Verordnung über den Kindes- und Erwachsenenschutz
Nr. 206 Verordnung über den Kindes- und Erwachsenenschutz vom 4. Dezember 2012 (Stand 1. April 2017) Der Regierungsrat des Kantons Luzern, gestützt auf die §§ 38 Absatz 3, 55 Absatz 1 und 98 Absatz 2f des Einführungsgesetzes zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch vom 20. November 2000
1 , auf Antrag des Justiz- und Sicherheitsdepartementes, beschliesst:
1 Begriffe
§ 1
1 Betroffene Personen sind Personen, für die Massnahmen des Kindes- oder Er
- wachsenenschutzes geprüft oder angeordnet werden.
2 Betreuungspersonen sind Personen, die bei angeordneten Massnahmen als Vormund oder Vormundin oder als Beistand oder Beiständin eingesetzt werden.
2 Aufsicht
§ 2
* Aufsichtsbehörde
1 Aufsichtsbehörde im Kindes- und Erwachsenenschutz ist das Departementssekretariat des Justiz- und Sicherheitsdepartementes. *
1 SRL Nr.
200 * Siehe Tabellen mit Änderungsinformationen am Schluss des Erlasses. G 2012 353
2 Nr. 206
§ 3
Aufgaben und Massnahmen
1 Die Aufsichtsbehörde a. ist zuständig für die Behandlung von Aufsichtsbeschwerden und aufsichtsrechtli
- chen Anzeigen nach den §§ 180 ff. des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 3. Juli 1972
2 , b. unterstützt die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden bei der korrekten Rechtsanwendung und fördert die Entwicklung einer einheitlichen Praxis, c. koordiniert zusammen mit den Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden und Fachverbänden die Aus- und Weiterbildung der Mitglieder und Angestellten der Behörden, d. unterstützt die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden beim Fachaustausch un
- ter den Behörden, e. ist die kantonale Zentralbehörde nach der Verordnung über die Zuständigkeiten gemäss dem Bundesgesetz über internationale Kindesentführung und die Haager Übereinkommen zum Schutz von Kindern und Erwachsenen vom 16. Juni 2009
3
.
2 Sie kann a. Weisungen erteilen, b. weitere aufsichtsrechtliche Massnahmen treffen.
§ 4
Entscheids- und Urteilsmitteilungen
1 Die Gerichte stellen der Aufsichtsbehörde ihre Entscheide und Urteile zu.
3 Organisation und Aufgaben der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde
§ 5
Öffentliches Inventar
1 Für die Aufnahme eines öffentlichen Inventars nach Artikel 405 Absatz 3 des Schwei
- zerischen Zivilgesetzbuches vom 10. Dezember 1907 (ZGB)
4 gelten die Vorschriften über das öffentliche Inventar im Erbrecht sinngemäss (Art. 581 ff. ZGB und §§ 74 ff. des Einführungsgesetzes zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch vom 20. November
2000
5 , EGZGB).
2 Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde sorgt zusammen mit der Betreuungsper
- son für die Erstellung des öffentlichen Inventars.
2 SRL Nr.
40
3 SRL Nr.
205
4 SR
210 . Auf dieses Gesetz wird im Folgenden nicht mehr hingewiesen.
5 SRL Nr.
200 . Auf dieses Gesetz wird im Folgenden nicht mehr hingewiesen.
Nr. 206
3
§ 6
Anlage und Aufbewahrung von Vermögenswerten
1 Die Anlage und die Aufbewahrung der Vermögenswerte von betroffenen Personen richtet sich nach der Verordnung des Bundesrates über die Vermögensverwaltung im Rahmen einer Beistandschaft oder Vormundschaft vom 4. Juli 2012 (VBVV)
6
.
2 Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde genehmigt Verträge mit der Bank oder der Postfinance über die Anlage von Vermögenswerten und bewilligt a. die Aufbewahrung an einem anderen Ort (Art. 4 Abs. 2 VBVV), b. Vermögensanlagen nach Artikel 6 Absatz 1d und e sowie nach Artikel 7 VBVV, c. den Verzicht auf die Umwandlung bestehender Anlagen (Art. 8 VBVV).
§ 7
Prüfung von Rechnung und Bericht
1 Ein Mitglied der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde a. prüft die Rechnung und entscheidet über deren Genehmigung, b. prüft den Bericht und entscheidet über dessen Genehmigung, c. erlässt im Genehmigungsentscheid allfällig notwendige neue Anordnungen zur bestehenden Massnahme, soweit nicht die Gesamtbehörde zuständig ist, d. bestimmt den Termin für die nächste Rechnungsablage und Berichterstattung, e. setzt die Entschädigung und den Spesenersatz der Betreuungsperson fest.
§ 8
Aufbewahrung der Akten
1 Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde nimmt die Rechnung und den Bericht zu ihren Akten.
2 Die Aufbewahrung der Akten durch die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde rich
- tet sich nach den Bestimmungen über die Gemeindearchive im Gemeindegesetz vom
4. Mai 2004
7 (§§ 32 und 33).
