde kann im Einzugsgebiet von thermischen Netzen im Einzelfall oder ge
- stützt auf eine für Grundeigentümerinnen und -eigentümer verbindliche Planung verlan
- gen, dass bestehende oder neue Bauten für die Nutzung von Wärme oder Kälte an diese thermischen Netze anzuschliessen sind und dass Durchleitungsrechte gewährt werden. Der Anschluss kann nur verfügt werden, wenn er zweckmässig und zumutbar ist.
2 Bei bestehenden Bauten kann ein Anschluss nur bei Neuinstallation, Ersatz oder we
- sentlicher Änderung gebäudetechnischer Anlagen zur Aufbereitung und Verteilung von Wärme, Kälte und Warmwasser verfügt werden.
3 Die Gemeinde überprüft auf Antrag von Energiebezügerinnen und -bezügern die Zu
- mutbarkeit einer Erhöhung der Energiebezugspreise von privaten thermischen Netzen, sofern die betreffende Energiebezügerin oder der betreffende Energiebezüger zum An
- schluss an das thermische Netz verpflichtet wurde.
4 Die Gemeinde kann die Rahmenbedingungen zum Bau und Betrieb eines privaten ther
- mischen Netzes in einer Konzession regeln. Diese kann ohne Ausschreibung erteilt wer
- den.
5 Für thermische Netze finden die Bestimmungen des Baubewilligungsverfahrens nach dem Planungs- und Baugesetz vom 7. März 1989
2 Anwendung. Der Regierungsrat kann für Durchleitungsrechte das Enteignungsrecht erteilen.

§ 7

Gemeinsame Heiz- und Kühlanlagen
1 Bei Überbauungen mit mehr als 3000 m² Energiebezugsfläche kann die Gemeinde ver
- langen, dass eine gemeinsame Heiz- oder Kühlanlage erstellt wird.
2 Können sich die Beteiligten nicht einigen, verteilt die Gemeinde die Kosten nach Massgabe des Interesses auf die Beteiligten.
2 SRL Nr.
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4 Nr. 773
4 Energienutzung
4.1 Allgemein

§ 8

Ausführungsvorschriften
1 Der Regierungsrat erlässt im Rahmen der nachfolgenden Bestimmungen durch Verord
- nung die zum Vollzug dieses Gesetzes erforderlichen Ausführungsvorschriften, insbe
- sondere über a. den Gebäudeenergieausweis (§
10), b. den Wärme- und Kälteschutz sowie die Anforderungen an gebäudetechnische An
- lagen (§
11), c. ortsfeste elektrische Widerstandsheizungen (§
12), d. erneuerbare Wärme beim Ersatz des Wärmeerzeugers (§
13), e. Elektro-Wassererwärmer (§
14), f. die Eigenstromerzeugung bei Neubauten (§
15), g. elektrische Energie in Gebäuden (§
16), h. die verbrauchsabhängige Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung (§
17), i. die Anforderungen an die Deckung des Wärmebedarfs von Neubauten (§
18), j. die Grossverbraucher (§
19), k. die Betriebsoptimierung (§
20), l. Heizungen im Freien (§
24).
2 Er beachtet dabei den Grundsatz, dass der Aufwand für Massnahmen zur sparsamen und effizienten Energienutzung unter Berücksichtigung der externen Kosten wirtschaft
- lich tragbar sein und in einem angemessenen Verhältnis zur erzielbaren Einsparung ste
- hen soll. Zudem berücksichtigt er den Stand der Technik und stimmt seine Festlegungen mit anderen Kantonen ab.
3 Der Regierungsrat kann für Energienutzungen, die wesentlich gegen die Ziele und Grundsätze dieses Gesetzes verstossen, Vorschriften erlassen, in welchen er bestimmte Energienutzungen nötigenfalls einschränken oder verbieten kann.

§ 9

Nutzungsplanung
1 Die Gemeinden können für bestimmte, in der Nutzungsplanung bezeichnete Gebiete strengere Vorschriften als diejenigen dieses Gesetzes erlassen.
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4.2 Gebäude

§ 10

Gebäudeenergieausweis
1 Für Neubauten ist ein Gebäudeenergieausweis (Gebäudeenergieausweis der Kantone; GEAK), der die Energieeffizienz eines Gebäudes angibt, zu erstellen. Der Regierungsrat legt in der Verordnung die GEAK-pflichtigen Gebäudekategorien fest.
2 Wer Finanzhilfen für Sanierungsmassnahmen an der Gebäudehülle beantragt, hat ab ei
- nem vom Regierungsrat in der Verordnung festzulegenden Betrag einen Gebäudeener
- gieausweis mit Beratungsbericht (GEAK Plus) beizubringen. Andere Förderbeiträge können ebenfalls an das Vorliegen eines GEAK Plus geknüpft werden. Die Verordnung regelt die Einzelheiten.
3 Der Gebäudeenergieausweis ist von den Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümern auf eigene Kosten von einer anerkannten Fachperson erstellen zu lassen.
4 Die Gebäudeenergieausweise werden in einem öffentlich einsehbaren Register erfasst. Das Register soll von Dritten geführt werden.

§ 11

Minimalanforderungen an die Energienutzung
1 Gebäude und gebäudetechnische Anlagen sind so zu erstellen, zu betreiben und zu un
- terhalten, dass möglichst wenig Energie verloren geht. Der winterliche und der sommer
- liche Wärmeschutz, die gebäudetechnischen Anlagen und die Nutzung der Elektrizität in Gebäuden haben dem Stand der Technik zu entsprechen.
2 Die Minimalanforderungen an Gebäude und gebäudetechnische Anlagen gemäss Ab
- satz
1 gelten unter Vorbehalt abweichender Regelungen für a. Neubauten, b. die Änderung bestehender Bauten, wenn die voraussichtlichen Baukosten 30
Pro
- zent des Gebäudeversicherungswertes überschreiten, c. die von einem Umbau oder einer Umnutzung betroffenen Bauteile, d. Neuinstallation, Ersatz oder Änderung gebäudetechnischer Anlagen zur Aufberei
- tung und Verteilung von Wärme, Kälte, Warmwasser und Raumluft, auch wenn diese Massnahmen baurechtlich nicht bewilligungspflichtig sind.
3 Die zuständige Dienststelle kann die Minimalanforderungen in den Fällen gemäss Ab
- satz
2b, c und d reduzieren, wenn gewichtige öffentliche Interessen dies gebieten. Sie kann für Vorhaben, die für die Energienutzung von geringer Bedeutung sind, Erleichte
- rungen oder die Befreiung von der Einhaltung der Minimalanforderungen vorsehen.
4 Für Erleichterungen und Befreiungen von den Anforderungen an den sommerlichen und winterlichen Wärmeschutz sind die Gemeinden zuständig.
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§ 12

Ortsfeste elektrische Widerstandsheizungen
1 Verboten ist a. die Neuinstallation von ortsfesten elektrischen Widerstandsheizungen zur Gebäu
- debeheizung, b. der Ersatz von ortsfesten elektrischen Widerstandsheizungen mit Wasserverteil
- system durch ortsfeste elektrische Widerstandsheizungen.
2 Ortsfeste elektrische Widerstandsheizungen dürfen nicht als Zusatzheizung eingesetzt werden. Als Notheizungen sind sie in begrenztem Umfang zulässig.
3 Bestehende ortsfeste elektrische Widerstandsheizungen mit Wasserverteilsystem sind innerhalb von 15 Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes durch Anlagen zu ersetzen, die den Anforderungen dieses Gesetzes entsprechen.
4 Der Regierungsrat kann Ausnahmen von den Absätzen
1 und 3 vorsehen.

§ 13

Erneuerbare Wärme beim Ersatz des Wärmeerzeugers
1 Beim Ersatz des Wärmeerzeugers in bestehenden Bauten mit Wohnnutzung hat die Bauherrschaft eigenverantwortlich die Umstellung auf erneuerbare Energien zu prüfen. Dabei darf der Anteil an nichterneuerbarer Energie 90 Prozent des massgeblichen Be
- darfs nicht überschreiten.
2 Der Ersatz eines Wärmeerzeugers ist zulässig, wenn a. die fachgerechte Umsetzung einer Standardlösung gewährleistet ist oder b. die Zertifizierung des Gebäudes nach Minergie-Standard ausgewiesen ist oder c. gemäss GEAK die Klasse D bei der Gesamtenergieeffizienz erreicht ist oder d. die Bauherrschaft beim Einsatz von leitungsgebundenem Gas nachweist, dass sie über die gesamte Lebensdauer des Wärmeerzeugers mindestens 20 Prozent Biogas einsetzt, das in Anlagen im Kanton Luzern oder in angrenzenden Kantonen er zeugt und von diesen ins Gasnetz eingespeist wird.
3 Der Ersatz eines Wärmeerzeugers ist meldepflichtig.
4 Die Verordnung regelt die Berechnungsweise, die Standardlösungen, die Bedingungen für den Einsatz von Biogas sowie die Befreiungen.