§ 9
Statistische Angaben
1 Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden erheben die von der Konferenz der Kantone für Kindes- und Erwachsenenschutz (Kokes) verlangten statistischen Angaben.
2 Sie erheben diese Angaben nach den methodischen und technischen Spezifikationen der Kokes.
6 SR
211.223.11 . Auf diese Verordnung wird im Folgenden nicht mehr hingewiesen.
7 SRL Nr.
150
4 Nr. 206
4 Aufgaben der Betreuungsperson
§ 10
Aktenführung
1 Die Betreuungsperson hat alle für die betroffene Person wichtigen Unterlagen aufzube
- wahren und wesentliche Ereignisse in geeigneter Form festzuhalten.
2 Sie bewahrt wichtige Unterlagen bis zur Beendigung ihres Amtes sicher auf. Nach Be
- endigung des Amtes werden sie der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde übergeben. In Absprache mit der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde kann die Aktenübergabe abweichend geregelt werden.
§ 11
Rechnung und Berichterstattung
1 Die Betreuungsperson führt die Rechnung und erstattet Bericht.
2 Sie führt nach den §§ 12 ff. Rechnung über die für die betroffene Person getätigten Einnahmen und Ausgaben sowie über das verwaltete Vermögen. Zur Rechnung gehören alle Belege, chronologisch geordnet und nummeriert.
3 Der Bericht enthält eine Darstellung der persönlichen Verhältnisse der betroffenen Per
- son, der festgelegten Ziele und der dazu getroffenen Massnahmen sowie einen Antrag betreffend die weitere Betreuung und die Ziele für die nächste Berichtsperiode.
4 Bei der Übertragung oder der Beendigung einer Massnahme legt die Betreuungsperson die Schlussrechnung und den Schlussbericht vor. Die Grundsätze der Absätze 2 und 3 sind sinngemäss anwendbar. Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde kann den Berufsbeistand oder die Berufsbeiständin von dieser Pflicht entbinden, wenn das Arbeitsverhältnis endet.
5 Rechnungsführung
§ 12
Grundlagen und Grundsätze
1 Grundlage der Rechnung bildet bei neu angeordneten Massnahmen das Inventar nach Artikel 405 ZGB, bei bestehenden Massnahmen der Vermögensbestand gemäss letzter Rechnungsablage.
2 Die Rechnungsführung richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen der Buchfüh
- rung wie namentlich Vollständigkeit, Klarheit, Wahrheit, Genauigkeit, Spezifikation und Bruttoprinzip.
3 Die Rechnung ist in der Regel in der Form der doppelten Buchhaltung zu führen. In einfachen Fällen kann die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde die Rechnungsfüh
- rung in Form der einfachen Kassenrechnung nach § 14 zulassen.
Nr. 206
5
§ 13
Doppelte Buchhaltung
1 Die Rechnungsführung in der Form der doppelten Buchhaltung umfasst die Erfolgs
- rechnung und die Bilanz einschliesslich Vergleich mit dem Anfangsinventar oder der Vorperiode.
2 Der Kontenplan richtet sich nach den Weisungen der Aufsichtsbehörde.
§ 14
Einfache Kassenrechnung
1 Die Rechnungsführung in der Form der einfachen Kassenrechnung umfasst a. die Führung eines Kassenbuchs und gegebenenfalls eines Postcheck- oder eines Bankbuchs (Geldjournal), b. die Kassenrechnung als Rekapitulation aller Geldvorgänge während der Rech
- nungsperiode, geordnet nach Rubriken, c. die Vermögensrechnung mit dem gesamten Bestand an Aktiven und Passiven am Ende der Rechnungsperiode, einschliesslich Vergleich mit dem Anfangsinventar oder der Vorperiode.
2 Die Rubriken der Kassenrechnung werden durch Weisungen der Aufsichtsbehörde fest
- gelegt.
§ 15
Geschäftsbetriebe
1 Die Buchführung für Geschäftsbetriebe ist Sache der betroffenen Person und richtet sich nach den Vorschriften der Artikel 957 ff. des Schweizerischen Obligationenrechts vom 30. März 1911
8 . Eigenkapital oder Bilanzfehlbeträge sind in die vormundschaftli
- che Bilanz aufzunehmen.
6 Fürsorgerische Unterbringung
§ 16
Zurückbehaltung und weitere Unterbringung
1 Lehnt die ärztliche Leitung der Einrichtung die Entlassung einer freiwillig eingetrete nen Person ab, kann sie diese für längstens drei Tage zurückbehalten (Art. 427 ZGB).
2 Spätestens nach drei Tagen ist die zurückbehaltene Person zu entlassen, ausser die wei
- tere Unterbringung wird von einer Ärztin oder einem Arzt angeordnet, die oder der von der Einrichtung unabhängig ist (Art. 429 ZGB).
8 SR
220
6 Nr. 206
§ 17
Weiterführung der Unterbringung
1 Hält die Einrichtung eine ärztlich angeordnete Unterbringung von mehr als sechs Wo
- chen für notwendig, stellt sie der zuständigen Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde spätestens zehn Tage vor Ablauf der Frist Antrag.