§ 14

Elektro-Wassererwärmer
1 Der Neueinbau oder Ersatz eines Elektro-Wassererwärmers ist in Wohnbauten nur er
- laubt, wenn das Warmwasser a. während der Heizperiode mit dem Wärmeerzeuger für die Raumheizung erwärmt oder vorgewärmt wird oder b. zu mindestens 50 Prozent mittels erneuerbarer Energie oder Abwärme erwärmt wird.
2 Für den Ersatz von dezentralen Elektro-Wassererwärmern sind die Voraussetzungen von Absatz
1 nicht zu erfüllen.
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3 Bestehende zentrale Elektro-Wassererwärmer, die ausschliesslich direkt elektrisch be
- heizt werden, sind bei Wohnnutzungen innerhalb von 15 Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes durch Anlagen so zu ersetzen oder durch andere Einrichtungen so zu ergänzen, dass sie den Anforderungen dieses Gesetzes entsprechen.
4 Der Ersatz eines zentralen Elektro-Wassererwärmers ist meldepflichtig.
5 Die Verordnung kann Befreiungen vorsehen.

§ 15

Eigenstromerzeugung bei Neubauten
1 Für Neubauten, die beheizt, belüftet, gekühlt oder befeuchtet werden, ist ein Teil der benötigten Elektrizität auf dem, am oder im Neubau selbst zu erzeugen, oder deren Eigentümerinnen und Eigentümer haben eine Ersatzabgabe zu leisten.
2 Die Verordnung regelt die Art und den Umfang der Eigenstromerzeugung sowie die Befreiungen. Zu berücksichtigen ist dabei die Energiebezugsfläche als Berechnungs
- grundlage für die selbst zu erzeugende Elektrizität.
3 Die Ersatzabgabe berechnet sich aus der Differenz der minimal zu installierenden Leis
- tung zur effektiv installierten Leistung und beträgt pro kW nicht realisierte Leistung ma
- ximal 1000 Franken. Der Regierungsrat legt die weiteren Modalitäten und die Höhe der Ersatzabgabe in der Verordnung fest.
4 Die Gemeinden erheben die Ersatzabgabe und verwenden sie zweckgebunden zur För
- derung der nachhaltigen und effizienten Energienutzung und der erneuerbaren Energien.

§ 16

Elektrische Energie in Gebäuden
1 Gebäude und Anlagen sowie damit zusammenhängende Ausstattungen und Ausrüstun
- gen sind so zu planen und auszuführen, dass die Elektrizität sparsam und rationell ge
- nutzt wird.

§ 17

Verbrauchsabhängige Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung
1 Neue Gebäude mit zentraler Wärmeversorgung für fünf oder mehr Nutzeinheiten sind mit den nötigen Geräten zur Erfassung des individuellen Wärmeverbrauchs für Warm
- wasser auszurüsten.
2 Neue Gebäude, welche die Wärme von einer zentralen Wärmeversorgung für eine Ge
- bäudegruppe beziehen, sind mit den nötigen Geräten zur Erfassung des Wärmever
- brauchs für die Heizung pro Gebäude auszurüsten.
3 Bestehende Gebäude mit zentraler Wärmeversorgung für fünf oder mehr Nutzeinheiten sind bei einer Gesamterneuerung des Heizungs- und/oder des Warmwasserverteilsys
- tems mit den nötigen Geräten zur Erfassung des individuellen Wärmeverbrauchs auszu
- rüsten.
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4 Bestehende Gebäudegruppen mit zentraler Wärmeversorgung sind mit den nötigen
Ge
- räten zur Erfassung des Wärmeverbrauchs für die Heizung pro Gebäude auszurüsten, wenn an einem oder mehreren Gebäuden die Gebäudehülle zu über 75 Prozent saniert wird.

§ 18

Anforderungen an die Deckung des Wärmebedarfs von Neubauten
1 Neubauten und Erweiterungen von bestehenden Gebäuden (Aufstockungen, Anbauten u.a.) müssen so gebaut und ausgerüstet werden, dass ihr Bedarf für Heizung, Warmwas
- ser, Lüftung und Klimatisierung nahe bei null liegt.
2 Die Verordnung regelt Art und Umfang der Anforderungen an den Energieeinsatz. Zu berücksichtigen sind dabei insbesondere die Wirtschaftlichkeit sowie besondere Verhält
- nisse wie Klima, Verschattung oder Quartiersituation.
4.3 Verbrauchsoptimierung

§ 19

Grossverbraucher
1 Grossverbraucher mit einem jährlichen Wärmeverbrauch von mehr als 5 GWh oder ei
- nem jährlichen Elektrizitätsverbrauch von mehr als 0,5 GWh können durch die zuständi
- ge Dienststelle verpflichtet werden, ihren Energieverbrauch zu analysieren und zumut
- bare Massnahmen zur Verbrauchsoptimierung zu ergreifen.
2 Für Grossverbraucher, die sich verpflichten, allein oder in einer Gruppe von der zustän
- digen Dienststelle vorgegebene Ziele für die Entwicklung des Energieverbrauchs einzu
- halten, kann von den Anforderungen gemäss Absatz 1 abgesehen werden. Überdies kann die zuständige Dienststelle sie von der Einhaltung näher zu bezeichnender energietech
- nischer Vorschriften entbinden.
3 Der Regierungsrat regelt das Nähere in der Verordnung.

§ 20

Betriebsoptimierung
1 In Nichtwohnbauten ist innerhalb dreier Jahre nach Inbetriebsetzung und danach peri
- odisch eine Betriebsoptimierung für die Heizungs-, Lüftungs-, Klima-, Kälte-, Sanitär-, Elektro- und Gebäudeautomationsanlagen vorzunehmen. Ausgenommen sind Bauten und Anlagen von Grossverbrauchern, die mit der zuständigen Behörde eine Vereinba
- rung im Sinn von §
19 abgeschlossen haben.
2 Die Vornahme der Betriebsoptimierungen liegt in der Eigenverantwortung des Eigentü
- mers. Die Kontrolle durch die Behörden kann stichprobenweise erfolgen.
3 Die Verordnung regelt weitere Ausnahmen und die Anforderungen an die Betriebsopti
- mierung.
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4.4 Weitere Vorschriften

§ 21

Wärmenutzung bei Elektrizitätserzeugungsanlagen
1 Die Erstellung von Elektrizitätserzeugungsanlagen mit fossilen Brennstoffen wird be
- willigt, wenn die im Betrieb entstehende Wärme fachgerecht und vollständig genutzt wird. Ausgenommen sind Anlagen, die keine Verbindung zum öffentlichen Elektrizitäts
- verteilnetz haben.
2 Die Erstellung von Elektrizitätserzeugungsanlagen mit erneuerbaren gasförmigen Brennstoffen wird bewilligt, wenn die im Betrieb entstehende Wärme fachgerecht und weitgehend genutzt wird. Diese Anforderung gilt nicht, wenn nur ein beschränkter An
- teil nichtlandwirtschaftliche Co-Substrate verwertet wird sowie keine Verbindung zum öffentlichen Gasverteilnetz besteht und diese mit verhältnismässigem Aufwand auch nicht hergestellt werden kann.
3 Die Erstellung von Elektrizitätserzeugungsanlagen mit erneuerbaren festen oder flüssi
- gen Brennstoffen wird bewilligt, wenn die im Betrieb entstehende Wärme fachgerecht und weitgehend genutzt wird.
4 Die Erstellung von Elektrizitätserzeugungsanlagen zur Notstromerzeugung sowie de
- ren Betrieb für Probeläufe von höchstens 50 Stunden pro Jahr ist ohne Nutzung der im Betrieb entstehenden Wärme zulässig.

§ 22

Wärmekraftkopplung und Abwärmenutzung
1 Neue Wärmeerzeugungsanlagen, die mit fossiler Energie betrieben werden, sind grund
- sätzlich als Wärmekraftkopplungsanlagen auszugestalten. Der Regierungsrat legt fest, welche Wärmeerzeugungsanlagen von dieser Bestimmung ausgenommen sind.
2 Beim Bau oder bei der Erneuerung von Anlagen in Industrie-, Gewerbe- und Dienst
- leistungsbetrieben sind Einrichtungen zur Rückgewinnung der Abwärme zu installieren, soweit dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist.
3 Im Betrieb nicht benötigte Abwärme ist nach Möglichkeit an Dritte abzugeben.