§ 18
Periodische Überprüfung
1 Im Hinblick auf die periodische Überprüfung der Unterbringung stellt die Einrichtung der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde einen Monat vor Ablauf der Frist Antrag.
7 Kosten
§ 19
Gebühren
1 Für ihre Amtshandlungen erhebt die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Gebüh
- ren nach den §§ 4 und 7 der Verordnung über den Gebührenbezug der Gemeinden vom
23. November 2010
9 .
§ 20
Entschädigung und Spesenersatz für die Betreuungsperson
1 Die Entschädigung für die Betreuungsperson bemisst sich in der Regel nach dem zeitli
- chen Aufwand und den Anforderungen an die Mandatsführung. Der Stundenansatz be
- trägt zwischen 30 und 120 Franken. Fahrspesen und Auslagen werden entsprechend den Ansätzen der Besoldungsverordnung für das Staatspersonal vom 24. September 2002
10 separat entschädigt.
2 Verlangt die Massnahme den Einsatz einer privaten Fachperson, kann diese nach dem entsprechenden Berufstarif oder nach den üblichen Ansätzen mit einem Abzug von
15 Prozent entschädigt werden.
§ 21
Kostentragung
1 Die betroffene Person trägt die Kosten für die Amtshandlungen und für die Massnah
- men, einschliesslich Entschädigung und Spesenersatz für die Betreuungsperson gemäss den Ansätzen von § 20. Ist die betroffene Person minderjährig, tragen die Eltern die Kosten.
2 Beträgt das steuerrechtliche Reinvermögen der betroffenen Person nicht mehr als
12
000 Franken oder bei Ehepaaren nicht mehr als 18
000 Franken, trägt das unterstüt
- zungspflichtige Gemeinwesen die Kosten für die Massnahmen.
9 SRL Nr.
687
10 SRL Nr.
73a
Nr. 206
7
3 Einer betroffenen Person in wirtschaftlich günstigen Verhältnissen kann die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde die vollen Kosten auferlegen.
8 Schlussbestimmungen
§ 22
Aufhebung von Erlassen
1 Folgende Erlasse werden aufgehoben: a. Verordnung über das Vormundschaftswesen vom 25. September 2001
11
, b. Verordnung über die fürsorgerische Freiheitsentziehung vom 25. September
2001
12 .
§ 23
Änderung von Erlassen
1 Folgende Erlasse werden gemäss Anhang geändert: a. Vollziehungsverordnung zum Gesetz über die Niederlassung und den Aufenthalt vom 23. Dezember 1954
13 , b. Verordnung über den Vollzug der Bundesgesetzgebung über die Ausweise für Schweizer Staatsangehörige vom 18. Dezember 2009
14 , c. Verordnung über die Adoption vom 25. September 2001
15 , d. Verordnung über die Aufnahme von Pflegekindern vom 25. September 2001
16
, e. Verordnung über das Verfahren in Erbschaftsfällen vom 25. September 2001
17
, f. Verordnung über den Justizvollzug vom 12. Dezember 2006
18 , g. Verordnung zum Gesetz über die Volksschulbildung (Volksschulbildungsverord
- nung) vom 16. Dezember 2008
19 , h. Verordnung über den Gebührenbezug der Gemeinden vom 23. November 2010
20
, i. Verordnung über den schulärztlichen Dienst und die Schulzahnpflege an den kantonalen Schulen und an den Privatschulen vom 10. Juni 2008
21 , j. Normalarbeitsvertrag für das hauswirtschaftliche Arbeitsverhältnis vom 26. Januar
1990
22 ,
11 G 2001 451 (SRL Nr. 206)
12 G 2001 461 (SRL Nr. 207)
13 SRL Nr. 6
14 SRL Nr. 9
15 SRL Nr. 203
16 SRL Nr. 204
17 SRL Nr. 210
18 SRL Nr. 327
19 SRL Nr. 405
20 SRL Nr. 687
21 SRL Nr. 803
22 SRL Nr. 854
8 Nr. 206 k. Sozialhilfeverordnung vom 13. Juli 1990
23 .
§ 24
Inkrafttreten
1 Die Verordnung tritt am 1. Januar 2013 in Kraft. Sie ist zu veröffentlichen.
23 SRL Nr. 892a
Nr. 206
9 Änderungstabelle - nach Paragraf Element Beschlussdatum Inkrafttreten Änderung Fundstelle G Erlass
04.12.2012
01.01.2013 Erstfassung G 2012 353
§ 2
07.04.2014
01.07.2014 geändert G 2014 181
§ 2 Abs. 1
14.03.2017
01.04.2017 geändert G 2017-049
10 Nr. 206 Änderungstabelle - nach Beschlussdatum Beschlussdatum Inkrafttreten Element Änderung Fundstelle G
04.12.2012
01.01.2013 Erlass Erstfassung G 2012 353
07.04.2014
01.07.2014
§ 2
geändert G 2014 181
14.03.2017
01.04.2017
§ 2 Abs. 1
geändert G 2017-049
Feedback