§ 23

Pflicht zur Abnahme dezentral erzeugter Energie
1 Die Elektrizitätsverteilwerke sind zur Abnahme von überschüssiger, dezentral erzeug
- ter Elektrizität verpflichtet.
2 Sie vergüten dem Erzeuger die gelieferte Energie nach den Vorschriften des Bundes
- rechts.
3 Um die Betriebssicherheit der elektrischen Versorgungsnetze zu gewährleisten, hat der Eigentümer oder die Eigentümerin der Energieerzeugungsanlage die Vorschriften des Bundes und der Elektrizitätsverteilwerke einzuhalten.
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§ 24

Heizungen im Freien
1 Heizungen im Freien sind nicht erlaubt.
2 Ausnahmen für den Bau neuer sowie für den Ersatz und die Änderung bestehender Heizungen im Freien können bewilligt werden, wenn a. die Sicherheit von Personen, Tieren und Sachen oder der Schutz von technischen Einrichtungen den Betrieb einer Heizung im Freien erfordert, b. bauliche Massnahmen (z.B. Überdachungen) und betriebliche Massnahmen (z.B. Schneeräumungen) nicht ausführbar oder unverhältnismässig sind und c. die Heizung im Freien mit einer temperatur- und feuchteabhängigen Regelung ausgerüstet ist.
3 Der Regierungsrat kann weitere Ausnahmen vorsehen.

§ 25

Beheizte Freiluftbäder
1 Der Bau neuer und die Sanierung bestehender beheizter Freiluftbäder sowie der Ersatz und die wesentliche Änderung der technischen Einrichtungen zu deren Beheizung sind nur zulässig, wenn sie ausschliesslich mit erneuerbaren Energien oder mit nicht ander
- weitig nutzbarer Abwärme betrieben werden.
2 Wärmepumpen dürfen zur Beheizung von Freiluftbädern eingesetzt werden, wenn eine Abdeckung der Wasserfläche gegen Wärmeverluste vorhanden ist.
3 Sanierung, Ersatz und wesentliche Änderungen von technischen Einrichtungen zur Be
- heizung von Freiluftbädern sind meldepflichtig.

§ 26

Vorbild öffentliche Hand
1 Für Bauten von Kanton und Gemeinden werden die Minimalanforderungen an die Energienutzung erhöht. Der Regierungsrat legt einen Standard und die Ausnahmen fest.
2 Die Wärmeversorgung wird bis 2050 zu 100 Prozent ohne fossile Brennstoffe reali
- siert. Der Stromverbrauch wird bis 2030 gegenüber dem Niveau von 1990 um 20 Pro
- zent gesenkt oder mit neu zugebauten erneuerbaren Energien gedeckt.
5 Förderung

§ 27

Grundsätze
1 Kanton und Gemeinden können im Rahmen der verfügbaren Mittel die effiziente, spar
- same, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung und -nutzung fördern.
2 Der Kanton kann Finanzhilfen gewähren für Abklärungen und Massnahmen betreffend a. rationelle Energienutzung, b. Nutzung von erneuerbaren Energien und von Abwärme,
Nr. 773
11 c. Forschung und Entwicklung sowie Pilot- und Demonstrationsanlagen, d. Aus- und Weiterbildung im Energiebereich, insbesondere von Fachleuten, e. Information, Beratung und Marketing im Energiebereich.
3 Der Regierungsrat regelt das Nähere in der Verordnung.

§ 28

Förderprogramme, Finanzhilfen
1 Der Kanton kann selber oder zusammen mit dem Bund und anderen Kantonen oder mit Dritten Förderprogramme durchführen.
2 Förderbeiträge sind Finanzhilfen und werden nach Massgabe des Staatsbeitragsgeset zes vom 17. September 1996
3 ausgerichtet, soweit § 35 Absatz 1 nichts anderes regelt.
3 Der Regierungsrat regelt das Nähere in der Verordnung.

§ 29

Information, Beratung, Aus- und Weiterbildung
1 Der Kanton fördert und unterstützt in Zusammenarbeit mit dem Bund, den Gemeinden und Fachverbänden die Information, die Aus- und Weiterbildung sowie die Beratung in Energiefragen.
2 Er bietet eine neutrale Energieberatung an oder kann Beratungsangebote Dritter unter
- stützen.
6 Zuständigkeiten, Vollzug und Rechtspflege

§ 30

Kantonale Stellen
1 Der Regierungsrat erlässt die erforderlichen Ausführungsvorschriften.
2 Das Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement führt die Aufsicht über den Vollzug der Energiegesetzgebung und die Tätigkeit der damit beauftragten Stellen. Es kann Richtlinien erlassen und solche des Bundes oder von Fachgremien, die den Zielsetzun
- gen des Gesetzes entsprechen, für verbindlich erklären.
3 Die vom Regierungsrat in der Verordnung als zuständig bezeichnete Dienststelle a. bearbeitet energiewirtschaftliche und energietechnische Fragen innerhalb der kantonalen Verwaltung, b. koordiniert die Tätigkeiten des Kantons im Bereich der Energie, insbesondere die Durchführung von Förderprogrammen (§
28) sowie die Information, Beratung und Aus- und Weiterbildung (§
29), c. ist Kontaktstelle für die für die Energie zuständigen Behörden des Bundes, der Kantone und der Gemeinden sowie für die Privaten,
3 SRL Nr.
601
12 Nr. 773 d. vollzieht die Regelungen zum GEAK Plus (§
10 Abs.
2), zum GEAK-Register (§
10 Abs. 4), zu den ortsfesten elektrischen Widerstandsheizungen (§
12), zu den Elektro-Wassererwärmern (§
14 Abs.
3), zu den Grossverbrauchern (§
19), zur Betriebsoptimierung (§
20), zur Wärmenutzung bei Elektrizitätserzeugungsanla
- gen (§
21), zur Wärmekraftkopplung und Abwärmenutzung (§
22), zur Pflicht zur Abnahme dezentral erzeugter Energie (§
23) sowie zu den Heizungen im Freien (§
24), e. bewilligt thermische Elektrizitätserzeugungsanlagen (§
21), f. reduziert die Anforderungen an die Energienutzung und kann Erleichterungen so
- wie die Befreiung von der Einhaltung der Minimalanforderungen vorsehen (§
11 Abs.
3), g. bewilligt Ausnahmen von den Vorschriften dieses Gesetzes, wenn deren Einhal
- tung zu einer unzumutbaren Härte, einer unverhältnismässigen Erschwernis oder einem sinnwidrigen Ergebnis führt.

§ 31

Gemeinden
1 Soweit nicht eine kantonale Behörde damit beauftragt ist, sind die Gemeinden für den Vollzug des Energiegesetzes zuständig.
2 Die Gemeinden vollziehen im Baubewilligungsverfahren insbesondere die Bestimmun
- gen a. zum Gebäudeenergieausweis bei Neubauten (§
10 Abs.
1), b. zu den Minimalanforderungen an die Energienutzung, einschliesslich Erleichte
- rungen und Befreiungen von den Anforderungen an den sommerlichen und win
- terlichen Wärmeschutz (§
11 Abs.
1, 2 und 4), c. zur Eigenstromerzeugung bei Neubauten (§
15), d. zur elektrischen Energie in Gebäuden (§
16), e. zur verbrauchsabhängigen Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung (§
17), f. zu den Anforderungen an die Deckung des Wärmebedarfs von Neubauten (§
18), g. zu den beheizten Freiluftbädern (§
25 Abs.
1 und 2).
3 Die Gemeinden vollziehen im Rahmen einer Meldepflicht die Bestimmungen a. zur erneuerbaren Wärme beim Ersatz des Wärmeerzeugers (§
13 Abs.
3), b. zum Ersatz zentraler Elektro-Wassererwärmer (§
14 Abs.
4), c. zur Beheizung von Freiluftbädern (§
25 Abs.
3).
4 Sofern die Gemeinde in ihren rechtsetzenden Erlassen nichts anderes geregelt hat, ist die zuständige Behörde der Gemeinde der Gemeinderat.

§ 32

Vollzugskontrolle
1 Die zuständige Behörde kontrolliert nach den Vorgaben des Regierungsrates, ob die Anforderungen dieses Gesetzes erfüllt und ob die in den Nachweisen beschriebenen Massnahmen realisiert werden.
Nr. 773
13
2 Der Regierungsrat legt in der Verordnung fest, für welche energierelevanten Massnah
- men der zuständigen Behörde a. ein Projektnachweis einzureichen ist, mit dem belegt wird, dass die energierele
- vanten Vorschriften von Bund und Kanton eingehalten werden, b. nach Abschluss der Arbeiten eine Ausführungsbestätigung vorgelegt werden muss, die belegt, dass gemäss bewilligtem Projektnachweis gebaut wurde.
3 Die zuständige Behörde kann Private und private Organisationen zum Vollzug beizie
- hen und diesen namentlich Prüf-, Kontroll- und Überwachungsaufgaben übertragen.
4 Der Regierungsrat kann, gegebenenfalls zusammen mit anderen Kantonen, ein System der privaten Kontrolle einrichten, mit dem Dritte ermächtigt werden, mit ihren Unter
- schriften auf Nachweisen oder durch Berichte zu bestätigen, dass die massgebenden Be
- stimmungen in Projekten oder bei deren Ausführung eingehalten wurden. Die zuständige Behörde publiziert periodisch die Namen und Adressen der zum Vollzug beigezogenen Dritten.
5 Im Anwendungsfall der Absätze
3 und 4 erteilt die zuständige Behörde den zum Vollzug beigezogenen Dritten Leistungsaufträge und überprüft periodisch deren Tätig
- keit. Die Gemeinden gewähren der zuständigen kantonalen Behörde Akteneinsicht.

§ 33

Auskunfts- und Mitwirkungspflicht, Energiestatistik
1 Jedermann ist verpflichtet, den Behörden die für den Vollzug erforderlichen Auskünfte unentgeltlich zu erteilen, nötigenfalls Abklärungen durchzuführen oder zu dulden.
2 Die Behörden dürfen zur Ausübung ihrer Funktion Liegenschaften betreten und die zu kontrollierenden Gebäude und gebäudetechnischen Anlagen prüfen.
3 Als Grundlage für die Energieplanung und die energiepolitische Berichterstattung führt der Kanton eine Energiestatistik und stellt sie den Gemeinden zur Verfügung.
4 Die Baubewilligungsbehörden erfassen die ihnen mitgeteilten energetisch relevanten Daten des Gebäudebestandes auf ihrem Gebiet und leiten die erfassten Daten laufend der zuständigen kantonalen Behörde weiter.

§ 34

Strafbestimmungen
1 Widerhandlungen gegen die §§
12 (Verbot von ortsfesten elektrischen Widerstandshei
- zungen), 24 Absatz
1 (Verbot von Heizungen im Freien) und 33 Absätze
1 und 2 (Aus
- kunfts- und Mitwirkungspflicht) dieses Gesetzes, gegen seine Ausführungsbestimmun
- gen, welche Strafandrohungen vorsehen, und die gestützt darauf erlassenen Verfügungen werden nach den Strafbestimmungen des Planungs- und Baugesetzes vom 7.
März
1989
4 verfolgt.
4 SRL Nr.
735
14 Nr. 773

§ 35

Rechtsmittel
1 Gegen Entscheide über Finanzhilfen ist die Einsprache im Sinn des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 3. Juli 1972
5 und gegen Einspracheentscheide die Verwal
- tungsgerichtsbeschwerde an das Kantonsgericht zulässig. Mit der Verwaltungsgerichts
- beschwerde können folgende Mängel des angefochtenen Entscheides und des Verfahrens gerügt werden: a. unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts, b. unrichtige Rechtsanwendung, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens.
2 Alle anderen in Anwendung dieses Gesetzes erlassenen Entscheide und Beschlüsse können innert 30 Tagen mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Kantonsgericht ange
- fochten werden.

§ 36

Verwaltungsgebühren
1 Kanton und Gemeinden erheben für die Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz Gebühren. Sie können insbesondere auch in den Fällen, in denen diese nicht durch Ent
- scheid zu erledigen sind, Gebühren verlangen.
5 SRL Nr.
40
Nr. 773
15 Änderungstabelle - nach Paragraf Element Beschlussdatum Inkrafttreten Änderung Fundstelle G Erlass
04.12.2017
01.01.2019 Erstfassung K 2017 3477 | G 2018-
055
16 Nr. 773 Änderungstabelle - nach Beschlussdatum Beschlussdatum Inkrafttreten Element Änderung Fundstelle G
04.12.2017
01.01.2019 Erlass Erstfassung K 2017 3477 | G 2018-
055
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